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„Lorscher Codex“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Codex Laureshamensis Initial-D.jpg|mini|Erste Seite des Lorscher Codex]]
Der '''Lorscher Codex''' ([[Latein|lat.]] ''Codex Laureshamensis'') ist ein zwischen [[1170]] und [[1175]] begonnenes handschriftliches [[Kopialbuch]].
Der '''Lorscher Codex''' ([[Latein|lateinisch]] ''Codex Laureshamensis'') ist ein ungefähr zwischen den Jahren 1170 und 1195 in der [[Abtei Lorsch|Reichsabtei Lorsch]] in lateinischer Sprache angelegtes [[Manuskript]]. Es enthält eine umfangreiche [[Kloster]]geschichte, ein [[Kopialbuch]] von über 3800 Urkunden sowie einige [[Urbar (Verzeichnis)|Urbare]]. Der besondere Wert vor allem des Kopialbuches liegt darin, dass die darin enthaltenen [[Abschrift]]en die einzige erhaltene Überlieferung der vollständig verloren gegangenen Originalurkunden darstellen, die sich einst im Archiv der bedeutenden Reichsabtei befunden hatten.


Heute wird der Codex im [[Staatsarchiv Würzburg]] ([[Bayern|Bayerisches]] Staatsarchiv mit dem [[Regierungsbezirk Unterfranken]] als Zuständigkeitsbereich) unter der Signatur „Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts, Nr. 72“ aufbewahrt.
Der Codex wurde erstellt, um die Rechte und Besitztümer des [[Kloster Lorsch|Klosters Lorsch]] zu dokumentieren und damit der Abtei langfristig zu sichern. Der Codex wurde aber im [[12. Jahrhundert]], als die Lorscher Macht bereits zurückging, zusammengestellt. Er besteht aus über 3800 urkundlichen Eintragungen (Traditionsnotizen) eines Rechtsvorgangs (Kauf, Schenkung usw.) mit den dazugehörigen zitierten Urkunden (von Königen, Päpsten usw.). Diese Urkunden wurden aber stark verkürzt wiedergegeben. Die ältesten Rechtsgeschäfte sind ab [[764]] beschrieben und registriert. Weiterhin enthält der Codex zwei Gönnerverzeichnisse und eine '''Äbtechronik'''. Diese Äbtechronik dient vor allem als Quelle für die Baugeschichte und der Entwicklung des Kirchenschatzes.


== Inhalte des Lorscher Codex ==
Da der Lorscher Codex die Erstnennung sehr vieler Gemeinden – über 1.000 Orte werden in ihm genannt – enthält, wird er von heimatgeschichtlich Interessierten gern anachronistisch als [[Grundbuch]] bezeichnet. Der Lorscher Kodex ist die älteste geschriebene Geschichtsquelle für Hunderte von Orten und beweist das Vorhandensein vieler Ortschaften bereits vor 1100 bis 1200 Jahren.
[[Datei:Thiotmann Ersterwähnung Höchst 790.jpg|mini|hochkant=0.9|Cod. Laur. III, Nr. 3399: Schenkung vom August 790 im Dorf Hostat (heute [[Frankfurt-Höchst]]) an das Kloster Lorsch.]]


Der [[Codex]] wurde erstellt, um die Rechte und Besitztümer des Klosters Lorsch zu dokumentieren und damit der Abtei langfristig zu sichern. Der Codex wurde im 12. Jahrhundert, als die Lorscher Macht bereits zurückging, zusammengestellt. Er besteht aus 3836 urkundlichen Eintragungen (Traditionsnotizen) eines Rechtsvorgangs (zum Beispiel Kauf, Schenkung) mit den dazugehörigen zitierten Urkunden (von Königen, Päpsten und anderen). Diese Urkunden wurden stark verkürzt wiedergegeben. Die ältesten Rechtsgeschäfte sind ab dem Jahr 764 beschrieben und registriert. Weiterhin enthält der Codex zwei Gönnerverzeichnisse und eine Äbtechronik. Diese Äbtechronik dient vor allem als Quelle für die Baugeschichte und die Entwicklung des Kirchenschatzes. Lediglich der [[Initiale|Initialbuchstabe]] der ersten Seite ist [[Illumination (Buchmalerei)|illuminiert]]. Der Text des Codex ist in [[Gotische Minuskel|gotischer Minuskel]] geschrieben.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Kautz M.A. |url=https://www.ub.uni-heidelberg.de/digi-pdf-katalogisate/sammlung55/werk/pdf/saw_mainz72.pdf |titel=Würzburg, Staatsarchiv. Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts 72 |werk=Bibliotheca Laureshamensis digital |hrsg=Universitätsbibliothek Heidelberg |datum=2014 |abruf=2021-04-28 |sprache=de}}</ref>
Im „Codex Laureshamensis" verzeichneten die Mönche des Lorscher Klosters neben Kauf- und Tauschverträgen die dem Kloster gemachten Schenkungen von Dörfern, Gehöften, Ländereien und allerlei sonstigen schätzenswerten Dingen auf Grund der Originalurkunden geordnet. In diesem Buch werden zuerst die Schenkungen von Kaisern und Fürsten genannt und dann die aus dem Volke, letztere geordnet nach Gauen, dem [[Wormsgau]] (wo das Kloster etwa 1.180 Güter besaß), dem Speyergau, [[Lobdengau]], Rhein-, Main-, Neckar-, [[Kraichgau]] usw. Die unter Karl Theodor in Mannheim gegründete Akademie der Wissenschaften gab in den Jahren 1768-1770 das Werk erstmals im Druck heraus. Heute wird der Codex im [[Bayern|bayerischen]] [[Staatsarchiv Würzburg|Staatsarchiv]] in [[Würzburg]] aufbewahrt.


Da der Lorscher Codex die Ersterwähnung vieler Gemeinden enthält – über 1000 Orte werden in ihm genannt – wird er von einigen heimatgeschichtlich Interessierten anachronistisch als [[Grundbuch]] bezeichnet. Der Lorscher Codex ist die älteste geschriebene Geschichtsquelle für Hunderte von Orten.
== Literatur==


Im ''Codex Laureshamensis'' verzeichneten die Mönche des Lorscher Klosters neben Kauf- und Tauschverträgen die dem Kloster gemachten Schenkungen von Dörfern, Gehöften, Ländereien und allerlei sonstigen schätzenswerten Dingen nach den ihnen vorliegenden Originalurkunden. In diesem Buch werden zuerst die Schenkungen von Kaisern und Fürsten genannt und dann die aus dem Volke, letztere geordnet nach Gauen, dem [[Wormsgau]] (wo das Kloster etwa 1180 Güter besaß), dem [[Speyergau]], [[Lobdengau]], [[Rheingau]], [[Maingau]], [[Neckargau]], [[Kraichgau]] und weiteren. Die unter Kurfürst [[Karl Theodor (Pfalz und Bayern)|Karl Theodor]] in Mannheim gegründete [[Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften]] gab durch [[Andreas Lamey]] in den Jahren 1768–1770 den gesamten Codex erstmals im Druck heraus. Teile waren schon früher erschienen. Der Historiker [[Karl Glöckner (Historiker)|Karl Glöckner]] veröffentlichte 1929 bis 1936 eine Neubearbeitung in drei Bänden. Der Kustos am Kloster Lorsch, [[Karl Josef Minst]] übersetzte die gesamte Chronik nach der lateinischen Urschrift, sie erschien in sechs Bänden 1966.
*''Codex Laureshamensis. Das Urkundenbuch des ehemaligen Reichsklosters Lorch'', Neustadt/Aisch 2003 (Sonderveröffentlichungen der Staatlichen Archive Bayerns 1) ISBN 3-921635-71-3 Faksimileausgabe
*Karl Josef Minst: ''Lorscher Codex deutsch. Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch'', 5 Bde., Lorsch 1966/72 Lorsch (Übersetzung)
*Karl Glöckner: ''Codex Laureshamensis'', Darmstadt 1929-1936, Nachdruck 1963 (maßgebliche Edition)


==Siehe auch==
== Literatur==
* ''Codex Laureshamensis. Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch. Faksimileausgabe der Handschrift im [[Staatsarchiv Würzburg]], hrsg. von der [[Staatliche Archive Bayerns | Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns]] und dem Kuratorium Weltkulturdenkmal [[Kloster Lorsch]] e.&nbsp;V., Bd. 1: [[Faksimile]]'' (Sonderveröffentlichungen der [[Staatliche Archive Bayerns | Staatlichen Archive Bayerns]] 1), Neustadt a. d. Aisch, Degener 2002; ''Bd. 2: Begleitband zum Faksimile'' (Sonderveröffentlichungen der [[Staatliche Archive Bayerns | Staatlichen Archive Bayerns]] 2), Neustadt a. d. Aisch, Degener 2008.
*[[Prümer Urbar]]
* Albrecht Liess: ''Zur Geschichte des Lorscher Codex'', in: ''Codex Laureshamensis. Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch. Faksimileausgabe der Handschrift im [[Staatsarchiv Würzburg]], Bd. 2: Begleitband zum [[Faksimile]]'' (Sonderveröffentlichungen der [[Staatliche Archive Bayerns | Staatlichen Archive Bayerns]] 2), Neustadt a. d. Aisch, Degener 2008, S. 8f.
*[[Lorsch]]
* Maria Rita Sagstetter: ''Beschreibung der Handschrift'', in: ''Codex Laureshamensis. Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch. Faksimileausgabe der Handschrift im [[Staatsarchiv Würzburg]], Bd. 2: Begleitband zum [[Faksimile]]'' (Sonderveröffentlichungen der [[Staatliche Archive Bayerns | Staatlichen Archive Bayerns]] 2), Neustadt a. d. Aisch, Degener 2008, S. 10f.
* {{Internetquelle | url=http://archivum-laureshamense-digital.de/view/saw_mainz72/ | titel=Codex Laureshamensis, Urkundenbuch des ehemaligen Reichsklosters Lorsch (Faksimile) | titelerg=Würzburg, Staatsarchiv, „Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts 72“ | werk=Heidelberger historische Bestände – digital | hrsg=Universitätsbibliothek Heidelberg | zugriff=2016-04-08}}
* {{Internetquelle | url=http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/minst1966ga | titel=Lorscher Codex: deutsch; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch | werk=Heidelberger historische Bestände – digital | autor=Minst, Karl Josef [Übers.] | hrsg=Universitätsbibliothek Heidelberg | zugriff=2016-04-08}}
* {{Internetquelle | url=http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gloeckner1929ga | titel=Codex Laureshamensis | werk=Heidelberger historische Bestände – digital | autor=Glöckner, Karl [Hrsg.] | hrsg=Universitätsbibliothek Heidelberg | zugriff=2016-04-08}}
* [[Wolfgang Haubrichs]]: ''Der Codex Laureshamensis als Quelle frühmittelalterlicher Siedlungsnamen''. In: [[Rudolf Schützeichel]] (Hrsg.) ''Ortsname und Urkunde. Frühmittelalterliche Ortsnamenüberlieferung''. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 1990, S. 119–175. ([[Beiträge zur Namenforschung]] NF. Beiheft 29).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{commonscat|Codex Laureshamensis}}
* [http://www8.informatik.uni-erlangen.de/cgi-bin/stoyan/wwp/LANG=germ/?urkunden Übersetzung der Texte]
*[http://archivum-laureshamense-digital.de/view/saw_mainz72 Lorscher Codex online] mit Informationen, interaktiver Karte und virtuellem Archiv
* http://www.kloster-lorsch.de/kurator/codex.html
* http://home.arcor.de/heimatmuseum-nauheim/codex/codex.htm
* [http://www.heimatmuseum-nauheim.de/codex/codex.htm Michael Horn: ''Der Lorscher Codex: Das älteste Grundbuch der Region,''] (Artikel auf ''heimatmuseum-nauheim.de,'')
* [http://omnibus.uni-freiburg.de/~post/gabsh_on/teil1.html anschauliche Präsentation] von Abbildungen und Texten zu einem Ort ([[Gabsheim]])
* [http://www.gabsm.de/on/index.html anschauliche Präsentation] von Abbildungen und Texten zu einem Ort ([[Gabsheim]])

== Einzelnachweise ==
<references />

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[[Kategorie:Handschrift]]
[[Kategorie:Handschrift des Staatsarchivs Würzburg]]
[[Kategorie:Hessische Geschichte]]
[[Kategorie:Amtsbuch]]
[[Kategorie:Rechtsgeschichte des Mittelalters (Deutschland)]]
[[Kategorie:Kirchenrechtsgeschichte]]
[[Kategorie:Kloster Lorsch]]

Aktuelle Version vom 18. März 2025, 10:42 Uhr

Erste Seite des Lorscher Codex

Der Lorscher Codex (lateinisch Codex Laureshamensis) ist ein ungefähr zwischen den Jahren 1170 und 1195 in der Reichsabtei Lorsch in lateinischer Sprache angelegtes Manuskript. Es enthält eine umfangreiche Klostergeschichte, ein Kopialbuch von über 3800 Urkunden sowie einige Urbare. Der besondere Wert vor allem des Kopialbuches liegt darin, dass die darin enthaltenen Abschriften die einzige erhaltene Überlieferung der vollständig verloren gegangenen Originalurkunden darstellen, die sich einst im Archiv der bedeutenden Reichsabtei befunden hatten.

Heute wird der Codex im Staatsarchiv Würzburg (Bayerisches Staatsarchiv mit dem Regierungsbezirk Unterfranken als Zuständigkeitsbereich) unter der Signatur „Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts, Nr. 72“ aufbewahrt.

Inhalte des Lorscher Codex

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Cod. Laur. III, Nr. 3399: Schenkung vom August 790 im Dorf Hostat (heute Frankfurt-Höchst) an das Kloster Lorsch.

Der Codex wurde erstellt, um die Rechte und Besitztümer des Klosters Lorsch zu dokumentieren und damit der Abtei langfristig zu sichern. Der Codex wurde im 12. Jahrhundert, als die Lorscher Macht bereits zurückging, zusammengestellt. Er besteht aus 3836 urkundlichen Eintragungen (Traditionsnotizen) eines Rechtsvorgangs (zum Beispiel Kauf, Schenkung) mit den dazugehörigen zitierten Urkunden (von Königen, Päpsten und anderen). Diese Urkunden wurden stark verkürzt wiedergegeben. Die ältesten Rechtsgeschäfte sind ab dem Jahr 764 beschrieben und registriert. Weiterhin enthält der Codex zwei Gönnerverzeichnisse und eine Äbtechronik. Diese Äbtechronik dient vor allem als Quelle für die Baugeschichte und die Entwicklung des Kirchenschatzes. Lediglich der Initialbuchstabe der ersten Seite ist illuminiert. Der Text des Codex ist in gotischer Minuskel geschrieben.[1]

Da der Lorscher Codex die Ersterwähnung vieler Gemeinden enthält – über 1000 Orte werden in ihm genannt – wird er von einigen heimatgeschichtlich Interessierten anachronistisch als Grundbuch bezeichnet. Der Lorscher Codex ist die älteste geschriebene Geschichtsquelle für Hunderte von Orten.

Im Codex Laureshamensis verzeichneten die Mönche des Lorscher Klosters neben Kauf- und Tauschverträgen die dem Kloster gemachten Schenkungen von Dörfern, Gehöften, Ländereien und allerlei sonstigen schätzenswerten Dingen nach den ihnen vorliegenden Originalurkunden. In diesem Buch werden zuerst die Schenkungen von Kaisern und Fürsten genannt und dann die aus dem Volke, letztere geordnet nach Gauen, dem Wormsgau (wo das Kloster etwa 1180 Güter besaß), dem Speyergau, Lobdengau, Rheingau, Maingau, Neckargau, Kraichgau und weiteren. Die unter Kurfürst Karl Theodor in Mannheim gegründete Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften gab durch Andreas Lamey in den Jahren 1768–1770 den gesamten Codex erstmals im Druck heraus. Teile waren schon früher erschienen. Der Historiker Karl Glöckner veröffentlichte 1929 bis 1936 eine Neubearbeitung in drei Bänden. Der Kustos am Kloster Lorsch, Karl Josef Minst übersetzte die gesamte Chronik nach der lateinischen Urschrift, sie erschien in sechs Bänden 1966.

Commons: Codex Laureshamensis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Michael Kautz M.A.: Würzburg, Staatsarchiv. Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts 72. In: Bibliotheca Laureshamensis digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, 2014, abgerufen am 28. April 2021.