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Wertschöpfungsabgabe

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Wertschöpfungsabgabe ist eine von dem damaligen österreichischen Sozialminister Alfred Dallinger vorgeschlagene Besteuerung der Wertschöpfung zur Finanzierung der Sozialkosten. Sie soll die durch zunehmende Verlagerung von personalintensiver Produktion hin zur Automatisierung verbundenen Abgänge in der Sozialversicherung ausgleichen.

Ansatzpunkt ist der Gedanke, dass eine direkte Belastung der Personalkosten für die Sozialversicherung kontraproduktiv zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Der dadurch entstehenden beschäftigungspolitischen Wirkung soll gegengesteuert werden.

Dies kann durch eine Bürgerversicherung geschehen. Durch die Einbeziehung aller Erwerbstätigen und weiterer Einkommensarten sowie durch die Anhebung oder Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze sollen die Sozialversicherungsbeiträge und damit die Arbeitskosten deutlich gesenkt werden können.

Die Wertschöpfungsabgabe entspringt dem Standpunkt, dass eine Entkoppelung der Sozialversicherungsbeiträge von den Bruttolöhnen und -gehältern dahingehend konsequenter ist. Wenn die Wertschöpfungsabgabe auf die Wertschöpfung je Mitarbeiter (Cash Flow pro Mitarbeiter) erhoben wird, dann werden personalintensive Unternehmen weniger belastet als kapitalintensive Unternehmen.

Beispiel

Zwei Unternehmen erzielen die gleiche Wertschöpfung; eines mit 100 Mitarbeitern, das andere mit 200 Mitarbeitern. Das Unternehmen mit 200 Mitarbeitern würde steuerlich weniger belastet, da es zusätzlich zur eigenen Wertschöpfung mehr Steuerzahler beschäftigt als das Unternehmen mit 100 Mitarbeitern.

Wertschöpfungsabgabe in Deutschland

Die Wertschöpfungsabgabe wird in Deutschland im Rahmen der Bürgerversicherung diskutiert und soll dort integriert werden. Zusätzlich werden bei der Bürgerversicherung weitere Einkommensarten einbezogen, so dass die Wertschöpfungsabgabe die Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beiträge partiell ersetzt, die Bürgerversicherung sich jedoch auch auf den Personenkreis der Nicht-Erwerbstätigen bezieht.

Die Wertschöpfungsabgabe wurde früher in eingeschänkter Weise als Maschinensteuer diskutiert, allerdings sollte diese nicht anhand des Pro-Kopf-Cash-Flows berechnet werden.

Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe ist eine zentrale Forderung der Linkspartei im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005.

Kritik

Die Wertschöpfungsabgabe verkennt die Möglichkeit, Kapitalsteuern zu erhöhen um Sozialkosten zu finanzieren. Die Sozialkosten sollen durch einen künstlichen Zwang zu mehr Arbeitnehmern abgebaut werden.

In einigen Ländern, wie zum Beispiel England, hat die Wertschöpfungsabgabe dazu geführt, dass Arbeitsplätze gerade dort geschaffen wurden, wo in Deutschland längst Maschinen eingesetzt wurden, z.B. Fahrkartenverkäufer in jeder Busbahn. Der Lohn der Fahrkartenverkäufer war vorher der Gewinn, den der Automat erzielte; dieser Lohn könnte einem arbeitslosen Fahrkartenverkäufer zumindest statistisch in gleicher Höhe in Form von Sozialleistungen zur Verfügung gestellt werden, falls eine entsprechende Besteuerung bestünde.

Es könnte der Eindruck entstehen, dass es um die Frage geht, was sinnvoller ist: Sozialleistungen ohne Gegenleistung aus Kapitalsteueren zu zahlen oder stattdessen Jobs zu schaffen für Löhne in gleicher Höhe durch die Subventionen bzw. aus den verzichteten Kapitalsteuern, die vorher jedoch eine Maschine machte. Eher sollte es jedoch darum gehen, Strukturwandel durch Automatisierung abzufedern. Und auch darum, Nachfrage in Richtung Konsum von personalintensiven Waren, wie z.B. Gesundheitsdienste, Bildung und Sozialarbeit, zu lenken.

Literatur

  • Bauer, Manfred: Wertschöpfungsabgabe - Sprachdenkmal oder politisches Projekt mit Zukunft? Wien : Verlag des ÖGB. 2004, ISBN: 3-7035-1014-5
  • Schmadlbauer, Harald: Wertschöpfungsabgabe: Sinnvolle Ergänzung oder Alternative zur Finanzierung der Sozialversicherung? (http://www.ooegkk.at/mediaDB/88304.PDF)