Tanimbar-Python
Tanimbar-Amethystpython | ||||||||||||
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![]() Tanimbar-Amethystpython (Morelia nauta) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Morelia nauta | ||||||||||||
Harvey, Barker, Ammerman, Chippindale 2000 |
Der Tanimbar-Amethystpython (Morelia nauta) zählt zur Familie der Riesenschlangen und wird dort in die Unterfamilie der Pythons gestellt. Er wurde erst im Jahr 2000 als eigene Art vom Amethystpython abgetrennt. Über die Biologie dieser offenbar nur auf den Tanimbar-Inseln beheimateten Schlangen ist praktisch nichts bekannt.
Beschreibung
Körperbau und Länge
Der Tanimbar-Amethystpython ist ein zierlicher, sehr schlank gebauter Python. Sein langer Schwanz kann über 19% der Gesamtlänge ausmachen. Der Kopf ist deutlich vom Hals abgesetzt und ist bei adulten Weibchen deutlich verbreitert. Die Augen liegen auf der Kopfseite und sind leicht nach vorne gerichtet. Die von der Kopfoberseite betrachtet arttypisch spitz zulaufende Schnauze, ist bei Männchen länger ausgeprägt als bei Weibchen. Ihr sitzen die runden Nasenlöcher schräg zwischen Kopfoberseite und Kopfseite auf. Bezüglich Masse und Länge ist der Tanimbar-Amethystpython der kleinste aller Amethystpythons. Obwohl die Art bisher nur anhand relativ weniger Individuen untersucht werden konnte, gelten Weibchen mit einer Gesamtlänge von 1,8 Meter bereits als sehr gross. Das grösste bisher untersuchte Tier hatte eine Kopf-Rumpf-Länge von 1,99 Meter, war gesamthaft zirka 2,4 Meter lang und wog 1,9 Kilogramm.
Beschuppung
Das von der Kopfoberseite nur mässig sichtbare Rostrale (Schnauzenschild) hat, wie bei den meisten anderen Pythons auch, zwei tiefe Labialgruben. Die Nasenlöcher sind jeweils in der Mitte des großen Nasale (Nasenschild) positioniert. Vom Nasenloch bis zum Hinterrand des Schildes zieht eine gut erkennbare Naht. Zur Kopfmitte hin sind die Nasalia von einem Paar dreieckiger Internasalia (Zwischennasenschilder) separiert. Von der Schnauzenspitze her entlang der Mitellinie der Kopfoberseite folgen den Internasalia ein großes, langes vorderes Paar Präfrontalia (Vorstirnschilde) das mit dem dahinter folgenden grossen einfachen Frontale (Stirnschild) in Kontakt steht. Ein kleineres, hinteres Paar Präfrontalia wird komplett durch die vordern Präfrontalia getrennt, als Einzelschilde berüren sie aber ebenfalls das Frontale. Hinter dem Frontale schliessen zwei bis drei Paare grosser Parietalia (Stirnschilde) an, von denen das vordere meist am grössten ist. Diese vier Schilde können bei gewissen Individuen auch fusionieren oder es kann in deren gemeinsamen Mitte ein kleines bis grosses Interparietale (Zwischenstirnschild) vorhanden sein. Das noch weiter Richtung Nacken gelegene Occipitale (Hinterhauptsschild) ist bei den meisten Tieren unpaarig und deutlich grösser als die angrenzenden Nuchealia (Nackenschilde). Über beiden Augen befindet je ein großes dreieckiges Supraoculare (Überaugenschild). Präocularia (Voraugenschilde) existieren zwei, wobei das obere meist doppelt so gross ist wie das untere. Postocularia (Hinteraugenschilde) gibt es drei bis vier. Subocularia (Unteraugenschilder) fehlen bei dieser Art. Auf der Seite des Kopfes zwischen Auge und Nasenloch liegen in zwei Reihen angeordnete Lorealia (Zügelschilde). Von den 12 bis 13 Supralabialia (Oberlippenschilde) tragen die vordersten fünf an ihrem hinteren Rand tiefe Labialgrube, wobei die Labialgrubengrösse gegen den Maulwinkel hin abnimmt. Supralabialia 6 und 7 berühren zudem den Augenunterrand. Infralabialia (Unterlippenschilde) gibt es 17 bis 20, wovon die vordersten 2 schwach erkennbare und zwischen Infralabiale Nummer 8 bis 10 beginnend 6 bis 8 hintere, Labialgruben tragen. Die Kinngrube besteht bei den meisten Tieren aus schilderloser Haut.
Die Anzahl der Ventralia (Bauchschilder) variiert zwischen 298 und 309, die Anzahl der dorsalen Schuppenreihen in der Körpermitte zwischen 41 und 45. Von der Kloake bis zur Schwanzspitze finden sich 96 bis 103 Subcaudalia (Schwanzunterseitenschilde), von denen das erste einfach und die dahinter folgenden paarig sind. Das Anale (Analschild) ist ungeteilt.
Färbung
Der Tanimbar-Amethystpython kommen in vier verschiedenen Farbformen vor:
- Xanthisch ungemustert, mit einer rotbraunen bis dunkel rotbraunen Körperfarbe.
- Xanthisch gemustert, ebenfalls mit einer rotbraunen bis dunkelbraunen Grundfärbung und zusätzlichen gelben bis goldenen Flecken.
- Axanthisch ungemustert, mit einer lehmfarbenen bis braungrauen dunklen Körperfarbe.
- Axanthisch gemustert, ebenfalls mit einer lehmfarbenen bis braungrauen dunklen Grundfärbung und zusätzlichen weissen bis grauweissen Flecken.
Gemusterte Tiere sind etwa gleich häufig wie ungemusterte, xanthische Individuen sind hingegen viel seltener als axanthische. Zwischenstufen zwischen den einzelnen Formen scheint es nicht zu geben.
Auf dem Rücken gemusterter Tiere verläuft beidseits der Wirbelsäule je eine Serie kleiner heller runder Rückenflecken mit einem Durchmesser von bis zu vier Schilden. Gewisse dieser Flecken vereinigen sich über die Wirbelsäule und bilden so dünne Querbänder aus. Eine zweite Serie heller runder Flecken läuft dem oberen Flankenrand entlang. Auch diese Flecken weisen einen Durchmesser von bis zu vier Schilden auf und können auf der vordern Körperhälfte zu einem mehrfach unterbrochen Streifen verschmelzen. Eine dritte Serie von bis zwei Schilde langen und bis vier Schilde hohen hellen Flecken verläuft am Flankenunterrand. Gewöhnlich liegt jeweils ein Rücken-, ein oberer Flanken- und ein unterer Flankenfleck auf einer vom Rücken bis zur Bauchseite gespannten fiktiven Linie. Dabei befinden sich die einzelnen Fleckenreihen dem Körper entlang in zirka 3 Schilde weitem Abständen zueinander. Ab dem hintersten Körperdrittel bis zur Schwanzspitze verschmelzen die Rücken-, die oberen Flanken- und die unteren Flankenflecken zunehmend quer miteinander und bilden so über die gesamte Körperoberseite helle Ringe aus. Ungemusterten Tieren fehlt jegliche Spur der Rückenmusterung, es können einzig schwarze Sprenkel auftreten. Die Bauchseite ist sowohl bei gemusterten als auch bei ungemusterten Tieren einfarbig weissgrau. Ab der hinteren Körperhälfte grenzt die dunklere Rückenfarbe an die Seitenränder der Bauchschilde. Auf der Schwanzunterseite wechseln sich schwarze und weissgraue Schilde gegen die Mitte versetzt ab.
Kopfoberseite und Kopfseite sind ungemustert und entsprechen der Körpergrundfarbe. Im Gegensatz zu allen anderen Amethystpythons sind bei dieser Art die Schilder der Kopfoberseite nicht dunkel umrandet. Lippen- und Kinnschilde sind bei xanthischen Tieren hellgelb und bei axanthischen weiss bis weissgrau. Die vorderen Lippenschilde sind zudem von einer dunklen Linie umrandet. Die Kehle ist einheitlich weissgrau. Bei allen, auch den ungemusterten Formen, zieht ein dunkelbraunes Band hinter dem Auge oberhalb der Oberkante der Oberlippenschilde bis zum Maulwinkel. Typischerweise befindet sich auch ein keiner heller Fleck vor dem Auge und ein grösserer heller Fleck hinter dem Auge. Bei gewissen Individuen ist der helle Fleck hinter dem Auge langgezogen und bildet einen hellen Rand oberhalb des dunklen Hinteraugenbandes. Die für andere Amethystpythonarten typischen Nackenbänder fehlen bei dieser Art durchgehend. Die Iris ist bei axanthischen Tieren braun bis braungrau, bei xanthischen Vertretern gelb bis golden und um die Pupille herum mit einem aufgehellten Rand versehen. Axanthische Tiere besitzen eine dunkle graublaue Zunge mit hellgrauen Spitzen, xanthische Vertreter eine dunkelblaue mit rosa Spitzen.
Farbwechsel
Der onthogenetische Farbwechsel ist bei dieser Art nur gering ausgeprägt Schlüpflinge sind geringfügig dunkler gefärbt als adulte Tiere und erscheinen in einem dunklen Rotbraun oder Braun. Subadulte Tiere sind ebenfalls noch dunkler gefärbt als geschlechtsreife und besitzen eine kontrastreichere Färbung. Bei gewissen Individuen werden die Rückenflecken und die unteren Flankenflecken mit zunehmendem Alter kontrastärmer und undeutlicher, die oberen Flankenflecken bleiben hingegen zeitlebens gut erhalten. Axanthische, gemusterte Tiere können durch Umwelteinflüsse innert Stunden ihre Körperfarben dramatisch aufhellen und selbst die dunklen Komponenten in ein helles Beige umwandeln. Die xanthischen Formen sind nur zu einer geringen Aufhellung befähigt. Während der Schwangerschaft und Brutzeit werden Weibchen aller vier Farbformen sehr dunkel, teilweise beinahe vollkommen schwarz.
Systematik

Der Amethystpython Morelia amethistina wurde 1801 von Schneider erstbeschrieben. 1933 wies Stull der australischen Population als Morelia amethistina kinghorni Unterartstatus zu. Im Jahr 2000 gelange es Harvey et al. unter Berücksichtigung von morphologischen, biogeographischen und molekulargenetischen Aspekten fünf eigenständige Arten zu differenzieren: Morelia amethistina, Morelia kinghorni, Morelia nauta, Morelia clastolepis und Morelia tracyae. Alle bisher beschriebenen Amethystpythons bewohnen räumlich voneinander getrennte Lebensräume (Allopatrie). Es wird jedoch vermutet, dass unter den bisher beschriebenen Arten noch weitere Arten differenziert werden können, die teilweise sogar gleiche Gebiete bewohnen (Sympatrie). Hierzu besteht insbesondere auf Neuguinea und Neuirland starker Verdacht.
Es wird vermutet, dass einst eine Urform der Amethystpythons auf dem entstehenden Neuguinea gelebt hat. Vor Millionen von Jahren haben sich dann in einer ersten Phase die Inseln Halmahera und Neuirland durch tiefe Meeresengen von Neuginea getrennt was die dortigen Amethystpython-Populationen komplett isolierte. Während späterer Eiszeiten bildeten sich durch den niedrigen Meeresspiegel Landbrücken zwischen Neuginea und benachbarten Inseln sowie dem australischen Festland. So besiedelten Amethystpythons in einer zweiten Phase die D’Entrecasteaux-Inseln, den Louisiade-Archipel, Aru. Seram, Ambon, Yapen, küstennahe Inseln der Torres-Straße und Nordaustralien. Mittels Treibholz konnten diese Pythons dann in einer dritten Phase von Aru auf die benachbarte Insel Kai, und solche von Yapen auf die Nachbarinsel Biak gelangten. Auch die Taninbar-Inseln hatten nie Kontakt zu anderen Landmassen, wodurch Vorläufer dieser Population ebenfalls via Wasserweg die Inseln besiedelt haben müssen. Da sich Neuginea geotektonisch ebenfalls noch stark veränderte, konnte sich die Urform des Amethystpythons auch hier noch lokal differenzieren.
Innerhalb der Gattung Morelia sind Amethystpythons am nächsten mit Morelia boeleni verwandt. Die charakteristische Gemeinsamkeit von Amethyst- und Boelen-Pythons ist das Vorhandensein von mindestens zwei Paaren grosser Scheitelschilde. 1984 wurde erstmals von Wells & Wellington[1] und 2000 wiederholt von Hoser[2] vorgeschlagen, Amethystpythons von den Rautenpythons (Morelia) als eigenständige Gattung mit Namen Australiasis abzutrennen.
Das lateinische Wort nauta bedeutet Seemann. Da die Tanimbar-Inseln stets von tiefem Meer umgeben waren und nie Verbindungen zum australischen Festland oder zu Neuginea vorherrschten, muss die Art diese Inseln einst auf Treibholz erreicht haben. Aus diesem Grund wurde dem Tanimbar-Amethystpython der wissenschaftliche Name Morelia nauta verliehen. Obwohl sich die Art genetisch erst spät von anderen Arten wegentwickelt hat, weicht sie morphologisch am weitesten von allen anderen Amethystpythons ab. Sie ist der kleinste und zierlichste Vertreter, hat die geringste Schilderzahl und weist abweichende Färbungen auf.
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ R. W. Wells, C. R. Wellington: A classification of the Amphibia and Reptilia of Australia. Australian Journal of Herpetology, Supplementary Series, Heft 1, 1984 S. 1-61. Zit. in: R. T. Hoser: Creationism and contrived science: A review of recent python systematics papers and the resolution of issues of taxonomy and nomenclature. Australasian Journal of Herpetology 2, 2009, S. 1-34. Volltext
- ↑ R. T. Hoser: A revision of the Australasian Pythons. Ophidia Review 1, 2000, S. 7-27. Volltext
Literatur
- M. B. Harvey, D. G. Barker, L. K. Ammerman, P. T. Chippindale: Systematics of Pythons of the Morelia amethistina Complex (Serpentes: Boidae) with the Description of three new Species. Herpetological Monographs 14, 2000, S. 139-185.