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Gemeine Strandkrabbe

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Gemeine Strandkrabbe

Gemeine Strandkrabbe (Carcinus maenas)

Systematik
Ordnung: Zehnfußkrebse (Decapoda)
Unterordnung: Pleocyemata
Teilordnung: Krabben (Brachyura)
Familie: Schwimmkrabben (Portunidae)
Gattung: Carcinus
Art: Gemeine Strandkrabbe
Wissenschaftlicher Name
Carcinus maenas
Linnaeus, 1758

Die Gemeine Strandkrabbe (Carcinus maenas) ist eine häufig vorkommende und weit verbreitete Krabbenart der Küste. Sie ist ein sehr anpassungsfähiger Allesfresser und gilt als Schädling der Fischerei-Industrie. Ursprünglich kommt die Strandkrabbe an den Atlantikküsten Europas und Nordafrikas vor, wurde jedoch als Neubürger (Neozoon) vom Menschen unbeabsichtigt in anderen Regionen eingeschleppt, so dass sie heutzutage praktisch weltweit verbreitet ist. Hier kann sie einheimische Arten verdrängen und hat oftmals großen Einfluss auf die Zusammensetzung der Ökosysteme.

Merkmale

Strandkrabben haben das typische Äußere einer Krabbe. Der einteilige Rückenschild, der Carapax, besitzt einen Durchmesser von bis zu 8 cm und eine Länge von 6 cm, wird vereinzelt aber auch etwas größer. Dabei werden die männlichen Tiere durchschnittlich größer als die weiblichen. Der Carapax hat von oben gesehen etwa die Form eines Fünfecks und ist an den Vorderseitenrändern gesägt mit jeweils 5 Zähnen auf jeder Seite. Im Bereich der relativ kurz gestielten Augen bilden diese Gruben, in denen die Augen schützend eingeklappt werden können. Der Stirnrand besitzt drei eher abgestumpfe Zähne.

Die Färbung ist sehr variabel, meist ist der Körper in Grün- oder Brauntönen gefärbt, wobei die Körperunterseite meist hellere Farbtöne aufweist, oft ein mattes Gelb, das in Orange- und Rottöne übergeht. Bei der Körperfärbung scheinen außerdem Umweltfaktoren eine wichtige Rolle zu spielen.[1]

Auch bei dem Paar kräftiger Scheren herrscht eine deutliche Variabilität: So gibt es Individuen, bei denen beide Scheren von symmetrischer Gestalt sind, bei anderen ist eine der Zangen (häufiger die rechte[2] ) mehr oder weniger deutlich zu einer massigeren „Knackschere“ ausgebildet, die sich gut zum Zertrümmern hartschaliger Beute eignet.

Das hinterste Laufbeinpaar ist bei Strandkrabben an den Kanten oft fein beborstet.

Verbreitung

Verbreitung der Strandkrabbe Carcinus maenas. Blau: Heimische Verbreitung. Rot: Eingeschleppt mit invasionsartiger Vermehrung. Grün: Eingeschleppt mit potenzieller Ausbreitung. Schwarze Punkte: Weitere Sichtungen (eingeschleppt).

Das angestammte Verbreitungsgebiet der Gemeinen Strandkrabbe erstreckt sich von der Küste Nordnorwegens bis zur Atlantikküste Nordafrikas und der Küste Islands, wobei sie auch in der Ostsee vorkommt. Über weite Teile dieser Region ist sie eine der häufigsten Krabbenarten. Im Mittelmeer wird sie hingegen weitgehend von der eng verwandten und nur schwer von ihr unterscheidbaren Art Carcinus aestuarii abgelöst.

Außerdem wurde die Strandkrabbe durch den Menschen zumeist unbeabsichtigt in unterschiedlichen Regionen der ganzen Welt eingeschleppt, was zu fest etablierten Populationen der Art an beiden Küsten Nordamerikas, der Küste Australiens und Südafrikas geführt hat. In Japan scheinen Hybride der Gemeinen Strandkrabbe und Carcinus aestuarii eingeschleppt worden zu sein, die natürlicherweise nur in der Gegend der westlichen Iberischen Halbinsel vorkommen. Diese konnten sich hier ebenfalls fest etablieren.

Weitere Sichtungen außerhalb ihrer ursprünglichen Heimat gab es an vielen weiteren Orten, jedoch ohne dass die Krabbe hier bisher Populationen von nennenswertem Umfang entwickeln konnte. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Art in weitere Gebiete einwandern wird.[3] [4]


Lebensweise

Gemeine Strandkrabbe (Carcinus maenas)

Strandkrabben kommen vom oberen Gezeitenbereich, der bei Ebbe viele Stunden lang trocken fällt, bis in tiefere Gewässer vor, halten sich jedoch die meiste Zeit des Jahres über bevorzugt in Küstennähe auf. Dabei besiedeln sie die unterschiedlichsten Küstentypen und stellen keine besonderen Anforderungen an die Bodenbeschaffenheit: Sie kommen auf Sandboden ebenso vor wie auf Fels oder Schlick.

Der Krebs ist in seiner Kost nicht sehr wählerisch: Er vertilgt eine Vielzahl von Molluskenarten, Polychaeten, Nesseltieren, anderen Krebstieren (wie bei Krabben üblich, werden manchmal auch Artgenossen gefressen, die sich gerade gehäutet, also ihren alten Panzer abgestoßen haben) und andere Beute, die mit den Scheren überwältigt werden kann. Dabei kann er die Schalen von Muscheln und Schnecken mit seinen kräftigen Zangen knacken. Strandkrabben fressen auch Aas und pflanzliche Kost.

Die Tiere selbst besitzen ebenfalls eine große Anzahl an Fressfeinden. So werden sie zum Beispiel von Seevögeln, Fischen und Cephalopoden gefressen und stellen für diese oft einen wichtigen Teil der Hauptbeute dar. Zur Verteidigung dienen den Krabben dabei ihre Scheren, die sie ihren Feinden drohend entgegenstrecken, doch diese oft aufgrund des Größenunterschieds kaum verletzen können. Einen gewissen Schutz bietet den Krebsen dabei auch ihr harter Panzer. Strandkrabben gehören außerdem zu den Wirten eines Parasiten der Gattung Sacculina (Sacculina carcini), welcher die befallene Krabbe sterilisiert, ein weiteres Wachstum verhindert und sie so sehr schwächt, dass der Befall früher oder später zum Tod des Wirtes führt.

Der Aktivitätsrhythmus der Gemeinen Strandkrabbe wird vor allem von den Gezeiten und der Tageszeit bestimmt. Bei Ebbe wandern Strandkrabben entweder mit dem zurücklaufendem Wasser ab oder suchen sich am Strand Verstecke. So verkriechen sie sich zum Beispiel unter Steinen oder Algenbüscheln oder graben sich in den Boden ein. Dabei überstehen sie auch ein mehrstündiges Trockenfallen unbeschadet, da die Kiemenhöhlen, in denen die Kiemen sitzen, bei Krabben besonders dicht sind und die Feuchtigkeit dort gut gehalten werden kann. Anstatt eines Wasserstromes können die Krebstiere dann mit ihren Mundwerkzeugen einen Luftstrom durch die Kiemenhöhle erzeugen und so die Kiemen mit neuem Sauerstoff versorgen. Erkennbar ist diese Atemtätigkeit oft durch die Bildung von Wasserblasen vor dem Mund der Krabbe.

Strandkrabben sind auch relativ flexibel, was den Salzgehalt des Umgebungswassers angeht. Ein Absinken des Salzgehaltes können sie in gewissem Rahmen durch die aktive Aufnahme von Salzen aus dem Wasser über die Kiemen ausgleichen und so die Salzkonzentration des Körpers einigermaßen konstant halten. Dies ermöglicht ihnen auch den Aufenthalt im Brackwasser von Flussmündungen und Salzmarschen.

Um den kalten Temperaturen in den Wintermonaten zu entgehen, ziehen sich Strandkrabben zu dieser Zeit aus den Küstengewässern zurück und suchen tiefere Gewässer ab 6 Metern Tiefe auf.

Fortpflanzung und Entwicklung

Junge Strandkrabbe

Vor der Begattung sichern sich die männlichen Strandkrabben einige Zeit vorher eine weibliche Krabbe und müssen diese unter Umständen vor Konkurrenten verteidigen. Die Kopulation kann nur stattfinden, wenn sich das Weibchen häutet, also seine harte Hülle abstreift. Da Krebse nach der Häutung sehr verwundbar sind, solange ihr Panzer noch nicht vollständig ausgehärtet ist, verteidigt das männliche Tier das weibliche in diesem Zeitraum.

Bei der Eiablage werden bis zu 200 000 Eier produziert, die vom Weibchen in einem Ballen unter dem Hinterleib (Pleon) herumgetragen und beschützt werden. Sobald die Larven schlüpfen, werden diese in das freie Wasser abgegeben, wo sie zunächst zum Plankton gehören. Diese weniger als einen Millimeter großen Zoea-Larven häuten sich dreimal und werden zur 1,15 mm großen Megalopa-Larve, die sich bei der nächsten Häutung zur 1,8 mm breiten Jungkrabbe wandelt, die ab sofort am Boden lebt.

Im ersten Jahr wachsen die Tiere bis auf 13 mm Breite heran, im zweiten Jahr auf 4 bis 5 cm und im dritten auf 5,5 bis 6 cm. Weibliche Strandkrabben erreichen ein Lebensalter von etwa 3 Jahren, männliche werden bis zu 5 Jahre alt.

Gemeine Strandkrabbe und Mensch

Strandkrabben sind vielen Menschen vor allem durch einen Urlaubsaufenthalt an der europäischen Küste bekannt, wo sie am Strand ein beliebtes Objekt der Tierbeobachtung sind. Werden sie aufgeschreckt, gehen sie in eine für viele Krabben typische Abwehrstellung, bei der die Scheren weit auseinandergespreizt und zusammengeschlagen werden, falls man sich ihnen nähert. Versucht man sie zu packen, zögern sie oft nicht, den vermeintlichen Angreifer mit ihren Scheren zu kneifen, was schmerzhafte, aber in der Regel ungefährliche Quetschungen an der Hand verursachen kann.

Für die kommerzielle Fischerei weltweit ist die Art bedeutungslos. Sie wird nur lokal gefangen und gegessen.[5] Jedoch ist sie beim Fischfang und der Muschel- und „Krabben“(Nordseegarnelen)-Fischerei ein unbeliebter Beifang, da sie sich selber vom Fang ernährt.

Gemeine Strandkrabbe als Neozoon

Außerhalb ihrer angestammten Heimat wurde die Strandkrabbe erstmalig Anfang des 19. Jahrhunderts an der Ostküste Nordamerikas gesichtet. Seitdem hat die Art bis Ende des 20. Jahrhunderts immer neue Lebensräume erobert. Man nimmt an, dass für das weltweite Vorkommen der Art unterschiedliche Verbreitungsmechanismen von Bedeutung waren. So haben wahrscheinlich die ersten Strandkrabben neue Ufer in den löchrigen Holzrümpfen von Handelsschiffen erreicht, die zwischen Europa und Nordamerika unterwegs waren. Später, als Holzschiffe für den Schiffsverkehr an Bedeutung verloren, spielten andere Mechanismen eine Rolle. Beispielsweise war eine Verbreitung zwischen den Ballastfrachten (zum Beispiel Ballastwasser) von Schiffen möglich.[3]

In allen eingeschleppten Regionen mit erfolgreichen Populationen hat die Strandkrabbe einen erheblichen Einfluss auf die einheimische Tierwelt. So schädigt sie beispielsweise die Muschel- und Krabbenfischerei der Ost- und Westküste Nordamerikas, indem sie die dort beheimateten Muscheln erbeutet und einheimische Krabbenarten frisst oder verdrängt.[6] [7] [8]

Um die Strandkrabbe in eingeschleppten Regionen zu bekämpfen, wird nach geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen gesucht. So hat man zum Beispiel in Erwägung gezogen, den Parasiten Sacculina carcini an betroffenen Küsten auszusetzen. Untersuchungen ergaben jedoch, dass dieser kein optimales Mittel zur Bekämpfung darstellt, da auch einheimische Krabben befallen werden können.[9]

Quellen

Einzelnachweise

  1. J. V. Brian, T. Fernandes, R. J. Ladle & P. A. Todd: Patterns of morphological and genetic variability in UK populations of the shore crab, Carcinus maenas Linnaeus, 1758 (Crustacea : Decapoda : Brachyura). In: Journal of Experimental Marine Biology. 329. Jahrgang, Nr. 1, 2005, S. 47–54.
  2. N.J. Abby-Kalio, G.F. Warner: Heterochely and handedness in the shore crab Carcinus maenas (L.) (Crustacea: Brachyura). In: Zoological Journal of the Linnean Society. 96. Jahrgang, 1989, S. 19–26.
  3. a b T. J. Carlton & A. N. Cohen: Episodic global dispersal in shallow water marine organisms: the case history of the European shore crabs Carcinus maenas and C. aestuarii. In: Journal of Biogeography. 30. Jahrgang, 2003, S. 1809–1820 (sfei.org [PDF]).
  4. S. B. Yamada & L. Hauck: Field identification of the European green crab species: Carcinus maenas and Carcinus aestuarii. In: Journal of Shellfish Research. 20. Jahrgang, Nr. 3, 2001, S. 905–9 (sgnis.org [PDF]).
  5. FAO Nominal Catches: Carcinus maenas.
  6. E. D. Grosholz: Recent biological invasion may hasten invasional meltdown by accelerating historical introductions. In: PNAS. 102. Jahrgang, Nr. 4, 2005, S. 1088–1091 (pnas.org).
  7. G. Miron et al.: Predation potential of the invasive green crab (Carcinus maenas) and other common predators on commercial bivalve species found on Prince Edward island. In: Journal of Shellfish Research. 24. Jahrgang, Nr. 2, 2005, S. 579–586 (sgnis.org [PDF]).
  8. P.S. McDonald, G.C. Jensen, D.A Armstrong: The competitive and predatory impacts of the nonindigenous crab Carcinus maenas (L.) on early benthic phase Dungeness crab Cancer magister. In: Journal of Experimental Marine Biology and Ecology. 258. Jahrgang, Nr. 1, 2001, S. 39–54 (sciencedirect.com).
  9. J. H. R. Goddard, M. E. Torchin, A. M. Kuris & K. D. Lafferty: Host specificity of Sacculina carcini, a potential biological control agent of introduced European green crab Carcinus maenas in California. In: Biological Invasions. 7. Jahrgang, Nr. 6, 2005, S. 895–912 (usgs.gov [PDF]).

Literatur

  • Alfred Kaestner (Begr.), Hans-Eckard Gruner (Hrsg.): Lehrbuch der speziellen Zoologie, Bd. 1: Wirbellose Tiere, Teil 4: Arthropoda (ohne Insecta). Gustav Fischer Verlag Jena, Stuttgart, New York 1993, ISBN 3-334-60404-7