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Gregorianischer Choral

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Unter dem gregorianischen Choral versteht man den einstimmigen, lateinischen, unbegleiteten, liturgischen Gesang in der katholischen Kirche des frühen Mittelalters.

Er entwickelte sich unter anderem aus der Psalmodie und manifestiert sich in Formen wie Antiphon und Responsorium. Der Gregorianische Choral ist benannt nach Papst Gregor I., genannt der Große (um 600 n.Chr.). Die Beziehung Gregors zu dem nach ihm benannten Gesängen taucht erstmals im Prolog des Cantatoriums von Monza im 9. Jahrhundert auf. Dort heißt es: "Gregorius praesul composuit..." (Papst Gregor komponierte...) Jedenfalls kann Papst Gregor nicht als der Komponist dieser Gesänge betrachtet werden. Vielmehr wurden (alt-)römische Gesänge ins Frankenreich importiert und dort um 760 (in Metz ?) zum sogenannten fränkischen (=gregorianischen) Choral umgeformt.

Der gregorianische Gesang ist ein einstimmiger Chorgesang ohne besondere rhythmisch-metrische Differenzierung, ohne dynamische Entwicklungen und ohne Gegensätze, aber mit formaler Gliederung durch Textphrasierung und Wiederholung von Melodieabschnitten. Mit ihm entwickelte sich das Prinzip unserer Notenschrift, also der Notenzeilen, Schlüssel und Notenköpfe.

Der Gregorianische Choral kennt zwei Stilarten: den an formelhaften Melodiemodellen orientierten Accentus (Lesestil) und den musikalisch reichen Concentus (Gesangsstil).

In karolingischer Zeit entstanden zu den offiziell sanktionierten Chorälen verschiedene Arten von Ergänzungen und Modifikationen, die als Tropus bezeichnet werden. Dabei handelt es sich entweder um Textierungen bestehender Melismen als auch um den Einschub oder das Anhängen neuer Melismen oder textierter Melodieabschnitte.

Mit der Textierung des Alleluja-Schlussmelismas (klassische Sequenz) beginnt gegen 850 die Geschichte der Sequenz. Bis zum 12. Jahrhundert bildet sich die vom Alleluja unabhängige Reimsequenz heraus mit gereimten und rhythmisch angeglichenen Versen. Sie führt zu den groß angelegten Stophensequenzen des 13. Jahrhunderts (bedeutende Autoren Thomas von Celano und Thomas von Aquin). Reimsequenzen haben die Struktur mehrstrophiger, metrisch geordneter und gereimter Hymnen. Sie wurden im späten Mittelalter sehr beliebt, es sind etwa 5000 Reimsequenzen bekannt.

Neben einer Reglementierung der Figuralmusik gab das Konzil von Trient (15451563) auch Vorgaben für den gregorianischen Choral. So wurden von den Sequenzen des späten Mittelalters nur noch vier in der offiziellen römischen Messliturgie zugelassen.

Das 2. Vatikanische Konzil empfahl den Gregorianischen Choral zwar sehr deutlich, setzte dem Gregorianischen Choral jedoch durch die Einführung muttersprachiger Gesänge faktisch ein Ende. Der Gregorianische Choral erklingt nur noch in wenigen Kirchen und auch dort meist vereinzelt in der Liturgie. Dennoch gründen sich in den letzten Jahren immer wieder neue Choralscholen, die diesen Gesang pflegen.

Siehe auch: Neumen, Kirchentonarten, Quintorganum, Quartorganum, Ambrosianischer Gesang