Ronald Schill
Ronald Barnabas Schill (* 23. November 1958 in Hamburg), ist ein deutscher Politiker (Pro Deutsche Mitte / Schill).
Er war Gründungsvorsitzender der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und von 2001 bis 2003 Zweiter Bürgermeister und Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg.
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abschluss des Abiturs am Wirtschaftsgymnasium Weidenstieg studierte Schill an der Universität Hamburg für drei Semester Psychologie. Anschließend absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, welches er 1988 mit dem ersten und 1992 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abschloss. Nebenher arbeitete Schill als Taxifahrer und Fotomodell. Er praktizierte 1992 bis 1993 als Anwalt. 1993 wurde er Richter am Amtsgericht Hamburg, wo er bis 2001 tätig war.
Richter Schill und die Boulevardpresse
Wegen einiger Urteile mit hohem, von vielen als übertrieben empfundenem Strafmaß erhielt Schill von der Hamburger Boulevardpresse den Spitznamen „Richter Gnadenlos“. Die spektakulärsten Urteile wurden in der zweiten Instanz aufgehoben. Schill trat zu dieser Zeit häufig in der Presse und auch im Fernsehen auf, wobei er allgemein härtere Bestrafung insbesondere von Wiederholungstätern forderte und ein von ihm behauptetes „Kartell strafunwilliger Jugendrichter in Hamburg“ anprangerte. Während seiner gesamten politischen Karriere blieb Schill im Blickpunkt des Medieninteresses.
Im Jahr 2000 wurde Schill in die Zivilabteilung des Gerichts versetzt. Eine Anklage wegen Rechtsbeugung gegen Ronald Schill endete 2001 mit einem Freispruch.
Politisches Leben
Anfang der politischen Karriere
Schill gründete die Partei Rechtsstaatlicher Offensive (nach ihm auch Schill-Partei genannt).
Schill zog die Aufmerksamkeit der Presse unter anderem durch folgende Positionen auf sich.
- Er sprach sich wiederholt für die Legalisierung von Cannabis aus, bzw. war der Meinung, dass das Strafrecht in solchen Fällen nicht zur Anwendung gebracht werden sollte, da die Polizei Wichtigeres zu tun habe.
- Nicht therapierbare Sexualstraftäter sollten seiner Ansicht nach nur dann wieder auf freien Fuß kommen, wenn sie sich zuvor einer Kastration unterzogen hätten.
- Eltern, die ihre Erziehungspflicht nachhaltig verletzen und deren Kinder massiv straffällig geworden sind, sollten mit Sanktionen wie zivilrechtlichen Forderungen oder dem Entzug des Erziehungsrechtes rechnen müssen.
- Im Wahlkampf kündete Ronald Schill die Halbierung der Gewaltkriminalität binnen 100 Tagen an, sofern er in einer Koalition freie Hand dafür bekäme. Zu diesem Zweck sollten 2.000 neue Polizisten eingestellt werden.
Am 23. September 2001 erhielt die Partei Rechtsstaatlicher Offensive bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 19,4% der Wählerstimmen.
Am 31. Oktober 2001 wurde Ronald Schill zum Zweiten Bürgermeister und Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg in einer Koalitionsregierung seiner Partei mit CDU und FDP unter dem Ersten Bürgermeister Ole von Beust berufen.
Politik als Innensenator
Anfang 2002 berief Ronald Schill den wegen seiner Erfolge bei der Verbrechensaufklärung bekannten, bayerischen Kriminaldirektor Udo Nagel zum Hamburger Polizeipräsidenten. Weiterhin stellte er im Laufe des Jahres 250 Angestellte im Polizeidienst neu ein, um die Polizei von Verwaltungsaufgaben zu entlasten und übernahm 14 bereits fertig ausgebildete Polizisten aus Berlin.
Im Jahr 2003 wurden 325 Polizeibeamte aus Berlin und 29 aus anderen Bundesländern in den Hamburger Polizeidienst übernommen. Bis Mitte 2004 sollen damit 500 neue Beamte eingestellt worden sein. Darüber hinaus sind in 2003 229 Nachwuchskräfte eingestellt worden.
Im Jahr 2002 ging die Zahl der amtlich erfassten Straftaten um 15,5 Prozent zurück, bereinigt um ein Großverfahren im Jahr zuvor um 7,9 Prozent. Die Gewaltkriminalität in Hamburg ging im Jahr 2002 um 7,7 Prozent zurück und stieg in Schills zweitem Amtsjahr wieder um 3,7 Prozent an. Diese Entwicklungen lassen sich aus zwei Gründen nicht Schill zuordnen. Zum einen unterliegt die Kriminalitätsstatistik großen Schwankungen und zum anderen ist es aufgrund der kurzen Amtszeit von Schill statistisch nicht feststellbar, ob die gesunkene Zahl an Verbrechen auf seine Maßnahmen zurückzuführen ist oder ob der Rückgang durch Maßnahmen seiner Vorgänger wie dem Anti-Raub-Programm oder die Räumung des Hauptbahnhofs oder durch externe Faktoren verursacht wurde.
Schill setzte sich bereits im Wahlkampf 2001 für die Einführung blauer Polizeiuniformen ein, da seines Erachtens die bisherigen braungrünen Uniformen in der Öffentlichkeit lächerlich wirkten, unpraktisch seien und die Motivation der Polizisten senkten. Im Oktober 2002 konnte er den Designer Luigi Colani für die Entwicklung der blauen Polizeiuniformen gewinnen. 110 Prototypen der Uniformen wurden ab Oktober 2003 von Polizisten im Hamburger Alltag getestet, im Sommer 2005 sollen alle Polizisten Hamburgs bedarfsorientiert mit den neuen Uniformen ausgestattet sein. Die Produktion konnte durch einen von Hamburger Unternehmen für die Stadt aufgenommenen, zinslosen Kredit und private Spenden vorfinanziert werden.
Nach Angaben des Bundesinnenministers Otto Schily wird ab 2005 auch der Bundesgrenzschutz beginnen, auf blaue Uniformen umzusteigen.
Medienrummel, Skandale und Eklats
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt wurde Schill von einem psychisch kranken Zeugen Kokainmissbrauch vorgeworfen. Schill unterzog sich freiwillig einer Haaranalyse, bei der keine Kokainspuren festgestellt wurden. Das von der Staatsanwaltschaft Hamburg eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Betäubungsmittelbesitzes wurde daraufhin eingestellt.
Für bundesweites Aufsehen und Empörung sorgte Schill, als er am 29. August 2002 vor dem Deutschen Bundestag sprach: Im Rahmen einer Debatte über die Flutkatastrophe in Ostdeutschland hatte sich Schill nur am Rand zum Thema der Debatte geäußert, stattdessen Politiker aller Parteien angegriffen und die Ausländerpolitik scharf kritisiert. Sein Beitrag gipfelte in den Worten: „Ich bin mit großem Vertrauen hier in den Bundestag gekommen, und musste feststellen, dass hier die Verfassung mit Füßen getreten wird.“
Der Eklat setzte sich fort, als Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs ihm nach Überziehung der vereinbarten 15 Minuten Redezeit und vergeblicher Aufforderung zum Schluss zu kommen, das Mikrofon abstellte. Nachdem er seine Schlussworte ankündigte, wurde das Mikrofon zwar wieder eingeschaltet; als Schill nach Auffassung des Präsidiums jedoch immer noch nicht zur Sache sprach und eine Beendigung seiner Rede nicht erkennbar war, wurde das Mikrofon endgültig abgeschaltet und ihm das Wort entzogen. Schill sah darin eine Verletzung von Artikel 43 des Grundgesetzes, der nach seiner Meinung und der einiger Beobachter Bundesratsmitgliedern unbegrenzte Redezeit zugestehe. Er warf Frau Fuchs Verfassungsbruch vor, reichte jedoch eine angekündigte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht ein. Die Rede führte zu einer Koalitionskrise in Hamburg. Der Hamburger Oberbürgermeister Ole von Beust (CDU) missbilligte das Verhalten Schills in scharfer Form und wies ihn darauf hin, er habe im Bundestag nicht als Parteienvertreter, sondern als Vertreter des Hamburger Senats zu reden.
Kurz nach der Erstürmung eines Moskauer Theaters im Oktober 2002, bei der 129 der 800 Geiseln durch den Einsatz eines starken Betäubungsgases starben, schlug Schill vor, solches Gas auch in Deutschland zur Bekämpfung des Terrorismus einzusetzen, sofern ein wirksames Gegenmittel dazu entwickelt werden könne.
Entlassung
Im Sommer 2003 geriet der Staatsrat der Innenbehörde und Schill-Vertraute Walter Wellinghausen in die Schlagzeilen, weil dieser neben seinem Amt noch als Anwalt und als Aufsichtsrat einer Klinik tätig war. Als der Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) Wellinghausen ohne Absprache mit Ronald Schill entlassen wollte, kam es es am 19. August 2003 zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit Schill. Im Anschluss daran entließ von Beust den Innensenator mit dem Vorwurf, dieser habe ihm gedroht, eine angebliche Liebesbeziehung zwischen ihm und Justizsenator Roger Kusch (CDU) an die Öffentlichkeit zu bringen.
Schill erklärte demgegenüber, er habe „nur an Ole von Beust appelliert, nicht mit zweierlei Maß zu messen“. Er habe den Fall seines Parteikollegen, des Bausenators Mario Mettbach erwähnt, den von Beust gezwungen hatte, die Einstellung seiner Lebensgefährtin als Referentin rückgängig zu machen.
Kurze Zeit später bekannte sich Roger Kusch öffentlich zu seiner Homosexualität. Durch den Vater von Ole von Beust wurde wenig später publik, dass auch Ole von Beust homosexuell sei. Belege für eine Beziehung zwischen Kusch und Ole von Beust wurden von Ronald Schill nie vorgebracht.
Vertreter verschiedener Verbände, darunter die Kirchen und die Polizeigewerkschaft, begrüßten die Entlassung Schills. Schill zog sich auf die Wahrnehmung seines Bürgerschaftsmandats zurück.
Ausschluss und Niedergang der Partei Rechtsstaatlicher Offensive
Der Bundesvorstand der Partei Rechtsstaatlicher Offensive entzog Schill am 6. Dezember das Amt des Hamburger Landesvorsitzenden und sprach ihm ein Verbot aus, weitere Ämter in der Partei einzunehmen.
Am 16. Dezember 2003 beschloss der Bundesvorstand der Partei Rechtstaatlicher Offensive den Parteiausschluss von Schill. Am 18. Dezember gründet Schill mit fünf ehemaligen Mitgliedern seiner früheren Partei eine eigene Fraktion der Hamburger Bürgerschaft. Zur Vorsitzenden der neuen Ronald-Schill-Fraktion wurde Schills ehemalige Lebensgefährtin Katrin Freund gewählt.
Nachdem deutlich geworden war, dass die Hamburger Koalition ohne Schill und seine Anhänger in der Schill-Fraktion der Bürgerschaft keine eigene Mehrheit mehr hatte, erklärte der Hamburger Erste Bürgermeister Ole von Beust am 9. Dezember 2003 die Koalition aus CDU, FDP und der Schill-Partei für beendet.
Daraufhin kam es am 29. Februar 2004 zu Neuwahlen. Ronald Schill trat als Spitzenkandidat der Pro DM an und erzielte 3,1 Prozent während seine ehemalige Partei nur noch ein Ergebnis von 0,4 Prozent erzielte.
Schill kündigte nach der Niederlage an, sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen und aus Deutschland auszuwandern. Im Oktober 2004 ging er nach Kuba, wo er angab, eine „längere Zeit“ bleiben zu wollen.
Siehe auch
Geschichte Hamburgs, Populismus, Bambule
Weblinks
- Amtliche Kriminalstatistiken des Landeskriminalamtes Hamburg
- Deutscher Bundestag: Protokoll der Rede Ronald Schills vom 29. August 2002
- Deutscher Bundestag: Videostream der Rede Ronald Schills (Real Player)
- -WELT-Artikel zur Kokain-Affaire
Personendaten | |
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NAME | Schill, Ronald Barnabas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker und Gründer der Partei Rechtsstaatlicher Offensive |
GEBURTSDATUM | 23. November 1958 |
GEBURTSORT | Hamburg |