Zum Inhalt springen

Globalisierungskritik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Oktober 2005 um 09:43 Uhr durch 84.174.80.38 (Diskussion) (Geschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Globalisierungskritik ist eine Bezeichnung für die internationale Bewegung, die sich neben kultureller u.a. Formen der 'Globalisierung' in erster Linie gegen die neoliberale Form der wirtschaftlichen Globalisierung wendet.

In Medien wird mitunter die Bezeichnung Globalisierungsgegner verwendet. Die meisten Aktiven der Bewegung lehnen diese Bezeichnung ab und bezeichnen sich selbst als Globalisierungskritiker, da sie nicht gegen jegliche Globalisierung eintreten, sondern für eine andere Globalisierung (daher auch französisch altermondialisation und englisch alter-globalization von alter = anders).

Thesen

Seit den 1990er Jahren, in der Folge des Zusammenbruchs des "Ostblocks" und des Endes des "Kalten Krieges", finden in der Weltökonomie verstärkt zahlreiche Veränderungen statt, die eine Intensivierung der globalen Netzwerke der Kommunikation und der Zirkulation von Kapital (ADI), Waren und Dienstleistungen bedeuten. Der Ansatz der Globalisierungskritik ist, dass die Globalisierung in ihrer jetzigen Form nur den Industrieländern zu Gute komme (siehe z.B. die Entwicklung der Terms of Trade, TOT, oder die Positionen der "Dependency Theorists"), die Entwicklungsländer weiter in Abhängigkeit und Armut treibe und ihre Selbstbestimmungsrechte einschränke (siehe Strukturanpassungsprogramme (SAP) und SAP-Konditionen). Die Differenzierung nach "Ländern" als analytische Kategorie greift hier natürlich zu kurz, denn in jedem Land dieser Erde gibt es Menschen, die von den unter Globalisierung oder auch Neoliberalismus zusammengefassten Phänomenen profitieren oder darunter leiden. Überspitzt formuliert wird immer deutlicher, dass Staaten künstliche Gebilde sind, die sich immer schwieriger abschotten lassen von den Problemen, die durch Verhaltensweisen der Menschen in ihnen, wie etwa Konsum oder Lebensweise, mit ausgelöst werden.

Ein anderer Kritikpunkt sind die Folgen der mit der Globalisierung der Märkte einhergehenden verschärften Konkurrenzsituation, in der sich die Volkswirtschaften weltweit befinden. Kritisiert wird, dass Ländern mit weniger ausgebildeten Sozialsystemen nicht geholfen wird, die Situation zu verbessern, sondern - im Gegenteil - die sozialen Errungenschaften (Gesundheits- und Bildungswesen, Arbeitsrecht, Mindestlöhne, Pensionssicherung, Schutz vor Kinderarbeit, Frauenrechte usw.) weltweit mit Argumenten wie "Konkurrenzfähigkeit" oder "Sanierung des Staatshaushalts" reduziert werden.

Die derzeit praktizierte Form des Welthandels verlangt den uneingeschränkten Schutz des Eigentums. Regeln zum Schutz oder zur Aktivierung von Wertschöpfungsketten und Innovationen sind nicht vorgesehen, im Gegenteil oft sogar explizit verboten. Dabei wird verkannt, dass der Eigentumsschutz in vielen Fällen konträr zu letztgenannten Zielen ist. Ein klassisches Beispiel sind die Blumenfarmen Mittel- und Südamerikas, die eine gute Kapitalrendite erzielen, aber weniger Menschen einen Lebensunterhalt ermöglichen, als die vorherige kleinteilige Landwirtschaft. Die Innovationsfeindlichkeit des unbeschränkten Eigentumsschutzes lässt sich vor allem beim Geschäftsmodellschutz und beim Missbrauch des Patentschutzes beobachten. Die Inhaber derartiger Rechte haben kein Interesse an der Weiterentwicklung ihrer Ideen durch Dritte, da dann der Anteil ihres Schutzrechtes am Gesamtprodukt geringer wird. Bei einem erreichten Maximalertrag auf dem Markt bedeutete dies, dass der Inhaber der Ursprungsrechte Einbußen hinnehmen müsste, um die Entwicklung von abhängigen Innovationen zu ermöglichen.

Auch wird die Frage kontrovers diskutiert, ob und wenn ja in welcher Weise, die gewerkschaftlichen Organisationsformen – welche zwangläufig an den national, mitunter auch regional, ausgerichteten Interessen ihrer Mitglieder und Beitragszahler orientiert sind – in einer international veränderten und sich 'dynamisch' weiter entwickelnden 'globalen' Arbeitsteilung noch zeitgemäß sind. In Frankreich und Italien engagieren sich die seit Ende der 1980er Jahre entstandenen linksalternativen Basisgewerkschaften stark in der globalisierungskritischen Bewegung.

Wichtige Gruppen, die sich als Teil dieser Bewegung verstehen, plädieren daher für einen internationalen Handlungsrahmen aller Staaten (z.B. eine einheitliche Besteuerung int. Kapitalströme durch eine sog. "Tobin-Steuer", deren Wirksamkeit jedoch unter Volkswirten umstritten ist), der soziale Mindeststandards sichert und die Selbstbestimmungsrechte der Völker garantiert. Insbesondere wirbt sie für eine Veränderung internationaler Handelsabkommen und Institutionen wie Weltbank und IWF zu Gunsten der Entwicklungsländer. Es wird gefordert, dass die kreditgebenden Institute ihre Auflagen zurücknehmen, um den Entwicklungsländern eine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu ermöglichen. Die Abhängigkeit führe zu zwanghafter Betonung des Exports, wodurch eine staatlich kontrollierbare Wirtschaftspolitik verhindert werde.

Geschichte

Als Geburtsstunde werden oft (deine OMA stingt)die Proteste anlässlich der WTO-Ministerkonferenz 1999 in Seattle gesehen, wenngleich sich diese Bewegung bis zu den Protesten gegen das MAI (multilaterales Investitionsabkommen) oder die Dritte Welt- / Eine Welt-Bewegung zurückverfolgen lässt. Andere, unter ihnen autonome und anarchosyndikalistische Gruppen, sehen den Aufstand der Zapatistas im Januar 1994 als Beginn der Bewegung.

Die Bewegung gilt als inhaltlich vielfältig. Die Schwerpunkte liegen auf einer 'sozial gerechten Globalisierung' sowie bei 'Menschenrechten' (insbes. 'Frauenrechten') und ökologischen Themen.

Der Deutsche Bundestag hat am 14. Dezember 1999 die Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" eingesetzt. Der Abschlussbericht wurde 2002 mit der Bundestagsdrucksache 14/9200 vorgelegt.

Ein paar Kritiker der Globalisierungskritik sehen durch die Aufspaltung in "gutes" produktives Kapital und "schlechtes" Kapital im Finanzkapital eine Methode den Kapitalismus zu kritisieren, ohne den Kapitalismus an und für sich zu kritisieren. Nicht der Neoliberalismus sei der Auswuchs, sondern der Kapitalismus selbst.

Globalisierungskritische Gruppen

Bekannte Globalisierungskritiker

Siehe auch

McJobs, Ich-AG, Internationaler Währungsfonds (IWF), Trickle-Down-Effect, Kapitalismuskritik, Sozialforumsbewegung, Turbokapitalismus, Exportproduktionszone, Sweatshop, Schwarzbuch, Anglozentrismus,

Literatur