Stechmückenbekämpfung

Unter Stechmückenbekämpfung versteht man die Kontrolle und Bekämpfung von Stechmücken als Plage, sei es auf Grund der Vektoreigenschaft als Krankheitsüberträger oder schon durch massenhaftes Auftreten selbst und der damit einhergehenden Stechaktivität, die die Lebensqualität in der Nähe von Brutplätzen erheblich beeinträchtigen kann. Massnahmen zur Bekämpfung der Stechmücken können dabei sowohl passive Schutzmassnahmen als auch direktes Vorgehen gegen Larven, Puppen oder der flugfähigen Imagines beinhalten.
Bekämpfungsmethoden

Einen historischen Einblick zu den Methoden der Bekämpfung der Stechmücken, vor allem auch als Krankheitsvektoren bietet ein Blick ins Deutsche Koloniallexikon unter dem Stichwort Malaria. Angepasst finden einige der dort vermerkten Methoden auch heute noch Anwendung. Wo epidemologische Probleme nicht im Vordergrund stehen, ist das Bekämpfungsziel heute ein Interesensausgleich zwischen dem Naturschutz zum Erhalt der Biodiversität und dem berechtigten Wunsch der Menschen auf Eindämmung der Plage zu erzielen, wie dies zum Beispiel der Paragraph 2 Aufgaben die Vereinssatzung der bedeutensten Organisation für Stechmückenbekämpfung in Deutschland, die Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage zum Ausdruck bringt: „Aufgabe der KABS ist die Eindämmung der Schnakenplage unter Schonung der Umwelt mit ökologisch vertretbaren Mitteln.“[3]. Ökologisch wertvolle Zonen, sogenannte Tabuzonen, werden, wo es möglich ist, dann teilweise weniger oder gar nicht in die Bekämpfung einbezogen.[1]
- Natürliche Bekämpfung
Zu den natürlichen Bekämpfungsmethoden zählen insbesondere die Bestandswahrung oder auch Vermehrung natürlicher Fressfeinde, unter anderen Insektenarten wie Libellen (Ordonata), Rückenschwimmer (Notonectidae), der Schwimmkäfer (Dytiscidae) und einiger Wasserfreundarten (Hydrophilidae) oder Amphibien Diese Maßnahmen fließen in ein Umweltmanagement ein, zu dem auch die Umwandlung von Überschwemmungsflächen in Dauergewässer mit einhergehendem Fischbesatz, zum Beispiel Gambusia affinis, Aphanius dispar und Ctenopharyngodon idella sowie eine Verbesserung der Abflussgräben zur früheren Entwässerung zählen kann, um den Entwicklungszyklus der Stechmücken zu unterbrechen. Im Bereich vieler Stechmückenarten wie der [[Gemeinen (s.a. Literatur)
- Chemische Bekämpfung
Die chemische Bekämpfung wird sowohl gegen fliegende Stechmücken als auch gegen Larven eingesetzt. Historisch sind Mittel wie das Floria-Insektizid und vor allem DDT bedeutsam. DDT ist heute jedoch nur noch in Ausnahmefällen und außerhalb von Europa gemäß der Stockholmer Konvention einsetzbar und wird vor allem zum Besprühen von Hauswänden verwendet, da sich Stechmücken zwischen Blutmahlzeiten auf Wände absetzen. In Deutschland kam kurzfristig das Insektizid Fenethcarb[4] zum Einsatz. Daneben wurde über einen Einsatz des Organophosphats Abate (Temefos)[5] nachgedacht.
Viele chemische Wirkstoffe erzeugen zudem schon nach kurzer Zeit Resistenzen, die eine höhere Wirkstoffausbringung oder neue Wirkstoffe verlangen, deren Entwicklung kosten- und zeitintensiv ist. Der größte Nachteil vieler chemischer Bekämpfungsmittel liegt jedoch in ihrer mangelnden artspezifischen Sensitivität, sie können also in nicht unerheblicher Weise andere Arten schädigen und teilweise zudem bspw. durch Schadstoffanreicherung (POPs) zu unabsehbaren Langzeitfolgen auch für den Menschen selbst führen können.[6]
- Physikalische (physiologische) Bekämpfung
Methoden zur Bekämpfung wurden schon im Altertum entwickelt, wozu unter anderem die Trockenlegung von Feuchtgebieten gehörten. Die Trockenlegung ist heute angesichts der ökologisch wertvollen Funktion der letzten Feuchtgebiete zumeist ausgeschlossen, da zudem viele Feuchtgebiete als Feuchtbiotope unter Schutz stehen. Im eigentlichen Sinne physikalisch ist seit Jahrhunderten die Ausbringung eines Ölfilms auf der Wasseroberfläche bekannt, welcher vor allem, morphologisch bedingt, das Atmungsorgan der Puppen verschliesst und damit zur Abtötung der Puppe durch Sauerstoffmangel führt. Vor gut einhundert Jahren wurde hierzu in Deutschland wie anderen Ländern Petroleumderrivate (Saprol) verwendet. Eine ökologisch verträglichere Variante in Form von Liparol[7], einem biologisch abbaubaren Phospholipid, hier Sojalecithin mit Paraffinzusatz als Filmmittel, wurde in Ablösung der ökologisch unvertretbaren chemischen Bekämpfung ab 1976 bis Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts verwendet. Ein wesentliches Problem der Bekämpfung, abseits der begleitenden Nebenwirkungen auf Flora und Fauna ist das vergleichsweise kurze Puppenstadium, welches zumeist nicht mehr als drei oder vier Tage andauert, was eine intensive Kontrolle der Larvenentwicklung notwendig macht, um rechtzeitig, zur Einsetzung des Puppenstadiums, und mit Aussicht auf Erfolg einzugreifen.
- Biologische Bekämpfung
Unter biologischer Bekämpfung versteht man die Verwendung von Produkten auf der Basis abgetöteter Bazillen, wobei hierbei weltweit zumeist die Variante israelensis des Bacillus thuringiensis zum Einsatz kommt, der Bacillus thuringiensis israelensis (B.t.i).[8] Dieser ist weitestgehend artspezifisch wirksam in Bezug auf Larven (Larvizid) der Familien Stechmücken und Kriebelmücken, was insbesondere auch in Afrika bei der Bekämpfung des Fadenwurms Onchocerca volvulus bedeutsam ist.[9]. Darüber hinaus wurde auch für Bacillus sphaericus eine eingeschränkte Wirksamkeit auf einige Larvenarten der Familie Stechmücken nachgewiesen.[10] Die Wirksamkeit der Präparate entsteht erst im Verdauungstrakt der Larven. Durch Verdauungsenzyme der Larve wird hierbei ein im Präparat vorhandener kristalliner Eiweißkörper umgewandelt und die entstehenden Abbauprodukte zersetzen den Verdauungstrakt der Larve selbst. Erst im Zusammenspiel mit dem Stoffwechsel der Larve selbst entfaltet sich also die giftige, tödliche Wirkung.[11] Die begleitende Forschung setzt sich seit der Einbringung proteinenzymatischer Wirkstoffe auch immer wieder mit möglichen negativen ökologischen Auswirkungen, hier vor allem der entomopathogenen Wirkung auf andere Insektenarten[8], auseinander, sowohl im Labor als auch im Freilandeinsatz. Fallstudien außerhalb der Entomologie, zum Beispiel der Einfluss auf Fische und Amphibien, sind dagegen nach wie vor spärlich. Zugleich gibt es einen Mangel an Langzeitstudien zu Auswirkungen von Bekämpfungsmassnahmen auf Nahrungsketten, ein Problem, dass jedoch intrinsisch mit der Frage nach der Berechtigung zur Bekämpfung von Plagen auftaucht, unabhängig von der Methode und damit auch ethische Fragen im Sinne einer Güterabwägung berührt.[12]
- Genetische Bekämpfung
Ideen zur indirekten genetischen oder fortpflanzungsbezogenen Bekämpfung tauchten schon als alternative Idee zur chemischen Bekämpfung Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts auf. So wurde damals über die Hormonausbringung nachgedacht, um die männlichen Stechmücken steril zu machen und an der Fortpflanzung zu hindern. Mit dem Fortschreiten der Forschung werden heute Methoden der direkten genetischen Manipulation erforscht.[13] Dies geschieht jedoch zumeist im Zusammenhang von Stechmückenarten als Krankheitsüberträger, da die Übertragung vieler Krankheitserreger durch Stechmücken eine Eigeninfektion und Reproduktion der Krankheitsüberträger in der Stechmücke als Wirt voraussetzt. Das Ziel der neueren Forschung ist es, die Stechmücken selbst resistent gegen die Krankheitserreger zu machen, nicht jedoch deren Fortpflanzung selbst zu beeinträchtigen, um den ökologischen Eingriff zu minimieren.
- Sonstige
Ne
Quellen
- ↑ a b Echo-Online: Unterschriftenaktion gegen die Kühlkopf-Tabuzone. 12. November 2010
- ↑ Deutsches Koloniallexikon Tafel 121
- ↑ Vereinssatzung der KABS
- ↑ EU Patent
- ↑ MeSH Descriptor Data
- ↑ Becker, N., Petric, D., Zgomba, M., Boase, C., Madon, M., Dahl, C., Kaiser, A.: Mosquitos and Their Control. 2. Aufl. 2010. S. 441-475.
- ↑ Schnettler, W., Engler, S. (1978): Oberflächenfilme zur Bekämpfung von Stechmücken. In: Döhring, E., Inglisch, I. (Hrsg.): Probleme der Insekten- und Zeckenbekämpfung. S. 115-121.
- ↑ a b Boonserm, P., Davis, P., Ellar, D. J., Li, J. (2005): Crystal Structure of the Mosquito-larvicidal Toxin Cry4Ba and Its Biological Implications'. In: J. Mol. Biol. 348. S.363-382.
- ↑ WHO Onchocerciasis Control Programme in West Africa (OCP)
- ↑ Lacey, L.A., Merrit, R. W. (2003): The Safety of Bacterial Microbial Agents used for Black Fly and Mosquito Control Lacey. In: „Assessment of Environmental Safety of Biological Insecticides“ (H. Hokkanen and A. Hajek, eds.). Dordrecht, Netherlands. S.2.
- ↑ Scholl. E.: Erarbeitung von Richtlinien für die integrierte Schädlingsbekämpfung im nichtagrarischen Bereich (außer Holzschädlinge). UMWELTFORSCHUNGSPLAN DES BUNDESMINISTERS FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT - Umweltgerechte(r) Schädlingsbekämpfung und Pflanzenschutz - Forschungsbericht 126 06 011 UBA I 4. 7. 1995.
- ↑ Lacey, L.A., Merrit, R. W. (2003): The Safety of Bacterial Microbial Agents used for Black Fly and Mosquito Control Lacey. In: „Assessment of Environmental Safety of Biological Insecticides“ (H. Hokkanen and A. Hajek, eds.). Dordrecht, Netherlands.
- ↑ Thailayil, J, Magnusson, K., Godfray, H. C., Crisanti, A., Catteruccia, F. (2011):Spermless males elicit large-scale female responses to mating in the malaria mosquito Anopheles gambiae. In: PNAS 2011 108:13677-13681.