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Bologna-Prozess

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Als Bologna-Prozess wird die Umsetzung einer am 19. Juni 1999 von 29 Staats- und Regierungschefs in Bologna unterzeichneten Erklärung beschrieben, die auf die Harmonisierung und Internationalisierung des europäischen Hochschulraumes zielt. Heute beteiligen sich am Bologna-Prozess 45 Länder, womit diese Entwicklung weit über die 25 EU-Länder hinaus geht.


Geschichte

Der Bologna-Erklärung vorausgegangen war bereits 1988 die Magna Carta Universitatum, in der eine Reihe europäischer Hochschulrektoren Forderungen zur europäischen Hochschulentwicklung bis zum Jahrtausendwechsel formuliert hatten (u.a. die Autonomie der Hochschulen, Lehre und Forschung als integrale und untrennbare Aufgaben der Hochschulen sowie die Freiheit der Lehre und Forschung). Auch das Lissabon-Abkommen von 1997 zur einheitlichen Anerkennung formaler Qualifikationen im Bildungsbereich, sowie das im gleichen Jahr von der Europäischen Union beschlossene Sokrates-Programm zur Förderung der Mobilität von Studierenden und Schaffung eines europäischen Hochschulnetzwerks bereiteten den Weg für Bologna vor.

Unmittelbar ging die Bologna-Erklärung aber aus der Sorbonne-Erklärung vom 25. Mai 1998 hervor, die von den Bildungsministern Großbritanniens, Italiens, Frankreichs und Deutschlands unterzeichnet wurde. In ihr vereinbarten die beteiligten Staaten die Schaffung eines Netzwerks zur Anerkennung europäischer Abschlüsse, die Einführung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen (undergraduates/graduates), sowie eine Steigerung der Mobilität von Wissenschaftlern und Studierenden. Nach dem Willen der Unterzeichner sollten sich andere europäische Staaten der Erklärung anschließen, auf Grund intensiver Diskussionen über die Inhalte und Ziele europäischer Hochschulbildungspolitik wurde jedoch das Treffen in Bologna vereinbart, auf dem die nationalen Regierungen die neue Konvention beschlossen.

Ziele

Die Hauptziele des Bologna-Prozesses umfassen zehn Schwerpunkte:

  • die Schaffung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, auch durch die Einführung des Diplomzusatzes (Diploma Supplement)
  • die Schaffung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen (konsekutive Studiengänge, undergraduate/graduate, derzeit insbesondere Bachelor und Master)
  • die Einführung eines Leistungspunktesystems, dem European Credit Transfer System (ECTS), und Modularisierung
  • die Förderung der Mobilität durch Beseitigung von Mobilitätshemmnissen; dies meint nicht nur räumliche Mobilität, sondern auch kulturelle Kompetenzen, Mobilität zwischen Hochschulen und Bildungsgängen oder lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen
  • Qualitätsentwicklung der Hochschulausbildung durch Fakultätsentwicklung, Akkreditierung der Studiengänge, Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der Qualitätsentwicklung.
  • die Förderung der europäischen Dimension in der Hochschulausbildung.
  • das lebenslange bzw. lebensbegleitende Lernen
  • die studentische Beteiligung
  • die Förderung der Attraktivität des europäischen Hochschulraumes
  • die Verzahung des europäischen Hochschulraumes mit dem europäischen Forschungsraum, insbesondere durch die Eingliederung von Doktoratsstudien in den Bologna Prozess

Ein weiteres Ziel ist die Integration der sozialen Dimension, sie wird als übergreifende Maßnahme verstanden und bildet somit keinen eigenen Schwerpunkt.

Organisation

Die Erklärung wird durch alle zwei Jahre durchgeführte "Bologna-follow-up-Konferenzen" der Bildungsministerinnen und -minister weiterentwickelt. Diese fanden 2001 in Prag, 2003 in Berlin und 2005 in Bergen statt, die nächste Follow up Konferenz wird 2007 in London stattfinden.

Die Aufgabe der Bologna Follow Up Group (BFUG) ist in regelmäßigen Treffen Texte und Schwerpunkte für die nächste Bologna-follow-up-Konferenz vorzubereiten.

Neben Vertretern der Signaturstaaten auf Beamtenebene ist auch die Europäische Kommission Vollmitglied in der Bologna Follow-Up Group. Sogenannte konsultative Mitglieder sind EUA (Verband der Universitäten) und ESIB (Europäische Dachverband der Hochschülerschaften), EURASHE, EI (Education International, Zusammenschluß von Gewerkschaften im Bildungsbereich), ENQA (Europäische Qualitätssicherungsagentur), UNICE, der Europarat und UNESCO.l

Weitere Organisationen wie EURODOC, Forschungszentrum caesar oder SEFI wirken am Bologna Prozess mit, in dem sie Empfehlungen für einzelne Bereiche ausarbeiten.

Auswirkungen

Der Bologna-Prozess und die sich anschließenden Erklärungen von Prag, Berlin und Bergen sind keine verbindlich getroffenen Verträge oder Absprachen, sondern lediglich Absichtserklärungen der beteiligten Staaten. Trotzdem hat der Prozess in ganz Europa zu sehr umfangreichen und in Quantität wie Qualität einmaligen Reformen der nationalen Hochschulsysteme geführt. Dies führte in vielen Staaten zu teilweise erheblichen Widerständen seitens der Hochschulen, Lehrkräfte und Studierenden aber auch der Politik (im Fall Deutschlands z.B. der Bundesländer, die durch den Prozess ihre Autonomie im Bildungsbereich verletzt sahen). In der Zwischenzeit sind die meisten dieser Proteste aufgrund der allgemein akzeptierten Unwiderrufbarkeit des Prozesses jedoch schwächer geworden. Die Kritik an der konkreten Umsetzung setzt sich jedoch fort oder hat gar zugenommen.

Siehe auch

  • Deutschland:
Homepage der KMK
TU-9: Initiative der neun größten Technischen Universitäten Deutschlands