Heidentum
Der Ausdruck Heidentum und der Begriff Heide werden in verschiedenen kultur- und religionsgeschichtlichen Zusammenhängen verwendet. Er kann bezeichnen
- einen Anhänger des Polytheismus, z. B. im Neuheidentum
- eine Person, die weder Jude, noch Christ noch Moslem ist,
- eine unzivilisierte, primitive Person
Etymologisch wird er der Begriff von germanisch: haithio: unbebautes, wildgrünendes Land, Waldgegend, Heide abgeleitet . Die englische Entsprechung ist heathen oder pagan, von lat. paganus = "Bewohner des unbebauten Landes".
Die Griechen hatten die abwertende Bezeichnung βαρβαρoς barbaros für fremde (und weniger gebildete) Völker, aber auch εθνoς ethnos (eigentlich Volk), wurde im Sinn von Ausländer, Nichtgrieche ebenfalls abwertend verwendet.
Die Juden unterschieden zwischen dem Volk Israel und den Gojim (Einzahl Goj), was in der Septuaginta mit εθνoς ethnos übersetzt wurde. Gojim war für die Juden mit der Vorstellung von Götzendienst und sittlicher Verdorbenheit verbunden.
In den Evangelien im Neuen Testament der Christen wird der Begriff εθνoς, der gewöhnlich mit Heiden übersetzt wird, gewöhnlich im Alttestamentlichen Sinn verwendet, in den Paulusbriefen sind damit in erster Linie die Anhänger des griechischen und römischen Polytheismus gemeint. Es wird unterschieden zwischen Judenchristen (zum Christentum bekehrten Juden) und Heidenchristen (zum Christentum bekehrten Heiden). Paulus von Tarsus bezeichnet sich als Apostel der Heiden.
Im Christentum wie im Judentum wird das Heidentum außerhalb der eigenen Kultur lokalisiert oder als Aberglaube abgetan oder zum Missionsobjekt.
Auch der Islam unterscheidet zwischen den Religionen des Buchs (Christentum und Judentum), denen ein eingeschränktes Wissen und eine gewisse Toleranz zugestanden wird und den Ungläubigen, die zu bekehren und der Herrschaft des Islam zu unterwerfen sind. In der Kultur der islamischen Länder gibt es sagenhafte Beispiele von Epochen des friedlichen Zusammenlebens von ganz verschiedenen Religionen Tür an Tür.
Für eine Wesensbeschreibung der klassischen Heiden aus ihrem Selbstverständnis heraus scheint die Bezeichnung heute nicht mehr sinnvoll. Zur Selbstbezeichnung wurde der Begriff am Beginn und nochmals am Ende des 20. Jahrhunderts, als im Zuge einer allgemeinen Neubewertung der Natur das Heidentum als Glaubens- und Lebenspraxis wiederentdeckt wurde. Die s. g. Neuheiden nehmen heidnisches Brauchtum, Rituale, und Traditionen unter den Bedingungen heutiger Kultur wieder auf.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das (germanische) Heidentum leider glorifiziert.
Die heute übliche Bezeichnung für Weltanschauungen außerhalb der großen Weltreligionen und aufgeklärter Weltanschauungen ist Animismus oder Naturreligion.
Siehe auch:
- Neo-Schamanimus - Neo-Kelten - Asatru - Druiden - Wicca - (Neo-Hexen)
Bestimmte neuheidnische Gruppen in Mitteleuropa haben aus verschiedenen Quellen einen eigenen Festkalender entwickelt. Als Hochfeste (gelegentlich auch Sabbate) werden von ihnen die folgenden hohen Feiertage im Jahreskreis bezeichnet:
- Samhain - 31. Oktober (eigentlich 1. November, allerdings beginnt der Tag nach heidnischem Kalender mit dem Sonnenuntergang)
- Jul, Mittwinter, Wintersonnenwende - 20. - 23. Dezember
- Imbolc , Brigid - 2. Februar
- Ostara 20. - 23. März
- Beltane - 30. April, (eigentlich 1. Mai)
- Litha, Mittsommer, Sommersonnenwende - 20. - 23. Juni
- Lammas, Lughnasadh - 1. August
- Mabon - 20. - 23. September
Literatur
- Robin Lane Fox: Pagans and Christians, New York 1987. Standardwerk. Es beleuchtet das Zusammenwirken des Heidentums und der Christen bis zur konstantinischen Wende im 4. Jahrhundert.