Zum Inhalt springen

Litauen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Oktober 2005 um 12:19 Uhr durch 212.17.79.210 (Diskussion) (revert weblink). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Lietuvos Respublika
Republik Litauen
Flagge Litauens
Flagge Litauens

(Details)

(Details)
Amtssprache Litauisch
Hauptstadt Vilnius (Wilna)
Präsident Valdas Adamkus
Ministerpräsident Algirdas Mykolas
Brazauskas
Fläche 65.301 km²
Einwohnerzahl 3.440.600
(Stand Februar 2005)
Bevölkerungsdichte 53 Einwohner je km²
BIP/Einwohner 5.267 US-$ (2004)
Gründung 16. Februar 1918 (Deklaration); 6. September 1991 (Wiedererlangung)
Währung Litas
Zeitzone UTC+2
Nationalhymne Tautiška Giesmė
Autokennzeichen LT
Internet-TLD .lt
Vorwahl +370
Lage von Litauen in Europa
Lage von Litauen in Europa
Karte Litauens
Karte Litauens

Litauen (litauisch Lietuva) gehört zu den drei baltischen Staaten innerhalb Nordeuropas. Litauen grenzt im Norden an Lettland (Grenzlänge 610 km), im Osten an Weißrussland (724 km), im Südwesten an die russische Oblast Kaliningrad (303 km) mit dessen Hauptstadt Kaliningrad (Königsberg), im Süden auf einem relativ kurzen Stück an Polen (110 km) und im Westen an die Ostsee (99 km).

Geographie

Datei:Kulturregionen Litauens.png
Die Regionen Litauens

Die Litauer teilen ihr Land in vier historische Regionen, die sich hinsichtlich Tradition, Dialekt und Landschaftsbild unterscheiden. Es sind dies: die Aukštaitija (Aukschtaitien/Oberlitauen) im Nordosten bis hinunter zur Hauptstadt Vilnius/Wilna, die größte der vier Regionen, die Žemaitija (Schemaitien/Niederlitauen) im Nordwesten mit einem starken eigenen Dialekt, die traditionell sehr wohlhabende Suvalkija im Südwesten und die traditionell eher arme Dzukija im Süden. Eine fünfte Region, die aber heute in Litauen meistens als Teil von Niederlitauen angesehen wird, bildet Kleinlitauen (Mažoji Lietuva, auf der Karte hellblau), das den äußersten westlichen Streifen Litauens bildet und bis 1918 als Teil Ostpreußens zum Deutschen Reich gehörte. Hier, nördlich und südlich der Hafenstadt Klaipėda (Memel), grenzt Litauen mit kilometerlangen feinen Sandstränden und Dünen an die Ostsee. Nach Osten hin setzt sich die Landschaft als leicht gewellte Moränenlandschaft fort, unterteilt in die Žemaitija (Schemaitien/Niederlitauen, auf der Karte rot) im Westen und die Aukštaitija (Aukschtaitien/Oberlitauen, auf der Karte grün) im Osten. Die Aukštaitija ist im Grenzgebiet zu Weißrussland sehr hügelig und seenreich, im Zentrum dieser Gegend liegt der Aukštaitija-Nationalpark. Der an Polen grenzende Teil im Süden Litauens wird als Suvalkija bezeichnet (rund um Marijampolė, auf der Karte blau). Dies ist, zusammen mit der zentralen Ebene zwischen Panevėžys und Kaunas, der landwirtschaftlich am intensivsten genutzte Teil Litauens. Östlich der Suvalkija bildet die waldreiche Dzūkija (auf der Karte gelb) die Grenze zu Weißrussland.

Von dort erreicht der Fluss Nemunas (dt. Memel) beim Kurort Druskininkai litauisches Territorium. Mit 475 Kilometern Länge (Gesamtlänge 937 km) ist er Litauens größter Fluss und bildet auf seinen letzten 200 Kilometern die Grenze zur russischen Oblast Kaliningrad (nördlicher Teil des früheren Ostpreußen), bevor er bei Rusnė ins Kurische Haff mündet. Etwas nördlich der Hauptstadt Wilna befindet sich eine Stelle, die den Anspruch erhebt, der geographische Mittelpunkt Europas zu sein. Die beiden größten Städte Litauens, Vilnius und Kaunas, sind nicht Zentrum jeweiliger ethnographischer Regionen, sondern liegen an ihrem Übergang

Datei:Klima kaunas.png
Klimadiagramm Kaunas

Siehe auch: Städte in Litauen

Bevölkerung

Der mit Abstand größte Teil der Bevölkerung besteht aus Litauern. Jedoch gibt es im Land auch nationale Minderheiten. Die russischsprachige Minderheit ist zumeist während des Zweiten Weltkriegs nach Litauen gekommen, nachdem das Land von der Sowjetunion besetzt worden war, und konzentriert sich auf die Hauptstadt Wilna sowie die Hafenstadt Klaipeda (Memel) und die umliegende Region Kleinlitauen (Mažoji Lietuva), so dass hier häufig Russisch zu hören ist. Während Russisch bei älteren Litauern (>30 Jahre) als Lingua Franca gelten kann, sprechen jüngere Litauer eher/lieber Englisch als Russisch.

In Klaipeda und v. a. auf der Kurischen Nehrung (Neringa) finden sich auch einige Litauer, die noch Deutsch sprechen. Polnisch ist im östlichen Teil, besonders in den ländlichen Regionen um Wilna und im Gebiet um die Ortschaft Dieveniškės, häufig anzutreffen, da dort trotz der Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg eine große polnische Minderheit lebt. Durch die jahrhundertlange Präsenz des Russischen in Litauen hat sich das von den Polen gesprochene Polnisch stark mit russischen Wörtern und Ausdrücken vermischt.

Von den knapp 3,5 Millionen Einwohnern sind 83,5 % Litauer, 6,75 % Polen, 6,3 % Russen, 1,2 % Weißrussen und 0,65 % Ukrainer (Zensus des Statistischen Amtes Litauens vom April 2001).

Sprachen

Das Litauische ist eine der ältesten Sprachen Europas, es gehört zum Stamm der baltischen Sprachen, die bis auf das Litauische und Lettische ausgestorben sind und soll der Indoeuropäischen Ursprache von allen noch lebenden Sprachen am ähnlichsten sein.

Religion

Der Großteil der Litauer sind römisch-katholisch 79%, etwa 4.1% sind russisch-Orthodox, Protestanten machen in etwa 1.9% aus.

Persönlichkeiten

Liste bedeutender Litauer

Geschichte

Siehe Geschichte Litauens

Politisches System

Staatsorganisation

Litauen ist eine parlamentarische Demokratie mit präsidialer Herrschaft. Hauptstadt und Regierungssitz der Republik Litauen ist Vilnius. Nach Verfassung ist die Republik Litauen eine demokratische und rechtsstaatliche Republik. Es gibt 10 Verwaltungsbezirke ( Landkreise), die wiederum in Bezirke (Stadtverwaltungen und Landgemeinden) untergliedert sind. Die staatliche Ordnung regelt die Verfassung Litauens.

Präsident

Staatsoberhaupt ist der Präsident mit repräsentativen Aufgaben. Protokollarisch gesehen folgen ihm der Parlamentsvorsitzende Seimas', der Ministerpräsident, die gemäß der Verfassung in Nichtabwesenheit des Präsidenten die Republik Litauen (im Inland) leiten und bzw. gegenüber den ausländischen Staatsgästen vertreten können.

Parlament

Als Einheitsstaat ist Litauen einheitlich organisiert. Es gibt aber zwei Ebenen im Politischen System: die staatliche (nationale) Ebene, die den Gesamtstaat Litauen nach außen vertritt, und die Gemeindeebene, die in jeder Landesgemeinde einzeln existiert. Jede Ebene besitzt eigene Institutionen der Exekutive (ausführende Gewalt), Legislative (gesetzgebende Gewalt (Seimas) oder Satzungbefugnis (Landesgemeinden). Die nationale Ebene besitzt auch Judikative (rechtsprechende Gewalt) auf dem gesamten Staatsgebiet.

Siehe auch: Gewaltenteilung

Seimas Litauens entscheidet über die Gesetze der Republik und hat die Befugnis mit Zweidrittelmehrheit die Verfassung zu ändern. In den Landesgemeinden entscheiden die Gemeinderäte (Gemeinderat über die Satzungen ihrer Gemeinde. Die Abgeordneten des Parlaments (Seimo nariai) und Mitglieder der Gemeinderäte (savivaldybes tarybos nariai) nach der Verfassung sind nicht weisungsgebunden. Vorentscheidungen in den Parteien dominieren die Gesetzgebung.

Weblinks: Current List of MEPs from Lithuania

Die Exekutive bildet auf Nationalebene die Regierung, die durch den Ministerpräsident geleitet wird. Auf der Ebene der Landesgemeinde leitet der Bürgermeister die Exekutive (Vorstand der Landesgemeinde).

Regierung

Der Regierungschef Litauens ist der Ministerpräsident. Er besitzt die Richtlinienkompetenz für die Politik der Regierung.

Die Verwaltung Litauens wird jeweils durch die Fachminister geleitet, sie stehen an der Spitze des Ministeriums und anderer Behörden wie Departamente, Inspektionen, Ämter (Finanzamt, Steuerinspektion (Valstybinė mokesčių inspekcija).

Verwaltungsgliederung

Datei:VisosLietuvosApskritys.png
Die 10 Distrikte Litauens

Litauen besteht aus 10 Distrikten, Landkreisen (lit.: apskritys, Singular: apskritis), die jeweils nach ihrer Hauptstadt benannt sind (in Klammern Verwaltungssitze und geographische Lage):

  1. Distrikt Alytus (Alytus, Süden)
  2. Distrikt Kaunas (Kaunas, südliches Zentrum)
  3. Distrikt Klaipėda (Klaipėda, Westen, Küste)
  4. Distrikt Marijampolė (Marijampolė, Südwesten)
  5. Distrikt Panevėžys (Panevėžys, nordöstliches Zentrum)
  6. Distrikt Šiauliai (Šiauliai, nordwestliches Zentrum)
  7. Distrikt Tauragė (Tauragė, Westen)
  8. Distrikt Telšiai (Telšiai, Nordwesten)
  9. Distrikt Utena (Utena, Nordosten)
  10. Distrikt Vilnius (Vilnius, Wilna, Osten)

Die zehn Distrikte werden schließlich in Bezirke unterteilt. Einige Städte gehören keinem dieser Bezirke an, sondern bilden einen eigenständigen Stadtbezirk.

Lobby

Verbände im politischen System spielen eine nicht so wichtige Rolle wie in anderen Ländern (Deutschland, Frankreich). Die Gewerkschaften haben sehr geringe Bedeutung im politischen und sozialen Leben.

Die Lobbyarbeit realisiert man durch private, gesellschaftliche (e.V.) und andere Bekanntschaften, um wichtige Entscheidungen in die Richtung ihrer Interessen zu beeinflüssen. Litauen ist ein kleines Land, wo verschiedene öffentliche und private Tätigkeiten manchmal den Bezug aufeinander haben. Die Zulässigkeit dieser Tätigkeiten ist nicht unumstritten und unterliegt häufiger Kritik insbesondere der durch solche Lobbyarbeit jeweils negativ betroffene öffentliche Interessen.

Parteienlandschaft

  • Darbo partija (DP) Arbeitspartei
  • Liberalų ir Centro Sąjunga (LiCS) (Liberale)
  • Liberdemokratų partija (LDP) (Liberale)
  • Lietuvos Krikščionys Demokratai (LKD) (Christdemokraten)
  • Lietuvos Socialdemokratų Partija (LSDP) (Sozialisten)
  • Naujoji Sajunga - Socialliberalai (NS) (Sozialliberale)
  • Tėvynės Sąjunga (TS), Heimat Union (Konservatoren)

Außenpolitik

Litauen ist Mitglied vieler internationalen Organisationen. Die wichtigsten Leitlinien litauischer Außenpolitik sind die Westbindung, die transantlantische und europäische Integration, regionale Stabilität in Europa.

Während des Konfliktes um die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im November/Dezember 2004 engagierte sich der litauische Präsident Valdas Adamkus mit polnischem Präsidenten Aleksander Kwaśniewski als Vermittler zwischen den Konfliktparteien, während die baltische, polnische Öffentlichkeit und die Medien in noch nie dagewesenem Ausmaß Solidarität mit Wiktor Juschtschenko übten.

Seit dem 29. März 2004 ist Litauen Mitglied der NATO und seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der EU. Es wird am 1. Januar 2007 voraussichtlich Mitglied der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und am 1. Januar 2008 dem Schengener Raum beitreten.

Sicherheitspolitik

Zentraler Aspekt für die Sicherheitspolitik und Ausdruck der Westbindung ist die Mitgliedschaft in der NATO, der Litauen 2004 beitrat.

Weblinks: http://www.urm.lt

Militär

Teilnahme an Internationalen Friedensaktionen in Kosovo, Afghanistan, Kooperationen mit der NATO (BALTRON) mit den benachbarten baltischen Staaten (BALTBAT) und mit Polen, LITPOLBAT ( 780 Männer Bataillon mit Stabs-HQ in Orzysz, Polen).

Bei der Minensuche (Ostsee) arbeiten die Streitkräfte Litauens eng mit Belgien, Estland, Frankreich, Deutschland, Lettland, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Großbritannien zusammen.

Weblinks:

Recht

Geschichte

  • Statuten Litauens: Rechtskodifikation des litauisch-polnischen Staates im XVI Jh.

Das 16. Jahrhundert war eine kulturelle Blütezeit. 1529, 1566 und 1588 wurden 3 Statuten Litauens ausgearbeitet. Sie zeugen von einer reifen Rechtskultur. Das letzte Statut von 1588 galt auf dem Gebiet des ehemaligen Großfürstentums Litauen sogar im XIX Jh., obwohl der Staat schon längst von der europäischen Landkarte verschwunden war.

Gerichtswesen

Das Verfassungsgericht wacht über die Einhaltung der Verfassung. Die Obersten Gerichtshöfe Litauens sind der Oberste Gericht 'Aukščiausiasis Teismas' (allgemeine Gerichtsbarkeit), das Oberste Verwaltungsgericht in Vilnius 'Vyriausiasis Administracinis Teismas' (verwaltungsrechtliche Gerichtsbarkeit). Der absolute Großteil der Rechtsprechung liegt in der Verantwortung der nationalen Gerichte.

Die höchsten Gerichte sind immer nur Revisionsinstanz (Kassationsinstanz) und prüfen die Entscheidungen der nationaler Gerichte (Bezirksgerichte und Amtsgerichte) auf formelle Rechtmäßigkeit.

Der Appelationshof und Bezirksgerichte prüfen die Entscheidungen auf formelle und materielle Rechtmäßigkeit (als Tatsacheninstanz).

Siehe auch: Grundgesetz.

Infrastruktur

Energie

In Litauen wird etwa 80 Prozent der nötigen Elektrizität durch das Atomkraftwerk Ignalina (Bautyp: Leichtwasserreaktor wie in Tschornobyl) produziert. Damit hat Litauen neben Frankreich momentan (Anfang 2005) den höchsten Prozentsatz an Atomstromproduktion der Welt. Nach der Abschaltung des ersten Reaktors zu Jahresbeginn 2005 soll allerdings auch der zweite (und letzte) Reaktor wegen der EU Verpflichtungen bis 2009 vom Netz.

Danach wird Litauen vom Energieexporteur zum Energieimporteur. Eine Modernisierung und Vollauslastung bestehender Kohle-/Erdölkraftwerke und Wasserkraftwerke soll allerdings den Großteil des Energiebedarfs decken können.

Erneuerbare Energien werden auch grössere Rolle spielen. Es gibt viel Potenzial bei der Energieerzeugung aus Biomasseanlagen (33 % Territorium Litauens sind Wälder).

(Siehe auch: Liste der Kernkraftanlagen)

Verkehr

Fluss Vilnia bei Wilna

Litauen verfügt über eine große Bedeutung als Transitland zwischen Mitteleuropa und Nordeuropa, zwischen der Oblast Kaliningrad und dem russischen Kernland sowie zwischen Weißrussland und Skandinavien. Die Hauptstadt Vilnius befindet sich aufgrund ihrer Nähe zur stark abgeriegelten EU-Außengrenze nach Weißrussland in einer Art "totem Winkel". Daher hat die zweitgrößte Stadt Kaunas in verkehrsplanerischer Hinsicht eine größere Bedeutung für Litauen als Vilnius.

Straße

Litauen verfügt über ein im Ausbau begriffenes Straßennetz mit den Autobahnverbindungen (Autobahnen haben in Litauen keine eigenständige Nummerierung, werden jedoch grün beschildert, während Landstraßen blau beschildert werden) WilnaKaunasKlaipėda und Wilna-Panevėžys sowie der Fernstraße E67 "Via Baltica" von Warschau über Kaunas und Riga nach Tallinn bzw. Helsinki, die langfristig zur Vollautobahn ausgebaut werden soll. Litauen besitzt außerdem eine wichtige Funktion als Erdöl-Transitland.

Schifffahrt

In Klaipeda befindet sich ein wichtiger Seehafen mit Fährverbindungen in den gesamten Ostseeraum (u. a. nach Kiel und Sassnitz) und zunehmender Bedeutung für den Frachtverkehr. Daneben ist die Memel für die Binnenschifffahrt befahrbar.

Eisenbahn

Bei Šestokai/Suwalki (PL) befindet sich ein wichtiger Eisenbahn-Grenzübergang nach Polen, der in den letzten Jahren durch die politische Situation in Weißrussland immer mehr an Bedeutung gewinnt, da die wichtigste Alternativstrecke über weißrussisches Gebiet verläuft. Die Bedeutung dieser Strecke hat sich seit der EU-Osterweiterung noch erhöht. Litauens Eisenbahn verkehrt (wie in der gesamten ehemaligen Sowjetunion und in Finnland) auf einer Spurweite von 1.524 mm (Mitteleuropa: 1.435 mm), weswegen die Züge von Polen ins Baltikum umgespurt werden müssen. Hierzu werden teilweise moderne Umspursysteme wie das polnische SUW-2000-System verwendet. Siehe Lietuvos Geležinkeliai

Überlandbusse

Für die nationale und internationale Personenbeförderung spielt aber der Autobusverkehr (z.B. Eurolines oder Ecolines) die entscheidende Rolle.

Wirtschaft

Mit dem Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft ist in Litauen ein struktureller Wandel verbunden. Dieser hat sich seit dem Beitritt des Landes zur EU im Jahr 2004 verschärft. Der befürchtete Niedergang der Landwirtschaft durch den bisher dominierende Agrarsektor wegen mangelnder Produktivität und fehlender Konkurrenzfähigkeit, aber auch wegen des ohnehin in der EU stark subventionierten Angebots, blieb allerdings aus.

Der Wegfall der Agrarzölle der EU für das Land machten Bauern und Lebensmittelindustrie Litauens zu Gewinnern der EU. So entwickelten sich z. B. Milchprodukten zu einem wichtigen Exportartikel (nach osteuropäische Länder).

Trotz eines beachtlichen wirtschaftlichen Wachstums seit 2001 ist die Arbeitslosigkeit in Litauen noch über die Grenze der natürlichen Arbeitslosigkeit und liegt z. Zt. bei 9 %.

Das grösste ökonomische Problem ist die grosse Abhängigkeit des Landes von transnationalen Energiekonzernen, von Investitionsentscheidungen der ausländischen Untermehmen, die mangelnde Kaufkraft der litauischen Haushalte aufgrund sehr geringer Löhne. Darum kann der Abbau von Industriearbeitsplätzen durch neue Dienstleistungsarbeitsplätze nur stufenweise kompensiert und erweitert werden. Zahlreiche Reformen sind nach Meinung der Wirtschaftsexperten (Institut für freien Markt, Free Market Institut) notwendig. Der Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft Litauens ist bisher noch nicht komplett verwirklicht.

Die Zukunft Litauens ist klar. Durch Integration in die transatlantische Strukturen (NATO, EU, Europarat, Ostseerat) nimmt die Bedeutung der Beziehungen zu westlichen Staaten zu. Zur Zeit deutet vieles darauf hin, dass das Land z. B. beim Durchschnittseinkommen auf lange Zeit keinen Anschluss an das westeuropäische Wohlstandsniveau finden wird.

Die Funktion als "verlängerte Werkbank" Westeuropas könnte ihm schon bald durch die EU Beitrittsländer streitig gemacht werden, in denen die Löhne noch niedriger sind (Rumänien, Bulgarien, Kroatien).

Wichtigste Exportartikel Litauens sind Maschinen, Elektroartikel, Textilien. Wichtigste Handelspartner sind die EU-Staaten, vor allem Deutschland (10 %), Lettland (9,1 %), Frankreich.

BIP

Seit der Überwindung der Russlandkrise von 1998/99 boomt die Wirtschaft aller drei baltischer Staaten. In Litauen lag der Zuwachs des BIP (real) jährlich bei über 6 %, zuletzt (2004) bei 6,7 %. Das BIP erreichte damit 17,9 Mrd. €. Daraus ergibt sich ein Pro-Kopf-BIP von 5.218 € (Deutschland: 26.400 €).

Direktinvestitionen

Die Bedeutung des EU-Beitritts für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist sehr groß. Die ausländischen Direktinvestitionen machen mit 4,7 Mrd. € (I. Quartal 2004) fast ein Drittel des jährlichen Wirtschaftsprodukts aus. Deutsche Unternehmen liegen mit einer Investitionssumme von 416 Mio. € hinter Dänemark und Schweden auf Rang 3 (10 % aller Investitionen). Große Investoren sind u. a.

  • Telekommunikation:
TeliaSonera (S/SF): Anteile an Lietuvos Telekomas (590 Mio. €, 2002) und an Omnitel
TDC (DK): Bitė GSM
Tele 2 (S)
  • Finanzwesen:
Hansapank (EE-SF): Hansabankas
Nord/LB (D): Nord/LB Lietuva
SEB (S): Vilniaus Bankas
Ergo (D/Versicherung)
  • Nahrungs- und Genussmittel
Philip Morris (USA, Zigaretten)
Carlsberg/Scottish-Newcastle über Baltic Breweries Holding (DK-UK/Brauerei): Anteile an Švyturys-Utenos
Danish Brewery Group (DK/Brauerei): Anteile an Kalnapilis-Tauras
Danisco (DK/Zucker)
Mars (USA/Tierfutter): Masterfoods
KraftFoods (USA/Süßwaren)
Coca-Cola (USA/Limonaden)
  • Energie
E.on, Ruhrgas und Gazprom (D und RU/Gas): Anteile an Lietuvos Dujos (Gasversorger)
Vattenfall (S): Anteile an Lietuvos Energija (Stromversorger)
Yukos (RU/Erdöl): Anteile an Mažeikių Nafta (Raffinerie)
Statoil (N/Erdöl): Statoil Lietuva (Tankstellen)

Handel

Die Exporte beliefen sich 2003 auf 6,71 Mio. €, die Importe auf 8,77 Mio. €. Der Außenhandel (Exporte wie Importe) hat sich damit seit 1995 verdoppelt. Das Handelsdefizit (2003) erreicht mit 2,06 Mio. € fast ein Drittel des Exportwerts, hat sich aber im Vergleich zu den Jahren der Russlandkrise, als die Absatzmärkte im Osten wegbrachen, deutlich verringert.

Hauptexportländer sind die Schweiz (Sonderfall durch Erdölexporte über Handelsfirmen mit Sitz in der Schweiz), Russland und Deutschland, wohin 10 % der Exporte gehen. Nach Russland gehen heute nur noch 10 % der Exporte - 1996 waren es noch knapp 25 %. Haupteinfuhrländer sind Russland (22 %, v. a. Rohstoffe) und Deutschland (16 %).

Staatsbudget und -defizit / Inflation

Das staatliche Budget betrug (2004) 4,2 Mrd. €. Das Wahljahr 2004 hat mit 596 Mio. € ein neues Rekorddefizit (3,3 %) markiert (Vorjahre: um die 2 %). Die Inflationsrate liegt beständig niedrig, seit 2000 bei unter 1 %, erst der EU-Beitritt führte zu einer Inflationsrate von etwa 3 %.

Liste mit Personen und Unternehmen zur litauischen Wirtschaft

Produktionszweige

Wichtige Zweige der Industrie sind

  • Maschinenbau und Fahrzeugtechnik: AB "GRAŽTAI" in Vilnius, Rokiškio mašinų gamykla in Rokiškis (Landmaschinen), Vienybė in Ukmergė, Vilma in Vilnius
  • Elektrogeräteherstellung: Snaigė in Alytus (Kühlschränke), Ekranas in Panevėžys (Bildröhren), Tauras in Šiauliai (Fernseher)
  • Metallprodukte: Vilmeta in Vilnius
  • Erdöl und Erdölverarbeitung: Mažeikių Nafta in Mažeikiai und Butingė, Geonafta in Gargždai
  • Holzverarbeitung und Möbelherstellung / Papier: Vilniaus Baldai in Vilnius, Kauno Baldai in Kaunas, Venta in Šiauliai sowie Klaipėdos Mediena in Klaipėda, die fast ausschließlich für den schwedischen Konzern IKEA produzieren, Grigiškės in Vilnius (Papier)
  • Glas und Keramik: Dvarčionių Keramika in Vilnius, Panevėžio Stiklas in Panevėžys
  • Textilindustrie: Alytaus Tekstilė in Alytus, Audejas in Vilnius, Drobė in Kaunas, Kauno audiniai in Kaunas, Linas in Panevėžys (Leinen), Utenos Trikotažas in Utena, Korelita in Kaunas (Chemiefasern), Vernita in Marijampolė (Garne)
  • Nahrungsmittelindustrie:
Milchprodukte (insbes. Käse): Žemaitijos Pienas in Telšiai, Pieno Žvaigždės in Vilnius (auch Eiscreme), Kauno pieno centras in Kaunas, Klaipėdos Pienas in Klaipėda, Rokiškio Sūris in Rokiškis
Bier: Utenos-Švyturys in Utėna und Klaipėda, Kalnapilis in Kaunas, Gubernija in Šiauliai
Spirituosen und Sekt: Alita in Alytus, Anykščių vynas in Anykščiai, Sema in Panevėžys, Stumbras in Kaunas, Vilniaus Degtinė in Vilnius
Konserven: Vikonda in Kėdainiai
Fleischwaren: Krekenavos Agrofirma im Bezirk Kėdainiai, Utenos Mėsa in Utena, Vilniaus Paukštynas in Vilnius
Zucker: Danisco Sugar in Kėdainiai und Panevėžys
Zigaretten: Philip Morris in Klaipėda
Süßigkeiten: KraftFoods in Kaunas, Naujoji Ruta in Šiauliai, Vilniaus Pergalė in Vilnius
  • elektronische Komponenten: Vilniaus Vingis in Vilnius, Sigma in Vilnius (Telefone)
  • Düngemittel: Achema in Jonava, Lifosa in Kėdainiai
  • Kunststoffprodukte: Plasta in Vilnius
  • Schiffbau: Baltija, Klaipėdos laivų remontas, Laivitė und Vakarų laivų gamykla in Klaipėda

Die Land- und Forstwirtschaft trägt noch gut 5 % zum BIP bei.

Kultur

Kulturelle Übergangszone

Kulturell befindet sich Litauen in einer Übergangszone. Wird der Westen des Landes nahe der Ostsee durch die hanseatisch-nordeuropäischen Traditionen mit starken deutschen, dänischen und schwedischen Einflüssen geprägt (Backsteingotik, Fachwerkhäuser), überwiegen im Osten um die Hauptstadt Vilnius polnische Kulturelemente. Durch den römischen Katholizismus der Bevölkerung fanden vor allem in der Architektur viele italienische Einflüsse Eingang in die litauische Kultur (Renaissancekathedrale von Vilnius).

Vilnius wird die erste Stadt aus den neuen EU Ländern sein, die EU-Kulturhauptstadt 2009 sein wird. Das ist auch ein Signal, dass man auf ein geistiges und kulturelles Zusammenwachsen und Zusammenarbeit im Baltikum wartet oder man sie sich zumindest wünscht.

UNESCO-Weltkulturerbe

Die barocke Altstadt von Vilnius ist ein UNESCO-Weltkulturerbe, ebenso wie die Dünen auf der Halbinsel Kurische Nehrung (Neringa) und die archäologische Stätte Kernavė.

Altstadt Vilnius

Museen

Teufelsmuseum

In der litauischen Mythologie und als Symbol im Alltagsleben spielt der Teufel eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zur mitteleuropäischen Vorstellungen gilt er nicht als die Verkörperung des absolut Bösen, sondern mehr als eine Art Trickster, der den Menschen auch hilft. Deshalb finden sich in der Öffentlichkeit verhältnismäßig viele Teufels-Statuen und -Abbildungen, in Kaunas gibt es ein Teufelsmuseum und in Juodkrante (Neringa) einen Hexenberg.

Bernstein

Das Bernsteinmuseum in der Kurortstadt Palanga an der Ostsee, im Schloss von Grafen Tiskevicius bietet unikale Kollektionen des Bernsteins.

Symbole und Heilige Litauens

Vytis

Als nationales Symbol für Litauen gilt Vytis (vom Wort 'vyti', 'vytis'=überrennen). Es ist auf dem Staatswappen dar gestellt. Vytis symbolisiert den litauischen Reiter (Ritter), der die Heimat gegen die Feinde verteidigt.

Das litauische Wappen stammt ursprünglich aus dem Jahr 1366 und ist somit eines der ältesten Staatswappen in Europa.

Rūpintojėlis

Schmerzensmann (Schmerzensmensch) ist hölzerne Skulptur von Jesus Christus, der nachdenklich (manche behaupten melancholisch) sitzt und mit der rechten Hand den Kopf hält.

Solche Skulpturen sind von mehreren litauischen Holzmeistern gebaut. Rūpintojėlis kann man in ganzem Litauen am Stadtrand, an vielen Wegen (besonders in den Dörfern) und in einzelnen Siedlungen, Kirchen, Friedhöfen finden.

Als Souveniere kann man kleine Skulpturen in vielen litauischen Galerien kaufen (insbes. Pilies Strasse), Altstadt Vilnius.

Kryžių Kalnas

Der Kryžių Kalnas ("Berg der Kreuze") befindet sich bei der Stadt Šiauliai. Er symbolisiert den Kampf gegen Sowjetmacht und Okkupation der Sowjetischen Russland, Sowjetisation und Russifikation.

Bernstein

Bernstein symbolisiert Ostsee und hier ansässige baltische Stämme seit tausenden Jahren vor Chr.

Storch

Der weisse Storch (baltasis gandras) ist Nationalvogel Litauens. Ihn kann man häufig in vielen Wiesen, Dörfern, sogar in privaten Siedlungen (Netz am Dach des Hauses) finden. Das ist Symbol des Glückes.

Leine

Nationalpflanze; Leinen(tracht,-tücher) waren und sind noch sehr populär.

Kazimieras

Casimir (Kasimir) war der litauischer Heilige, Sohn des Fürsten. Kasimirs Messe (Kaziuko mugė) findet jedes Jahr am Wochenende vor dem 3. März in der Altstadt Vilnius. Hier versammeln sich Handwerke vom ganzen Litauen und verkaufen ihre Werke, Erzeugnisse, demonstrieren alte Künste und Gewerbe.

Sport

Basketball ist der Nationalsport und auch 'Nationalreligion' in Litauen. Bereits 1937 und 1939 konnte Litauen die Europameisterschaften in dieser Sportart gewinnen. Diese Tradition fand ihre Fortsetzung in der sowjetischen Zeit als litauische Spieler immer wieder Teil der UdSSR-Auswahlteams waren.

Bekannte Namen sind Kazys Petkevičius, Modestas Paulauskas, Sergėjus Jovaiša, Arvydas Sabonis, Rimas Kurtinaitis und Šarūnas Marčiulionis.

Bei den ersten Olympischen Spielen nach der wieder erlangten Unabhängigkeit konnte das litauische Basketballteam der Herren 1992 in Barcelona überraschend Bronze gewinnen, ein Erfolg der 1996 und 2000 wiederholt werden konnte. Im Halbfinale brachte man sogar das Dream Team der USA erstmals an den Rand einer Niederlage. Nach Silber 1995 wurde die neue Generation um Šarūnas Jasikevičius und Arvydas Macijauskas 2003 Europameister. Bei den Olympischen Spielen 2004 gewannen die Litauer souverän die Vorrunde und besiegten das Team der USA, verloren dann aber überraschend das Halbfinale gegen Italien und wurden nach einer Niederlage gegen die USA Vierter.

Andere Mannschaftssportarten fristen demgegenüber ein Schattendasein. Das größte Fußballstadion des Landes in Kaunas fasst gerade einmal 20.000 Zuschauer. Bei den olympischen Sportarten hat Litauen eine Tradition guter Werfer (Romas Ubartas und Virgilijus Alekna) sowie Radfahrer und Ruderer.

siehe auch: Liste der olympischen Medaillengewinner aus Litauen

Tourismus

Litauen bietet sowohl für den kulturell interessierten Reisenden (Architektur, Kirchengeschichte, jüdische Geschichte, deutsche und sowjetische Besatzung, Teufel-Symbolik, ...), als auch für den Strandurlauber (teilweise menschenleere und sehr schöne Sandstrände auf der Kurischen Nehrung und bei Palanga) und den Naturliebhaber (Hunderte unberührter Seen, unverbaute Flüsse für Kanutouren) viele Anreize.

Zudem ist das Reisen und Leben in Litauen vergleichsweise billig: die Preise für Bus- und Taxifahrten sind sehr gering (z. B. 1 LTL (= 30 Euro-Cent) pro km für eine Taxifahrt), ähnliches gilt für die Gastronomiebetriebe. Auch Hotels sind billiger als in Deutschland. Kreditkarten werden fast überall akzeptiert, die Akzeptanz ist größer als in Deutschland.

Siehe auch: Tourismus in Litauen

Weitere Themen

Klima und politisches System Litauens

Vorlage:Navigationsleiste Staaten Europas