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Loriot

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Loriot (* 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel; eigentlich Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow) ist ein deutscher Humorist, Zeichner, Schauspieler und Regisseur.

In seinen Cartoons und Sketchen zerpflückt er mit subtilen Nadelstichen Stil, Erziehung und elaborierten Code gutbürgerlicher Kreise und bringt so deren Fassadenhaftigkeit zum Vorschein.

Leben

Loriot wurde am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren. Von Bülow entstammt einem alten preußischen Adelsgeschlecht. Sein Vater war preußischer Offizier. Seine Mutter starb früh, von Bülow wuchs mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder seit 1931 (?) bei Großmutter und Urgroßmutter auf, die in Berlin zusammen eine Wohnung hatten (schräg gegenüber, so Loriot, hätten Weizsäckers gewohnt, doch der spätere Bundespräsident, damals etwa zehn Jahre alt, sei ihm nicht aufgefallen). 1938 zog die Familie nach Stuttgart. Dort besuchte von Bülow ein humanistisches Gymnasium, das er 1941 siebzehnjährig mit Notabitur verließ. Er begann in der Familientradition eine Offizierslaufbahn; es folgte ein dreijähriger Militäreinsatz an der Ostfront in Russland. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er kurzzeitig als Holzfäller in Niedersachsen, 1946 legte er das Abitur ab.

Auf Anraten des Vaters studierte er Malerei und Grafik an der Kunstakademie (Landeskunstschule) in Hamburg von 1947 bis 1949.

Nach dem Abschluss legte er erste Arbeiten als Werbegrafiker vor und erfand das charakteristische „Knollennasenmännchen“. Ab 1950 war von Bülow als Cartoonist zunächst für das Hamburger Magazin Die Straße, im Anschluss für den Stern tätig. Seit dieser Zeit verwendete er den Künstlernamen Loriot, die französische Bezeichnung des Pirols, des Wappentiers der von Bülows. Pirol ist gleichzeitig die französische Übersetzung für den Vogel Bülow der hierzulande auch unter dem Namen Goldamsel bekannt ist. Es folgten weitere Arbeiten für Weltbild und Quick. Die Aufträge waren jedoch nur jeweils von kurzer Dauer (er zeichnete beispielsweise nur sieben Folgen für den Stern).

1951 heiratete er seine Frau Rose-Marie, mit der er zwei Töchter hat, Bettina und Susanne.

In der Folge versuchte Loriot, seine Zeichnungen als Buch herauszubringen; diverse deutsche Verleger (unter anderem Ernst Rowohlt) zeigten kein Interesse. Erst der Schweizer Diogenes Verlag sagte zu. 1954 erschien dort Loriots erster eigener Cartoonband (Auf den Hund gekommen).

1959 hatte er eine kleinere Rolle als Schauspieler in Bernhard Wickis Film Die Brücke, 1962 war er erneut mit einer Mini-Rolle als Meldeoffizier in A. Martons Kriegsfilm Der längste Tag vertreten.

1967 wechselte Loriot das Medium: Er moderierte zunächst die Fernsehsendung Cartoon für die ARD, die er auch als Autor und Co-Regisseur verantwortete. Loriots anfänglich reine Moderation wurde zunehmend zu einem eigenständigen humoristischen Element der Sendung; zudem brachte Loriot bald eigene Zeichentrickfilme ein und verließ damit künstlerisch die engen Rahmenbedingungen, die das Medium Zeitschrift seinen Zeichnungen auferlegt hatte.

1971 erschuf Loriot mit dem Zeichentrick-Hund Wum ein Maskottchen für die Aktion Sorgenkind in der ZDF-Quizshow Drei mal Neun, dem er selbst auch die Stimme verleiht. Zu Weihnachten 1972 wurde Wum dann zum Gesangsstar: Mit dem Titel Ich wünsch' mir 'ne kleine Miezekatze war er so erfolgreich, dass er für neun Wochen die Spitze der deutschen Hitparade innehielt. Dabei handelte es sich bei Wums Gesang um von Bülows Sprechgesang. Wum blieb auch in der Nachfolgesendung Der große Preis über all die Jahre bis in die 1990er-Jahre hinein als Pausencartoon erhalten, bald schon als Duo zusammen mit dem Elefanten Wendelin und später mit einem Außerirdischen, der mit seiner Untertasse einschwebt, dem Blauen Klaus. Alle Sketche wurden von Loriot geschrieben, gezeichnet und gesprochen und endeten mit einer Aufforderung an die Zuschauer, sich an der Fernseh-Lotterie zu beteiligen. Mit dem Ende von Der große Preis endeten auch die Abenteuer von Wum und Wendelin.

1976 entstand die sechsteilige Fernsehserie Loriot, in der er sowohl gezeichnete wie auch selbst gespielte Sketche (letztere oft zusammen mit seiner idealen Partnerin Evelyn Hamann) präsentiert. Diese Sketche erlangten einen legendären Ruhm in Deutschland, wurden noch 25 Jahre später regelmäßig wiederholt und sind inzwischen komplett auf DVD erhältlich.

Eine besondere Liebe verbindet Loriot auch mit der klassischen Musik und der Oper. 1982 dirigierte er das humoristische Festkonzert zum 100sten Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er auch durch familiäre Beziehungen verbunden ist (Hans Guido von Bülow, der erste Chefdirigent der Philharmoniker, war ein entfernter Verwandter von Loriot). Seine Erzählfassung von Camille Saint-Saëns' Karneval der Tiere führte Loriot wiederholt mit dem Scharoun Ensemble auf, einem Kammermusikensemble aus Musikern der Berliner Philharmoniker. Als Opernregisseur inszenierte Loriot Friedrich von Flotows Martha (Stuttgart) und Carl Maria von Webers Der Freischütz (Ludwigsburg).

1988 drehte Loriot als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller den Film Ödipussi, 1990 folgte dann Pappa ante Portas.

Loriot ist seit 2001 Ehrendoktor der Bergischen Universität Wuppertal, Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern (1998), des bayerischen Verdienstordens (1980), sowie etlicher Fernseh-, Film- und anderer Kulturpreise (Telestar 1986, Critici in erba 1986, Goldene Leinwand). Er wurde 1993 Ehrenbürger der Städte Brandenburg und Münster sowie in seiner Wahlheimat Münsing a. Starnberger See. Er ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (seit 1993) und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg (seit 1997). Im Juni 2003 wurde er Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin für das Fach Theaterkünste. Am 30. Oktober 2004 erhielt er den Jacob-Grimm-Preis.

Künstlerische Handschrift

Loriots Cartoons leben vom Kontrast zwischen der dargestellten Situation, der dabei zur Schau getragenen Würde der Knollenmännchen und den Legendentexten. Eines dieser Elemente fällt immer aus dem Rahmen, etwa der Legendentext „Wir fordern die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, auch wenn der Säugling dabei vorübergehend an Gewicht verlieren sollte“, unter der Darstellung eines sich distinguiert ein Kleinkind an die Brust legenden knollennasigen Herren. Themen der Cartoons sind insbesondere das Alltagsleben, Szenen aus Familie und der bürgerlichen Gesellschaft.

Werke

Bekannte Sketche

  • Opa Hoppenstedt kauft im Spielzeugladen ein, dies ist die Vorgeschichte zu Weihnachten bei Hoppenstedts ("Hat ihr Enkel einen Zipfel?")
  • Weihnachten bei Hoppenstedts („Dicki sagt jetzt ein Geicht auf.": "Zickezacke Hühnerkacke!“, „Wir bauen uns ein Atomkraftwerk, und wenn wir es falsch machen, dann macht es Puff!“; „Früher war mehr Lametta!“)
  • Das Jodeldiplom („Holleri du dödl di, diri diri dudl dö“)
  • Auf der Straße („Benötigen Sie einen Weihnachtsmann? Ich bin Student ... “)
  • Die Steinlaus (Grzimek-Parodie)
  • Der Lottogewinner („Ich heiße Erwin Lottemann ...“)
  • Kosakenzipfel („Man sollte eben auf Campingplätzen keine Bekanntschaften machen!“)
  • Die Nudelkrise („Es gibt keine linke und keine rechte Nudel. Es gibt nur eine, deutsche Nudel!“)
  • Zimmerverwüstung („Das Bild hängt schief!“)
  • Das Klavier („Ein Klavier, ein Klavier!“)
  • Skat („Ich kann Buben und Damen so schlecht auseinanderhalten ...“)
  • Schmeckt’s? („Sie haben mir ins Essen gequatscht!“)
  • Liebe im Büro („Sie machen mich ganz verrückt, Herr Meltzer!“, „Es muss gehen, andere tun es doch auch!“)
  • Vertreterbesuch („Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann!“, „Abgezapft und originalverkorkt von der Firma Pahlhuber und Söhne!“)
  • Deutsch für Ausländer (Ehefrau mit einem Mann im Bett: „Mein Mann heißt Viktor“ – Mann: „Ich heiße Bernhard“; Ehemann tritt ins Schlafzimmer: „Ich heiße Viktor. Das ist meine Aktentasche.“)
  • Die zwei Cousinen („Gwyneth Molesworth hatte für Lord Hesketh-Fortescue in Nether Addlethorpe einen Schlipth ... Verzeihung ...“)
  • Bratfett und Geselligkeit: Salamo-Konzert („Es musste heißen: Brat fettlos mit Salamo-Bratfett ohne. Aber es stand geschrieben: O mo ne la sa mit brat brat ... äh nein ...“).
  • Das Filmmonster („Wie – abnehmen? Was für eine Maske?“)
  • K 2000 („... Kompaktschutzraum mit einer Essensration, die ... äh ... zirkuliert ...“)
  • Liebesbriefe (unter der Verwendung des Stückes „Liebesleid“ von Fritz Kreisler)
  • Die Bundestagsrede („Politik bedeutet - und davon sollte man ausgehen - das ist doch - ohne darum herumzureden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden.“)
  • Der Astronaut („Was war denn nun die größte Entfernung von der Erdoberfläche, in der Sie bisher gearbeitet haben?“ – „Also, wir arbeiten jetzt im dritten Obergeschoss.“)
  • Der 7. Sinn: Tipps zur Autopflege im Winter („... verklemmte Achsschenkelbolzen mit Daumen und Zeigefinger vorsichtig lösen ...“)
  • Liebeserklärung mit Nudel im Gesicht: („... Sie haben da was ...“ – „Bitte sagen Sie jetzt nichts ...“)
  • Im Flugzeug: („... Wir bekommen jetzt einen Lunch ...“)
  • Im Flughafen bei der Gepäckausgabe, 20 Herren mit gleich aussehenden Koffern: („... Sind das Ihre Zeitschriften?“)
  • Der Bettenkauf ("Wir sind nicht verheiratet.": "Und wozu brauchen Sie dann ein Ehebett?", "Wenn meine Frau aufwacht hat sie immer gerne etwas Tee und Gebäck.")
  • Advent-Gedicht ("...In dieser wunderschönen Nacht hat sie den Förster umgebracht. Er war ihr bei des Heimes Pflege seit langer Zeit schon sehr im Wege...")

Bekannte Trickfilmsketche

  • Das Frühstücksei ("Berta, das Ei ist hart!" - "Zu viele Eier sind gar nicht gesund.")
  • Fernsehabend ("Ich lasse mir von einem kaputten Fernseher nicht vorschreiben, wann ich ins Bett zu gehen habe!")
  • Feierabend ("Ich möchte einfach nur hier sitzen!")
  • Zwei Herren im Bad (Herr Müller-Lüdenscheidt: "Mit Ihnen teilt meine Ente das Wasser nicht!", Dr. Klöbner: "Wissen Sie eigentlich, dass viele Menschen gar kein Bad besitzen?" - Müller-Lüdenscheidt: "Ach! Sozi sind Sie wohl auch noch!")
  • Auf der Rennbahn (Tonspur: Wilhelm Bendow) "Ja, wo laufen sie denn?"
  • Der sprechende Hund ("Bello! Sach mal: Neun Nonnen holen Kohlen zum Kohlenofen")
  • Wum und Wendelin (Der große Preis)
  • Advent ("In dieser wunderschönen Nacht hat sie den Förster umgebracht")
  • Der Familienbenutzer ("Sie sollen den Familienbenutzer als Benutzer gebrauchen!")
  • Die Comedian Harmonists ("Halthalthalt!")

Bücher

  • Reinhold Das Nashorn (1954)
  • Auf den Hund gekommen (1954)
  • Unentbehrlicher Ratgeber für das Benehmen in feiner Gesellschaft (1955)
  • Glücklich auf den Leim gegangen (1956)
  • Wie wird man reich, schlank und prominent? (1956)
  • Wie gewinnt man eine Wahl? (1957)
  • Der gute Ton (1957)
  • Der Weg zum Erfolg (1958)
  • Wahre Geschichten (1959)
  • Für den Fall (1960)
  • Umgang mit Tieren (1962)
  • Nimm´s leicht (1962)
  • Loriots Wegweiser zum Erfolg (1963)
  • Der gute Geschmack (1964)
  • Neue Lebenskunst in Wort und Bild (1966)
  • Loriots großer Ratgeber (1968)
  • Loriots Tagebuch (1970)
  • Loriots kleine Prosa (1971)
  • Loriots kleiner Ratgeber (1971)
  • Loriots Wum und Wendelin (1977)
  • Loriots Mini-Ratgeber (1980)
  • Die Ehe für Anfängerinnen (1981)
  • Loriots dramatische Werke (1981)
  • Möpse und Menschen (1983)
  • Szenen einer Ehe (1986)
  • Loriots kleines Tierleben von B bis Z (1986)
  • Loriot (1988)
  • Loriots Ödipussi (1988)
  • Pappa ante portas (1991)
  • Herren im Bad (1997)
  • Enkel für Anfänger (1998)
  • Große Deutsche (1998)

Kino/Fernsehen

Theater/Oper

Siehe auch