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Geschichte Deutschlands

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Geschichte

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Neanderthaler

Paläolithikum: Die frühesten Beweise für eine Anwesenheit von Menschen auf dem Gebiet des heutigen Deutschland, Quarzit-Artefakte aus der Tongrube Kärlich bei Koblenz, werden auf ein Alter von etwa 700.000 Jahren datiert. Aus der Zeit von vor etwa 600.000 bis 550.000 Jahren stammt der Fund eines Unterkiefers des Homo heidelbergensis, der in Mauer bei Heidelberg entdeckt wurde. Eine bessere Fundsituation gibt es für spätere Formen des Homo heidelbergensis. Zu nennen sind hier insbesondere die Fundstellen bei Bilzingsleben bei Kindelbrück in (Thüringen), bei Schöningen und Bad Cannstatt, die auf ein Alter von etwa 350.000 bis 250.000 Jahren datiert werden. Bis vor etwa 40.000 Jahren war Deutschland vornehmlich vom Homo neanderthalensis (Neandertaler) besiedelt, seit etwa 36.000 Jahren vom Homo sapiens. Einige der ältesten Fundstätten sind Geißenklösterle bei Blaubeuren und die Stadel-Höhle im Lonetal bei Ulm. Die dort gefundenen Kunstwerke (zum Beispiel der Löwenmensch) und Musikinstrumente aus dem Aurignacien gehören zu den ältesten Funden ihrer Art weltweit.

Es kann als gesichert gelten, dass Mitteleuropa seit etwa 500.000 Jahren zumindest während der Warmzeiten permanent von Menschen besiedelt ist.

Neolithikum: Nach dem Ende der Eiszeiten entwickelten sich die Sammlerinnen und Jäger des Mesolithikums zu Bauern und Viehzüchtern, wahrscheinlich unter dem Einfluss vorderorientalischer und südosteuropäischer Kulturen. Dieser Prozess, der um 5300 v.Chr. stattfand und der mit Sesshaftigkeit und der Benutzung von gebrannten Tongefässen und geschliffenen Steinbeilen einhergeht, wird auch neolithische Revolution genannt

Bronze- und Eisenzeit: Ab etwa 2000 v.Chr. wird in Mitteleuropa die Metallverarbeitung üblich, zunächst Kupfer und Bronze (Bronzezeit), dann ab etwa 850 v.Chr. auch Eisen (Eisenzeit). Der größte Teil Deutschlands gehörte ab der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. zum Einflussbereich der keltischen Kultur.

Antike

Die früher verbreitete Gleichsetzung von Germanen und Deutschen wird in der heutigen Forschung nicht mehr aufrecht erhalten. Einerseits trugen auch nichtgermanische Ethnien zur Herausbildung des deutschen Volks bei, andererseits zählen Germanen auch zu den Vorfahren nicht-deutscher Völker. Ursprünglich an der westlichen Ostsee beheimatet, drangen die Germanen seit etwa 200 v. Chr. in die damals noch keltischen Gebiete Mittel- und Süddeutschlands vor.

Wanderzüge der Kimbern und Teutonen

Ins Licht der Geschichte traten sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr., als die nordgermanischen Stämme der Kimbern und Teutonen von Jütland aus bis auf das Gebiet des Römischen Reichs vordrangen. Nachdem sie mehrere Legionen geschlagen hatten (113 v. Chr. bei Noreia und 105 v. Chr. bei Arausio (Orange)), besiegte sie der römische Feldherr Marius in den Jahren 102 und 101 v. Chr. in den Schlachten von Aquae Sextiae (Aix-en-Provence) und Vercellae (Vercelli).

Mit der Eroberung Galliens durch Julius Cäsar zwischen 58 und 50 v. Chr. wurde der Rhein zur Nordostgrenze und die Germanen zu direkten Nachbarn des Römischen Reiches. Die unter Kaiser Augustus versuchte Eroberung der von Germanen besiedelten Gebiete bis zur Elbe wurde nach der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr. abgebrochen.

Die Gebiete westlich des Rheins und südwestlich des Grenzwalls Limes wurden den römischen Provinzen Germania Inferior (Niedergermanien), Germania Superior (Obergermanien) und Raetia (Rätien) zugeschlagen. Das Gebiet östlich davon nannten die Römer Germania libera (freies Germanien). Die erste umfassende Beschreibung Germaniens gab der römische Historiker Tacitus um das Jahr 98 in seiner Schrift Germania.

Die ins Römische Reich einbezogenen Gebiete Germaniens bildeten in den folgenden Jahrhunderten einen Teil der antiken Welt. Die keltisch-germanische Urbevölkerung wurde weitgehend romanisiert. Mit Trier, Xanten, Köln, Koblenz, Mainz, Augsburg, Kempten im Allgäu und Regensburg entstanden damals die ältesten Städte Deutschlands. Trier stieg in der Spätantike sogar zur Kaiserresidenz auf. Nach vermehrten Germaneneinfällen gaben die Römer 260 den Limes auf und verlegten die Grenze zum freien Germanien auf ganzer Länge an den Rhein zurück.

Frühes Mittelalter: Merowinger und Karolinger

Rom musste schließlich auch einer Besiedlung der Gebiete westlich des Rheins und südlich der Donau durch Germanenstämme zustimmen. Ab der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts setzte, verursacht durch die relative Überbevölkerung der Stammesgebiete der Germanen und den Druck der aus dem Osten anstürmenden Hunnen, eines mongolischen Reitervolks, die Völkerwanderung ein.

In der Folge der Wanderungsbewegungen entstanden in großen Teilen des Römischen Imperiums germanische Reiche. Kleinere Stämme schlossen sich zu größeren Verbänden zusammen, wie zum Beispiel die Franken am mittleren Rhein, die Alemannen zwischen Rhein und Donau, die Baiern im Gebiet des heutigen Bayern und Österreich und die Thüringer im Gebiet des heutigen Thüringen. Im Gebiet des heutigen Niedersachsens befand sich das Stammesgebiet der Sachsen. Ab 500 wurden die Gebiete östlich der Elbe durch die von Osten vordringenden Slawen besiedelt.

Unter dem Merowingerkönig Chlodwig I. entwickelte sich das Frankenreich im 6. Jahrhundert zur vorherrschenden Macht in Mitteleuropa. Chlodwig und seine Nachfolger konnten neben den rheinischen Stammlanden Gallien und die Gebiete der Alemannen und Thüringer sowie der Baiern unter ihre Herrschaft bringen. Mit der Annahme des katholischen Christentums gewann Chlodwig die Unterstützung der Kirche.

Um 600 wurde das Frankenreich durch irische Mönche unter Führung Columbans missioniert. Das Gebiet des heutigen Deutschlands wurde vom angelsächsischen Mönch Bonifatius christianisiert. Bonifatius errichtete im ganzen Frankenreich eine Kirchenorganisation durch die Schaffung von Bistümern und Erzbistümern.

Allmählich ging die Macht von den immer schwächer werdenden Merowingerkönigen auf die Hausmeier über, deren Aufgabe ursprünglich die Verwaltung der Königsgüter war. Der Hausmeier Karl Martell errang durch seinen Sieg über die ins Frankenreich eindringenden Araber 732 bei Tours und Poitiers großes Ansehen. Sein Sohn Pippin ließ sich als König der Franken vom Stammesadel wählen und als Zeichen seines Gottesgnadentums salben. Der letzte Merowingerkönig Childerich III wurde von ihm entmachtet. Durch die so genannte Pippinische Schenkung legte er 754 die Grundlage des Kirchenstaates und wurde zum Schutzherrn der Kirche. Das Frankenreich wurde zur Keimzelle Europas.

Der Sohn Pippins, Karl der Große, konnte das Reich in zahlreichen Feldzügen noch vergrößern. 773 erobert er das Langobarden-Reich in Oberitalien. Ebenso gelang ihm nach langjährigen Kriegen die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen und die Eingliederung Bayerns, das von den Agilolfingern nach dem Machtverfall der Merowinger zunehmend eigenmächtig regiert wurde. 800 wurde Karl der Große vom Papst zum Kaiser gekrönt. Damit trat der Frankenkönig die Nachfolge der weströmischen Kaiser an.

Zentrum des Reiches wurde die Kaiserpfalz in Aachen. Auch im übrigen Reich dienten so genannte Pfalzen als Stützpunkt des sich fast ständig auf Reisen befindenden Kaisers. An den gefährdeten Grenzgebieten legte er zur Abwehr von Dänen, Slawen und Arabern so genannte Marken an, die jeweils durch einen Markgrafen mit besonderen Befugnissen verwaltet wurden. Karl der Große strebte auch eine Erneuerung der römischen Kultur an und förderte die lateinische Sprache.

Vom Ostfränkischen Reich zum Reich der Deutschen

Als der Karolinger Karl der Große 814 starb, konnte sein Sohn Ludwig der Fromme die Einheit des Frankenreichs zunächst noch wahren. Als Nachfolger bestimmte er seinen ältesten Sohn, der 825 als Lothar I. die Kaiserwürde empfing. Dessen jüngere Brüder Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle verbündeten sich gegen Lothar I. und besiegten ihn in der Schlacht von Fontenoy.

842 wurde das Bündnis in den Straßburger Eiden bestätigt. Die Straßburger Eide wurden sowohl in althochdeutsch als auch in altfranzösisch abgefasst und zählen zu den ältesten Belegen der französischen und deutschen Sprache.

843 wurde im Vertrag von Verdun das Frankenreich in ein ostfränkisches, ein westfränkisches und ein Mittelreich geteilt. Dabei bekam Lothar das Mittelreich, das Norditalien und das heutige Gebiet von Provence, Burgund, Lothringen, Belgien und der Niederlande umfasste, und behielt die Kaiserwürde. Karl der Kahle bekam den Westteil und Ludwig II. der Deutsche den Ostteil, der Bayern, Schwaben, Hessen, Thüringen, das Sachsen sowie Teile Frankens umfasste. Im Vertrag von Meersen 870 wurde das Mittelreich unter Karl dem Kahlen und Ludwig II. dem Deutschen aufgeteilt.

Im Vertrag von Ribemont 880 konnte der ostfränkische König Ludwig III. der Jüngere auch Westlothringen gewinnen. Dies sollte im Wesentlichen bis 1648 die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland bleiben.

Der ostfränkische König Karl III. der Dicke erreichte 881 wieder die Kaiserwürde und konnte das Fränkische Reich nochmals kurze Zeit vereinigen. Mit Ludwig IV. dem Kind starb 911 der letzte ostfränkische Karolinger.

Hochmittelalter I: Die Zeit der Ottonen

Nach der Spaltung des Reiches kam es im Ostfrankenreich zu einem Verfall des Königtums und zum Aufstieg von einzelnen Adelsfamilien. Durch die Abwehrkämpfe gegen Slawen und Ungarn im 9. und 10. Jahrhundert wurde diese Entwicklung und die Herausbildung der besonders mächtigen Stammesherzogtümer Bayern, Schwaben, Franken und Sachsen entscheidend gefördert. Um ihre eigene Macht nicht zu gefährden, wählten die Stammesherzöge den vermeintlich schwachen Frankenherzog Konrad I. zu ihrem König.

Ihm folgte auf dessen eigene Empfehlung mit Unterstützung der Herzöge von Sachsen und Franken der Sachsenherzog Heinrich I. aus dem Geschlecht der Liudolfinger oder Ottonen nach. Heinrich I. gelang es, das ostfränkische Reich zu festigen und es gegen Einfälle von Ungarn und Slawen zu verteidigen. Sein Sieg gegen die Ungarn 933 an der Unstrut war jedoch noch nicht endgültig. 920 taucht erstmals die Bezeichnung "Regnum teutonicum" auf, neben dem fränkische Erbe trat nun immer mehr eine eigene "deutsche" Identität hervor.

Zum Nachfolger bestimmte Heinrich I. seinen Sohn Otto I. der Große. Als sich die übrigen Stammesherzöge gegen ihn erhoben, konnte Otto I. sie im Kampf besiegen. Er enthob sie ihrer Herzogswürde und setzte stattdessen Verwandte als Amtsherzöge ein. Diese erhoben sich jedoch später ebenfalls gegen ihn. Zur Sicherung seiner Macht stützte sich deshalb Otto I. auf die Kirche. Dazu besetzte er geistliche Ämter mit Vertrauten und stattete sie durch Vergabe von Lehen aus dem Reichsgut und königlichen Rechten (Regalien) mit weltlicher Macht aus. Diese als Reichskirchensystem bezeichnete Verwaltungspraxis hatte den Vorteil, dass Geistliche wegen des Zölibats ihr Lehen nicht vererben konnten und nach ihrem Tod der König das Lehen wieder an Vertraute neu vergeben konnte. Die Sicherung des Reichs nach außen führte Otto I. ebenfalls konsequent fort. 955 besiegte er die Ungarn entscheidend in der Schlacht auf dem Lechfeld.

Zur Abwehr der Slawen richtete er Marken ein, die zur Grenzsicherung, aber auch zur christlichen Bekehrung der Slawen dienten. Auf dem Gebiet des heutigen Ostdeutschlands wurden zahlreiche neue Bistümer gegründet. 950 wurde Böhmen unterworfen. 963 musste Polen die Vorherrschaft des Deutschen Reiches anerkennen. Otto I. unternahm drei Italienfeldzüge (951–952, 961–965, 966–972), durch die er sein Herrschaftsgebiet um Nord- und Teile Mittelitaliens erweitern konnte. Beim ersten Feldzug besiegte er den Langobardenkönig Berengar II. und heiratete die von Berengar gefangen gehaltene Witwe des italienische Königs Adelheid von Burgund. Daraufhin nannte er sich König der Langobarden.

Kaiser Otto II.

Beim zweiten Italienfeldzug erreichte er 962 die Kaiserkrönung durch Papst Johannes XII.. Als Gegenleistung gewährte der Kaiser dem Kirchenstaat seinen Schutz. Durch seinen Anspruch auf Süditalien geriet Otto der Große in Konflikt mit dem byzantinischen Kaiser, der die Herrschaft über Kalabrien und Apulien hatte. Erst nach langen kriegerischen Auseinandersetzungen kam es zur gegenseitigen Anerkennung der beiden Kaiserhäuser. Sein Sohn Otto II. heiratete die Kaisernichte Theophanu, Süditalien verblieb jedoch bei Byzanz. Das Imperium übte nun de facto eine Hegemonie im westlichen Europa aus.

Otto II. kämpfte in Unteritalien gegen die Araber, die ihm jedoch 983 eine vernichtende Niederlage beibrachten. Im selben Jahr gingen die Gebiete östlich der Elbe durch einen Aufstand der Slawen 983 größtenteils wieder verloren.

Sein Sohn und Nachfolger Otto III. scheiterte mit seinem Versuch, die Machtbasis nach Rom zu verlegen. Der letzte Ottonenkönig Heinrich II. konnte sich gegen Polen und Ungarn nicht behaupten. Unter ihm wurde das Reichskirchensystem zur Machtsicherung weiter ausgebaut. Der deutsche König konnte nach Belieben Päpste ein- und absetzen. Um der Verweltlichung der Kirche entgegenzutreten, entstand eine von den Klöstern Cluny, Gorze und Hirsau ausgehende Klosterreformbewegung. Zentrale Reformziele waren die Einhaltung kirchlicher Normen, insbesondere des Zölibats, sowie die Bekämpfung von Simonie und Laieninvestitur.

Hochmittelalter II: Die salischen Kaiser

1025 wählten die deutschen Fürsten den Salier Konrad II. zum König. 1032 erwarb dieser das Königreich Burgund, womit das Imperium nun eine Trias bildete (Deutschland, Italien und Burgund). Konrad II. unterstützte ebenso wie sein Nachfolger Heinrich III. die kirchlichen Reformen. Heinrich III. griff auch zu Gunsten des Papstes in Rom ein, wo mächtige Adelsfamilien das Papstamt kauften und verkauften und es zeitweise mehrere Päpste gleichzeitig gab.

Die Investitur von Bischöfen und Äbten übte er jedoch weiter selbst aus. Unter seiner Herrschaft erreicht das Reich durch die Lehensherrschaft über Böhmen, Polen und Ungarn einen neuen Höhepunkt der Macht.

Unter Heinrich IV. eskalierte der Investiturstreit mit der Kirche, die bestrebt war, jede Bevormundung und Einflussnahme durch weltliche Herrscher zu unterbinden.

1073 wurde mit Gregor VII. ein radikaler Reformer Papst. Als sich Heinrich IV. über das 1075 erneuerte Verbot der Laieninvestitur hinwegsetzte, drohte ihm der Papst den Bann an. Daraufhin erklärte König Heinrich IV. 1076 auf der Reichsversammlung in Worms den Papst für abgesetzt. Der Papst reagierte mit der Bannung des Königs und entband die Untertanen von der Treueverpflichtung gegenüber dem König. Die deutschen Fürsten verbündeten sich nun (auch aus machtpolitischen Gründen) gegen den König und drohten mit seiner Absetzung. Um der zu entgehen, erreichte Heinrich IV. im Gang nach Canossa 1077 die Lösung des Banns durch den Papst. In den Folgejahren kam es noch ein zweites Mal zu einer Bannung und zum Bündnis von Papst und deutschen Fürsten, die Rudolf von Schwaben zum Gegenkönig wählten. Nach dem Sieg Heinrichs IV. über Rudolf von Schwaben konnte er die Fürsten noch mal auf seine Seite ziehen, ließ sich 1084 in Rom zum Kaiser krönen und setzte Papst Gregor VII. ab.

Sein Sohn Heinrich V. verbündete sich schließlich mit den Fürsten gegen den eigenen Vater und erreichte 1086 die Absetzung des Kaisers. Unter Heinrich V. kommt es 1122 im Wormser Konkordat zum Ausgleich mit der Kirche. Als Ergebnis des Investiturstreits wurde die Position von Kirche und Landesfürsten gegenüber dem König gestärkt.

Als mit Heinrich V. 1125 der letzte Salier starb, wählten die Fürsten den eher schwachen Sachsenherzog Lothar III. von Supplinburg zum König. Damit wichen die Fürsten bei der Wahl erstmals vom germanischen Geblütsrecht ab. Durch die Unterstützung der mächtigen Welfen für Lothar III gegen den nach dem Geblütsrecht erbberechtigten schwäbischen Herzog, den Staufer Friedrich wurde ein das ganze 12. Jahrhundert andauernder Streit zwischen Welfen und Staufern begründet.

Hochmittelalter III: Die Staufer

Ein Teil der Fürsten, die mit der Wahl nicht einverstanden waren, entschied sich für den Staufer Konrad III., der bis 1135 Gegenkönig blieb. 1138 wurde Konrad III. schließlich doch zum König gewählt und behauptete sich damit gegen den von Lothar III. designierten Nachfolger, den Welfen Heinrich den Stolzen.

Gleichzeitig erkannte Konrad III. dem Welfen das Herzogtum Bayern ab. Die seit 1139 im Herzogtum Bayern regierenden Babenberger bekamen als Ausgleich das aus der bisherigen Mark neu geschaffene Herzogtum Österreich, das von Bayern abgetrennt wurde.

Friedrich I. Barbarossa

Der Stauferkönig Friedrich I. Barbarossa, dessen Mutter aus dem Geschlecht der Welfen stammte, versuchte den Ausgleich, indem er seinen Vetter, den Welfen Heinrich dem Löwen 1156 mit den Herzogtümern Sachsen und Bayern belehnte.

In sechs Italienfeldzüge versuchte Friedrich I. Barbarossa, den Einfluss des Reichs in Italien wieder zu stärken. Nach dem ersten Feldzug musste der Papst seine Oberhoheit anerkennen, und Friedrich erreichte 1155 die Kaiserkrönung. Im zweiten Feldzug besiegte Friedrich die nach mehr Selbständigkeit strebenden lombardischen Städte. Nach einem Aufstand ließ er 1162 Mailand völlig zerstören.

Als mit Unterstützung von England, Frankreich, Sizilien und der Mehrheit der Kardinäle Alexander III. Papst wurde und nicht der von Friedrich favorisierte Viktor IV., begann der Kampf um die Vorherrschaft zwischen Kaiser und Papst erneut. Friedrich I. besetzte 1186 Rom, musste die Stadt aber wegen einer Malariaepidemie verlassen. Die norditalienischen Städte schlossen sich daraufhin zum Lombardenbund zusammen und verbündeten sich mit dem Papst. Dieser exkommunizierte Friedrich 1160 und wurde auf der Synode von Toulouse als legitimer Papst anerkannt.

Bei einem erneuten Italienfeldzug versagten mehrere Fürsten, darunter der Welfe Heinrich der Löwe, die Waffenhilfe. 1176 unterlag Friedrich I. bei Legnano den Mailändern. 1177 musste er deshalb im Frieden von Venedig Alexander III. als rechtmäßigen Papst anerkennen und erreichte im Gegenzug die Lösung des Banns. 1183 erreichte Friedrich I. den Ausgleich mit den lombardischen Städten. Dadurch gestärkt, besetzte er 1186 den Kirchenstaat.

1180 ließ Friedrich I. den immer mächtigeren Heinrich den Löwen ächten, entzog ihm seine Herzogtümer Bayern und Sachsen und verbannte ihn nach England. Das Herzogtum Bayern wurde an die Wittelsbacher vergeben, Sachsen aufgeteilt. Ab 1187 übernahm Friedrich I. die Führung der Kreuzfahrerbewegung. 1190 starb er beim 3. Kreuzzug in Syrien.

Sein Sohn Heinrich VI. konnte dank der Heirat mit der normannischen Prinzessin Konstanze das Erbe des Normannenkönigs antreten und wurde 1194 König von Sizilien. Damit erreichte das Reich einen Höhepunkt seiner Ausdehnung.

Sein Versuch, das Reich in eine Erbmonarchie umzugestalten, scheiterte jedoch. Als Heinrich VI. 1197 mit 31 Jahren an einer Seuche starb, kam es zu einer Doppelwahl des Staufers Philipp von Schwaben und des Welfen Otto IV., einem Sohn Heinrichs des Löwen.

Nach der Ermordung Philips 1208 wurde Otto IV. alleiniger König. Als er jedoch entgegen einer Vereinbarung mit dem Papst Anspruch auf Sizilien erhob, wurde er 1210 gebannt. Der Papst unterstützte nun den erst 17-jährigen Staufer Friedrich II.. Die folgende Auseinandersetzung zwischen den von England unterstützten Welfen und den mit Frankreich verbündeten Staufern wurde 1214 durch den Sieg Frankreichs in der Schlacht bei Bouvines zugunsten Friedrichs II. entschieden.

Friedrich II. regierte sein Reich von seiner Heimat Sizilien aus, welches damals ein strikt zentralisiertes Königreich war und Friedrich reiche Einkünfte sicherte, die er in Deutschland nie erhalten hätte. Er hielt sich denn auch die meiste Zeit seines Lebens dort auf, was zu einer relativen Vernachlässigung der Verhältnisse im Deutschen Reich führte. Die Landesfürsten gewannen die Oberhand und erlangten neue Privilegien (Reichsgrundgesetze). Gegenüber dem Papst verlor der König 1213 in der Goldbulle von Eger alle verbliebenen Mitbestimmungsrechte bei der Bischofs- und Abtwahl.

Als Friedrich II. seinen Machtbereich auf die lombardischen Städte auszuweiten versuchte, kam es zum Machtkampf Friedrichs II. mit Papst Gregor IX.. Wegen eines nicht eingehaltenen Kreuzzugsversprechens bannte der Papst den Kaiser 1227. Dennoch begab sich Friedrich ins heilige Land und erreichte die kampflose Übergabe des Großteils Jerusalems sowie einen Waffenstillstand. Noch immer gebannt, setzte er sich selbst die Krone des Königs von Jerusalem aufs Haupt. Zurück in Italien, bekämpfte er erfolgreich die päpstlichen Invasionstruppen. Dennoch blieben die Spannungen bestehen, die schließlich 1245 zu einer erneuten Bannung durch Papst Innozenz IV. führte. Bevor es jedoch zu einer militärischen Konfrontation kommen konnte, starb Friedrich II. 1250. Er sollte der letzte Kaiser für über 60 Jahre sein. Sein Tod bedeutete auch den Anfang des Endes des staufischen Hauses, das eben noch im Zenit der Macht gestanden zu haben schien.

Nach dem Tod Friedrichs II. 1250 tobte der Kampf des Papstes und des mit ihm verbündeteten Frankreichs gegen die Staufer weiter. 1268 wurde der letzte Staufer, der 16-jährige Konradin, der versucht hatte die staufische Herrschaft wenigstens im Königreich Sizilien zu behaupten, durch Karl von Anjou, einen Bruder des Königs von Frankreich, in Neapel öffentlich hingerichtet.

Seit dem 12. Jahrhundert kam es im Deutschen Reich wegen der seit Einführung der Dreifelderwirtschaft stark gestiegenen Bevölkerungszahl zu einem inneren Landesausbau durch Erschließung neuer Bewirtschaftungsflächen. Gleichzeitig setzte an den Rändern des deutschen Siedlungsraums im bisher slawisch besiedelten Gebiet zwischen Elbe und Oder die Deutsche Ostsiedlung ein. 1226 wurde der Deutsche Orden im Gebiet des heutigen Ostpreußen aktiv und weitete seine Einflussbereich in der Folgezeit auf das ganze Baltikum aus. Die aufstrebenden Städte wurden zu einer wichtigen Einnahmequelle der Landesfürsten und Könige und dementsprechend von diesen gefördert. Vor allem während der Stauferzeit kam es zu zahlreichen Neugründungen. Um ihre Rechte gegenüber dem Landesherrn zu stärken und zu sichern, kam es zum Zusammenschluss in Städtebünden. Im Norden Deutschlands erfolgt der Aufstieg der Hanse.

Spätmittelalter I: Das Interregnum und die Pest

Nach Aussterben der Staufer verfiel die Königsmacht im Spätmittelalter immer mehr, trotz zeitweiliger Stabilisierung.

Während des so genannten Interregnums von 1250 (dem Tod Kaiser Friedrichs II.; in der Forschung wird manchmal auch das Jahr 1245 als Anfang gewählt, das Jahr der Absetzung Friedrichs durch den Papst) bis 1273 (der Wahl Rudolf von Habsburg) herrschten im Reich teils mehrere Könige gleichzeitig, ohne dass einer von ihnen über genügend Einfluss verfügte, um die Königsmacht gegenüber den aufstrebenden Territorialherren zur Geltung bringen zu können. Der König konnte sich nur mehr auf ein geringes Reichsgut stützen und musste zur Machtsicherung versuchen seine Hausmacht zu erweitern. Die Landesfürsten wählten meist einen schwachen Kandidaten zum König, um so ihre eigene Stellung nicht zu gefährden. Zudem versuchten mit der Königswahl auch ausländische europäische Mächte Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen (vor allem das Königreich Frankreich, so beispielsweise 1272/73 und 1308).

Das Interregnum wurde 1273 durch Rudolf von Habsburg beendet, der 1278 über den Böhmenkönig Ottokar II. siegte. Rudolf ebnete dem Haus Habsburg mit dem Erwerb von Österreich, Steiermark und der Krain den Weg zu einer der mächtigsten Dynastien im Reich, doch gelang es ihm nicht, die Kaiserkrone zu erlangen. Seine beiden Nachfolger, Adolf von Nassau und Albrecht I., standen im Konflikt mit den Kurfürsten, die während des Interregnums ihre Rolle als Königswähler etabliert hatten.

Anfang des 14. Jahrhunderts führten Überbevölkerung, Missernten und Naturkatastrophen zu Hungersnöten (Krisenzeit). 1349/50 sterben ein Drittel der Bevölkerung im Deutschen Reich an der Pest. Die Agrarkrise ließ die Preise für landwirtschaftliche Produkte sinken, es setzte eine Landflucht ein, die zu einer Verödung weiter Landstriche führte. Gleichzeitig steigen die Preise für handwerkliche Erzeugnisse. Es dauerte etwa 100 Jahre, bis die Bevölkerungszahl wieder den Stand vor der Pest erreichte. Während sich die Städte bald wieder erholten, verschlechterte sich die Lage der Bauern und des niederen Adels dauerhaft.

1308 wurde der Luxemburger Heinrich VII. zum König gewählt. Dieser konnte 1310 seine Hausmacht um Böhmen erweitern und erlangte 1312 die Kaiserkrönung. Heinrich versuchte ein letztes Mal, das Kaisertum in Anlehnung an die Staufer zu erneuern, doch starb er schon 1313.

Spätmittelalter II: Habsburg, Luxemburg und Wittelsbach im Kampf um die Macht

1314 kam es zu einer Doppelwahl, doch setzte sich der Wittelsbacher Ludwig der Bayer als Nachfolger durch. Dieser stand jedoch bald im folgenschweren Konflikt mit dem Papst, der Ludwig die Approbation verweigerte. 1338 wurde jedoch im Kurverein von Rhense die Forderung nach einer Bestätigung der Königswahl durch den Papst zurückgewiesen. Im Reich formierte sich bald eine kurfürstliche Opposition gegen Ludwig. 1346 wurde daher der Luxemburger Karl IV., der Enkel Heinrichs VII., zum König gewählt. Zu einer Konfrontation mit Ludwig kam es jedoch nicht mehr, da dieser bald darauf verstarb.

Karl IV., der als bedeutendster römisch-deutscher Herrscher des Spätmittelalters gilt, verlegte seinen Herrschaftsschwerpunkt nach Böhmen, seiner Hausmacht. Karl gewann in seiner langen Regierungszeit (1346-78) unter anderem die Mark Brandenburg und die Lausitz zu seinem Hausmachtkomplex hinzu. Tatsächlich begründete Karl ein Königtum, welches fast ausschließlich Hausmachtpolitik betrieb und kaum etwas mit dem universalen Kaisertum staufischer Prägung mehr gemeinsam hatte. 1348 wurde in Prag die erste deutschsprachige Universität im Heiligen Römischen Reich gegründet. 1355 erfolgt Karl Krönung zum Kaiser, doch vermied er es, die Italienpolitik seiner Vorgänger zu erneuern.

1356 wurde die Goldene Bulle unterzeichnet, die bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 eine Art Grundgesetz darstellte. In ihr wurde der Kreis der Kurfürsten, die zur Königswahl zugelassen waren, offiziell festgelegt. Den Kurfürsten wurden Bündnisse verboten, dafür erhielten sie einen Bestandschutz für ihre Territorien und innerhalb ihrer Herrschaftsgebiete eine fast königsgleiche Stellung. Hauptziel der goldenen Bulle war die Verhinderung von Gegenkönigen und Thronkämpfen. Tatsächlich glaubte Karl auch, damit die Machtstellung des Hauses Luxemburg zementiert zu haben. Doch kam es anders, als er es sich vorgestellt hatte.

Unter dem Nachfolger Karls verfiel die Königsmacht endgültig. Wenzel, der älteste Sohn Karls IV., der die Regierungsgeschäfte völlig vernachlässigt, wird 1400 gar von den Kurfürsten abgesetzt. Doch auch sein Nachfolger, Ruprecht, kann nichts gegen den Verfall des Königtums ausrichten, zumal seine eigene Machtbasis mehr als dürftig ist. König Sigismund, ebenfalls ein Sohn Karls, erreicht zwar 1433 die Kaiserkrönung, ist jedoch nicht in der Lage, das Königtum zu stabilisieren und den Verfallsprozess umzukehren. Eine angestrebte Reichsreform scheitert 1434 am Widerstand der Landesfürsten. Durch die Einberufung des Konzils von Konstanz konnte er allerdings das Abendländische Schisma beenden. Die Verurteilung und Hinrichtung von Jan Hus führte jedoch zu andauernden Kriegen gegen die Hussiten.

Mit dem Tod Sigismunds erlosch das Haus Luxemburg in männlicher Linie. Die Habsburger traten die Nachfolge an, doch konnten sowohl Albrecht II., der ohnehin nur kurz regierte, als auch Friedrich III., der teils phlegmatisch agierte und mehr seine Besitztümer als das Reich im Auge hatten, keine Reichsreform zu Wege bringen.

Der Habsburger Maximilian I. war wegen der Türkenkriege und des Kampfes gegen Frankreich um Italien auf die Unterstützung der Reichstände angewiesen. 1495 wurde auf dem Wormser Reichstag eine Reichsreform beschlossen, die unter anderem jegliche Art von Fehde verbot ("Ewiger Landfrieden") und eine jährliche Einberufung des Reichstags, eine Reichssteuer und ein vom König unabhängiges Reichskammergericht einführte. Dadurch setzten die Fürsten ihre Forderung nach mehr Beteiligung der Reichstände durch.

Der Schwabenkrieg führte 1499 zur faktischen Loslösung der Schweiz vom Reich.

Als erster deutscher König nahm Maximilian I. den Kaisertitel 1508 ohne päpstliche Krönung an. Seine Heiratspolitik sicherte den Habsburgern die Anwartschaft auf Böhmen und Ungarn und die spanische Krone. Es war eine Zeitenwende: Habsburg stieg unter Karl V. zur Weltmacht auf und das Mittelalter ging zu Ende.

Zeitalter von Reformation und Gegenreformation

Martin Luther

Mit der Publikation seiner 95 Thesen gegen den Ablasshandel durch Martin Luther setzt 1517 die Reformation ein.

1519 kann der Habsburger und König von Spanien Karl V. durch Zahlung einer großen Geldsumme die Königswahl zu seinen Gunsten beeinflussen. Die Fugger, die die Geldsumme verleihen, konnten so erheblichen Einfluss auf die deutsche Politik nehmen. Außerdem muss Karl V. den Reichsständen in der so genannten Wahlkapitulation ihre Rechte bestätigen. Karl V. beherrschte ein riesiges Reich, das Spanien, Österreich, Böhmen, die Niederlande, Süditalien sowie die spanischen Kolonien in Amerika umfasste. Außenpolitisch war er in ständige Kriege zur Abwehr der Osmanen sowie gegen Frankreich und den Papst verwickelt. Dadurch war seine Stellung im Reich selbst schwach und wegen seiner kriegsbedingten Abwesenheit konnte er die Ausbreitung der Reformation nicht verhindern.

1521 wird Luther vom Papst mit dem Bann belegt. Der Reichstag zu Worms 1521 endet mit der Verhängung der Reichsacht über Luther im Wormser Edikt. Luther findet daraufhin beim sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen auf der Wartburg Zuflucht. Luthers Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche stellt einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer einheitlichen deutschen Schriftsprache dar.

In den Jahren 1522 bis 1526 wird in etlichen Ländern, darunter Hessen, Sachsen, Braunschweig-Lüneburg und Mecklenburg und in Städten des Reichs wie Nürnberg, Straßburg, Magdeburg und Memmingen die Lehre Luthers eingeführt. Die Reformation wurde somit vom Landesherrn durchgeführt, der auch zum Landesbischof wurde. Damit unterstanden dem Landesherrn auch die Besitzungen der Kirche. Die Länder bauten eigene Kirchenverwaltungen auf.

Nach dem Scheitern der Marburger Religionsgespräche zwischen Luther und Zwingli 1529 zeichnet sich eine Spaltung der Reformationsbewegung in Lutheraner und Reformierte ab. Als weitere Nebenbewegung entwickelten sich die Täufer. Der radikale Versuch des Täufers Johann Bockelson in Münster eine Art Gottesstaat zu errichten, wird 1536 blutig beendet.

Im Reichstag zu Speyer 1526 wird in Abwesenheit des Kaisers in einem Reichsabschied beschlossen, bis zu einer Regelung der Religionsfrage in einem Konzil die neue Glaubensrichtung vorerst zu dulden. Im zweiten Reichstag zu Speyer fordert der Bruder des Kaisers, Ferdinand, die Duldung aufzuheben. Dagegen protestieren die evangelischen Landesfürsten. Die Anhänger des neuen Bekenntnisses werden seither auch Protestanten genannt.

Die evangelischen Fürsten und Städte schließen sich unter Führung von Hessen und Kursachsen 1530 zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Während die Protestanten die Grundgedanken ihrer Lehre im Augsburger Bekenntnis niederlegten, formulierte die katholische Seite ihre Ablehnung der Lehre Luthers in der Confutatio. Im Schmalkaldischen Krieg von 1546/47 kommt es erstmals zum Kampf von Katholiken unter Führung des Kaisers gegen Protestanten. Der Kaiser gewinnt den Krieg, kann aber die im Augsburger Interim verfügte Wiederherstellung der katholischen Positionen letztlich wegen des Widerstands von Fürsten, Städten und Bevölkerung nicht durchsetzen.

Als sich die Fürsten über die Religionsgrenzen hinweg gegen ihn erheben, verzichtet Karl V. zugunsten seines Sohnes Philipp II. auf Spanien und die Niederlande und macht seinen Bruder Ferdinand zu seinem Nachfolger im Reich. Der neue König Ferdinand handelt schließlich 1555 auf dem Reichstag zu Augsburg den Augsburger Religionsfrieden aus. Dadurch werden beide Konfessionen im Reich gleichberechtigt, wobei der jeweilige Landesherr über die Religion seiner Untertanen bestimmt.

Die verschlechterte Lage der Bauern hatte schon im 15. Jahrhundert wie im Bundschuh und Armen Konrad zu regionalen Aufständen der Bauern geführt, während der Reformationszeit kommt es jedoch unter Bezug auf die Lehren Luthers 1524–1526 vor allem in Südwestdeutschland, Thüringen und Franken zu einem Bauernkrieg. Die Forderungen der Bauern wurden in den Zwölf Artikeln niedergelegt. Ursachen waren unter anderem die steigenden Dienst- und Abgabenleistungen der Bauern, die Einschränkung ihrer Rechte und die Verringerung des Gemeinbesitzes. 1525 wird ein Bauernheer unter Führung von Thomas Münzer bei Frankenhausen vernichtet. Bei der Niederschlagung der Bauernaufstände ließen bis zu 100.000 Bauern ihr Leben. Luther selbst, der ein Widerstandsrecht gegen die weltliche Obrigkeit ablehnte, verurteilte den Bauernaufstand.

Unter dem Eindruck der Reformation startet die katholische Kirche eine innere Reform. 1545 wird das Konzil von Trient einberufen, das in drei Perioden bis 1563 tagte. Das Konzil setzte sich einerseits mit der Lehre Luthers auseinander und brachte andererseits zahlreiche Neuerungen wie die Einrichtung von Priesterseminaren mit sich.

Zudem setzte die Gegenreformation ein. Diese bestand auf der einen Seite in der Verfolgung aller, die von der offiziellen katholischen Lehre abwichen, durch die Inquisition, für deren Durchführung Papst Paul III. eine zentrale Kongregation schuf. Ebenso entstanden neue Orden, von denen die Jesuiten eine führende Rolle bei der Rekatholisierung erlangten.

Als Bayern nach einer Störung einer katholischen Prozession durch Protestanten die Reichsstadt Donauwörth besetzen ließ, schlossen sich die protestantischen Fürsten 1608 unter Führung des Pfälzer Wittelsbacher Friedrich V. von der Pfalz zur Union zusammen.

Entsprechend schlossen sich die katholischen Fürsten daraufhin 1609 unter Führung des Bayernherzog Maximilian zur Liga zusammen. Der katholische Habsburger Kaiser Rudolf II., durch die ständige Türkengefahr an den östlichen Reichsgrenzen gebunden, hatte zudem mit Böhmen einen überwiegend evangelischen Landesteil. 1609 gewährt er den protestantischen Fürsten Böhmens in einem Majestätsbrief die Religionsfreiheit.

Nachdem Rudolf II. die Regierungsgeschäfte an seinen Bruder und Nachfolger als Kaiser Matthias abgetreten hatte, schränkt dieser die gewährten Rechte wieder ein.

Als der Protest der böhmischen Stände von ihm abgewiesen wird, kommt es 1618 zum Prager Fenstersturz, bei dem zwei kaiserliche Räte von böhmischen Standesvertretern in der Prager Burg zum Fenster hinausgeschmissen wurden. 1619 erklären nach dem Tod Kaiser Matthias die böhmischen Protestanten den Führer der Union, den Pfälzer Kurfürst Friedrich von der Pfalz, zum König von Böhmen. Dies war der Auslöser für den Dreißigjährigen Krieg. Der neue Kaiser Ferdinand II. zieht mit dem Heer der katholischen Liga unter Führung des Bayernherzogs Maximilian I. und des bayerischen Feldherrn Tilly nach Böhmen.

In der Schlacht am Weißen Berge 1620 wird das böhmische Heer besiegt. Der zumeist tschechische Adel wird daraufhin enteignet und das Land rekatholisiert. Nach der Flucht Friedrichs von der Pfalz besetzt Tilly die Pfalz und die Oberpfalz. Der Bayernherzog bekommt als Belohnung die Pfälzer Kurfürstenwürde.

Nachdem sich die Kriegslage schon eindeutig zu Gunsten der katholischen Seite entwickelte, kam es in der zweiten Phase zum Eingreifen ausländischer Mächte. Der sich mit England, den Niederlanden und den protestantischen Fürsten verbündende Dänenkönig Christian IV. rückt 1625 mit seinem Heer in Norddeutschland ein. Er wird aber vom kaiserlichen Heer unter Tilly und dem böhmischen Adeligen Wallenstein besiegt. Pommern, Jütland und Mecklenburg mit Ausnahme Stralsunds werden vom katholischen Heer besetzt. Die Bevölkerung im Kriegsgebiet wurde gezwungen, den Truppen Unterkunft und Ernährung zu bieten.

Nach dem Ende des dänischen Kriegs erließ der Kaiser 1629 das Restitutionsedikt, demzufolge alle protestantisch gewordenen Gebiete wieder rekatholisiert werden sollten. Besorgt wegen der erheblich gestiegenen Machtfülle des Kaisers erreichten die Reichsstände auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 die Absetzung Wallensteins.

Nun greift der Schwedenkönig Gustav II. Adolf ins Kriegsgeschehen ein und dringt, nachdem er die Eroberung Magdeburgs durch Tilly nicht verhindern konnte, im weiteren Verlauf von Pommern bis nach Bayern vor. Bei Rain am Lech fällt 1632 Tilly. Der Kaiser setzt daraufhin Wallenstein wieder ein. Bei der Schlacht von Lützen 1632 fällt der Schwedenkönig. Wegen seiner politischen Ansichten wird Wallenstein 1634 jedoch vom Kaiser erneut abgesetzt und bald darauf aus Angst vor einem Bündnis des Feldherrn mit den Schweden in dessen Auftrag ermordet. Um die Schweden vom deutschen Boden zu vertreiben, schließt der Kaiser mit dem protestantischen sächsischen Kurfürsten einen Sonderfrieden. 1635 kommt es nach einem Sieg über die Schweden bei Nördlingen zum Frieden von Prag.

Das katholische Frankreich unter der Leitung von Kardinal Richelieu griff aus Sorge vor einem zu mächtigen Reich 1635 ins Geschehen ein und verbündete sich mit Schweden. Keine der beiden Seiten kann jedoch den Krieg trotz lang andauernder Kämpfe für sich entscheiden. Schlesien, Böhmen, Sachsen und Teile Bayerns werden verwüstet. Die wachsende Kriegsmüdigkeit führte schließlich 1641 und 1645 zu Waffenstillständen mit Schweden und 1647 mit Frankreich. Am 24. Oktober 1648 kommt es zum Westfälischen Frieden.

Der Friedensschluss beinhaltete eine Abtretung von Teilen Lothringens und des Elsass mit Ausnahme Straßburgs an Frankreich. Die Niederlande und die Schweiz scheiden als souveräne Staaten nun offiziell aus dem Reich aus. Die Stellung der Reichsstände und der Territorien gegenüber dem Kaiser wird gestärkt und der Augsburger Religionsfriede von 1555 bestätigt. Jedoch wird bei einem Konfessionswechsel des Landesherrn nicht mehr der gleiche Schritt von der Bevölkerung verlangt. Der Krieg kostete etwa 40 Prozent der Bevölkerung das Leben. Der Vorkriegstand der Bevölkerung wird erst wieder um 1750 erreicht.

Zeitalter des Absolutismus

Die Zerstörungen und Bevölkerungsverluste des Dreißigjährigen Kriegs förderten die Entwicklung staatlich gelenkter Wirtschafts- und Sozialpolitik. Verbunden mit der merkantilistischen Wirtschaftsform war das Entstehen der absolutistischen Herrschaftsform nach Vorbild des französischen Hofs unter Ludwig XIV.

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Friedrich Wilhelm

Unter dem absolutistisch regierenden brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm beginnt der Aufstieg Preußens zur führenden Macht in Norddeutschland. Die Wirtschaft wird durch die Aufnahme geflohener französischer Hugenotten und Schaffung von Manufakturen gefördert. Außerdem schuf Friedrich Wilhelm ein stehendes Heer. 1660 erhält der Kurfürst von Brandenburg im Frieden von Oliva auch die Oberhoheit über das Herzogtum Preußen.

Der Kurfürst Friedrich III. nennt sich 1701 Friedrich I., "König in Preußen". Unter dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. erfolgt eine Militarisierung von Staat und Gesellschaft.

Der Aufstieg Preußens führte zum Dualismus zwischen den beiden führenden deutschen Staaten Österreich und Preußen, der Deutschland bis 1871 bestimmte.

Unter dem Habsburger Kaiser Leopold I. war das Reich der zweifachen Bedrohung durch die Osmanen und den Expansionsdrang Frankreichs unter Ludwig XIV. ausgesetzt. Ludwig XIV. nutzte die Situation und besetzte 1681 die Stadt Straßburg und weitere Gebiete im Elsass.

1688 lässt Ludwig XIV. unter Vorwand von Erbschaftsansprüchen die Pfalz besetzen. Nachdem sich daraufhin eine große Allianz unter Führung Englands bildete, muss Ludwig XIV. die Pfalz zwar räumen, behält jedoch im Frieden von Rijwijk Straßburg und das Elsass. Durch den Pfälzer Erbfolgekrieg wurde die Pfalz durch französische Soldaten verwüstet und die Stadt Heidelberg zerstört.

1683 kann der Kaiser mit Unterstützung der deutschen Fürsten und des Polenkönigs Jan Sobieski die Türken vor Wien schlagen und aus Ungarn vertreiben. Durch die Türkenkriege kann die Habsburger Monarchie große Gebiete hinzugewinnen, in denen in der Folge deutsche Kolonisten, die so genannten Donauschwaben, angesiedelt werden.

Durch die Wahl des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. 1697 zum König von Polen kommt es bis 1763 zu einer Personalunion von Sachsen und Polen. Ebenso kommt es von 1714 bis 1837 zur Personalunion von Hannover und England.

Das Aussterben der spanischen Linie der Habsburger löst 1701 den Spanischen Erbfolgekrieg aus.

Österreich konnte mit Unterstützung Englands und der Niederlande zwar seine Thronansprüche gegenüber dem mit Bayern verbündeten Frankreich nicht durchsetzen, aber die österreichischen Niederlande (das Gebiet des heutigen Belgiens) und große Teile Süditaliens hinzugewinnen.

Mehrere Friedensschlüsse beendeten diese Auseinandersetzung: Der Frieden von Utrecht zwischen Frankreich und England hat weitreichende Folgen: Frankreich trat Teile seiner Kolonien in Amerika an England ab (Neufundland, Neuschottland). Weitere Abmachen waren Teil dieses Frieden, jedoch lehnt Karl VI. dieses Abkommen ab, so dass der Krieg am Rhein weiterging. Erst mit den Frieden zu Rastatt wurde auch dieser Teil des Krieges beendet.

Das Aussterben des Mannesstamms der österreichischen Habsburger und die Nachfolge der Kaisertochter Maria Theresia 1740 führt zum Österreichischen Erbfolgekrieg. Gegen Frankreich, Bayern und Preußen, die den bayerischen Wittelsbacher Karl Albrecht als Nachfolger sahen, konnte sie die Kaiserkrone mit Hilfe von Ungarn und Großbritannien verteidigen.

Preußen nutzte allerdings die Erbfolgestreitigkeiten und besetzte das wirtschaftlich bedeutsame bisher habsburgische Schlesien. Nach drei Schlesischen Kriegen, von denen der dritte als Siebenjähriger Krieg zwischen dem mit Österreich verbündeten Frankreich und dem mit Preußen verbündeten England auch weltweit ausgetragen wurde, muss Maria Theresia 1763 im Frieden von Hubertusburg auf Schlesien verzichten. Schweden verlor durch den Nordischen Krieg gegen Russland und dem in Personalunion mit Polen verbundenen Sachsen 1721 fast alle Besitzungen auf deutschem Boden. Durch die drei Polnischen Teilungen von 1772, 1793 und 1795 können Österreich und Preußen auf Kosten Polens erhebliche Gebietsgewinne verzeichnen.

Unter dem Preußenkönig Friedrich II. beziehungsweise dem Österreichischen Kaiser Joseph II. hält die Aufklärung Einzug in Preußen und Österreich. Ebenso entsteht in Bayern, Baden und der Kurpfalz ein aufgeklärter Absolutismus. Joseph II. hebt die Leibeigenschaft auf, führt die Schulpflicht ein, unterstellt die Kirche der Aufsicht des Staates und gewährt freie Religionsausübung.

Friedrich II. führt in Preußen ebenfalls eine Schulpflicht ein und fördert die Wissenschaften. Er lässt mit dem Allgemeinen Landrecht ein einheitliches Rechtsbuch erarbeiten. Die Folter wird weitgehend abgeschafft. Durch die Erschließung des Oderbruchs, dem Bau von Straßen und Kanälen und der Errichtung weiterer Manufakturen wird die Wirtschaft gefördert.

Deutschland von 1789 bis 1815

In Folge der Französischen Revolution kam es 1791 zum Bündnis von Preußen und Österreich gegen das revolutionäre Frankreich, worauf dieses im April mit der Kriegserklärung an die beiden deutschen Staaten antwortete. Nach anfänglichen Erfolgen gerät die Koalition nach der Niederlage von Valmy im September 1792 in die Defensive. Es folgten bis 1809 noch vier weitere Koalitionskriege gegen Frankreich an denen neben deutschen Fürstenhäusern auch Großbritannien, die Niederlande, Russland und Portugal beteiligt waren.

Die Koalitionskriege trugen mit zur Radikalisierung der Französischen Revolution bei. 1799 übernimmt Napoléon in Frankreich durch einen Staatsstreich die Macht. Im Verlauf der Kriege muss Österreich die Österreichischen Niederlande an Frankreich abtreten. Die linksrheinischen Gebiete kommen nach dem Frieden von Lunéville 1801 ebenfalls zu Frankreich. Als Kompensation für die Gebietsverluste erhalten die deutschen Fürsten rechtrheinische Gebiete. Diese wurden 1803 im so genannten Reichsdeputationshauptschluss durch Säkularisation und Mediatisierung geschaffen. Außerdem belohnte Napoléon Bayern und das neugeschaffene Kurfürstentum Württemberg für den Wechsel auf die Seite Frankreichs mit der Erhebung zu Königreichen. Die neugeschaffenen Kurfürstentümer Baden und Hessen werden zu Großherzogtümern erhoben.

1805 unterliegt Österreich in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz. Österreich muss seine oberitalienischen Gebiete an das Königreich Italien und Vorarlberg und Tirol an Bayern abtreten. Als sich 1806 16 deutsche Fürstenhäuser zum Rheinbund zusammenschlossen, legte Kaiser Franz II. auf ein Ultimatum Napoléons, der sich selbst 1804 zum Kaiser der Franzosen gekrönt hatte, die Kaiserkrone nieder. Dies bedeutete das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

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Friedrich Wilhelm III.

Am 16. Oktober 1806 kommt es zur Niederlage Preußens in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt. Napoléons Truppen rücken in Berlin ein. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. flieht nach Ostpreußen. Im Frieden von Tilsit 1807 verliert Preußen die Hälfte seines Staatsgebietes und bleibt nur auf Intervention des russischen Zaren Alexander I. als Staat erhalten. Eine Erhebung 1809 in Tirol durch Andreas Hofer wird durch Napoléon niedergeschlagen.

Um Preußen zu erneuern, kommt es zwischen 1807 und 1813 zu einer Reformbewegung. Herausragende Persönlichkeiten waren dabei vom Stein und Hardenberg. Neben der Abschaffung der Erbuntertänigkeit der Bauern (Bauernbefreiung) wird 1810 der Zunftzwang abgeschafft und die Gewerbefreiheit eingeführt. 1812 wird den Juden Rechtsgleichheit gewährt und alle Berufsbeschränkungen aufgehoben. Das Heer wird durch Scharnhorst und Gneisenau reformiert, das Adelsprivileg für die Offizierslaufbahn abgeschafft und die allgemeine Wehrpflicht nach französischem Vorbild eingeführt. Weiter erhalten die Kommunen das Recht zur Selbstverwaltung und Wilhelm von Humboldt reformiert das Bildungswesen.

Nach Bekanntwerden der Niederlage Napoléons im Russlandfeldzug 1812 kommt es in Preußen zu Aufständen. Als der preußische General Yorck von Wartenburg im Dezember 1812 eigenmächtig einen Waffenstillstand mit Russland vereinbart (Konvention von Tauroggen), verbündet sich der preußische König 1813 auf Druck von Bevölkerung und der Studenten mit dem Zaren gegen Frankreich.

Nach dem Beitritt von Großbritannien, Schweden und Österreich zum Bündnis wird Frankreich in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.–19. Oktober 1813 entscheidend geschlagen. Es erfolgt der Rückzug Napoléons aus Deutschland. Die Rheinbundstaaten wechseln auf die Seite des Bündnisses. Die Befreiungskriege gegen Napoléon führen in Deutschland zu einem neuen Nationalbewusstsein. Insbesondere bei den an den Kriegen beteiligten Studenten wird der Wunsch nach einem deutschen Nationalstaat geweckt.

Im Frühjahr 1814 zogen die verbündeten Truppen in Paris ein und Napoléon wurde zur Abdankung gezwungen. Als Napoléon 1815 nach einem Ausbruch aus seinem Exil auf Elba erneut in Frankreich die Macht an sich reißt, besiegen ihn die Alliierten in der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815 endgültig.

Zeitalter der Restauration

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Fürst von Metternich

Auf dem Wiener Kongress kommt es unter Leitung des österreichischen Außenministers Metternich zur Neuordnung Europas. Ziel des Wiener Kongresses war die dauerhafte Sicherung des Friedens durch Schaffung eines neuen Gleichgewichts zwischen den Großmächten, aber auch die Restauration des alten politischen Systems. In der Heiligen Allianz vereinbaren Österreich, Preußen, Frankreich, Großbritannien und Russland, alle revolutionären und nationalstaatlichen Bewegungen zu bekämpfen, um die monarchischen Systeme zu sichern. Bei der territorialen Neuordnung erhielt Preußen das Rheinland, Westfalen und den nördlichen Teil Sachsens hinzu, Österreich verzichtet auf die österreichischen Niederlande und bekommt dafür Venetien, die Lombardei und Gebiete auf dem Balkan. Frankreich konnte das Elsass behalten. Weiter wird der Deutsche Bund ins Leben gerufen, dem 35 souveräne Fürsten, darunter wegen ihrer deutschen Besitzungen auch die Könige von Großbritannien, Dänemark und der Niederlande angehören. Beschlussorgan des Deutschen Bundes war der Bundestag, der unter österreichischem Vorsitz in Frankfurt am Main als Gesandtenkongress tagte. Die Wünsche der Bevölkerung nach Schaffung eines einheitlichen deutschen Nationalstaates werden von den Fürsten nicht berücksichtigt.

Nach der Ermordung des antiliberalen Schriftstellers August von Kotzebue 1819 durch den Studenten Karl Ludwig Sand, lässt Metternich in den Karlsbader Beschlüssen die Burschenschaften und alle anderen politischen Vereinigungen an den Universitäten verbieten und führt eine umfassende Zensur ein. Werke von Schriftstellern wie Heinrich Heine, Georg Büchner und Hoffmann von Fallersleben wurden verboten. Letztlich konnte das System Metternichs aber nicht das weitere Erstarken der deutschen Nationalbewegung in der Zeit des so genannten Vormärz verhindern. 1817 versammeln sich zahlreiche Studenten auf dem so genannten Wartburgfest. Bestärkt durch die Julirevolution 1830 in Frankreich findet die Bewegung im Hambacher Fest vom 27. bis 30. Mai 1832 mit 30000 Teilnehmern einen neuen Höhepunkt.

Wirtschaftlich wird Deutschland durch den am 1. Januar 1834 gegründeten Deutschen Zollverein geeint. Die einsetzende Industrialisierung und der Bau der ersten Eisenbahnlinien (1835 NürnbergFürth) bringt einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich.

Revolution von 1848

Die Februarrevolution 1848 in Frankreich führt in den deutschen Staaten wie in fast ganz Europa zur Märzrevolution von 1848. Am 5. März 1848 versammeln sich revolutionäre Führer in Heidelberg und berufen ein Vorparlament nach Frankfurt/Main ein, zur Vorbereitung eines deutschen Parlaments. In Südwestdeutschland kommt es zu Demonstrationen für demokratische Rechte. In Bayern tritt Ludwig II. zugunsten seines Sohnes zurück und gibt damit den liberalen Forderungen nach. In Österreich kommt es zu Straßenkämpfen in Wien und am 13. März zum Rücktritt Metternichs und seiner Flucht nach Großbritannien.

Kaiser Ferdinand erlässt im April 1848 eine Verfassung und gewährt dem Volk eine bewaffnete Bürgerwehr. In Ungarn, Italien und den slawischen Gebieten kommt es zu nationalen Aufständen gegen Österreich, die aber vom Kaiser niedergeschlagen werden. Ebenso kommt es in Preußen in Berlin am 18. März nach einer Massenkundgebung vor dem Berliner Schloss zu Barrikadenkämpfen. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. erlässt auf Druck der Bevölkerung die Ausarbeitung einer Verfassung und gesteht den Bürgern Versammlungs- und Pressefreiheit zu. Kleinere Staaten wie Baden und Sachsen beugen Unruhen durch die Berufung liberaler und nationaler Regierungsmitglieder vor.

Mit Billigung des Deutschen Bundes werden am 31. März 1848 574 Männer zum Vorparlament in die Frankfurter Paulskirche entsendet. Anfang Mai finden in allen Staaten Wahlen zu einer Deutschen Nationalversammlung statt. Diese werden jedoch nur in sechs Staaten wie vom Vorparlament beschlossen direkt gewählt. In allen anderen Staaten wurde ein indirektes Verfahren über Wahlmänner angewandt.

Im Parlament waren sowohl konservative Monarchisten als auch Liberale und Republikaner vertreten. Während Akademiker und das Bildungsbürgertum stark vertreten waren, hatten Arbeiter und Bauern im Parlament keine Vertreter. Am 18. Mai kommt es zur Bildung einer vorläufigen Zentralregierung unter Leitung des Österreichischen Erzherzogs Johann als so genannter Reichsverweser. Die Regierung wurde von den deutschen Fürsten anerkannt, war wegen fehlender eigener Armee, Polizei oder Beamtenapparat aber weitgehend machtlos.

Der Feldzug Preußens im Auftrag der Nationalversammlung gegen Dänemark nach dessen Annexion von Holstein wird auf Druck Großbritanniens und Russlands abgebrochen. Der von der Nationalversammlung notgedrungen mitgetragene Waffenstillstand kostet dem Parlament Sympathien in der Bevölkerung und löst in Frankfurt einen Volksaufstand aus.

Die Nationalversammlung musste unter anderem die Frage nach den Grenzen eines zukünftigen deutschen Nationalstaates beantworten. Weiter wurde erörtert, ob die Staatsform zentralistisch oder föderalistisch sein sollte und ob es ein allgemeines oder ein Zensuswahlrecht geben sollte.

Favorisiert wurde zuerst die so genannte großdeutsche Lösung, die einen deutschen Staat unter Einschluss Deutsch-Österreichs mit Böhmen vorsah. Da Österreich aber nur unter Einschluss des gesamten Gebiets des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn dazu bereit war, was wiederum der Idee eines deutschen Nationalstaates zuwider lief, entschied man sich mehrheitlich für die kleindeutsche Lösung. Diese sah die Bildung eines deutschen Staates unter Ausschluss von Österreich vor.

Am 28. März 1849 wird eine Reichsverfassung, die so genannte Paulskirchenverfassung, verabschiedet, die einen Bundesstaat mit zentraler Regierung unter Leitung eines erblichen Kaisertums und einem Reichtag als Legislative vorsah. Weiter wurde ein allgemeines Wahlrecht vereinbart. Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm IV. am 2. April 1849 die ihm von der Nationalversammlung angebotene deutsche Kaiserkrone ablehnt, ziehen Preußen und die meisten anderen Staaten ihre Abgeordneten aus Frankfurt zurück. Ein Aufstand in Dresden im Mai zur Erzwingung der Annahme der Verfassung wird von Preußen und Sachsen niedergeschlagen. In der bayerischen Pfalz und in Baden kommt es ebenfalls zu Erhebungen und im Juni sogar zu provisorischen Regierungen, die aber von Preußen mit Hilfe der anderen deutschen Staaten niedergeschlagen werden.

Eine Minderheit der Abgeordneten widersetzte sich einer Abberufung und tagte als Rumpfparlament in Stuttgart weiter, dieses wird aber am 18. Juni von preußischen Truppen aufgelöst. Die letzten Revolutionäre ergeben sich nach dreiwöchiger Belagerung am 23. Juli in Rastatt. Die Verfassung konnte somit nie in Kraft treten. Zahlreiche in der Folge politisch Verfolgte wanderten nach Amerika aus.

Reaktionszeit und Einigungskriege

In der Folge wurden während der Revolution gemachte Zugeständnisse rückgängig gemacht. In Österreich errichtete Schwarzenberg ein neo-absolutistisches Regime. Andererseits blieben einige Errungenschaften wie die Verfassungen und die Gewerbefreiheit erhalten. 1850 wurde der Deutsche Bund wiedergegründet. Nach der Zulassung von politischen Zusammenschlüssen 1860 entstanden in Deutschland neue Parteien und Gewerkschaften. 1863 gründete Ferdinand Lasalle den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein. 1875 vereinigt sich dieser mit der 1869 von Wilhelm Liebknecht und August Bebel gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Diese neugebildete Partei wurde 1891 in Sozialdemokratische Partei Deutschlands umbenannt. Die vor dem Hintergrund der Industrialisierung entstehende Arbeiterbewegung weckte im Bürgertum Befürchtungen vor einem sozialistischen Umsturz. Das sich bis 1848 dem Arbeitertum durchaus verbunden fühlende Bürgertum orientierte sich daher in der Folgezeit mehr am Adel, den es als Verbündeten gegen Forderungen der Arbeiterbewegung sah.

Der Dualismus zwischen Österreich und Preußen, der durch die gemeinsame Gegnerschaft gegenüber nationalen und liberalen Forderungen in den Hintergrund geraten war, verschärfte sich, nachdem die Nationalversammlung in Frankfurt Preußen die Führungsrolle zugedacht hatte.

Otto von Bismarck

1862 wurde Bismarck durch sein Eingreifen in einen Verfassungskonflikt um eine Heeresreform preußischer Ministerpräsident. 1863 brachte er einen Vorschlag Österreichs zur Umwandlung des Deutschen Bundes in einen Bundesstaat zum Fall. Bismarck befürchtete ein Übergewicht Österreichs und der übrigen deutschen Staaten. Die anfangs geringe Popularität Bismarcks stieg durch seine außenpolitischen Erfolge.

1864 kam es zum Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark. Auslöser war die Annexion Schleswigs durch Dänemark. Die Bedenken des Vielvölkerstaates Österreich gegenüber der Teilnahme an einem Befreiungskrieg konnte Bismarck durch diplomatisches Geschick zerstreuen. Mit Zustimmung der europäischen Großmächte erobern beide deutsche Staaten die Herzogtümer Holstein und Schleswig zurück.

Nach dem Krieg brach über der Frage der politischen Zukunft der beiden Herzogtümer die Rivalität allerdings wieder hervor. Österreich, das verhindern wollte, dass die beiden Herzogtümer in den Machtbereich Preußens gerieten, wollte deren Schicksal vom deutschen Bundestag entscheiden lassen. Preußen sah dies als Bruch des Gasteiner Abkommens, das in dieser Frage ein einvernehmliches Vorgehen der beiden deutschen Großmächte vorschrieb und besetzte eine Teil Holsteins. Nach der Initiierung der Mobilmachung der übrigen deutschen Staaten gegen Preußen durch Österreich erklärte Bismarck die Bundesakte für erloschen. Den 1866 folgenden Deutschen Krieg gegen Österreich und fast alle deutschen Staaten konnte Preußen durch seinen Sieg bei Königgrätz für sich entscheiden. Preußen annektierte Hannover, Nassau, Kurhessen und Schleswig-Holstein. Darüber hinaus wurde der Norddeutsche Bund unter Führung Preußens gegründet. Damit schied Österreich aus Deutschland aus. Dafür verzichtete Bismarck auf Landabtretungen Österreichs. Die Unabhängigkeit Bayerns, Württembergs und Badens wurde auf Drängen Frankreichs anerkannt.

Im Anschluss kam es zu Spannungen zwischen dem sich im Deutschen Krieg neutral verhaltenden Frankreich und Preußen. Äußerer Anlass für den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 war die Kandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen auf den spanischen Königsthron. Bismarck provozierte mit der manipulierten Veröffentlichung der so genannten Emser Depesche, in der die Forderung Frankreichs auf den Thronverzicht zurückgewiesen wird, den Krieg. Nach der Kriegserklärung durch Frankreich konnte Preußen alle deutschen Staaten und die übrigen europäischen Großmächte auf seine Seite ziehen. Durch eine überlegene Strategie und Logistik konnten die deutschen Heere das Frankreich des Kaisers Napoleons III. in sechs Wochen durch den Sieg bei Sedan zur Kapitulation zwingen. In Paris bildete sich daraufhin eine republikanische Regierung, die nach anfänglicher Friedensbereitschaft die Forderung Preußens nach Abtretung Elsass-Lothringens ablehnte. Der Krieg wurde daraufhin fortgesetzt und endete erst 1871 mit der Kapitulation Frankreichs. Im Frieden von Frankfurt/Main wird Frankreich zur Abtretung Elsass-Lothringens und zur Zahlung einer Kriegsentschädigung verpflichtet. Die deutschsprachige Bevölkerung Elsass-Lothringens war vor 200 Jahren in Frankreich eingegliedert worden und fühlte sich mehrheitlich seit der französischen Revolution als Teil der französischen Nation.

Durch das Zugeständnis von so genannten Reservatrechten konnte Bismarck die süddeutschen Staaten zum Beitritt zum Norddeutschen Bund bewegen. So behielt zum Beispiel Bayern die Hoheit über Post und Eisenbahn und im Frieden auch über das Militär. Die Gründung des durch den Beitritt entstandenen Deutschen Reichs wurde am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles vollzogen. Der preußische König erhielt den Titel eines "Deutschen Kaisers".

Das Deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918

Hauptartikel: Deutsches Reich

Die Reichsverfassung von 1871 betonte das monarchische Element. Der Kaiser, der zugleich auch König von Preußen war, konnte die Reichsregierung ernennen und absetzen. Darüber hinaus konnte er internationale Verträge schließen, bestimmte über Krieg und Frieden und hatte den Oberbefehl über das Militär. Das stärkste Organ war der Bundesrat, der sich aus Vertretern der Länder zusammensetzte. Die Landesparlamente selbst wurden aber in großen Teilen Deutschlands (wie in Preußen und Sachsen) nach einem Dreiklassenwahlrecht bestimmt. Der Reichstag dessen Vertreter durch ein allgemeines Wahlrecht bestimmt wurden und der das demokratische Element repräsentierte, hatte nur eine schwache Stellung. Einzig die Etatbewilligung fiel in seinen Hoheitsbereich. In ihm wurden zwar auch die Gesetze beschlossen, jedoch bedurften sie stets der Zustimmung durch den Bundesrat.

Die Verfassung war somit stark vom Obrigkeitsdenken geprägt. Damit war aber die Zukunft Deutschlands entscheidend von dem Geschick seiner Kaiser und den von diesen ernannten Reichskanzlern abhängig. Das föderalistische Element relativiert sich durch die Tatsache, dass Preußen über zwei Drittel der Landfläche und Bevölkerung und über ein faktisches Vetorecht bei Verfassungsänderungen im Bundesrat verfügte. Außerdem stellten die preußischen Könige den Kaiser. Die Elsässer und die im Reich lebenden Polen fühlten sich dem Reich nicht zugehörig und bildeten eigene Reichtagsfraktionen.

Um sich die Mehrheit im Reichstag für seine Ziele zusichern, verfolgte der Reichskanzler Bismarck eine Politik wechselnder Bündnispartner. Im Rahmen des Kulturkampfs von 1871 bis 1886 gegen den Einfluss der katholischen Kirche und insbesondere den Ultramontanismus verbündete Bismarck sich mit den Liberalen. Wenngleich einige Maßnahmen nach Beendigung des Kulturkampfs wieder zurückgenommen wurden, blieb zum Beispiel die Einführung der Zivilehe und die staatliche Aufsicht über das Schulwesen erhalten.

Kaiser Wilhelm I.

Der nächste Gegner Bismarcks stellten die Sozialisten dar. Die Stimmung in der Öffentlichkeit nach einem Attentatsversuch auf Kaiser Wilhelm I. nutzte Bismarck 1878 zur Durchsetzung der so genannten Sozialistengesetze zum Verbot sozialistischer Vereinigungen. Die Gesetze waren bis 1890 in Kraft, konnten die Verbreitung sozialistischer Ideen aber nicht verhindern. Parallel dazu versuchte Bismarck durch eine Sozialgesetzgebung einer Radikalisierung der Arbeiter entgegenzuwirken. So wurde 1883 eine allgemeine Krankenversicherung, 1884 eine Unfallversicherung und 1889 eine Rentenversicherung eingeführt. Weitergehende Forderungen der Sozialdemokraten wie Mindestlöhne oder Arbeitsschutzgesetze lehnte Bismarck aber ab.

Wirtschaftlich wurde infolge des durch die Reichsgründung entstandenen einheitlichen Wirtschaftsraums und begünstigt durch die französischen Zahlungen von Kriegsentschädigung ein rasantes Wirtschaftswachstum ausgelöst. Dieses mündete aber infolge Überhitzung 1873 in die Wirtschaftskrise des so genannten Gründerkrachs. Wirtschaftspolitisch verfolgte Bismarck anfangs einen Freihandelskurs, bei dem Zölle keine große Rolle spielten. 1879 setzte sich wegen steigender Konkurrenz durch ausländische Getreideimporte und unter dem Eindruck der Gründerkrise eine Schutzzollpolitik durch.

Außenpolitisch verfolgte Bismarck eine Politik des Gleichgewichts der Großmächte. Durch den Aufstieg zur stärksten Großmacht auf dem Kontinent durch die Reichsgründung, weckte Deutschland die Ängste seiner Nachbarn. Um Bündnisse der übrigen Großmächte gegen Deutschland zu verhindern, baute Bismarck mit diplomatischem Geschick ein Bündnissystem auf, das auf eine Isolierung Frankreichs hinauslief, das durch die Eingliederung Elsass-Lothringens zum Erzfeind wurde. 1879 schloss Bismarck mit Österreich das Defensivbündnis des so genannten Zweibunds, der später durch den Beitritt Italiens zum Dreibund erweitert wurde. Mit Russland schloss er 1887 ein Abkommen, das beiden Länder zu Neutralität bei einem Angriff des Vertragspartners durch ein Drittland verpflichtete.

Darüber hinaus errang Bismarck 1877/78 durch sein friedensrettendes Eingreifen in den Balkankonflikt zwischen England und Russland großes Ansehen. Um die Ängste der übrigen Großmächte zu dämpfen, verzichtete Bismarck auch auf territoriale Erweiterungen, stellte als Konzession an den Zeitgeist jedoch 1884/85 die kolonialen Erwerbungen deutscher Privatkaufleute in Togo, Kamerun, Südwest- und Ostafrika sowie im Pazifik unter den Schutz des Deutschen Reiches. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kolonien blieb jedoch gering. Ein durch die schlechter werdenden deutsch-russischen Beziehungen drohendes Bündnis zwischen Frankreich und Russland zeigte aber auch die Grenzen des Bündnissystems auf.

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Kaiser Wilhelm II.

Als 1890 Wilhelm II., der 1888 Kaiser wurde, Bismarck als Reichskanzler entließ, folgte eine Kurswende in der deutschen Außenpolitik. Im Gegensatz zu seinem sich zurückhaltenden Vorgänger nahm der neue Kaiser die Außenpolitik selbst in die Hand ("persönliches Regiment"). Die deutsche Ablehnung gegenüber Russland zur Erneuerung eines Rückversicherungsvertrags führte 1894 zum Defensivbündnis zwischen Russland und Frankreich. Das Engagement Deutschland in der Türkei durch die Planung einer Eisenbahnlinie bis Bagdad, rückte auch den konfliktgeladenen und schon zwischen Österreich und Russland umstrittenen Balkan in den Interessensbereich Deutschlands.

Die Innenpolitik war stark vom Strukturwandel und der sozialen Frage geprägt. Reichskanzler Caprivi verfolgte einen Kurs sozialer Reformen. Weitere politische Reformen in der Folgezeit scheiterten jedoch.

Die Beglückwünschung Wilhelms II. 1896 an die Buren in Südafrika zum Sieg gegen England in der so genannten Krüger-Depesche verschlechterte auch die Beziehungen zu England stark. Der Aufbau einer eigenen Hochseeflotte nach dem so genannten Tirpitzplan verstärkte diese Spannungen noch. Als Deutschland ein Angebot Englands zu einem begrenzten Abkommen unter dem Motto "alles oder nichts" ausschlug, führte dies zum Ententesystem Englands mit Frankreich und Russland. Deutschland sah sich letztendlich mit dem einzig übrig gebliebenen Bündnispartner Österreich-Ungarn isoliert.

Als sich Deutschland gegen einen im Einvernehmen mit England angestrebten Erwerb Marokkos durch Frankreich unter Hinweis auf das Madrider Abkommen von 1880 wendete, kam es 1905 zur Ersten Marokkokrise. Wilhelm II. landete in Tanger und begrüßte den marokkanischen Sultan als souveränen Herrscher. Die von Deutschland 1906 einberufene Konferenz von Algeciras endete mit einer diplomatischen Niederlage Deutschlands und zeigte die Isolierung Deutschlands.

Die rückhaltlose Unterstützung der Annexion Bosnien-Herzegovinas durch Österreich in der Bosnienkrise von 1908 verschlechterte das Verhältnis zu Russland weiter.

Als 1911 Frankreich sein Engagement in Marokko verstärkte, versuchte Deutschland durch das Kanonenboot "Panther" Druck auf Frankreich auszuüben, und forderte als Kompensation für den Erwerb Marokkos durch Frankreich das französische Kongogebiet. In einem Kompromiss bekam Deutschland schließlich einen unbedeutenden Teil Französisch-Kongos zugesprochen. Durch diese 2. Marokkokrise wurde allerdings Europa an den Rand eines Krieges gebracht und die Bindung zwischen Frankreich und England erstärkt.

Durch die Balkankriege von 1912 und 1913 verschoben sich die Machtverhältnisse auf dem Balkan durch den Niedergang der befreundeten Türkei und die Gebietsgewinne des mit Österreich verfeindeten Serbiens zuungunsten Deutschlands.

Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo durch eine serbische Geheimorganisation, löste schließlich den Ersten Weltkrieg aus.

Anfänglich war die deutsche Bevölkerung noch kriegsbegeistert. Im Laufe des Krieges verschlechterte sich die Versorgungslage zusehends. Als im Oktober 1918 noch einmal die Flotte gegen die Royal Navy auslaufen sollte, meuterten die Matrosen. Der Aufstand breitete sich innerhalb weniger Tage über ganz Deutschland aus, allerorts wurden Arbeiter- und Soldatenräte gebildet. Am 9. November kam es auch in Berlin zu Unruhen. Um ein Blutbad zu verhindern erklärte Reichskanzler Max von Baden die Abdankung des Kaisers, ohne dessen Einwilligung. Wilhelm II. beugte sich danach dieser Entscheidung und ging ins Exil in die Niederlande. Max von Baden übergab die Regierungsgewalt an Friedrich Ebert. Am Nachmittag rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Republik aus, Stunden später durch Karl Liebknecht die Ausrufung der Räterepublik. Am 10. November bildete sich mit dem Rat der Volksbeauftragten eine provisorische Regierung. Am 11. November wurden durch einen Waffenstillstand die Kampfhandlungen eingestellt.

Weimarer Republik 1918–1933

Hauptartikel: Weimarer Republik

Am 16. Dezember 1918 fand in Berlin ein Zusammentreffen der Arbeiter- und Soldatenräte, der Rätekongress statt. Sie billigten mehrheitlich den Übergang zu einer demokratischen Ordnung. Auch zahlreiche Reformen traten in Kraft: so wurde das Allgemeine und Frauenwahlrecht eingeführt, genauso wie der 8-Stunden-Tag. Im Januar 1919 kam es zur Gründung der KPD und zum Spartakusaufstand, der von Freikorps niedergeschlagen wurde. Die kommunistischen Anführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurde dabei ermordet.

Am 19. Januar wurde die Nationalversammlung gewählt und trat am 6. Februar nicht im unruhigen Berlin sondern in Weimar zusammen, daher der Name Weimarer Republik. Die Nationalversammlung wählte Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten und Philipp Scheidemann zum Reichskanzler.

Am 28. Juni 1919 musste Deutschland den Versailler Vertrag unterschreiben: Deutschland musste zahlreiche Gebiete abtreten, darunter große Gebiete im Osten (die dann an den neuen Staat Polen übergingen), sowie seinen gesamten Kolonialbesitz dem Völkerbund unterstellen. Im Westen musste Elsass-Lothringen an Frankreich und das Gebiet Eupen-Malmédy an Belgien abgetreten werden. Die Vereinigung Deutschlands mit Österreich wurde untersagt. Deutschland und seinen Verbündeten wurde die alleinige Kriegsschuld gegeben, es wurden Reparationsforderungen gestellt aber noch nicht vertraglich festgelegt. Das Saarland war dem Völkerbund unterstellt und das Rheinland entmilitarisierte Zone. Außerdem gab es massive Beschränkungen für die deutsche Armee. Dieser Vertrag wurde als ungerecht empfunden. Es bildete sich die Dolchstoßlegende. Die Belastungen des Vertrages und die Tatsache dass zahlreiche kaiserliche Beamte, Offiziere usw. noch im Dienst waren und der Republik misstrauten, führten zu den Krisenjahren "Republik ohne Republikaner".

Im März 1920 versuchten Militäreinheiten, die Regierung zu stürzen. Die Regierung floh, der Putsch brach aber nach wenigen Tagen wegen des Generalstreikes zusammen. Bei den Reichtagswahlen 1920 gab es große Stimmengewinne für rechte und linke Parteien. In den ersten Jahren erschütterten einige politische Morde die Republik. 1922 begannen Deutschland und die Sowjetunion diplomatische Beziehungen mit den Vertrag von Rapallo.

Im Januar 1923 besetzten französische Truppen das Ruhrgebiet, um ausstehende Reparationsforderungen einzutreiben. Die Reichsregierung unterstützte den ausbrechenden "Ruhrkampf" finanziell. In den folgenden Monaten kam es zu einer galoppierenden Inflation, die erst im November durch eine Währungsreform beendet wurde. Bayern wurde zum Sammelbecken rechter, konservativer Kräfte. In diesen Klima vollzog sich der Hitler-Putsch, der zwar fehlschlug, aber Hitler zu Bekanntheit verhalf.

Trotz aller Spannungen und Konflikte, die die junge Republik zu meistern hatte, schien die Demokratie zu siegen. Die Neuordnung der Währung und die im Gefolge des Dawes-Plan ins Land strömenden amerikanischen Kredite leiteten eine Phase relativer wirtschaftlicher und politischer Stabilisierung ein, die sogenannten "Goldenen 20er Jahre". Der deutsche Außenminister Gustav Stresemann versuchte mit seinen französischen Kollegen Aristide Briand eine Annäherung. Gleichzeitig versuchte er eine schrittweise Revision der Versailler Verträge, was sich in den Verträge von Locarno 1925 und der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund 1926 zeigte. Im Februar 1925 starb Friedrich Ebert, als Nachfolger wurde Paul von Hindenburg gewählt.

Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und der Tod von Gustav Stresemann markierten den Anfang vom Ende der Weimarer Republik. Im Sommer 1932 erreicht die Arbeitslosenzahl die Höhe von 6 Millionen. Seit 1930 regierten in Deutschland nur noch Präsidialkabinette. Es kam zu einer Radikalisierung der politischen Lage und zu Straßenschlachten zwischen der NSDAP und der KPD. 1931 schlossen sich rechte Kräfte in der Harzburger Front zusammen, die NSDAP wurde bei den Reichtstagswahlen vom 31. Juli 1932 stärkste Kraft. Am 28. Januar 1933 erklärte der letzte Reichskanzler Kurt von Schleicher seinen Rücktritt.

Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945

Hauptartikel: Zeit des Nationalsozialismus

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Adolf Hitler

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dieser löste den Reichstag auf und setzte Neuwahlen an. Am 27. Februar brannte der Reichstag, die Umstände sind bis heute ungeklärt. Hitler nutzte dies, um den Reichspräsidenten zu zwingen, eine "Notverordnung zum Schutz von Volk und Reich" zu unterschreiben. Zahlreiche politische Gegner wurden verhaftet und die KPD verboten. Die Wahlen am 5. März brachten der NSDAP keine Mehrheit, als jedoch am 23. März der Reichstag begann, fehlten alle Abgeordneten der KPD und viele der SPD, sie waren verhaftet oder geflohen. Die übriggebliebenen Parlamentarier stimmten überwiegend für das "Ermächtigungsgesetz". Der Reichstag wurde für 4 Jahre aufgelöst und seine Kompetenzen an den Reichskanzler abgetreten, Hitler sorgte dafür, dass es bis 1945 erhalten blieb.

In den folgenden Monaten folgte die Gleichschaltung der Länder und der Presse, die Auflösung der Gewerkschaften und Parteien. Die ersten Konzentrationslager zur Inhaftierung politisch Unliebsamer entstanden. Am 10. Juni erfolgte die Verbrennung von "schändlichen" Schrifttum. Im April 1933 begann der Boykott jüdischer Geschäfte und die Entfernung jüdischer Beamte aus den Staatsdienst.

Im Juni/Juli wurden die evangelischen Landeskirchen in einer Reichskirche unter Leitung eines Reichsbischofs zusammengeschlossen, genauso wie Deutschland mit dem Vatikan ein Konkordat (Vertrag) schloss. V.a. die Deutschen Christen waren in der Reichskirche führerergeben, wogegen sich schon im September ein Pfarrernotbund bildete. Diese entwickelte sich nach der Barmer Erklärung (29. Mai–31. Mai 1934) zur Bekennenden Kirche und bildete eine kirchliche Opposition zum Nationalsozialismus.

In der folgenden Zeit erfolgte die Durchdringung des gesamten Lebens durch NS-Organisationen wie Hitlerjugend, SS, Deutsche Arbeitsfront, KdF und andere. Die Arbeitslosigkeit konnte beseitigt werden, ebenso wurde der Autobahnausbau zügig vorangetrieben, was aber vorwiegend auch zur Kriegsvorbereitung diente.

Im April 1934 wurde der Volksgerichtshof gegründet, damit der NS-Staat ein wirksames Justizinstrument gegen Oppositionelle in der Hand hatte. Spannungen zwischen der Führung und der SA löste Hitler am 30. Juni 1934 mit dem sog. Röhm-Putsch. Unter Vortäuschung eines angeblichen Putsches wurde die Führung der SA und zahlreiche Prominente wie der ehemalige Reichskanzler Kurt von Schleicher ermordet. Die SA wurde bedeutungslos, ihre Rolle nahm die SS ein, eine bisherige Unterorganisation der SA. Am 2. August 1934 starb Hindenburg. Hitler ließ sich zum Führer und Reichskanzler ernennen und vereidigte die Reichswehr auf sich. Der Weg zur Diktatur war somit vollendet.

1935 kam das Saarland wieder zum Reich. Auf den Nürnberger Reichsparteitag wurden die Rassegesetze beschlossen. Juden war es verboten Deutsche zu heiraten. Ebenso wurde festgelegt wer Jude, Halbjude und Arier war. 1936 marschierte die Reichswehr im entmilitarisierten Rheinland ein. Vom 1.–6. August 1936 fanden in Berlin die Olympischen Sommerspiele statt, die als Propagandaschau inszeniert wurden.

Nun erfolgte die Realisierung des "Großdeutschen Reiches". Während einer innerpolitischen Krise erzwang Hitler im März 1938 den Anschluss Österreichs an Deutschland. Im September drohte Hitler mit einen Waffengang gegen die Tschechoslowakei, falls diese den Forderungen der Sudetendeutschen nicht erfüllt. Um einen Krieg abzuwenden entscheiden Deutschland, Großbritannien und Frankreich unter Ausschluss des Betroffenen die Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland. Am 9./10. November 1938 kommt es zur Reichsprogromnacht, zahlreiche Synagogen brennen und Juden werden verhaftet. Im März 1939 marschiert Hitler nach der Loslösung der Slowakei in die Resttschechei ein. Ebenfalls in diesen Monat kommt das Memelland von Litauen wieder nach Deutschland.

Der Überfall auf Polen am 1. September 1939 löste schließlich den Zweiten Weltkrieg aus. Der Sieg über Polen im September 1939 und Dänemark, Norwegen, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich April–Juni 1940 markierte die Epoche der "Blitzkriege". Eine Invasion in Großbritannien scheiterte, man begnügte sich mit der Bombardierung mittelenglischer Industriestädte zum Beispiel Coventry. 1940/41 wurde – zusammen mit ItalienJugoslawien und Griechenland erobert und aufgeteilt (Albanien wurde bereits 1939 von Italien besetzt). Ungarn, Rumänien und Bulgarien wurden als Verbündete gewonnen.

Seit Januar 1941 beteiligte sich Deutschland zusammen mit Italien in Nordafrika. Am 22. Juni 1941 erfolgte der Angriff auf die Sowjetunion. Am 11. Dezember 1941 erklärte Hitler der USA den Krieg. Im November 1942 umzingelte die Rote Armee Stalingrad und am 2. Februar kapitulierte die 6. Armee in der eingeschlossenen Stadt. Die Schlacht um Stalingrad markierte den Wendepunkt auf den europäischen Kriegsschauplatz. Bis Ende 1943 war das Gebiet der Sowjetunion weitgehend wieder zurückerobert. Am 13. Mai 1943 mussten die Achsenmächte in Nordafrika kapitulieren. Im Juli 1943 landeten alliierte Truppen in Italien, Mussolini wurde gestürzt. Im Dezember 1943 fand in Teheran die erste Kriegskonferenz zwischen Großbritannien, den USA und der UdSSR statt.

In der Zwischenzeit fand in Januar 1942 die Wannseekonferenz statt, die "Endlösung der Judenfrage" wurde beschlossen. Schon seit September 1941 mussten Juden den Judenstern tragen. Mit der Errichtung von Vernichtungslagern im besetzten Osten Europas begann der Holocaust. Bis zum Kriegsende wurden etwa 6 Millionen Juden ermordet.

1943 begann der Bombenkrieg der Alliierten auf deutsche Städte. Bis Kriegsende kamen wahrscheinlich etwa 300000 Zivilisten ums Leben. Ende 1944 begann die Flucht der deutschen Bevölkerung aus dem Ostgebieten vor der anrückenden Roten Armee. 1945 wurden dann Millionen Deutsche aus Osteuropa vertrieben, genauso wie zum Beispiel auch Millionen Polen aus dem Gebiet des heutigen Weißrussland und Ukraine zwangsumgesiedelt wurden.

Josef Stalin

1944 konnte die Rote Armee weite Teile von Südosteuropa erobern. Am 6. Juni begann die Invasion der Alliierten in der Normandie. Am 20. Juli scheiterte ein Attentat und Putschversuch auf Hitler. In den folgenden Monaten wurde zahlreiche Mitverschwörer hingerichtet. Ende Januar/Anfang Februar 1945 fand die Konferenz von Jalta zwischen den USA, Großbritannien und der UdSSR statt, auf der Beschlüsse zum Nachkriegsdeutschland gefasst wurden. Im April 1945 erreichten die alliierten Truppen Deutschland. Am 16. April begann die Rote Armee mit den Angriff auf Berlin. Adolf Hitler beging am 30. April im Bunker der Reichskanzlei Selbstmord. Er ernannte Karl Dönitz zum Nachfolger. Am 7. und 9. Mai 1945 unterzeichnete Deutschland gegenüber Westalliierten und Sowjets die bedingungslose Kapitulation. Die Regierung Dönitz, die in Flensburg saß, wurde am 23. Mai festgenommen.

Damit war der Zweite Weltkrieg, der von Deutschland entfesselt wurde und etwa 60 Millionen Tote forderte, in Europa beendet.

Das geteilte Deutschland von 1945 bis 1949

Die Siegermächte USA, Großbritannien und UdSSR trafen sich im Juli/August 1945 zur Potsdamer Konferenz. Deutschland wurde in vier Besatzungszonen und die ehemalige Reichshauptstadt Berlin in vier Sektoren aufgeteilt.

Die Amerikanische Besatzungszone umfasste Bayern, Hessen, Teile des heutigen Baden-Württemberg und Bremen. Außerdem gehörte der Südwesten Berlins zum Amerikanischen Sektor. Die Britische Besatzungszone umfasste Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Außerdem war der Westen Berlins Britischer Sektor. Die Französische Besatzungszone umfasste Teile des heutigen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, das Saarland behielt bis 1957 einen eigenen Status. Außerdem war der Nordwesten Berlins Französischer Sektor. Die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) umfasste die heutigen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Außerdem war das spätere Ost-Berlin Sowjetischer Sektor.

Für Deutschland wurde ein gemeinsames Verwaltungsorgan, der Alliierte Kontrollrat gebildet, Berlin bekam eine gemeinsame Stadtverwaltung. Es begann die Beseitigung von Trümmern und Wiederaufbau, die Demokratisierung, Bildung von Bundesländern und Parteien. Im Oktober 1945 begannen die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die mit zahlreichen Todesurteilen gegen NS-Größen endeten.

In der SBZ erfolgte eine Bodenreform, Großgrundbesitzer und NS-Verbrecher wurden entschädigungslos enteignet und ihr Land Kleinbauern zugeteilt. Im April 1946 erfolgte der Zwangszusammenschluss von KPD und SPD zur SED. In der folgenden Zeit kam es zur Herausbildung von Blockparteien, die SED war die bestimmende Partei, alle anderen führten nur ein Schattendasein im politischen Leben. Genauso konnte bei späteren Wahlen keine Parteien gewählt werden, sondern nur für oder gegen die Einheitsliste. Ein Ausspruch von Walther Ulbricht dazu: "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben".

Die britische und amerikanische Zone schlossen sich Anfang 1947 zur Bizone zusammen. Im Jahr 1947 begann mit dem Marshallplan der Wiederaufbau, der Osten musste diese Hilfen auf sowjetischen Druck jedoch ablehnen. 1947 fanden einige Versuche einer Einigung in den Ansichten der Besatzungsmächte statt, er scheiterte. Fortan waren die Westmächte bestrebt einen eigenen westdeutschen Staat zu gründen.

Am 20. Juni 1948 fand in den Westzonen mit der Einführung der D-Mark eine Währungsreform statt. Der Schwarzmarkt verschwand und es begann, was später als Wirtschaftswunder bezeichnet wurde. In der SBZ wurde im Gegenzug am 23. Juni eine eigene Währung eingeführt. Am 24. Juni führten die Westmächte die D-Mark auch in Westberlin ein, die Sowjets antworteten mit der Berliner Blockade. Berlin wurde über Monate aus der Luft versorgt. Die Sowjets hoben am 12. Mai 1949 die Blockade wieder auf, Westberlin blieb Teil der westlichen Welt, während sich in Ostberlin im November 1948 eine eigene Stadtverwaltung bildete. Berlin blieb aber immer wieder im Mittelpunkt der Politik der Siegermächte.

Am 20. März 1948 verließen die Sowjets den Alliierten Kontrollrat, im Juni kam es zur Bildung der Trizone. Am 1. Juli 1948 übergaben die Westmächte an die 11 Ministerpräsidenten der Trizone die Frankfurter Dokumente, eine Aufforderung zur Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung. Daraufhin beriet sich vom 10.–23. August auf dem Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee ein "Sachverständigen-Ausschuss für Verfassungsfragen" der die Grundlage für die Arbeit des Parlamentarischen Rates geben sollte. Dieser trat am 1. September in Bonn zusammen und erstellte bis zum 8. Mai 1949 das Grundgesetz. Nachdem dieses von der Mehrzahl der Länder und den Westmächten genehmigt wurden ist, wurde es am 23. Mai 1949 verkündet. Die Bundesrepublik Deutschland war somit erstanden.

Ende Mai/Anfang Juni 1949 fand der 3. Deutsche Volkskongress statt. Die Mitglieder wählten den 2. Deutschen Volksrat als ständiges Organ. Der Volkskongress nahm die von ihm erarbeitete Verfassung für eine "Deutsche Demokratische Republik" einstimmig an. Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet.

Die Bundesrepublik Deutschland 1949–1990

Hauptartikel: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Am 14. August 1949 finden die Wahlen zum ersten deutschen Bundestag statt, die CDU/CSU wird stärkste Fraktion gefolgt von der SPD. Konrad Adenauer wird Mitte September zum Bundeskanzler, Theodor Heuss zum Bundespräsidenten gewählt. Im November geht mit dem Petersberger Abkommen Westdeutschland auf den Weg der Souveränität. Die Regierung Adenauers bestimmen die Westintegration, die Wiederbewaffnung und das Wirtschaftswunder der Bundesrepublik. Sie erhebt den Alleinvertretungsanspruch für ganz Deutschland und bestraft andere Länder mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen wenn diese Beziehungen mit der DDR aufnehmen (Hallstein-Doktrin). Trotzdem unterzeichnet sie 1955 einen Vertrag mit der Sowjetunion, damit die letzten deutschen Kriegsgefangenen heimkehren können. Ebenfalls in diesen Jahr tritt der Deutschlandvertrag in Kraft, der den Besatzungsstatut aufhebt und die BRD tritt der NATO bei. In diesen Zusammenhang wird die Bundeswehr gebildet, es gibt Proteste gegen die Wiederbewaffnung. Die Bundesrepublik ist 1952 Mitbegründerin der Montanunion, der Vorläuferin der EG. 1951 und 1956 werden mit der rechtsradikalen SRP und der KPD vom Bundesverfassungsgericht die einzigen Parteienverbote der Bundesrepublik ausgesprochen. 1957 wird das Saarland wieder Teil der BRD. Im März 1957 wird mit den Römischen Verträgen die EWG gegründet. Im November 1959 wendet sich die SPD mit dem Godesberger Programm endgültig vom Marxismus ab und bejaht die liberale und demokratische Grundordnung der Bundesrepublik. 1959 wird Heinrich Lübke Nachfolger von Theodor Heuss als Bundespräsident. Bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 kamen Millionen Flüchtlinge aus der DDR in die BRD. Da es nun im Wirtschaftswunder-Deutschland an Arbeitern mangelte wurden zunehmend Gastarbeiter aufgenommen. Im Oktober 1962 muss infolge der Spiegel-Affäre Verteidigungsminister Franz Josef Strauß zurücktreten. Im Januar 1963 wird der Elysée-Vertrag zwischen der BRD und Frankreich unterzeichnet, damit gelang die Aussöhnung mit dem ehemaligen Erzfeind. Am 15. Oktober 1963 tritt Adenauer als Bundeskanzler zurück.

Die Deutsche Demokratische Republik 1949–1990

Hauptartikel: Deutsche Demokratische Republik
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Walter Ulbricht

Die neu geschaffene Volkskammer ernannte Wilhelm Pieck zum Staatspräsidenten und Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten. Dieser bildete eine Regierung aus allen Parteien. Der eigentliche Machthaber bis 1971 war aber der Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht. Gleichzeitig bildete sich die "Nationale Front", ein Aktionsbündnis aller Parteien und Massenorganisationen, die unter Federführung der SED die sozialistische Ideologie in die Gesellschaft vermitteln sollte. Die Hauptstadt ist Ostberlin, offiziell "Berlin Hauptstadt der DDR".

Im Februar 1950 wird das Ministerium für Staatssicherheit gegründet. Nach der Auflösung der sowjetischen Internierungslager werden von April bis Juni die Waldheimer Prozesse durchgeführt, die Urteile sind sehr umstritten und werden schon 1952 größtenteils revidiert. Im Juli wird die Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze in einem Vertrag mit der Volksrepublik Polen vertraglich festgelegt. Ebenfalls in diesen Monat beschließt der 2. Parteitag der SED die Gründung eines Zentralkomitees (ZK) und aus dessen Mitte das Politbüro. Am 15. Oktober finden die ersten Volkskammerwahlen statt. Es wird über die Einheitsliste der Nationalen Front gewählt, die nach offiziellen Angaben 99,3 % der Stimmen erhält, diese Wahlpraxis besteht bis 1989.

Am 1. Januar 1951 beginnt der 1. Fünfjahresplan, im August finden in Ostberlin die 3. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt und im Oktober wird die Rationierung der meisten Lebensmittel aufgehoben. Im Frühjahr 1952 wird in Deutschland über die Stalin-Note debattiert, sie wird schließlich vom Westen abgelehnt. Ende April werden aus Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) die ersten Volkseigenen Betriebe (VEB) gebildet und Anfang Juni die erste LPG. Ende Mai wird eine Sperrzone an der Grenze zwischen DDR und BRD errichtet. Am 23. Juli wurden im Zuge des "planmäßigen Aufbaus des Sozialismus in der DDR" die 5 Länder aufgelöst und durch 14 Bezirke und 217 Kreise ersetzt. Im August wurde die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) als paramilitärische Organisation gebildet und es erfolgte die Grundsteinlegung des Eisenhüttenkombinats Ost (EKO), der Keimzelle der späteren Eisenhüttenstadt, als Zeichen der neuen DDR-Industrie. Das staatliche Fernsehen der DDR beginnt am 21. Dezember mit Versuchssendungen.

Am 5. März 1953 stirbt Stalin. In den folgenden Monaten erfolgte eine Verfolgung der Jungen Gemeinde als "Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage und Spionage" als Teil eines Kirchenkampfes. Im Mai fällt der Beschluss zur Erhöhung der Arbeitsnormen. Es regt sich Widerstand. Das Politbüro der SED übt Selbstkritik, verkündet einen "Neuen Kurs", die Arbeitsnormen bleiben aber bestehen. Am 16. Juni streiken die Bauarbeiter auf der Stalinallee. Am 17. Juni kommt es zum Volksaufstand, der aber mit Hilfe sowjetischer Truppen blutig niedergeschlagen wird. Die DDR-Regierung behauptet später, es wäre ein vom Westen gelenkter "faschistischen Putsch" gewesen. Auch der Westen verkannte die tatsächliche Lage. Der 17. Juni wurde in der BRD bis 1990 als Tag der deutschen Einheit begangen.

Im März 1955 finden die ersten Jugendweihen als Gegenstück zur kirchlichen Konfirmation statt. Am 14. Mai 1955 tritt die DDR den Warschauer Vertrag bei, im Oktober erklärt die UdSSR die volle Souveränität der DDR. Die "Geheimrede" von Nikita Chruschtschow im Februar 1956 markiert den Beginn der Entstalinisierung in den Ostblockstaaten. Am 1. März wird aus Einheiten der Kasernierten Volkspolizei (KVP) die Nationale Volksarmee (NVA) gebildet. Im Mai wird die Polytechnische Oberschule (POS) gegründet. Am 4. Oktober 1957 schickt die Sowjetunion mit Sputnik 1 den ersten Satelliten in den Weltraum. Im Februar 1958 tritt die Staatliche Plankommission anstelle des Wirtschaftsrates, am 29. Mai werden die Lebensmittelkarten endgültig abgeschafft. Die Kollektivierung der Landwirtschaft wird beschleunigt. Chruschtschow fordert im November eine Revidierung des Potsdamer Abkommens und löst damit die Berlin-Krise aus. Oktober 1959 wird der Fünf- in einen Siebenjahresplan umgewandelt, ebenfalls ab diesen Monat zeigt sich die Staatsflagge mit Wappen Hammer und Zirkel im Ährenkranz auf schwarz-rot-goldenem Hintergrund. Am 7. September 1960 stirbt Wilhelm Pieck, sein Amt wird abgeschafft und der Staatsrat gebildet, dessen Vorsitzender ist Walter Ulbricht.

Am 13. August 1961 riegelt die DDR die Grenzen zu Westberlin ab. Bau der Berliner Mauer. Proteste des Westens, aber keine weitere Maßnahmen, da man eine erneute Berlinkrise vermeiden wollte. Im offiziellen DDR-Sprachgebrauch nannte man sie Antifaschistischer Schutzwall und Friedengrenze, die die DDR vor „Abwanderung, Unterwanderung, Spionage, Sabotage, Schmuggel, Ausverkauf und Aggression aus dem Westen“ schützen sollte. In Wirklichkeit richteten sich die Abwehranlagen vorwiegend gegen die eigenen Bürger. Zwischen 1949 und 1961 verließen etwa 3 Millionen Menschen die DDR.

Dezember 1962 wird der Intershop gegründet, er darf nur von Ausländern mit konvertierbarer Währung benutzt werden. Am 21. September 1964 stirbt Otto Grotewohl, Nachfolger als Vorsitzender des Ministerrates wird Willi Stoph. Im Februar 1967 verabschiedet die Volkskammer ein Gesetz über die DDR-Staatsbürgerschaft, die die deutsche Staatsbürgerschaft ablöst. Die neue Verfassung der DDR wird im April 1968 angenommen, sie bestimmt die DDR als "sozialistischen Staat deutscher Nation" und schreibt die führende Rolle der SED fest. Am 20./21. August sind NVA-Truppen mit an der Niederschlagung des Prager Frühlings beteiligt.

Anfang der der 1970er kommt es zu einer Annäherung zwischen DDR und BRD, ausgelöst v.a. durch Bundeskanzler Willy Brandt. Dies führt zum Viermächteabkommen für Berlin und den Transitabkommen 1971, Grundlagenvertrag 1973. Im Mai 1971 wird Walter Ulbricht entmachtet, sein Nachfolger als 1. Sekretär der SED wird Erich Honecker. Ulbricht bleibt jedoch bis zu seinen Tod 1973 Staatsratsvorsitzender, dieses Amt geht 1976 an Erich Honecker. Die DDR und die BRD werden 1973 Mitglied der UNO. Ende Juli/Anfang August 1973 finden in Berlin die X. Weltfestspiele der Jugend statt. Im Mai 1974 werden die ständigen Vertretungen der beiden deutschen Staaten in Bonn und Ostberlin errichtet. Als Abschluss der KSZE wird am 1. August 1975 auch von der DDR und der BRD die Schlussakte von Helsinki unterzeichnet. Im November 1976 wird der Liedermacher Wolf Biermann ausgebürgert, das führt zu Protesten in der DDR, Verhaftungen und Hausarrest für Robert Havemann. Am 26. August 1978 startet Sigmund Jähn als erster Deutscher ins All.

1980 wird die DDR für 2 Jahre Mitglied im UNO-Sicherheitsrat. Anfang der 1980er findet die Friedensbewegung in der DDR erstmals eine breite Resonanz. 1983 gestattet der bayrische Minsterpräsident Franz Josef Strauß der DDR einen aufsehenerregenden Milliardenkredit, der ihre Stabilität sichern soll, welche durch finanzielle Schwierigkeiten bedroht ist. Mit Michail Gorbatschow kommt im März 1985 ein relativ junger Mann an die Spitze der Sowjetunion, der mit seinen Ideen von Glasnost und Perestroika den Ostblock total verändern sollte. Dieser Kurs wird von der starren Staats- und Parteiführung in der DDR nicht mitgetragen. 1987 wird die Todesstrafe offiziell abgeschafft, sie ist 1981 das letzte Mal vollstreckt wurden. Im September 1987 kommt es zum ersten Staatsbesuch von Erich Honecker in der BRD. Am 17. Januar 1988 finden auf der Gedenkdemonstration für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Proteste unter der Losung eines Zitats von Rosa Luxemburg ("Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden") statt. Die Sicherheitskräfte verhaften vor laufender Westkamera zahlreiche Demonstranten, in den darauffolgenden Tagen werden zahlreiche Aktivisten der Friedensbewegung verhaftet. Es kommt jedoch in der ganzen DDR zu Solidaritätsveranstaltungen. Im November 1988 kommt es zum Quasi-Verbot der Zeitschrift Sputnik, dies heizt die Stimmung weiter an.

Am 2. Mai 1989 beginnt Ungarn die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. In der Folge versuchen Hunderte von DDR-Bürgern, über Ungarn in den Westen zu gelangen. Gleichzeitig begeben sich viele in die Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Prag und Warschau und der Ständigen Vertretung in Ostberlin, um an westdeutsche Reisepapiere zu gelangen. Letztendlich müssen diese im August/September wegen Überfüllung geschlossen werden. Am 23. August dürfen die Flüchtlinge, in Budapest, am 30. September in Prag und Warschau ausreisen. Diese werden Anfang Oktober mit Sonderzügen über DDR-Gebiet in die Bundesrepublik gefahren. Während der Durchfahrt werden Bahnhöfe abgesperrt, Leute versuchen auf die Züge aufzuspringen. Auf dem Dresdner Hauptbahnhof liefern sich Demonstranten und Sicherheitskräfte schwere Gefechte.

Bei Kommunalwahlen am 7. Mai wird durch Bürgerrechtsgruppen erstmals Wahlbetrug nachgewiesen. Tatsächlich waren alle Wahlen bis dahin gefälscht. Am 6. Juli lehnt Gorbatschow eine Intervention von Sowjet-Truppen gegen mögliche Unruhen ab. Der DDR geht damit ihrer Existenzgarantie verlustig. Am 19. August kommt es infolge des Paneuropäisches Picknick zu einer Massenflucht von DDR-Bürgern nach Österreich. Ende August beginnen in Bayern Vorbereitungen zur Errichtung von Notaufnahmelagern. Seit dem 4. September finden in Leipzig wöchentlich Montagsdemonstrationen nach dem Friedensgebet statt. Im September läßt Ungarn etwa 30000 Ausreisewillige ohne Absprache mit der DDR ausreisen. Mitte September entstehen die ersten Bürgerbewegungen.

Am 7. Oktober 1989 feiert die DDR ihren 40. Jahrestag. Während der Feierlichkeiten mahnt Gorbatschow die Staatsführung "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Am Rande der Feierlichkeiten gibt es im ganzen Land Proteste. Am 9. Oktober hört man auf der Leipziger Montagsdemonstration mit 70000 Teilnehmern erstmals den Slogan "Wir sind das Volk". Am 18. Oktober tritt Erich Honecker von allen Ämtern zurück, sein Nachfolger wird Egon Krenz. Seit dem 3. November dürfen DDR-Bürger ohne Formalitäten über die Tschechoslowakei ausreisen, es kommt zu einer erneuten Ausreisewelle. Am 4. November kommt es auf den Berliner Alexanderplatz mit etwa einer Million Teilnehmern zur größten Demonstration in der Geschichte des Staates und wird vom Fernsehen übertragen. Am 7. November tritt die Regierung zurück und das Politbüro zurück. Am 9. November verliest Günter Schabowski vor laufenden Kameras, dass sofort und unverzüglich Privatreisen nach dem Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen wie Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden könnten. Die Genehmigungen würden kurzfristig erteilt. Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. Tausende eilen an die Grenzen. Ohne Befehl öffnen Grenzsoldaten die Übergänge der Berliner Mauer und der Grenze zur Bundesrepublik. Am darauffolgenden Tag besuchen Millionen von DDR-Bürgern die grenznahen Städte der Bundesrepublik, vor allem West-Berlin. Es kommt zu überschwenglichen Freudenszenen; fremde Menschen umarmen sich, singen, tanzen und jubeln. Bundeskanzler Helmut Kohl spricht am Abend vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin auf einer Kundgebung. Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt prägt dort den Satz "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört". Am 13. November wird Hans Modrow Regierungschef. Bald darauf erklärt Gorbatschow die Wiedervereinigung als innerdeutsche Angelegenheit. Anfang Dezember wird die Führungsrolle der SED aus der Verfassung gestrichen und gegen ehemalige Funktionäre der SED, darunter Erich Honecker, ermittelt. Egon Krenz tritt von allen Ämtern zurück, Nachfolger als Staatsratsvorsitzender wird Manfred Gerlach. Am 7. Dezember kommt es erstmals zu Gesprächen am Runden Tisch mit den ehemaligen Blockparteien und Oppositionsgruppen. Zwei Tage später wird Gregor Gysi Parteivorsitzender der SED/PDS, die später in PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) umbenannt wird.

Im Januar 1990 ändert sich der Ton der immer noch stattfindenden Montagsdemonstrationen von "Wir sind das Volk" zu "Wir sind ein Volk" und "Deutschland einig Vaterland". Am 15. Januar stürmen Demonstranten die Stasizentrale in Ostberlin. Im Februar sprechen Kohl, Gorbatschow und Modrow über die deutsche Einheit. Am 18. März wird die erste Freie Volkskammer gewählt, Die "Allianz für Deutschland" gewinnt und Lothar de Maizière wird am 12. April Ministerpräsident, nachdem am 5. April Sabine Bergmann-Pohl letztes Staatsoberhaupt wurde. Am 1. Juli tritt die Währungs- und Wirtschaftunion zwischen BRD und DDR in Kraft. Mitte Juli wird die Treuhandanstalt für die Abwicklung der VEB-Betriebe gegründet. Ende August wird von beiden deutschen Parlamenten und Regierungen der Einigungsvertrag beschlossen und die Siegermächte stimmen am 12. September in den "Zwei-plus-Vier-Gesprächen" zu. Seit den 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder vereint.


Siehe auch:

Das wiedervereinigte Deutschland seit 1990

Hauptartikel: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Weitere eigenständige Beiträge

Kriege

Weitere eigenständige Beiträge zu den Kriegen, die mit Beteiligung deutscher Staatengebilde geführt wurden, sind hier aufgelistet:

Politik

Geschichte früherer und heutiger deutscher Gliedstaaten

Geschichte deutscher Städte

Siehe auch:

Literatur

  • Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, 9. Aufl., 4 Bde. (auch als Taschenbuchausgabe in 22 Bde.), Stuttgart 1970 ff. (10. Aufl. im Entstehen begriffen).