Friedrich I. (HRR) und Isländischer Zwiegesang: Unterschied zwischen den Seiten
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[[Bild:1188_friedrich-barbarossa-als-kreuzfahrer-miniatur_1-591x800.jpg|thumb|right|280px|Friedrich I. Barbarossa]] |
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'''Friedrich I.''', genannt '''''Barbarossa''''' (* [[1122]] in [[Waiblingen]]?, † [[10. Juni]] [[1190]] im Fluss [[Saleph]] (heute [[Göksu]]), [[Anatolien]]) aus dem Haus der [[Staufer]], war seit [[1146]] unter dem Namen Friedrich III. [[Herzog]] von [[Schwaben (Herzogtum)|Schwaben]]. Seit [[1152]] war er römisch-deutscher [[König]] (''[[rex Romanorum]]'') und seit [[1155]] [[römisch-deutscher Kaiser|Kaiser]] des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]]. |
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'''[[Wikipedia:Löschkandidaten/4._Juni_2005#{{PAGENAME}}|Diskussion über den Löschantrag]]'''<br /> |
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Hier der konkrete Grund, warum dieser Artikel nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen soll: ''Zusammenhang zum Titel?'' -- [[Benutzer:Lenny222|Lenny222]] 11:53, 4. Jun 2005 (CEST) |
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Isländische Zwiegesänge (Tvisöngur,Tvisöngvar). |
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Seinen Beinamen ''Barbarossa'' erhielt er in Italien wegen seines rötlich schimmernden Bartes. |
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Der isländische Zwiegesang ist die einzige lebendig überlieferte Form einer improvisierten volkstümlichen Mehrstimmigkeit in Europa,welche auf dem Prinzip der Stimmführung in parallelen Quinten beruht.Die wichtigste Sammlung und schriftliche Aufzeichnung der Gesänge stammt von dem isländischen Pfarrer Bjarni Thorsteisson (1906-1909).Eine Strukturanalyse der Zwiegesänge zeigt,daß den Zwiegesängen eine Halbtonpentatonik (ditonische bzw.hemitonische Pentatonik)zugrunde liegt.Die Bedeutung dieser mehrstimmigen Gesänge für die Frage nach dem Ursprung der Mehrstimmigkeit in Europa ist nicht hoch genug einzuschätzen.Daß sich Mehrstimmigkeit aus solch einfallslosen Konstrukten wie dem kirchlichen Organum entwickelt haben soll, ist nach einer intensiven Beschäftigung mit den isländischen Beispielen sehr unwahrscheinlich.Eine ausführliche Analyse der Zwiegesänge ist unter www.annewanter.de zu finden. |
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== Biografie == |
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=== Herzog von Schwaben === |
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Als Sohn [[Friedrich II. (Schwaben)|Friedrichs II.]], des Einäugigen, von [[Staufer|Hohenstaufen]], Herzog von Schwaben, und der [[Welfen|Welfin]] Judith, Tochter [[Heinrich der Schwarze|Heinrichs des Schwarzen]] von Bayern, stammte Friedrich von den beiden verfeindeten, im Heiligen Römischen Reich dominierenden Adelsgeschlechtern seiner Zeit ab. Nach dem Tod seines Vaters [[1147]] wurde er als Friedrich III. dessen Nachfolger als Herzog von Schwaben. Er scheint die Konzentration seines Vaters auf die staufische Hausmachtpolitik fortgesetzt zu haben, während sich sein Onkel [[Konrad III. (HRR)|Konrad III.]] als deutscher König vor allem um die Steigerung der Königsmacht bemühte. In den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Konrad und den Welfen scheint Friedrich eine neutrale Stellung eingenommen zu haben oder sogar ein Vorgehen Konrads gegen die Welfen behindert zu haben. |
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=== Die ersten Jahre - Programmatik und Konflikte === |
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==== Die Wahl zum König ==== |
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Weil der Sohn Konrads III., [[Friedrich von Rothenburg]], noch minderjährig war, wurde Friedrich Barbarossa zum Nachfolger bestimmt. Ob dies auf Wunsch Konrads geschah, oder ob Friedrich I. seinen Namensvetter bei der Thronnachfolge ausmanövrierte, ist unklar. Es gibt Berichte von Treffen zwischen Friedrich und Großen des Reiches während der Thron[[vakanz]]. Vermutlich hat Friedrich während dieser Gespräche verschiedenen Fürsten Ämter und Ländereien versprochen und sie so zur Unterstützung seiner Thronansprüche bewegt. Unter anderem erhielt [[Welf VI.]] nach Friedrichs Herrschaftsantritt verschiedenen Herrschaftstitel in Italien. [[Berthold IV. (Zähringen)|Berthold IV.]] von Zähringen wurde die Vertretung des Königs in Burgund bestätigt und Zusagen für Rechte im [[Département Jura|Jura]]. Zudem dürften die Fürsten in Friedrich einen Kandidaten gesehen haben, der durch seine Verwandtschaft mit beiden Häusern den Konflikt zwischen Staufern und Welfen beilegen würde. |
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Am [[4. März]] [[1152]] wurde er in [[Frankfurt am Main]] zum römisch-deutschen König gewählt und vom Kölner Erzbischof [[Arnold II. von Wied]] am [[9. März]] in der [[Pfalzkapelle]] in [[Aachen]] gekrönt. Aus der von [[Wibald von Stablo|Wibald]], Abt von [[Stablo]]-[[Malmedy]] und [[Corvey]], verfassten Wahlanzeige an [[Papst]] [[Eugen III. (Papst)|Eugen III.]] geht die Programmatik Barbarossas hervor: Oberstes Prinzip war die Wiederherstellung der Privilegien der Kirche und der Erhabenheit des Reiches (honor imperii und sacrum imperium). Dabei handelte es sich allerdings nicht um einen neuen Gedanken. Passagen der Wahlanzeige finden sich nahezu gleichlautend auch in Diplomen Konrads III. und in einem päpstlichen Mahnschreiben vom Januar 1152. |
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==== Erste Schritte in der Reichspolitik ==== |
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Zunächst konzentrierte Friedrich sich auf die Befriedung des Reiches und stellte die Bewerbung um die Kaiserkrone zurück. Der erste [[Reichstag (HRR)|Reichstag]] wurde im Juni 1152 während des [[Königsumritt]]s nach [[Merseburg]] einberufen. Auf ihm wurde der Konflikt zwischen dem Bremer [[Erzbischof]] [[Hartwich]] und [[Heinrich der Löwe|Heinrich dem Löwen]] verhandelt, bei dem es um das Recht zur Bistumsgründung an der Ostseeküste ging. Erst auf dem Hoftag von [[Goslar]] [[1154]] wurde endgültig vereinbart, dass Heinrich in seinem Herrschaftsbereich Bistümer einrichten durfte. In Merseburg entschied Barbarossa auch den [[Dänemark|dänischen]] Thronfolgestreit zu Gunsten [[Sven III. (Dänemark)|Svens III.]] und gegen Knut, der mit den Welfen verbündet war. Das bedeutendste Problem der Reichpolitik, der Konflikt zwischen Heinrich dem Löwen und [[Heinrich Jasomirgott]] um das [[Herzogtum Bayern]], wurde zwar angesprochen, aber noch nicht gelöst. Dadurch wurde die Expansion der Welfen in den norddeutschen Raum umgeleitet. |
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Auf Merseburg folgte [[Regensburg]] als nächste größere Station des Umritts. Dort empfing Friedrich die [[Huldigung]] des bayerischen Adels und rief zu einem Feldzug gegen [[Ungarn]] auf, zu dem die Fürsten ihm aber die Gefolgschaft verweigerten und ihn so verhinderten. Vermutlich wollte der König durch diesen Feldzug die [[Babenberger]] in ihrem Kampf gegen die Welfen in Bayern entlasten. |
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==== Vorbereitung auf die Kaiserkrönung ==== |
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Im Oktober 1152 setzte Barbarossa auf dem Reichstag in [[Würzburg]] den Herbst [[1154]] als Termin für seine Romfahrt fest. Die Wahl eines so späten Termins wird meist damit erklärt, dass Barbarossa zuvor den Streit um die bayerische Herzogswürde zwischen Babenbergern und Welfen klären wollte. Nach der Bekanntgabe des Termins für die Romfahrt begannen Verhandlungen zwischen Barbarossa und der römischen [[Kurie]], um die Bedingungen für die Kaiserkrönung festzulegen. Ergebnis war der [[Vertrag von Konstanz]], so benannt nach dem Ort seiner Beeidung durch Friedrich im März 1153. In ihm versprach Barbarossa, Rom zu unterwerfen, es der Herrschaft des Papstes zu übergeben und ohne päpstliche Zustimmung keinen Frieden mit Römern oder Normannen zu schließen, für den Papst die Herrschaft über die römische Kirche zu sichern und wieder herzustellen sowie byzantinischen Besitzansprüchen in Italien entgegen zu treten. Im Gegenzug versprach der Papst, Friedrich zum Kaiser zu krönen und ihn bei der Herrschaftsausübung zu unterstützen, den Bann gegen Umstürzler im Reich zu verhängen und sich an der Vertreibung der Byzantiner aus Italien zu beteiligen. Hintergrund für diese Vereinbarungen war der drohende Erbfall der normannischen Territorien in Süditalien an Byzanz, der den Byzantienern eine territoriale Basis in Italien verschafft hätte. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen erreichte Friedrich I. darüber hinaus, dass der Papst den Erzbischof von [[Mainz]] sowie die Bischöfe von [[Minden]], [[Hildesheim]] und [[Eichstätt]], die der welfischen Seite nahe standen, gegen ihm genehme Amtsinhaber austauschte. |
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Im September 1153 nahm Barbarossa trotz der Bedingungen des Konstanzer Vertrags die seit dem Tod Konrads III. ruhenden Bündnisverhandlungen mit [[Byzantinisches Reich|Byzanz]] wieder auf. Der König bot an, eine byzantinische Prinzessin zu heiraten. Bald gerieten die Verhandlungen ins Stocken. Am 9. Mai 1154 reiste [[Anselm von Havelberg]] nach Byzanz ab, um ein mögliches Bündnis zu retten. Allerdings kehrte er frühestens Mitte 1155 zurück, so dass das Verhältnis zu Byzanz noch ungeklärt war, als Barbarossa sich auf den Weg nach Rom machte. |
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Im Juni 1154 berief Friedrich I. einen Reichstag nach [[Goslar]]. Heinrich der Löwe erhielt während dieser Versammlung das Investiturrecht für Bischöfe in seinen Territorien an der Ostsee, auch in der Frage des Herzogtums Bayern sprach sich Barbarossa für Heinrich aus, ohne den Konflikt allerdings endgültig zu lösen. |
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==== Die erste Romfahrt ==== |
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Im Oktober 1154 setzte sich das Heer zur Romfahrt in Bewegung. Inzwischen hatte sich die Lage in Süditalien aber geändert. [[Roger II. (Sizilien)|Roger II.]] war im Februar gestorben. Sein Sohn [[Wilhelm I. (Sizilien)|Wilhelm I.]] wurde vom neuen Papst [[Hadrian IV. (Papst)|Hadrian IV.]] nicht anerkannt, bemühte sich aber dennoch um Verhandlungen mit der [[Kurie]]. Hadrian wiederum fürchtete eine byzantinische Invasion in Italien und wies Friedrich I. mit Nachdruck auf den Konstanzer Vertrag hin. Darüber hinaus befand sich Hadrian im verschärften Konflikt mit dem Senat der Stadt [[Rom]]. Friedrich und Hadrian trafen erstmals in [[Sutri]] zusammen, wo sich der deutsche König allerdings weigerte, dem Papst den traditionellen [[Strator]]dienst zu erweisen, also sein Pferd am Zügel zu führen. Dieser Konflikt scheint aber schnell beigelegt worden zu sein. Auf dem gemeinsamen Weg nach Rom trafen König und Papst auf eine Abordnung des Senats, der die Anerkennung der erneut aufgestellten städtischen Verfassung sowie die Zahlung von 5000 Pfund Gold forderte und zudem die Ansicht vertrat, dass der Kaiser seine Krone von der Stadt Rom empfange. Diese Forderungen wies der Kaiser entschieden zurück. Daraufhin verschloss die eigentliche Stadt Rom, die außerhalb des Vatikans lag, ihre Tore vor König und Papst. |
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Am [[18. Juni]] [[1155]] krönte [[Hadrian IV. (Papst)|Hadrian IV.]] Barbarossa im [[Petersdom]] zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Direkt nach der Krönung kam es zu einem Aufstand der stadtrömischen Bevölkerung, die den Papst gefangen setzen wollte. Bis in die Nacht kämpften kaiserliche und päpstliche Truppen gegen die Römer. Nachdem Ruhe eingekehrt war, ging Barbarossa, entgegen dem Konstanzer Vertrag, nicht gegen die Stadtbevölkerung vor und stellte auch die Herrschaft des Papstes über die Stadt nicht wieder her. Ein Zug gegen die Normannen auf Sizilien blieb ebenfalls aus. Zwar hatten auch byzantinische Gesandte, mit denen Barbarossa kurz nach der Krönung in [[Ancona]] über Heirats- und Bündnispläne verhandelte, dies gefordert. Die Fürsten im Gefolge des Kaisers weigerten sich jedoch, an einem Feldzug teilzunehmen. Auch die weiteren Gespräche mit den Byzantinern scheinen erfolglos geblieben zu sein, denn der oströmische Kaiser nahm mit den Aufständischen in Apulien Kontakt auf und bemühte sich nicht mehr um weitere Verhandlungen mit Friedrich I. |
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Durch den Bruch des Konstanzer Vertrags kam es zu einer Entfremdung zwischen Papsttum und Kaisertum, die zu einem Anlass für die folgenden Auseinandersetzungen wurde. Zudem verschlechterten sich aus Friedrichs Sicht auch die äußeren Bedingungen in Italien. Mit byzantinischer Hilfe griff der apulische Aufstand immer weiter um sich. Die Normannen schlugen sich erfolgreich gegen die Byzantiner und nahmen ihnen das kurz zuvor eroberte [[Brindisi]] wieder ab. Angesichts dieser Entwicklung schloss Hadrian IV. 1156 den [[Vertrag von Benevent]] mit den Normannen. In den folgenden Jahren bewährten sich die Normannen als weltliche Schutzmacht des Papstes, vor allem im Konflikt mit der Stadt Rom, und stellten so die Position des Kaisers in Frage. Damit stellte der Vertrag von Benevent einen wichtigen Schritt im Loslösungsprozess kaiserlicher und päpstlicher Herrschaft voneinander dar. |
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==== Weitere Entwicklung und strukturelle Veränderungen im Reich ==== |
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Nach der Vorentscheidung in Sachen der bayerischen Herzogswürde zu Gunsten [[Heinrich der Löwe|Heinrichs des Löwen]] in Goslar begann Friedrich im September 1155 mit [[Heinrich Jasomirgott]] über eine Entschädigung für den Verlust Bayerns zu verhandeln. Als es zu keiner Einigung kam, ließ Barbarossa im Oktober in Regensburg die bayerischen Großen eine Treueid auf Heinrich den Löwen schwören. Formell blieb das Herzogtum noch bis zum 8. September 1156 in Babenberger Hand. Als Heinrich Jasomirgott auch dann die Herrschaft nicht aufgeben wollte, scheint um das Pfingstfest 1156 herum ein Kompromiss ausgehandelt worden zu sein, der im September im [[Privilegium minus]] festgeschrieben wurde: Die Babenberger behielten die Herzogswürde, mussten sich aber auf die ehemalige Markgrafschaft [[Österreich]] beschränken, während die Welfen das restliche Bayern erhielten. Damit wurde der Grundstein für die Entwicklung Österreichs als eigenständiges Territorium gelegt. |
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Am 17. Juni 1156 heiratete Friedrich I. die minderjährige [[Beatrix von Burgund]], nachdem seine kinderlose Ehe mit Adelheid (Adela) von [[Vohburg]] drei Jahre zuvor anulliert worden war. Mit Beatrix hatte er zehn Kinder und erhielt dazu wichtige Besitzungen im Königreich [[Burgund]], was er mit seiner Krönung zum König von Burgund [[1178]] verdeutlichte. Dennoch blieb der Einfluss des Kaisers in dieser Region eher gering. Allerdings ermöglichten die burgundischen Besitzungen einen leichteren Alpenübergang im Westen. |
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In einem Prozess, der parallel zu seinen Aktivitäten in Italien ablief, veränderte Barbarossa die Herrschaftsstrukturen im gesamten Reich. So wurde mit dem [[Fodrum]] erstmals eine regelmäßige Reichssteuer erhoben. Zusammen mit den Zahlungen der italienischen Städte gab diese Entwicklung der stärker werdenden [[Geldwirtschaft]] einen bedeutenden Schub. Auch die Heeresstruktur wandelte sich. Neben die durch ihren Lehnseid verpflichteten adligen Kämpfer traten zunehmend [[Söldner]]. |
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Die königliche Territorialmacht stärkte Barbarossa vor allem durch die Ausdehnung des [[Reichsgut]]s in [[Thüringen]] und durch die Gründung der Städte [[Pegau]] und [[Chemnitz]]. |
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=== Die Italienpolitik Friedrichs I. === |
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==== Verschärfter Konflikt mit dem Papsttum ==== |
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[[Bild:Friedrich-barbarossa-und-soehne-welfenchronik_1-1000x1540.jpg|thumb|left|280px|Friedrich Barbarossa und seine Söhne - Miniatur aus der Welfenchronik]] |
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Der erste Zug nach [[Italien]] 1154/55 sollte nicht nur dazu dienen, die Kaiserkrone zu erlangen, sondern verfolgte wie die fünf darauf folgenden Züge auch die Absicht, die unumstrittene Herrschaft über Reichsitalien, insbesondere über die [[Lombardei|lombardischen Städte]], zu sichern. Ziel war es, den '''honor imperii''' zu wahren, was stark verkürzt ausgedrückt die Herrschaftsrechte des Kaisers bedeutete. Dazu passt auch, dass der Begriff ''[[Sacrum Imperium]]'' (geheiligtes Reich) [[1157]] in der staufischen Kanzlei geboren wurde. |
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Vor dem eigentlichen Zug ging es für Friedrich zunächst darum, Verbündete zu sammeln. So bemühte er sich um eine Verbesserung des Verhältnisses zu den nach Österreich zurückgedrängten Babenbergern, indem er im Sommer 1157 durch einen Feldzug versuchte, den mit ihnen verschwägerten [[Wladislaw II. (Polen)|Wladislaw II.]] auf den polnischen Herzogsthron zurück zu führen, was aber misslang. Im Januar 1158 erhob er Herzog [[Vladislav II.]] von [[Böhmen]], ebenfalls mit den Babenbergern verwandt, zum König. Das Wohlwollen des Erzbischofs von [[Erzbistum Bremen|Bremen]] sicherte sich Barbarossa, indem er zu seinen Gunsten gegen das vom Papst beförderte und in Konkurrenz zu Bremen stehende Erbistum [[Lund]] vorging und Erzbischof [[Eskil]] gefangen setzen ließ. Gleichzeitig versuchte er damit Einfluss auf den dänischen Erbfolgestreit zu nehmen. |
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Für Oktober [[1157]] berief Barbarossa einen [[Reichstag (HRR)|Reichstag]] nach [[Besançon]] ein, vor allem um seinen Herrschaftsanspruch in Burgund zu unterstreichen. Dort forderten zwei päpstliche Legaten die Freilassung Eskils. Zu einem Eklat führte eine eher beiläufige Bemerkung in dem entsprechenen Brief Hadrians IV., in der das Kaisertum als ''beneficium'' bezeichnet wurde. Dies konnte mit [[Lehen]] oder Wohltat übersetzt werden, und [[Rainald von Dassel]], seit [[1156]] ''Reichskanzler'' und einer der engsten Vertrauten Friedrichs, übersetzte es mit Lehen, wobei allerdings auch die anwesenden päpstlichen Gesandten keinen Einspruch erhoben. Als darauf das Gepäck der Legaten durchsucht wurde, fanden sich zahlreiche vorgefertigten Privilegien an das deutsche [[Episkopat]], mit deren Ausstellung offenbar die Kirchenhoheit des Kaisers zu Gunsten des Papstes unterlaufen werden sollte. Diese beiden Provokationen des Papstes wurden darauf zu Angriffspunkten einer Propagandakampagen, in der Friedrich die Unterstützung eines Großteils des deutschen Episkopats gewann. Die deutschen Bischöfe untersagten dem gesamten Klerus die [[Appellation]] an die römische Kurie. Damit sollte der Einfluss des Papstes beschnitten werden, was sowohl dem König, als auch den Bischöfen in ihren Bestrebungen nach Unabhängigkeit von Rom entgegen kam. Am Ausgreifen der anti-päpstlichen Stimmung änderte auch eine Erklärung Papst Hadrians IV. im Juni 1158 nichts, dass er nicht Lehen, sondern Wohltat gemeint habe (''Beneficium: non feudum, sed bonum factum''). Ebensowenig konnte der Papst durch eine Kontaktaufnahme mit Heinrich dem Löwen den Italienzug verhindern. |
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==== Der zweite Italienzug ==== |
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Im September 1158 schlug das Heer Friedrichs I. [[Mailand]], im November berief er auf den [[Ronkalische Felder|Ronkalischen Feldern]] einen Reichstag ein, der die Verwaltung Italiens regeln sollte. Der Kaiser ließ eine Kommission aus Rechtsgelehrten der [[Universität]] [[Bologna]] (die für ihre Juristen berühmt war) die so genannten [[Ronkalische Gesetze|Ronkalischen Gesetze]] ausarbeiten. Dabei wurde größtenteils das [[römisches Recht|römische Recht]] als vorlage verwendet und dem Kaiserrecht Vorrang vor dem [[ius commune]] gegeben. Die Kommunen mussten sich danach ihre [[Regalien]] vom Kaiser bestätigen lassen, was Anlass für die spätere Empörung mehrerer Städte war. Der Reichstag gilt als Beginn einer durchstrukturierten Italienpolitik Barbarossas. |
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Auf dem Reichstag und in der darauf folgenden Winterpause prallten die Staatsvorstellungen von Kaiser und Papst aufeinander: Nachdem Friedrich die Verwaltungsstruktur auch auf die vom Papst beanspruchten Territorien Italiens, insbesondere auf verschiedene Bistümer und die [[Mathildische Güter|Mathildischen Güter]], ausgedehnt und Verhandlungen mit der Stadt Rom aufgenommen hatte, erschien im Frühjahr 1159 eine päpstliche Delegation am Hof, um eine Rücknahme dieser Regelungen einzufordern. Barbarossa lehnte mit der Begründung ab, dass die Bischöfe nicht über eigene Territorien verfügten, sondern sich ihre Pfalzen auf Grund und Boden des Reiches befänden, über den er als Kaiser die Hoheit besitze. Gleichzeitig nahm der Papst Verhandlungen mit Mailand auf, das erneut einen Feldzug gegen den Kaiser vorbereitete, während Barabarossa parallel zur päpstlichen Gesandtschaft eine Abordnung der Stadt Rom empfing. |
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==== Das Schisma ==== |
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Zu Hadrian schickte Friedrich [[Pfalzgraf]] [[Otto I. (Herzog von Bayern)|Otto von Wittelsbach]]. Bevor dieser aber in Rom aktiv werden konnte, starb Hadrian IV. am 1. September 1159. Die Wahlversammlung der [[Kardinal|Kardinäle]] war gespalten, so dass nach der Wahl Roland Bandinelli als [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] für die "italienische" und [[Viktor IV. (Oktavian) (Gegenpapst)|Viktor IV.]] für die kaiserliche Seite das Papstamt beanspruchten. Alexander wurde von den meisten Kardinälen unterstützt, während Viktor vom römischen Volk zum Papst ausgerufen worden war. Friedrich berief [[1160]] ein [[Konzil]] nach [[Pavia]] ein, um die Papstfrage zu klären. Diese Aktion verlief im Rahmen der von Friedrich formulierten ''Kaiseridee'', die teils an [[spätantike]]s Rechtsgut, stärker aber noch an die Tradition der salischen Kaiser anzuknüpfen versuchte, wonach der Kaiser Vogt der Kirche war und strittige Papstwahlen zu entscheiden hatte. Allerdings war zu dieser Zeit das Recht des Kaisers zur Einberufung eines Konzils bereits umstritten. Gleichzeitig schickte Alexander Schreiben in die gesamte vom Christentum erfasste Welt, um für seinen Anspruch auf das Amt zu werben. Im Februar 1160 trat das Konzil im Dom von Pavia zusammen. Unterstützer Alexanders waren allerdings nicht zugelassen, so dass Viktor erwartungsgemäß bestätigt wurde. Insgesamt wurde der Beschluss in der westlichen Welt wegen der geringen Teilnehmerzahl kaum beachtet. Vor allem der italienische und der französische Klerus, aber auch ein Teil des deutschen erkannte das Konzil und damit Viktor nicht an. |
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Das [[Schisma]] wirkte sich auch außerhalb des Reichs aus, vor allem in England und Frankreich. Noch 1159 lud Friedrich [[Heinrich II. (England)]] und [[Ludwig VII. (Frankreich)]] zur gemeinsamen Lösung der Papstfrage ein, wobei er die Anerkennung Viktors durchzusetzen versuchte. Diese Versuche scheiterten, als beide Könige offizielle Alexander anerkannten. |
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Unterdessen gingen die militärischen Auseinandersetzungen in Italien weiter. Nachdem Mailand im März 1162 erneut kapituliert hatte und zerstört worden war, stand Friedrich auf dem Höhepunkt seiner militärischen Macht in Italien. Aus dieser günstigen Lage heraus plante er einen Feldzug nach Sizilien, um einen dortigen Adelsaufstand auszunutzen. Im Juni wurden die Vorbereitungen jedoch abgebrochen, nachdem der normannische König die Adligen besiegt hatten und Kämpfe zwischen [[Pisa]] und [[Genua]] die benötigte Flotte banden. |
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Nun zielte Friedrich mit seinen diplomatischen Bemühungen verstärkt auf Frankreich. Ziel waren ein Freundschaftsvertrag und weiterhin die Anerkennung Viktors gegen den nach Frankreich geflohenen Alexander. Man vereinbarte für August 1162 ein Treffen zwischen Kaiser, König und beiden Päpsten auf der Brücke über die [[Saône]] in [[Saint-Jean de Losne]]. Sollte ein Papst nicht anwesend sein, würde der andere als rechtmäßiger Amtinhaber anerkannt werden. Alexander weigerte sich, an dem Treffen teilzunehmen, worauf Ludwig VII. einen Aufschub erbat. Friedrich berief ein Konzil zum Ort des geplanten Treffens ein, worauf Ludwig sich als von seinen Zusagen entbunden ansah. Auf dem Konzil setzte sich Friedrich mit seiner Parteinahme für Viktor IV. nicht durch. Es gilt als eine der größten politischen Niederlagen Barbarossas. |
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Als Viktor IV. im April 1164 starb, schien das Schisma zunächst beendet zu sein. [[Rainald von Dassel]] ließ jedoch bereits zwei Tage später ohne das Wissen Friedrichs I. in [[Lucca]] den Kardinal Wido von Crema unter dem Namen [[Paschalis II. (Papst)|Paschalis II.]] zum Papst wählen. Dieser Schritt rief massiven Widerstand hervor, vor allem in Oberitalien durch den neu gegründeten [[Veroneser Bund]], aber zunehmend aber auch in Deutschland. Zahlreiche deutsche Bischöfe und Gesitliche, insbesondere in Burgund, erkannten Alexander III. an. Auch weltliche Herrscher wandten sich Alexanders Partei zu. Der wichtigste unter ihnen war [[Rudolf von Zähringen]], der bereits 1162 ein Bündnis mit Ludwig VII. geschlossen hatte. Grund war die Tatsache, dass seinem Bruder [[Berthold IV.]] umfangreiche Rechte in Burgund entzogen und ihm die Ernennung zum Mainzer Erzbischof verweigert worden war. |
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Auf die zunehmend kritische Lage reagierte Friedrich I. mit verstärkten diplomatischen Bemühungen. Im Zentrum stand dabei ein Kreuzzug zur Befreiung [[Jerusalem]]s, gemeinsam mit dem französischen und dem englischen König. Dadurch sollte der Graben zwischen den christlichen Königreichen geschlossen und zugleich das Verhältnis zu Alexander entspannt werden. Rainald von Dassel reiste nach Ostern 1165 an den englischen Hof in [[Rouen]] und handelte dort die Verheiratung zweier Töchter [[Heinrich II. (England)|Heinrichs II.]] mit einem Sohn Barbarossas und Heinrich dem Löwen aus. Der weitere Verlauf der Verhandungen entwickelte sich aber unerwartet: Rainald reiste weiter auf die britischen Inseln und überzeugte Heinrich II. dort, Alexander abzuschwören und Paschalis II. anzuerkennten. Grund für dieses Umschwenken war der Streit Heinrichs mit [[Thomas Becket]]. |
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Direkt nach seiner Englandreise erreichte Rainald auf einer Reichsversammlung in Würzburg die Ablegung der ''Würzburger Eide'': Friedrich und zahlreiche Fürsten und Bischöfe, aber keineswegs alle, schworen, niemals Alexander III. oder seinen eventuellen Nachfolger als Papst anzuerkennen. Hintergrund war das erhoffte gemeinsame Vorgehen gegen den Papst mit England. Im Rahmen der Versammlung setzte Barbarossa den Mainzer Erzbischof Konrad ab. Anschließend versuchte er in der Region um [[Salzburg]], in der Alexander Rückhalt hatte, seine Position durchzusetzen. |
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Parallel zur politischen Auseinandersetzung versuchte Barbarossa dem deutschen Reichsteil zusätzliches theologisches Format zu verleihen. 1164 wurden die Gebeine der [[Heilige Drei Könige|Heiligen Drei Könige]] nach [[Köln]] überführt. Weihnachten 1165 wurde [[Karl der Große]] in [[Aachen]] heilig gesprochen, um so durch einen Reichsheiligen eine bessere Legitimationsbasis zu erhalten, zumal Karl auch in der Kaiseridee Friedrichs eine wichtige Rolle spielte. Allerdings kam diesem Akt außerhalb des Reiches wenig Bedeutung zu. |
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Indessen entfalteten die Würzburger Eide kaum Wirkung. Auch Heinrich II. von England ging nicht aktiv gegen Alexander vor, zumal er nach der Ermordung Thomas Beckets (für die Heinrich wenigstens teilweise verantwortlich gemacht wurde) dringend auf die Unterstützung Alexanders III. angewiesen war, der mehrheitlich vom englischen Episkopat unterstützt worden war. |
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Im Mai 1166 starb [[Wilhelm I. (Sizilien)|Wilhelm I.]] von Sizilien. Die Nachfolgekämpfe machten die [[Normannen]] weitgehend handlungsunfähig, so dass [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] nicht auf ihre Hilfe rechnen konnte. Diese Lage nutzte Friedrich und startete zu seinem vierten Italienzug. Rainald von Dassel und Erzbischof Christian von Mainz zogen mit einem Heer im Westen der italienischen Halbinsel gegen Rom, während Barbarossa Ancona belagerte, schließlich einnahm und bis nach Apulien vordrang. Danach wendete er sich ebenfalls Rom zu, das er im Juli 1167 eroberte. Paschalis krönte die Kaiserin im [[Petersdom]], Alexander III. floh als Pilger verkleidet nach [[Benevent]]. In dieser Lage brach im Heer eine heftige Seuche (vermutlich [[Malaria]]) aus. Friedrich konnte nur Reste der Streitmacht nach Deutschland zurückführen. |
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Die norditalienischen Städte nutzten die Niederlage des Kaisers aus. Schon 1167 hatten sie sich zum papsttreuen [[Lombardenbund]] zusammengeschlossen, der nun massiv von Byzanz und den Normannen bezuschusst wurde. |
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In Deutschland hatte die Niederlage von 1167 zur Folge, dass Barbarossa zahlreiche Territorien von Gefallenen selbst übernahm, insbesondere in [[Oberschwaben]]. So entstand ein staufischer bzw. königlicher Territorialgürtel zwischen den welfischen und den zähringischen Gebieten. Durch die Übernahme der dortigen Pfalzgrafschaft durch eine staufische Seitenlinie, das Ausspielen der Erzbistümer Trier und Mainz gegeneinander sowie den geschickten Einsatz der Königsgüter in der Region hatte Berbarossa zuvor bereits im Mittelrhein-Mosel-Gebiet und in den angrenzenden hessischen Regionen seinen Einfluss vergrößert. Ein weiterer reichspolitischer Schritt dieser Zeit war die Erteilung der [[Goldene Freiheit|Goldenen Freiheit]] für das [[Bistum Würzburg]] von 1168, in der der Bischof mit herzöglicher Gewalt ausgestattet, sein Territorium jedoch nicht in ein Herzogtum umgewandelt wurde. |
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==== Ausgleich mit dem Papst und den Kommunen ==== |
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In dieser Situation verstärkte Friedrich die Verhandlungen mit Alexander III. Dennoch wurde nach dem Tod Paschalis' III. im Herbst 1168 mit [[Calixt III. (Gegenpapst)|Calixt III.]] erneut ein Gegenpapst gewählt. Gleichzeitig bereitete sich Barbarossa auf eine Einigung mit Alexander vor: Zu Pfingsten 1169 wurde sein zweitgeborenen Sohn [[Heinrich VI. (HRR)|Heinrich]] in einem Wahlakt als Nachfolger im Amt des deutschen Königs bestimmt. Vermutlich sollte er Alexander anerkennen, während Friedrich auf seiner ablehnenden Position verharrte, um so bei einem Thronwechsel eine Einigung zu erreichen. Zusätzlich versuchte Friedrich, den französischen und englischen Hof als Unterhändler zwischen ihm und dem Papst zu gewinnen. |
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Allerdings verfolgte Bararossa nicht nur eine Entspannungspolitik, sondern setzte weiterhin auch auf Konfrontation. Mit einer im März 1172 erhobenen Klage warf er dem Lombardenbund und Anhängern Alexanders vor, das römische Kaisertum auf Byzanz übertragen zu wollen. Dies nutzte er als Anlass für den fünften Italienzug, der 1174 nicht gegen Rom, sondern ausschließlich gegen die oberitalienischen Städte gerichtet war. Allerdings reichte das kaiserliche Heer nicht aus, um wirksame militärische Erfolge zu erzielen. Eine Belagerung [[Alessandria]]s blieb erfolglos. 1175 gab es Friedensverhandlungen in [[Montebello (Italien)|Montebello]], die mit einem Friedensschluss zwischen Kaiser und Lombardenbund endeten. Die Städte unterwarfen sich zwar formal, Entscheidungen wurden aber von einer paritätischen Schiedskommission getroffen. Die Einigung war jedoch nicht von Dauer, denn Barbarossa verlangte die Zerstörung Alessandrias und die Städte forderten, dass der Papst in die Verhandlungen einbezogen würde. |
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Im Herbst 1175 forderte Friedrich frische Truppen aus Deutschland an. Vor allem Heinrich der Löwe als mächtigster Fürst und Herrscher über das nahe gelegene Bayern weigerte sich aber, diese zu schicken. Er hatte in [[Chiavenna]] zur Bedingung gemacht, dass ihm [[Goslar]] mit dessen ergiebigen Silberminen überlassen werden sollte. In der [[Schlacht von Legano]] am [[29. Mai]] [[1176]] unterlag der Kaiser schließlich. Er musste Frieden mit den Städten schließen und ihrer de facto Autonomie zustimmen. |
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Nach [[Zisterzienser|zisterziensischer]] Vermittlung schickte Barbarossa im Herbst 1176 eine Gesandtschaft zu Alexander III., die in [[Angani]] einen Sonderfrieden aushandeln sollte. Der Papst wollte jedoch nur einem Abkommen zwischen allen Beteiligten schließen, der neben dem Lombardenbund auch die übrigen italienischen Städte, Sizilien und Byzanz umfassen sollte. Zumindest die Forderung nach der Einbeziehung Byzanz' ließ die Kurie jedoch schnell wieder fallen, nachdem [[Manuel I. (Byzanz)|Manuel I.]] 1176 eine Niederlage gegen die Moslems erlitten hatte und dadurch zu geschwächt war, um für Alexander von Nutzen sein zu können. Am Ende der Verhandlungen stand dennoch die gegenseitige Anerkennung von Papst und Kaiser, also die Rücknahme der Würzburger Eide sowie der Bannung Barbarossas. Der Kaiser sagte einen Rückzug aus dem vom Papst beanspruchten Territorium sowie die Rückgabe der Mathildischen Güter zu. Alexander III. sagte zu, dass von Schismatikern erteilte [[Ordination]]en Gültigkeit behalten sollten. |
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Diese Vereinbarungen umfassten allerdings weder die Städte noch Sizilien. Mit diesen Parteien wurde in [[Chioggia]] weiter verhandelt. In diesen Verhandlungen gelang es Barbarossa, den Papst zur Aufgabe einiger seiner Territorialforderungen aus dem Abkommen von Angani zu bewegen. So sollte der Kaiser für die Mathildischen Güter 15 Jahre lang das Nutzungsrecht behalten und die Frage, ob ein Territorium zum päpstlichen Besitz gehörte, sollte von Fall zu Fall von einer Schiedsrichterinstanz geregelt werden. Im Gegenzug sagte Friedrich I. dem Lombardenbund einen sechs und [[Wilhelm II. (Sizilien)|Wilhelm II.]] von Sizilien 15 Jahre dauernden Frieden zu. In [[Venedig]] trafen sich Kaiser und Papst 1177 persönlich, um das Abkommen zu beeiden. |
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Staatstrechtlich bedeutete der Friedensschluss, dass die Ternnung zwischen dem italienischen und dem deutschen Reichsteil verstetigt wurde. Die Frage danach, ob der Papst oder der Kaiser über die größere Herrschaftsautorität verfüge, blieb ungeklärt, obwohl der Papst gestärkt und der Kaiser geschwächt aus den Auseinandersetzungen hervorging. Vor allem der kaiserlicher Herrschaftsanspruch über Rom war da facto nahezu aufgehoben worden. |
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Nach dem Auslaufen des Waffenstillstands von Venedig schlossen Barbarossa und der Lombardenbund 1183 den [[Frieden von Konstanz]]. Der Kaiser musste zwar viele Forderungen den Städten gegenüber aufgeben, band dafür aber den Lombardenbund fest in die Strukturen des Reiches ein. Er wurde eine Art vom Kaiser legitimierter Interessenverband der oberitalienischen Städte. Im Frieden von Konstanz wurden die [[Regalien]] in regelmäßig Geldzahlungen der Städte umgewandelt, sie erhielten das Recht, ihre [[Konsul]]n zu wählen, die aber alle fünf Jahre vom Kaiser erneut eingesetzt werden mussten. |
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In den Jahren nach den Friedensschlüssen begann sich die Toscana zum neuen städtischen Machtzentrum in Italien zu entwickeln. |
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Ende Januar 1186, auf dem sechsten und letzten Italienzug des Kaisers, heiratete Barbarossas Sohn Heinrich VI. in Mailand Konstanze, die Tante [[Wilhelm II. (Sizilien)|Wilhelms II.]] von Sizilien. Die Normannen erhofften sich von dieser Verbindung einen dauernden Frieden mit dem Kaiser und eine Anerkennung ihres Reiches, während Friedrich auf einen Erbafall Siziliens an sein Haus spekulierte, da Wilhelm II. kinderlos war. Nach der Hochzeit erfolgte eine Krönung Heinrichs, die stark an eine Kaiserkrönung erinnerte. Dies sollte ihm das mögliche Erbe Siziliens aus eigener Kraft sichern, und nicht bloß als Gatte seiner Frau. Barbarossa hatte zuvor von Papst [[Lucius III. (Papst)|Lucius III.]] mehrfach die Kaiserkrönung Heinrichs noch zu seinen eigenen Lebzeiten gefordert. 1188 krönte [[Clemens III. (Papst)|Clemens III.]] Heinrich VI. zum Kaiser. |
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=== Der Prozess gegen Heinrich den Löwen === |
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In den letzten Jahren Friedrichs hatten sich die Beziehungen zwischen ihm und seinem welfischen Vetter [[Heinrich der Löwe|Heinrich dem Löwen]] immer mehr verschlechtert. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die Weigerung Heinrichs, auf dem fünften Italienzug Truppen zu stellen. Zudem schloss Heinrich 1175 oder 1176 einen Erbvertrag mit [[Welf VI.]], der Heinrich die italienischen Besitzungen seines Onkels sichern sollte. 1178 kaufte Barbarossa Welf VI. dessen Territorien nördlich der Alpen ab und gab einen Teil sofort als Lehen an ihn zurück. |
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Im Januar [[1179]] klagte der Kaiser den Löwen auf dem Hoftag in [[Worms]] wegen verschiedener Vergehen an. Heinrich erhob sofort eine Gegenklage, in der er den mit Barbarossa verbündeten [[Erzbistum Köln|Kölner]] Erzbischof beschuldigte, das Gebiet um [[Hameln]] verwüstet zu haben. Formal entfaltete sich der folgende Rechtsstreit zwischen Heinrich dem Löwen und dem Erzbischof. Zu einer tatsächlichen Verhandlung kam es nicht, da der Löwe zu keinem Gerichtstermin erschien. Nach einer ersten Acht im Juni 1179 wurde im Januar 1180 in Würzburg von der versammelten Fürstenschaft die [[Reichsacht]] über Heinrich verhängt. Dadurch wurden ihm sämtliche Reichslehen entzogen. Der Herrschaftsbereich Heinrichs wurde aufgeteilt: Das norddeutsche Gebiet wurde im April 1180 zweigeteilt in die Herzogtümer [[Westfalen]], das an den Kölner Erzbischof [[Philipp von Heinsberg]], und Sachsen, das an den [[Askanier]] [[Bernhard (Sachsen)|Bernhard von Anhalt]] fiel. In Bayern machte Barbarossa im September 1180 [[Pfalzgraf]] [[Otto I. (Herzog von Bayern)|Otto von Wittelsbach]] zum Herzog. |
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Heinrich der Löwe setzte sich militärisch gegen das Urteil zur Wehr, unterwarf sich jedoch bereits im November 1181 dem Kaiser, nachdem der sächsische Adel, slawische und dänische Verbündete sowie die [[Reichsstadt]] [[Lübeck]] von ihm abgefallen waren. Ende 1181 wurde er auf dem Reichstag in [[Erfurt]] noch einmal verurteilt, wobei vermutlich die Fürsten den Kaiser zum vergleichsweise milden Urteil der Verbannung auf drei Jahre zwangen. |
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Spätestens mit der Übernahme Westfalens wurde Philipp von Heinsberg als mächtigster Fürst in der Nordhälfte Deutschlands zum Problem für Barbarossa. Möglicherweise war der Erzbischof sogar die treibende Kraft hinter dem Prozess gegen Heinrich den Löwen. Bereits seit 1165 hatte Barbarossa versucht, die Macht Philipps zurück zu drängen. Die Förderung verschiedener Fürsten in den südlichen Niederlanden und im Maas-Mosel-Gebiet sowie der Städte [[Aachen]] und [[Duisburg]] konnte den Machtzuwachs Philipps jedoch nicht wirklich bremsen. |
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1184 schloss Barbarossa ein Bündnis mit [[Philipp I. (Flandern)|Philipp I.]] von [[Flandern]] gegen den französischen König [[Philipp II. (Frankreich)|Philipp II.]], an dem sich auch [[Heinrich II. (England)|Heinrich II.]] von England beteiligte. Barbarossas Sohn Heinrich VI. sollte einen Feldzug gegen Frankreich anführen, der jedoch abgebrochen wurde, als [[Balduin V.]] von [[Hennegau]] den Durchzug des Heeres verweigerte. Den Konflikt mit Balduin scheute Barbarossa, weil er ihn als Gegengewicht zu Philipp von Heinsberg benötigte. Im Gegenzug trat der Kölner Erzbischof in direkte Opposition zu Barbarossa, wobei er, unterstützt von Papst [[Urban III. (Papst)|Urban III.]], vor allem dem von Barbarossa beanspruchten Erbkaisertum entgegen trat. Der Kaiser setzte wiederum 1186 seinen Sohn als Regenten in Italien ein, um sich auf Deutschland zu konzentrieren. Im November 1186 bekannte sich in [[Gelnhausen]] ein Großteil des deutschen Episkopats zum Kaiser, was dem Erzbischof und dem Papst eine Niederlage beibrachte. Nachdem es Philipp von Heinsberg 1187 noch gelungen war, ein Bündnis des Kaisers mit dem französischen gegen den englischen König zu vereiteln, musste er sich im März 1188 auf dem Hoftag in Mainz unterwerfen. |
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=== Kreuzzug und Tod === |
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Ebenfalls auf dem Mainzer Hoftag wurde der Kreuzzug beschlossen. [[1189]] brach Friedrich gemeinsam mit [[Philipp II. (Frankreich)|Philip II.]] von [[Frankreich]] und [[Richard I.|Richard I. Löwenherz]] von [[England]] zum [[Dritter Kreuzzug|Dritten Kreuzzug]] auf. Die Regentschaft im Reich übernahm sein Sohn [[Heinrich VI.]] Zuvor hatte Barbarossa [[Saladin]] von [[Ägypten]] in einem Schreiben vom [[26. Mai]] [[1188]] zum ritterlichen Zweikampf in der ägyptischen Ebene [[Zoan]] aufgefordert und den [[1. November]] [[1189]] als Termin dafür genannt. |
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Nach zwei erfolgreichen Schlachten gegen die Muslime, darunter sein letztes Gefecht, die [[Schlacht bei Iconium]], ertrank Friedrich I. im Juni [[1190]] im Fluss [[Saleph]] in [[Anatolien]], bevor er Saladin treffen konnte. Allerdings sind die genauen Umstände seines Todes nicht geklärt: Teils wird berichtet, er habe, erhitzt vom Ritt, sich durch ein Bad abkühlen wollen; nach anderer Überlieferung wurde er bei der Flussüberquerung von seinem scheuenden Pferd abgeworfen und durch das Gewicht seiner Rüstung unter Wasser gezogen. Man spekuliert auch, dass er angesichts der Sommerhitze und seines Alters im eiskalten Gebirgswasser einen Herzschlag erlitt. |
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Sein Sohn [[Friedrich V. (Schwaben)|Friedrich V. von Schwaben]] zog mit einer kleinen Schar weiter, um Friedrich Barbarossa in Jerusalem zu beerdigen. Der Versuch, den Leichnam in Essig zu konservieren, misslang, so dass das Fleisch des Kaisers in der Peterskirche in [[Antiochia]], seine Knochen in der Kathedrale von [[Tyros (Stadt)|Tyros]] und Herz und Eingeweide in [[Tarsos]] beigesetzt wurden. |
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== Nachkommen == |
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[[Bild:Ausschnitt Stammbaum Barbarossa.png|thumb|200px|Ausschnitt aus dem Stammbaum Barbarossas]] |
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Erste Ehe: Friedrich I. heiratete Adelheid (Adela) von [[Vohburg]], annuliert.<br> |
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Zweite Ehe: Friedrich I. heiratete [[Beatrix von Burgund]]. |
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* [[Heinrich VI. (HRR)|Heinrich VI.]] (1165-1197), Kaiser |
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* [[Friedrich V. (Schwaben)|Friedrich V.]] (1164-1191), Herzog von Schwaben |
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* [[Philipp von Schwaben|Philipp]] (1179-1208), Deutscher König |
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* [[Otto I. (Burgund)|Otto I.]] († 1200), Pfalzgraf von Burgund |
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* [[Konrad II. (Schwaben)|Konrad II.]] († 1196), Herzog von Schwaben |
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== Spätere Bedeutung Barbarossas == |
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Barbarossa wurde von vielen deutsch-nationalen Historikern des [[19. Jahrhundert]]s als der größte [[Römisch-deutscher Kaiser|römisch-deutsche Kaiser]] des Mittelalters angesehen und seine Zeit als ein Höhepunkt der deutschen Geschichte, dem der Verfall folgte, wobei es auch damals schon (teils überzogene) kritische Stimmen gab. Moderne Vertreter dieser konservativen, Friedrich positiv sehenden Strömung sind (wenn auch nicht in dieser extremen Ausprägung) unter anderem Alfred Haverkamp und Ferdinand Opll. Dagegen vergleiche Hagen Keller und Geoffrey Barraclough, die Barbarossas ''Italienpolitik'' eher kritisch sehen. Letztendlich führte sie zu weiteren zentrifugalen Effekten im Reich, da er den [[Reichsfürst]]en mehr Macht gab. Sie führte auch zu einer Verschwendung von Ressourcen in [[Italien]], die in keinem Verhältnis zum Erzielten standen. Barbarossa hätte das gleiche Ergebnis wohl schon in den 50er Jahren des 12. Jahrhunderts erreichen können, wenn er im Einvernehmen mit den Kommunen agiert hätte und dem Papsttum entgegengekommen wäre. Das Beharren des Kaisers ist vor allem auf sein Verständnis vom Kaisertum, seiner ''Kaiseridee'', zurückzuführen. |
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[[Bild:Kyffhäuser Barbarossa.JPG|thumb|right|280px|Darstellung Barbarossas am [[Kyffhäuserdenkmal]]]] |
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Im mittelalterlichen Volksglauben lebt Barbarossa weiter, je nach Version im [[Trifels]], dem [[Kyffhäuser]] oder dem [[Untersberg]], bis das Reich ihn wieder braucht. Diese Überlieferung übernahm er übrigens erst [[1519]] von seinem Enkel [[Friedrich II. (HRR)|Friedrich II.]] |
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Ihm zu Ehren wurde seine [[Büste]] in der [[Walhalla]] aufgestellt. |
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In der älteren Geschichtsforschung wird Friedrich I. als Verteidiger der Reichsrechte gegen partikularistische Bestrebungen im Adel (obwohl er vor allem in den ersten Jahren mit den Fürsten eng kooperierte) und gegen die Macht der Kirche dargestellt. In der neueren Forschung ist dieses Barbarossa-Bild in Frage gestellt. |
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Verschiedene Entscheidungen des Kaisers, unter anderem die Abtrennung Österreichs von Bayern und die Aufteilung der Herzogtümer Sachsen und Bayern, trieben den Zerfallsprozess der alten [[Stammesherzogtum|Stammesherzogtümer]] weiter voran und stellten weitere Stufen der Herausbildung regionaler, von der Person des Fürsten unabhängiger Territorien dar. Im Prozess gegen Heinrich den Löwen drückte sich eine neue Rechtsauffassung über die Fürstenwürde aus: Sie wurde zunehmend als rechtlich definiertes und weniger als angeborenes Amt verstanden. |
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== Literatur == |
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=== Quellen === |
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* [[Monumenta Germaniae Historica|MGH]], ''Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd. X/2 (Urkunden Friedrichs I.)'', bearbeitet von Heinrich Appelt, Hannover 1979. |
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*''Ottonis et Rahewini Gesta Friderici I. imperatoris'', herausgegeben von Georg Waitz und Bernhard von Simson, Hannover 1997 (Nachdruck). |
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=== Sekundärliteratur === |
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* Joachim Ehlers: ''Friedrich I.'', in: Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Die deutschen Herrscher des Mittelalters, Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I.'', München 2003, S. 232-57. |
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* Odilo Engels: ''Die Staufer'', 7. Aufl., Stuttgart und andere 1998 (Standardwerk; dort auch weiterführende Literatur). |
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* Knut Görich: ''"Die Ehre Friedrich Barbarossas". Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert,'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001. |
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* Hagen Keller: ''Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024-1250'' (Propyläen Geschichte Deutschlands 2), Berlin 1986. |
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== Weblinks == |
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*[http://mdz4.bib-bvb.de/digbib/urkunden2/rtext/ri04/@Generic__BookView;cs=default;ts=default;lang=de "Regesta Imperii" Friedrichs I.] |
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{{Navigationsleiste Deutschlands Kaiser und Könige|VG=[[Konrad III. (HRR)|Konrad III.]]|NF=[[Heinrich VI. (HRR)|Heinrich VI.]]}} |
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[[Kategorie:Kaiser (HRR)]] |
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[[Kategorie:Staufer]] |
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[[Kategorie:Mann]] |
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[[Kategorie:Geboren 1122]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1190]] |
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{{Personendaten| |
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NAME=Friedrich I. |
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|ALTERNATIVNAMEN=Friedrich I. Barbarossa |
|||
|KURZBESCHREIBUNG=Kaiser des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] |
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|GEBURTSDATUM=[[1122]] |
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|GEBURTSORT=[[Waiblingen]] |
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|STERBEDATUM=[[10. Juni]] [[1190]] |
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|STERBEORT=Fluss [[Saleph]] (heute [[Göksu]]), [[Anatolien]] |
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}} |
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[[cs:Friedrich I. Barbarossa]] |
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[[da:Frederik Barbarossa]] |
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[[en:Frederick I, Holy Roman Emperor]] |
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[[fi:Fredrik I Barbarossa]] |
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[[fr:Frédéric Barberousse]] |
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[[he:פרידריך ברברוסה]] |
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[[it:Federico I del Sacro Romano Impero]] |
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[[ja:フリードリヒ1世 (神聖ローマ皇帝)]] |
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[[nl:Frederik I van het Heilige Roomse Rijk]] |
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[[no:Fredrik Barbarossa]] |
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[[ru:Фридрих I Барбаросса]] |
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[[sv:Fredrik Barbarossa]] |
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[[uk:Фрідріх I Барабаросса]] |
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[[zh:腓特烈一世 (神圣罗马帝国)]] |
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{{Review|G}} |
Version vom 4. Juni 2005, 11:53 Uhr
Diskussion über den Löschantrag
Hier der konkrete Grund, warum dieser Artikel nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen soll: Zusammenhang zum Titel? -- Lenny222 11:53, 4. Jun 2005 (CEST)
Isländische Zwiegesänge (Tvisöngur,Tvisöngvar). Der isländische Zwiegesang ist die einzige lebendig überlieferte Form einer improvisierten volkstümlichen Mehrstimmigkeit in Europa,welche auf dem Prinzip der Stimmführung in parallelen Quinten beruht.Die wichtigste Sammlung und schriftliche Aufzeichnung der Gesänge stammt von dem isländischen Pfarrer Bjarni Thorsteisson (1906-1909).Eine Strukturanalyse der Zwiegesänge zeigt,daß den Zwiegesängen eine Halbtonpentatonik (ditonische bzw.hemitonische Pentatonik)zugrunde liegt.Die Bedeutung dieser mehrstimmigen Gesänge für die Frage nach dem Ursprung der Mehrstimmigkeit in Europa ist nicht hoch genug einzuschätzen.Daß sich Mehrstimmigkeit aus solch einfallslosen Konstrukten wie dem kirchlichen Organum entwickelt haben soll, ist nach einer intensiven Beschäftigung mit den isländischen Beispielen sehr unwahrscheinlich.Eine ausführliche Analyse der Zwiegesänge ist unter www.annewanter.de zu finden.