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Nord-Euro und Süd-Euro

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Unter den SchlagwörternNord-Euro“ und „Süd-Euro“ ist in der breiten Öffentlichkeit die politische Forderung u.a. der deutschen Ökonomen Hans-Olaf Henkel und Dirk Meyer bekannt, den Euro in zwei Währungen zu spalten, um die Folgen der Staatsschuldenkrise im Euroraum zu lindern bzw. den Grundstein einer neuen Währungsordnung in Europa zu legen.

Konzeption

Forderung

Die Grundthese von Henkel und Meyer ist, dass eine Gemeinschaftswährung verschiedener Staaten mit ähnlicher Wirtschafts- und Finanzstruktur durchaus vorteilhaft für alle beteiligten Länder ist, dies aber beim Euro nicht gegeben sei, da die verschiedenen Euro-Länder zu unterschiedliche Volkswirtschaften hätten. Für die einen ginge der Schutz vor Inflation vor (Geldstabilität), die anderen müssten hingegen die Möglichkeiten der Geldabwertung nutzen, um ihre Exporte zu steigern und ihre Wirtschaft anzukurbeln. Beide Arten von Volkswirtschaften könnten sich folglich nicht einen gemeinsamen Währungsraum teilen.[1]

Die Forderung ist nun, den Euro in einen Nord-Euro und einen Süd-Euro aufzuteilen. Der Nord-Euro-Raum soll Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich, Finnland und Luxemburg umfassen – die Länder, welche derzeit von den US-Rating-Agenturen die Spitzenbonität erhalten. Auch Tschechien und Dänemark könnten dann den Nord-Euro einführen, so Henkel und Meyer.[2] Der Süd-Euro-Raum solle Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Portugal umfassen. Der Wechselkurs zwischen Süd- und Nord-Euro würde frei schwanken.[3][4][5]

Durchführung

Zunächst sollen die Regierungen laut Meyer die Einführung eines Nord-Euros in ihren Staaten verkünden. Wenige Tage später sollen die Banken damit beginnen, die im Umlauf befindlichen Banknoten mit einer „fälschungssicheren magnetischen Tinte“ zu markieren. Diese Euro-Scheine sollen vorübergehend als neue Währung akzeptiert werden. Um zu vermeiden, dass auch Bürger anderer Euro-Länder ihre Euro in die neue, höher bewertete Währung umtauschen, solle das „Umstempeln“ auf maximal zwei Tage begrenzt werden, so Meyer. Die eigentliche Umstellung auf neue Banknoten und Münzen solle etwa ein Jahr in Anspruch nehmen. Eine Rekapitalisierung und Verstaatlichung verschiedener Banken wäre zudem notwendig, so Henkel.

Die Kosten für die Währungsumstellung beziffert Meyer auf etwa 20 Milliarden Euro, was ca. ein Prozent des Bruttoinlandprodukts und in etwa den angefallenen Kosten bei der Euro-Einführung entspricht. Die gesamtwirtschaftlichen Kosten für Deutschland werden von Meyer auf 250 bis 340 Milliarden Euro geschätzt, was etwa 10 bis 15% des Bruttoinlandsprodukts entspricht.[6] Die Kosten für Deutschland, wenn es in der Euro-Zone bliebe, schätzt er auf etwa 80 Milliarden Euro jährlich. Somit wäre die Variante des Nord-Euro auf lange Sicht deutlich günstiger.[7][8]

Vorteile und Nachteile

Vorteile

  • Vom Süd-Euro würden Staaten mit schwacher Wirtschaft profitieren: Da dieser deutlich abgewertet werden würde, könnten Süd-Staaten durch das schwache Wechselkursverhältnis ihre Exporte und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern. Außerdem würden Importe teurer werden und sich dadurch verringern, was zu einer ausgeglicheneren Handelsbilanz (Verhältnis Exporte und Importe) führen würde.[9]
  • Vom Nord-Euro würden Staaten mit starker Wirtschaft profitieren: Diese könnten eine stabile Geldpolitik betreiben und eine „Transferunion“ zu Lasten der Steuerzahler wäre verhindert. Die Inflationsraten wären geringer, was die Realeinkommen der Bürger steigere und die viel zu geringe Binnenkonjunktur ankurbele. Steuerzahler und Verbraucher wären die großen Gewinner, so Meyer. Auch der Staat könnte sich dabei von einem Teil seiner Schuldenlast entledigen. So könnten Bundesanleihen, die im Besitz von Ausländern sind, weiter in Euro notieren, was de facto zu einer Entwertung führe.
  • Deutschland hat zudem nach Ansicht vieler Ökonomen zu viele Exporte. Durch einen starken Nord-Euro wären Importe und Urlaubsreisen günstiger (Faktor Wechselkursverhältnis), die Handelsbilanz wäre ausgeglichener. Billiger würden auch Rohölimporte, Benzin, Heizöl, Gas, alle elektronischen Produkte aus Asien und viele Rohstoffe werden.

Nachteile

  • Die Einführung eines Nord-Euros würde diesen zwangsläufig deutlich aufwerten. Möglicherweise zu stark. Dadurch könnten die Exporte Deutschlands deutlich sinken, was zu höherer Arbeitslosigkeit führen würde, da Deutschland vom Export abhängig sind. Dies würde sich aber laut Meyer in Grenzen halten, da unsere Hauptexportpartner ebenfalls den Nord-Euro einführen würden.
  • Die Schulden von Griechenland und anderer Länder würden dadurch nicht verschwinden. Ein zumindest teilweiser Schuldenerlass wäre trotzdem notwendig.
  • Benachteiligte einer Entwertung von Bundesanleihen wie oben beschrieben seien die ausländischen Versicherungen und Banken, die einen großen Teil dieser Papiere halten würden.

Literatur

  • Hans-Olaf Henkel: „Rettet unser Geld!: Deutschland wird ausverkauft - Wie der Euro-Betrug unseren Wohlstand gefährdet“. Heyne Verlag (2010). ISBN: 3453182847
  • Dirk Meyer: „Stabilität durch Nord-Süd-Teilung der Währungsunion“, in: Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, . Bd. (2011), H. 4, S. 19-21 (PDF)
  • Dirk Meyer: „Das Konzept der Parallelwährung für die EURO-Zone“, in: IFO-Schnelldienst, 64. Jg. (2011), H. 23, S. 12-15 (PDF)

Einzelnachweise

  1. vgl. Meyer (2011), S. 12
  2. vgl. Meyer (2011), S. 20
  3. Hamburger Abendblatt: „Professor Meyer: Deutschland soll aus dem Euro austreten“, vom .5 Dezember 2011
  4. Focus Money: „Ende mit Schrecken“, vom 25. Januar 2012
  5. RP-Online: „Euro-Crash: Was wäre, wenn?“, vom 6. Dezember 2011
  6. vgl. Meyer (2011), S. 21
  7. Berliner Kurier: „10 Jahre Euro: Was passiert, wenn der Euro zerbricht?“, vom 22. Dezmber 2011
  8. Focus Money: „Soll Deutschland raus aus der Währungsunion?: Stopp-Schuss für die Euro-Erpresser“, vom 17. Januar 2012
  9. vgl. Meyer (2011), S. 13-14