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„Jugendweihe“ – Versionsunterschied

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Der Begriff '''Jugendweihe''' tauchte erstmals [[1852]] auf. Die neue Form der [[Initiation]] wurde von [[freireligiöse Bewegung|freireligiösen Gemeinden]] entwickelt. In Opposition zu den Kirchen organisierten sie einen kulturgeschichtlich fundierten Moralunterricht für ihre Kinder. Die abschließende Jugendweihe war vor allem eine Feier zur Schulentlassung, deshalb erhielt man sie im Alter von 14 Jahren. Seit den 1890er Jahren stand ihre Form weitgehend fest. Der Jugendlehrer hielt einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es gab ein Gelöbnis, und es wurden Erinnerungsblätter und ein Gedenkbuch überreicht. Gesänge und [[Rezitation]]en umrahmten die Feier. Diese [[freireligiöse Bewegung|freireligiöse]] und [[Freidenker|freidenkerische]] Tradition wurde von der [[Arbeiterbewegung]] übernommen. [[1933]] wurden Jugendweihen durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verboten.
Der Begriff '''Jugendweihe''' tauchte erstmals [[1852]] auf. Die neue Form der [[Initiation]] wurde von [[freireligiöse Bewegung|freireligiösen Gemeinden]] entwickelt. In Opposition zu den Kirchen organisierten sie einen kulturgeschichtlich fundierten Moralunterricht für ihre Kinder. Die abschließende Jugendweihe war vor allem eine Feier zur Schulentlassung, deshalb erhielt man sie im Alter von 14 Jahren. Seit den 1890er Jahren stand ihre Form weitgehend fest. Der Jugendlehrer hielt einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es gab ein Gelöbnis, und es wurden Erinnerungsblätter und ein Gedenkbuch überreicht. Gesänge und [[Rezitation]]en umrahmten die Feier. Diese [[freireligiöse Bewegung|freireligiöse]] und [[Freidenker|freidenkerische]] Tradition wurde von der [[Arbeiterbewegung]] übernommen. [[1933]] wurden Jugendweihen durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verboten.


Nach dem Krieg nahmen die [[freireligiöse Bewegung|freireligiösen Gemeinden]] die Tradition wieder auf. In der [[DDR]] waren die Jugendweihen bis [[1954]] verboten. Dass die Jugendweihe danach zum staatssozialistischen Fest avancierte, war in Moskau beschlossen worden. Im Mai [[1953]] fasste das [[Politbüro]] der [[KPdSU]] einen Beschluss über "Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR", der auch eine sozialistische Alternative zur Konfirmation vorsah. Mit gewaltigem Druck wurde die Feier gegen die kirchliche [[Konfirmation]] bzw. [[Firmung]] etabliert. Aber auch konfessionell gebundene Jugendliche sollten (parallel zur [[Konfirmation]]/[[Firmung]]) an den Jugendweihefeiern teilnehmen. Wer nicht an ihr teilnahm, musste mit erheblichen Nachteilen rechnen. Beispielsweise wurden Jugendliche, die nicht an der Jugendweihe teilgenommen hatten, häufig nicht zum [[Abitur]] zugelassen.
Nach dem Krieg nahmen die [[freireligiöse Bewegung|freireligiösen Gemeinden]] die Tradition wieder auf. In der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] waren die Jugendweihen bis [[1954]] verboten. Dass die Jugendweihe danach zum staatssozialistischen Fest avancierte, war in Moskau beschlossen worden. Im Mai [[1953]] fasste das [[Politbüro]] der [[KPdSU]] einen Beschluss über "Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR", der auch eine sozialistische Alternative zur Konfirmation vorsah. Mit gewaltigem Druck wurde die Feier gegen die kirchliche [[Konfirmation]] bzw. [[Firmung]] etabliert. Aber auch konfessionell gebundene Jugendliche sollten (parallel zur [[Konfirmation]]/[[Firmung]]) an den Jugendweihefeiern teilnehmen. Wer nicht an ihr teilnahm, musste mit erheblichen Nachteilen rechnen. Beispielsweise wurden Jugendliche, die nicht an der Jugendweihe teilgenommen hatten, häufig nicht zum [[Abitur]] zugelassen.


Am [[27. März]] [[1955]] fand die erste Jugendweihe in [[Ost-Berlin]] statt. Die Jugendlichen im Alter von 14 Jahren wurden dabei in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen, danach auch [[Siezen|mit "Sie" angeredet]] und erhielten den [[Personalausweis]].
Am [[27. März]] [[1955]] fand die erste Jugendweihe in [[Ost-Berlin]] statt. Die Jugendlichen im Alter von 14 Jahren wurden dabei in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen, danach auch [[Siezen|mit "Sie" angeredet]] und erhielten den [[Personalausweis]].

Version vom 14. November 2004, 17:42 Uhr

Der Begriff Jugendweihe tauchte erstmals 1852 auf. Die neue Form der Initiation wurde von freireligiösen Gemeinden entwickelt. In Opposition zu den Kirchen organisierten sie einen kulturgeschichtlich fundierten Moralunterricht für ihre Kinder. Die abschließende Jugendweihe war vor allem eine Feier zur Schulentlassung, deshalb erhielt man sie im Alter von 14 Jahren. Seit den 1890er Jahren stand ihre Form weitgehend fest. Der Jugendlehrer hielt einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es gab ein Gelöbnis, und es wurden Erinnerungsblätter und ein Gedenkbuch überreicht. Gesänge und Rezitationen umrahmten die Feier. Diese freireligiöse und freidenkerische Tradition wurde von der Arbeiterbewegung übernommen. 1933 wurden Jugendweihen durch die Nationalsozialisten verboten.

Nach dem Krieg nahmen die freireligiösen Gemeinden die Tradition wieder auf. In der DDR waren die Jugendweihen bis 1954 verboten. Dass die Jugendweihe danach zum staatssozialistischen Fest avancierte, war in Moskau beschlossen worden. Im Mai 1953 fasste das Politbüro der KPdSU einen Beschluss über "Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR", der auch eine sozialistische Alternative zur Konfirmation vorsah. Mit gewaltigem Druck wurde die Feier gegen die kirchliche Konfirmation bzw. Firmung etabliert. Aber auch konfessionell gebundene Jugendliche sollten (parallel zur Konfirmation/Firmung) an den Jugendweihefeiern teilnehmen. Wer nicht an ihr teilnahm, musste mit erheblichen Nachteilen rechnen. Beispielsweise wurden Jugendliche, die nicht an der Jugendweihe teilgenommen hatten, häufig nicht zum Abitur zugelassen.

Am 27. März 1955 fand die erste Jugendweihe in Ost-Berlin statt. Die Jugendlichen im Alter von 14 Jahren wurden dabei in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen, danach auch mit "Sie" angeredet und erhielten den Personalausweis.

Vor der eigentlichen Jugendweihe wurden ein Jahr lang die so genannten Jugendstunden durchgeführt, die zumeist aus Betriebsbesichtigung, Vorträgen über Sexualität und Politik, Tanzstunden oder ähnlichen gesellschaftlichen Nachmittagen bestanden.

Zu dem Festakt, der meist in einem größerem Saal oder Theater des Ortes stattfand, waren alle Angehörigen eingeladen. Nach einigen offiziellen Reden und dem Gelöbnis, in dem sich die Jugendlichen zum sozialistischen Staat bekannten, wurden dann meist von Jungpionieren Blumen überreicht. Bis 1972 schenkte der Staat noch jedem jungen Erwachsenem das Buch Weltall Erde Mensch, das neben propagandistischen Auslassungen vor allem Allgemeinwissen enthielt. Nach 1972 erhielten alle das rein propagandistische Buch Der Sozialismus – Deine Welt und in den letzten Jahren der DDR wurde das Buch Vom Sinn unseres Lebens überreicht. Außerdem gab es noch eine Urkunde dazu. Nach dem feierlichen Akt in der Öffentlichkeit wurde meist der Rest des Tages gemeinsam mit den Familien der Klassenkameradinnen und Klassenkameraden zugebracht.

Der Grund für die Beliebtheit der Jugendweihe bei den Jugendlichen dürften wohl die Sach- und Geldgeschenke der Verwandten und Bekannten gewesen sein.

Nach der Wende geriet die Jugendweihe unter einen erheblichen politischen Druck, öffentliche Anerkennung oder gar staatliche Förderung waren versagt. Bis heute ist es in einzelnen östlichen Bundesländern verboten, in den Schulen Jugendweiheveranstaltungen durchzuführen. Bei Firmung oder Konfirmation gewährte Vorteile (ein Tag schulfrei) werden den Jugendweihlingen nicht gewährt, da die Jugendweihe keine Initiationsfeier einer anerkannten Weltanschauungsgemeinschaft darstellt.

Dennoch nehmen in den östlichen Bundesländern etwa 60 bis 70 Prozent der Altersjahrgänge an den Jugendweihen teil, was als Ausdruck der Anerkennung für die Jugendweihen und deren Verankerung als gesellschaftliche Institution gesehen werden kann.

Jugendweihen werden von freireligiösen Gemeinden und vor allem in Ostdeutschland von Vereinen durchgeführt. (Jugendweihe e. V., Roter Baum e. V.)

Literatur