Zum Inhalt springen

Wagenfabrik Gille

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. April 2015 um 19:40 Uhr durch Thgoiter (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Ehemaliger Fahrzeughersteller). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dieser Artikel wurde zur Löschung vorgeschlagen.

Falls du Autor des Artikels bist, lies dir bitte durch, was ein Löschantrag bedeutet, und entferne diesen Hinweis nicht.

Zur Löschdiskussion

Google kennt keine "Wagenfabrik Gille" und keine "Hofwagenfabrik Fr. Müller". In diesem Artikel wurden mehrere winzige Firmen zu einer zusammengefasst. In dieser Form völlig falsches Quellenverständnis, falsches Lemma und zum Teil auch Theoriefindung.


Die Wagenfabrik Gille war ein Unternehmen in Braunschweig.

Geschichte

Im Jahr 1758 begann ein Sattlermeister namens Redewald in Braunschweig rohe Wagen anzukaufen und zum Weiterverkauf auszustatten: Er sorgte für die Polsterung und gab die Lackierung in Auftrag. Erst mit dem Eintritt seines Schwiegersohnes namens Gille in das Geschäft begann die Herstellung von Wagen im eigenen Betrieb. Dieser Herr Gille hatte einen Sohn namens Christian, der in Paris und London seine Kenntnisse im Wagenbau komplettierte. Christian Gille leitete den Betrieb in Braunschweig von 1820 bis 1852. Die Wagenfabrik Gille ging dann in die Hände Friedrich Müllers über und firmierte zeitweise als Hofwagenfabrik Fr. Müller. Ab 1873 war der Inhaber der Fabrik Paul Kathe. Er ist um die Wende zum 20. Jahrhundert noch nachweisbar.[1]

Die Ära Gille

Gille senior und junior hatten offenbar von dem gestiegenen Bedarf an Wagen, der um die Wende zum 19. Jahrhundert einsetzte, profitiert. Es war der Firma gelungen, sich die Aufträge zum Neubau und zur Instandhaltung der Postwagen auf den Strecken Braunschweig-Hamburg, Braunschweig-Holzminden und Braunschweig-Magdeburg zu sichern. Dafür erhielt sie jährlich einen festen Betrag. Gille belieferte außerdem etwa ab 1800 auch das Militär sowie das Herzogshaus. Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig soll Gille einmal das Holz zu einem weiteren Fabrikgebäude geschenkt haben. Zu Gilles Zeit wurden jährlich etwa 20 bis 30 Fahrzeuge produziert; Stellmacher, Sattler und Schmiede arbeiteten in Gilles Betrieb.[1]

1824 erregte ein Reisewagen, der bei Gille für den Herzog von Braunschweig angefertigt worden war, Aufsehen. Er wurde in Dinglers Polytechnischem Journal als „auch unter schönen Staatswagen noch schön“ beschrieben. Der blau lackierte Wagen war reich verziert und mit Wappenschilden versehen, die aber offenbar mit wenig Aufwand abgewandelt werden konnten, wenn der Herzog inkognito unterwegs war. Er war ferner mit einer Zylinderuhr und einer Beleuchtungsanlage, die auch zum Heizen und Wasserkochen verwendet werden konnte, ausgestattet. Durch diese Anlage konnte auch Kontakt mit der Dienerschaft außerhalb des Wageninnenraums aufgenommen werden. Im vorderen Teil des Wagens befand sich ein Arbeitsplatz mit Schreibtisch und Bücherschränken, ferner war für Flaschen, Gläser und Speiseservice sowie für verschiedene Waffen gesorgt. Der Wagen hatte außerdem ein Schlafabteil mit einem Bett „in völliger Mannslänge“. Für den Fall, dass der Herzog nicht im Wagen übernachten wollte, wurde außerdem ein Klappbett samt Vorhängen und Himmel mitgeführt, das innerhalb von fünf Minuten einsatzbereit sein sollte. Gille Vater und Sohn hatten diese Bettstelle von einem Schlossermeister ausführen lassen.[2]

Die Wagenfabrik Gille war sehr erfolgreich; sie gehörte zeitweise zu den höchstbesteuerten Betrieben Braunschweigs.[3] 1845 arbeiteten bei Gille etwa ebensoviele Gesellen wie bei allen anderen Stellmachern und Schmieden zusammen.[4]

Die Firma Gille stand offenbar in enger Beziehung zu Stadtdirektor Wilhelm Bode. Im Jahr 1844 waren Bode und einer der beiden Herren Gille (wohl der jüngere) in den Eisenbahnunfall von Jerxheim verwickelt, wovon noch ein bemaltes Tablett zeugt, das Bode zur Erinnerung an die überstandene Gefahr geschenkt erhielt. Es befindet sich im Städtischen Museum von Halberstadt.[5]

Die Ära Müller/Kathe

In den 1870er und 1880er Jahren nahm das Geschäft einen Aufschwung, der einen Neubau der Fabrik zur Folge hatte. Die Holzvorräte wurden in den Bültenweg 58 ausgelagert. Ab 1885 wurden Dampfmaschinen genutzt. Mehrfach wurden im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts die Liegenschaften des Unternehmens erweitert. Zwischen 1876 und 1898 stieg die Zahl der beschäftigten Arbeiter von etwa 45 auf ungefähr 85. Waren im Jahr 1876 noch 97 neue Fahrzeuge hergestellt worden, so waren es 1898 bereits 120; dazu kamen etwa 500 Fahrzeugreparaturen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Maschinen beim Fahrzeugbau und der -reparatur eingesetzt. Während mit dem Aufkommen des Fahrrads und der Straßenbahn als Verkehrsmittel sowie vor allem auch mit dem Bau der Harzer Schmalspurbahnen das Gewerbe der Lohnkutscherei zurückging und damit für die Wagenfabrik ein Verdienstzweig wegfiel, konnte der ehemals Gillesche Betrieb damals andererseits beim Bau von Luxus-, Geschäfts- und Reklamewagen einen Zuwachs verzeichnen. Auch die Post war nach wie vor ein wichtiger Abnehmer.[1]

Wagen aus Kathes Zeit finden sich hin und wieder noch im Handel.[6]

Bedeutung

Gille und seine Nachfolger Müller und Kathe waren das größte Unternehmen seiner Art in Braunschweig.[1]

Literatur

  • Richard Bettgenhaeuser, Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig. I. Theil, Braunschweig 1899, S. 162–167 (Digitalisat)

Einzelnachweise

  1. a b c d Richard Bettgenhaeuser, Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig. I. Theil, Braunschweig 1899, S. 162–167 (Digitalisat)
  2. Johann Gottfried Dingler, Emil Maximilian Dingler: Dinglers polytechnisches journal. J. G. Cotta, 1824, S. 139 f. (google.com).
  3. Gerhard Schildt: Tagelöhner, Gesellen, Arbeiter: Sozialgeschichte der vorindustriellen und industriellen Arbeiter in Braunschweig, 1830-1880. Klett-Cotta, 1986, ISBN 978-3-608-91256-2, S. 184 (google.com).
  4. Martin Kintzinger: Handwerk in Braunschweig: Entstehung und Entwicklung vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Appelhans, 2000, ISBN 978-3-930292-38-7, S. 277 (google.com).
  5. Geschichtsverein erwirbt Bildtablett für das Städtische Museum auf www.halberstadt.de
  6. Jagdwagen aus Kathes Produktion auf www.hansmeier-antikkutschen.de