„Authentizität“ – Versionsunterschied
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'''Authentizität''' (von [[Griechische Sprache|gr.]] αυθεντικός ''authentikós'' „echt“; spätlateinisch ''authenticus'' „verbürgt, zuverlässig“) bedeutet [[Echtheit]] im Sinne von „als [[Original]] befunden“. Das [[Adjektiv]] zu Authentizität heißt ''authentisch''. |
'''Authentizität''' (von [[Griechische Sprache|gr.]] αυθεντικός ''authentikós'' „echt“; spätlateinisch ''authenticus'' „verbürgt, zuverlässig“) bedeutet [[Echtheit]] im Sinne von „als [[Original]] befunden“. Das [[Adjektiv]] zu Authentizität heißt ''authentisch''.Matthias du lutscher |
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Version vom 7. Februar 2011, 21:03 Uhr
Authentizität (von gr. αυθεντικός authentikós „echt“; spätlateinisch authenticus „verbürgt, zuverlässig“) bedeutet Echtheit im Sinne von „als Original befunden“. Das Adjektiv zu Authentizität heißt authentisch.Matthias du lutscher
Allgemeines
Authentizität bezeichnet eine kritische Qualität von Wahrnehmungsinhalten (Gegenständen oder Menschen, Ereignissen oder menschliches Handeln), die den Gegensatz von Schein und Sein als Möglichkeit zu Täuschung und Fälschung voraussetzt. Als authentisch gilt ein solcher Inhalt, wenn beide Aspekte der Wahrnehmung, unmittelbarerer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden. Die Scheidung des Authentischen vom vermeintlich Echten oder Gefälschten kann als spezifisch menschliche Form der Welt- und Selbsterkenntnis gelten. Zur Bewährung von Authentizität sind sehr weitreichende Kulturtechniken entwickelt worden, die die Kriterien von Authentizität für einen bestimmten Gegenstandsbereich normativ zu (re-)konstruieren versuchen.
Formen von Authentizität
Archäologische und historische Authentizität
Authentizität von verschiedenen aufgefundenen Artefakten (z. B. Kunstwerken, Münzen, Schriftstücken) bedeutet, dass der zu untersuchende Gegenstand tatsächlich von den Personen, Autoren oder Quellen stammt, von denen er zu stammen vorgibt, also weder Fälschung noch Fehlzuschreibung ist. Ein klassisches Beispiel aus dem Bereich der Altphilologie ist die sogenannte Homerische Frage. Mit den Mitteln der Sprachwissenschaft wird die Autorschaft Homers gegen die überlieferte Zuschreibung geprüft. Zugleich wird im Rahmen der Altertumswissenschaft die historische Authentizität (die tatsächliche Existenz) Homers sowie der in diesen Schriften geschilderten Schauplätze und Ereignisse mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft und Archäologie überprüft (Troja-Debatte).
Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Verfahren wird die Authentizität der Heiligen Schrift von der Kirche kanonisch festgelegt.
Hermeneutik: Mens Auctoris und interpretatio authentica
Die griechischen Kirchenväter übersetzten Authentizität mit dem lateinischen Begriff Auctoritas, der in der deutschen Sprache als Autorschaft oder Autorität erhalten ist. Zu den Grundlagen hermeneutischer Exegese (Textinterpretation) gehört die Frage nach der Absicht des Autors (mens auctoris) sowie der Begriff einer authentischen Interpretation, die von abwegigen oder ketzerischen, nicht-authentischen Auslegungen zu unterscheiden ist.
Rhetorik
Die Rhetorik verhandelt die Authentizitätsfrage auf der Textebene und der Ebene der rednerischen Performanz (Aufführung). Es handelt sich dabei um eine Inszenierung, die ihre Inszeniertheit zu verbergen und so einen Echtheits- bzw. Wirklichkeitseffekt zu erzeugen sucht (vgl. das Prinzip der dissimulatio artis). Authentizität ist nicht als Eigenschaft, die einem Text oder einer Person einfach innewohnt, zu verstehen, sondern als Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses, das auf die rednerische Intention zurück geführt werden soll. Auf der Textebene entsteht Authentizität durch Verbergen der Konstruiertheit des Textes, hier sind Medien wie Film oder Fotografie sehr erfolgreich. In Bezug auf die rednerische Performanz steht der Begriff der Authentizität in einem engen Verhältnis mit dem Ethos einer Person, in der Rhetorik mit dem Orator.
Musik
In der Musik werden unter anderem gewisse Kirchentonleitern als authentisch bezeichnet, im Gegensatz zu den plagalen Kirchentonleitern: Authentisch ist hier das ursprünglich Tonangebende, zu dem das Plagiale in einem bloß modifizierenden, untergeordneten Ableitungsverhältnis steht.
In Populärer Musik wird Authentizität vielfach mit „Streetcredibility“ übersetzt. Die Bürgschaft für das Eigene wird hauptsächlich von der Fangemeinde („Peergroup“) übernommen, die darunter oft eine Kongruenz zu den eigenen Lebensverhältnissen versteht. Diese Kongruenz soll dechiffrierbar sein, was die Musik betrifft. Wenn man sich vom Musikalischen ins Populärmusikalische begibt, dann ist das bereits eine ökonomische Entscheidung, eine Ökonomie der Aufmerksamkeit, die die Bestätigung in reinen Verkaufszahlen nahe legen würde, wäre da nicht auch das Moment des Widerstands gegen die Kulturindustrie, das bei der publikumswirksamen Bürgschaft oft zum Zuge kommt. Auch Streetcredibility hat also erst in zweiter Linie mit Verkaufszahlen zu tun. Wo die Verwertungsmaschinerie bewusst wird, wird populärer Musik Glaubwürdigkeit verliehen. Das kann auch bei anderen Anlässen der Fall sein, zum Beispiel beim gemeinsamen Engagement vieler Musiker gegen den Irakkrieg 2003. Musik muss sich aber nicht in Wirtschaft oder Politik einmischen, um glaubwürdig zu sein: Das Image des an politischen und gesellschaftlichen Fragen Uninteressierten kann zu dessen authentischer Gestalt beitragen. Authentizität in der Populären Musik ist ein sensibler Maßstab, sie reagiert geradezu allergisch auf Versuche der künstlichen Anpassung – sie ist ein Wahrheits- und Ehrlichkeitsmaßstab zur Vermittlung von Aufrichtigkeit, der die Ebenen der musikalischen Gestaltung und auch die Rahmenbedingungen sehr genau erfasst. Was verbürgt wird, ist nicht nur die Angemessenheit des musikalischen Ausdrucks, oft kommen die Lebensbedingungen der Künstler hinzu. Superstars stehen oft vor dem Problem, Authentizität nur aus gesamtgesellschaftlichen Topoi generieren zu können, die für Stile (im Sinne von Subkulturen) typischen entgehen ihnen. Streetcredibility ist ein modernes Instrument. Beim frühen Blues zum Beispiel würde man eher von Authentizität sprechen, beim Hip-Hop ist eher die Rede von Streetcredibility. So ist Authentizität in der populären Musik ein individueller (subjektiver) Maßstab, Streetcredibility ein kollektiver (intersubjektiver). Die wirksamsten Elemente für die Rekonstruktion von Streetcredibility in Populärer Musik sind oft Liveelemente, wie sie zum Beispiel im Song „Denkmal“ (2004) der Band Wir sind Helden eingelassen sind. In einem der offiziellen Videoreleases des Songs wird der Refrain an einer Stelle vom Publikum mitgesungen („Sie haben uns ein Denkmal gebaut“). Hinzu kommt eine Videopräsentation, die sich stark an der Dokumentation von Bühnen- und Tourerlebnis orientiert.[1] Ein anderes Videorelease desselben Songs beschäftigt sich näher mit den – für Authentizität und Streetcredibility in der Populären Musik typischen – inhaltlichen Bezügen des Songtextes.[2][3]
Recht
In der Rechtswissenschaft wird der vom Gesetzgeber selbst veröffentlichte Wortlaut einer Bestimmung authentisch genannt. Im Gegensatz dazu stehen andere Verlautbarungen oder Veröffentlichungen wie beispielsweise in Lehrbüchern oder Kommentaren, die entgegen der authentischen Version nicht im Wortlaut rechtsverbindlich sind. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Überschriften von Paragraphen in den meisten deutschen Gesetzen. In der authentischen Fassung der Gesetze (in Deutschland ausschließlich die Verlautbarung im Bundesgesetzblatt) haben die einzelnen Paragraphen oft keine Überschrift, während sie in vielen Textausgaben von Verlagen nicht-authentische (d.h. inoffizielle und daher rechtlich unverbindliche) Überschriften enthalten. Solche Ergänzungen werden üblicherweise durch eckige Klammern als nicht-authentisch ausgewiesen. Österreich ist das erste europäische Land, das die Onlineversion des Bundesgesetzblattes (im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) anstelle der ebenfalls veröffentlichten Papierform als authentisch betrachtet. Eine Gesetzesauslegung (Exegese) kann den Status der sogenannten authentischen Interpretation haben, wenn das gesetzgebende Organ selbst, vor allem in den parlamentarischen Gesetzgebungsmaterialien, sie zum Ausdruck gebracht hat.
Informatik
Eine Nachricht wird dann als authentisch bezeichnet, wenn sie sicher einem Sender zugeordnet werden kann. Mit Message Authentication Codes oder Digitalen Signaturen ist es möglich, die Authentizität einer Nachricht nachzuweisen.
Anhand des Problems der byzantinischen Generäle kann man viele Fragestellungen zur Authentizität von Informationen untersuchen. Bei diesem Szenario belagern mehrere Generäle, die sich gegenseitig nicht vertrauen, Byzanz und lassen sich Mitteilungen zukommen. Gesucht sind Algorithmen zur sicheren Übertragung und Verifikation dieser Mitteilungen, da der Absender oder eine ganze Mitteilung von einem anderen gefälscht sein kann, Mitteilungen durch abgefangene Boten verloren gehen oder durch gefälschte Mitteilungen ersetzt werden können.
Siehe auch: Authentifizierungsmerkmal
Fachdidaktik
In der Fachdidaktik versteht man unter Authentizität, dass das vorliegende Material (z.B. Interview, Film, Nachrichtensendung, Zeitungsartikel, Hinweisschild usw.), das ein Lehrer verwendet, nicht für den Unterricht entworfen oder verändert wurde.
In der Fremdsprachendidaktik werden Situationen dann als „authentisch“ angesehen, wenn sie in der schulischen oder außerschulischen Lebenswelt unmittelbar real oder lebensecht akzeptierbar sind und es den Schülern somit ermöglichen, das Erlernte in der unmittelbaren Praxis zu bewähren.[4]
Marketing
Innerhalb der strategischen Markenführung wird Marken-Authentizität als „Wahrhaftigkeit des proklamierten Markennutzenversprechens“ definiert. Als wahrhaftig wird das Nutzenversprechen wahrgenommen, wenn Nachfrager den Eindruck haben, dass sich die Marke nach Außen hin nicht anders darstellt, als sie ist.
Im kulturwissenschaftlichen Diskurs
Rolf Lindner näherte sich diesem Thema mit der "Idee des Authentischen". Er sieht in der Frage der Authentizität den Basisdiskurs der Kulturantropologie. Bei aktuellen Diskursbeiträgen geht man davon aus, dass kulturelle Echtheitsfragen durch dramaturgische Aufbereitungen des Handelns zu erzielen sei (somit auch durch Inszenierungen), im Gegensatz dazu nahm man früher an, dass Authentizität nur dort stattfindet, wo nichts inszeniert ist.
Nach Manfred Hattendorf kann Authentizität auch von den unterschiedlichen Dimensionen der Wahrnehmung abhängig sein. Etwas kann also in einem bestimmten Zusammenhang authentisch sein, in einem anderen aber auch wieder nicht. Somit hängt Authentizität von der Zusammenwirkung mehrerer Variablen ab. Hattendorf vergleicht die Rezeption von Authentizität mit dem Zustande kommen eines Vertrages. Zunächst bietet eine ordnende Instanz ein Kommunikat an. Der Rezipient steht dem mit seinem Wissen, Erfahrung und spezifischer Wahrnehmung zur Seite. Die Beziehung der Beiden ist durch eine wechselseitige Einflussnahme geprägt. Nun liefert die ordnende Instanz Anreize, um das Interesse des Rezipienten zu wecken. Durch spezifische Authentizitässignale kann eine Rezeption in Gang gesetzt werden, die im besten Falle einen Vertragsabschluss bewirken. Mit diesem Wissen erschließt sich uns, dass etwas Authentisch ist, wenn das Vertrauen des Zuseher gewonnen wird, ist dies nicht der Fall, so wird es als unglaubwürdig empfunden. Somit ist Authentizität auch immer vom Individuum abhängig. Mit diesem Verständnis steht Hattendorf im Zentrum kulturwissenschaftlicher Authentizitätsdiskurse und macht deutlich, dass es schwer ist, eine Scheidelinie zwischen inszeniert (falsch) und authentisch (echt) zu ziehen.[5]
Authentizität von Personen
Angewendet auf Personen bedeutet Authentizität, dass das Handeln einer Person nicht durch äußere Einflüsse bestimmt wird, sondern in der Person selbst begründet liegt. Wenn bei einer Person allerdings die Eigenschaft, dass ihr Handeln durch äußere Einflüsse bestimmt wird, als Persönlichkeitsmerkmal oder Charakterzug bezeichnet werden kann, spricht man von einer authentischen Inauthentizität, auch von der Authentisch inauthentischen Persönlichkeit. Gruppenzwang und Manipulation beispielsweise unterwandern persönliche Authentizität.
Die Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman unterscheiden vier Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit man sich selbst als authentisch erlebt:
- Bewusstsein – Ein authentischer Mensch kennt seine Stärken und Schwächen ebenso wie seine Gefühle und Motive für bestimmte Verhaltensweisen. Erst durch diese Selbstreflexion ist er in der Lage, sein Handeln bewusst zu erleben und zu beeinflussen.
- Ehrlichkeit – Hierzu gehört, der realen Umgebung ins Auge zu blicken und auch unangenehme Rückmeldungen zu akzeptieren.
- Konsequenz – Ein authentischer Mensch handelt nach seinen Werten. Das gilt für die gesetzten Prioritäten und auch für den Fall, dass er sich dadurch Nachteile einhandelt. Kaum etwas wirkt verlogener und unechter als ein Opportunist.
- Aufrichtigkeit – Authentizität beinhaltet die Bereitschaft, seine negativen Seiten nicht zu verleugnen.[6]
Eine als authentisch bezeichnete Person wirkt besonders "echt", das heißt sie vermittelt ein Bild von sich, das beim Betrachter als real, urwüchsig, unverbogen, ungekünstelt wahrgenommen wird. Dabei muss es sich nicht notwendigerweise nur um die realen Eigenschaften des Betrachteten handeln, sondern es können auch Zuschreibungen von Betrachtern diese Eindrücke verursachen und als Teil einer gelungenen Inszenierung fungieren. Ist die Inszenierung übertrieben, wirkt sie schnell klischeehaft und wird zum Kitsch (siehe auch Medientheorie).
Philosophie
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Heidegger: Eigentlichkeit
Als „Eigentlichkeit“ rückt Martin Heidegger den Begriff in Sein und Zeit (1927) in den Fokus der philosophischen Aufmerksamkeit. Dabei betont er ausdrücklich, dass er ihn jenseits seiner alltäglichen Verwendung im Sinne eines philosophischen Terminus' verstanden wissen will: Die Eigentlichkeit ist eine mögliche Bestimmung des Daseins, das sich entschließt, aus dem alltäglichen Verfallensein an „Das Man“ als uneigentliches Sein zum Selbst als authentischer Existenz vorzudringen:
„Und weil Dasein wesenhaft je seine Möglichkeit ist, kann dieses Seiende in seinem Sein sich selbst wählen, gewinnen, es kann sich verlieren, bzw. nie und nur ‚scheinbar‘ gewinnen. Verloren haben kann es sich nur, sofern es seinem Wesen nach mögliches ‚eigentliches‘, das heißt sich zu eigen ist.“
Sartre
Jean-Paul Sartres Verständnis von Authentizität ist in der Sartre-Forschung durchaus umstritten. Mit Sartre kann die unaufrichtige Seinsweise „sogar für eine sehr große Zahl von Personen der normale Aspekt des Lebens sein.“[7] Sie entspringt der sogenannten komplizenhaften Reflexion. Im Zentrum der Untersuchungen zu seiner Vorstellung von Authentizität steht folgender Abschnitt: „Kurz, es gibt zwei authentische Haltungen: die, durch die ich den Andern als das Subjekt anerkenne, durch das ich zur Objektheit komme – das ist die Scham; und die, durch die ich mich als den freien Entwurf erfasse, durch den der Andere zum Anderer-sein kommt – das ist der Hochmut oder die Behauptung meiner Freiheit gegenüber dem Objekt-Andern. Aber der Stolz – oder die Eitelkeit – ist ein labiles unaufrichtiges Gefühl“.[8] Sartre unterscheidet also zwischen Unaufrichtigkeit (mauvaise foi) und Authentizität. Dieser Unterscheidung liegt die grundsätzliche Bestimmung des menschlichen Seins als „Für-sich, [...] das ist, was es nicht ist und nicht das ist, was es ist“ zugrunde. Die Unaufrichtigkeit ist also ein Sich-Selbst-Belügen, indem die menschliche Realität um ein zwar nicht zutreffendes, ihr jedoch scheinbar vorteilhaftes Sein weiß, das sie zugleich als zutreffend anzunehmen oder zu vermitteln versucht. Der Unaufrichtigkeit wird als Antithese die Ehrlichkeit entgegengestellt. Diese ist Sartre zufolge letztlich ein „Seinsideal“,[9] das der Mensch nicht erreichen könne, weshalb er auch nicht ehrlich sein und vor allem nicht werden könne, weil er als „Für-sich“ frei sei, sich zu entwerfen. Ehrlichkeit sei folglich selbst unaufrichtig, weil die menschliche Realität ein Bewusstsein davon habe, dieses Ideal nicht erreichen zu können. Authentizität ist bei Sartre ein Begriff, der sich vor diesem Hintergrund darauf bezieht, dass in der menschlichen Realität aufgrund der Erfahrung ihres eigenen Objekt-in-der-Welt-seins durch die Anerkennung des Andern als Subjekt ein Schamgefühl hervorgerufen wird. Dieses Schamgefühl ist insofern authentisch, als es den fühlbaren Ausdruck einer ursprünglichen Beziehung zum Anderen darstellt und da es auf der Ebene des präreflexiven Denkens stattfindet, keinen weiteren Entwurf zulässt. Die Scham ist da und kann nicht durch eine Haltung ausgeschaltet werden. Hier muss aber verstanden werden, dass Sartre von einer ursprünglichen Scham spricht, aus der die Möglichkeit alltaglichen Schamgefühls resultiert.
Adorno
„Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“
Theodor W. Adorno widmet dem Authentizitätsbegriff Heideggers mit dem 1964 erschienenen Essay „Jargon der Eigentlichkeit" eine ausführliche Kritik.[10]
Postmoderne
In der Postmoderne stellen sich die Fragen von Authentizität und Künstlichkeit, Original, Fälschung und Serie unter neuen Bedingungen. Es findet eine Infragestellung von Autorschaft (Tod des Autors) und Authentizität, die als normative Konstruktionen betrachtet werden, überhaupt statt. Philosophen wie Jean Baudrillard beschäftigten sich theoretisch mit dem Authentischen, Künstler wie Andy Warhol spielten damit.
Einzelnachweise
- ↑ Videorelease: Wir sind Helden – Denkmal (1)
- ↑ Videorelease: Wir sind Helden – Denkmal (2)
- ↑ Budde, Dirk: High ideals and crazy dreams. Zur Darstellung von Topoi in Subkulturen und Randbereichen der Populären Musik. Berlin, 2004
- ↑ vgl. Gerhard Bach und Johannes-Peter Timm: „Handlungsorientierung als Ziel und als Methode.“ In: dies. (Hg.): Englischunterricht. Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis. Tübingen, Basel: A. Francke, 3. Auflage, 2003, S. 4-7 und 11ff.
- ↑ http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B2_2008_Naeser.pdf Authentizität 2.0 – Kulturanthropologische Überlegungen zur Suche nach ‚Echtheit’ im Videoportal YouTube. (PDF-Datei; 612 kB)
- ↑ Was ist eigentlich Authentizität? Blog von Jochen Mai mit Verweis auf Dare To Be Yourself. Artikel der Website Psychology Today. Abgerufen am 24. Oktober 2010.
- ↑ Sartre, Jean Paul: Das Sein und das Nichts. Reinbek bei Hamburg, 1995, S. 124: künftig zitiert als SN
- ↑ SN, S. 519
- ↑ SN, S. 140 ff.
- ↑ Jargon der Eigentlichkeit. Zur Deutschen Ideologie. (PDF-Datei; 499 kB)
Siehe auch
Literatur
- Burmann, Christoph. / Schallehn, M.: Konzeptualisierung von Marken-Authentizität. Bremen: Arbeitspapier 44, Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement Universität Bremen, 2010
- Zeller, Christoph: Ästhetik des Authentischen. Literatur und Kunst um 1970. Berlin/New York: De Gruyter, 2010
- Burmann, C. / Schallehn, M.: Die Bedeutung der Marken-Authentizität für die Markenprofilierung. Bremen: Arbeitspapier 31, Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement Universität Bremen, 2008
- Knaller, Susanne: Ein Wort aus der Fremde. Geschichte und Theorie des Begriffs Authentizität. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2007
- Wortmann, Volker: Was wissen Bilder schon über die Welt, die sie bedeuten sollen? Sieben Anmerkungen zur Ikonographie des Authentischen. In: Susanne Knaller / Harro Müller (Hg.): Authentizität. Diskussion eines ästhetischen Begriffs. München: Wilhelm Fink Verlag 2006, S. 163-184
- Knaller, Susanne / Harro Müller (Hg.): Authentizität. Diskussion eines ästhetischen Begriffs. München: Wilhelm Fink Verlag, 2006
- Repräsentanz Expert (Hg.): Corporate Speaking. Auftritte des Spitzenmanagements. Bonn und London, 2006
- Wortmann, Volker: Authentisches Bild und authentisierende Form. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2003
- Knieper, Thomas / Müller, Marion G. (Hg.): Authentizität und Inszenierung von Bilderwelten. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2003
- Wachtel, Stefan: Rhetorik und Public Relations. München, 2003
- Fischer-Lichte, Erika / Pflug, Isabel (Hg.): Inszenierung von Authentizität. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 2000
- Lethen, Helmut: Versionen des Authentischen: sechs Gemeinplätze. In: Hartmut Böhme / Klaus R. Scherpe: Literatur und Kulturwissenschaften – Positionen, Theorien, Modelle. Reinbek: Rowohlt Taschenbuchverlag, 1996
- Sennett, Richard: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Frankfurt am Main, 1983
- Trilling, Lionel: Das Ende der Aufrichtigkeit. München: Hanser, 1980
- Anders, Günther: Über Echtheit. In (ders.): Über das Haben. Bonn: Cohen Verlag, 1928
- Fenske, Michaela: Geschichte, wie sie euch gefällt – Historische Doku-Soaps als spätmoderne Handlungs-, Diskussions- und Erlebnisräume. S. 85-105 In: Hartmann, Andreas / Silke Meyer, Ruth- E. Mohrmann (Hg.): Historizität. Vom Umgang mit Geschichte. Münster u.a: Waxmann, 2007
- Hattendorf, Manfred: Dokumentarfilm und Authentizität. Ästhetik und Pragmatik einer Gattung. Konstanz: Universitätsverlag Konstanz, 1994
- Lindner, Rolf: Die Idee des Authentischen. In: Kuckuck 1: 58-61, 1998
- Näser, Torsten: Authentizität 2.0 – Kulturanthropologische Überlegungen zur Suche nach ,Echtheit’ im Videoportal YouTube. In: kommunikation@gesellschaft, Jg. 9, Beitrag 2. Online-Publikation: http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B2_2008_Naeser.pdf, 2008
Weblinks
- Zur Authentizität in der Informatik; Special: „Network Security Tactics – Mit IPsec-Regeln den Netzwerk-Verkehr filtern“
- Arbeitspapier zur Authentizität von Marken
- [1] Budde, Dirk: High ideals and crazy dreams. Zur Darstellung von Topoi in Subkulturen und Randbereichen der Populären Musik. Berlin, 2004
- http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B2_2008_Naeser.pdf Authentizität 2.0 – Kulturanthropologische Überlegungen zur Suche nach ‚Echtheit’ im Videoportal YouTube.