Lunarkalender
Bei einem Mondkalender ist das Jahr in Perioden eingeteilt, die gleichen Mondphasen entsprechen. Die gleiche Mondphase tritt nach jeweils ca. 29,5 Tagen wieder auf. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, haben Mondkalender meist Monate mit abwechselnd 29 und 30 Tagen. Das ergibt für ein Mondjahr mit 12 Monaten eine Länge von 354 bis 355 Tagen. Deshalb ist das Mondjahr ca. 10 bis 12 Tage kürzer als das Sonnenjahr.
Es gibt zwei Formen des Mondkalenders: Freie Mondkalender versuchten nur eine Übereinstimmung zwischen Tagen und Monaten herzustellen, gebundene oder Lunisolarkalender versuchten darüber hinaus, Monate und das Sonnenjahr in Einklang zu bringen.
In einem freien Mondkalender wandern die Jahreszeiten kontinuierlich durch das ganze Jahr. Das stellte für Nomadenvölker kein Problem dar, aber sesshafte Völker, die ihre Pflanz- und Erntezeiten planen mussten, konnten damit nur schlecht leben. Dies führte schließlich zur Entwicklung von Sonnenkalendern.
Beispiele für den freien Mondkalender sind der ursprüngliche Römische Kalender und der Islamische Kalender. Beispiele für den Lunisolarkalender sind der Jüdische Kalender, der Chinesische Kalender und teils der Griechische Kalender.
Anwendung
Schon seit Jahrhunderten finden bestimmte Mondphasen (zu- und abnehmend, auf- und absteigend) bei den land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten in und mit der Natur Beachtung. Nach alter Überlieferung sollte man die bestimmte Arbeiten stets zum „richtigen Zeitpunkt“ erledigen, denn es gibt sowohl „gute“ wie auch „schlechte“ Zeitpunkte. So soll beispielsweise das Ernten und Einlagern von Getreide generell bei abnehmendem Mond geschehen. Das Getreide ist dann haltbarer und nicht so anfällig für Käfer- und Schimmelbefall. Die Aussaat von Halmfrüchten (Getreide) sollte dagegen generell bei zunehmendem Mond erfolgen, und zwar bevorzugt dann, wenn der Mond in einem Feuerzeichen (Fruchtzeichen) steht. Dies ermöglicht rasches und sicheres Auflaufen, schnellen Bodenschluss und dadurch verringerte Erosionsanfälligkeit.
Landbauliche Mondkalender
Seit etwa den 1980er Jahren erfährt die Beachtung dieser „Zeitqualität“ über die im Handel erhältlichen „Mondkalender“ eine neue Renaissance. Diese Werke sind hinsichtlich der Beachtung der Mond-Konstellationen teilweise sehr detailliert ausgearbeitet.
Hier ein Beispiel für den forstlichen Mondkalender.
Während auch in der Wissenschaft ein Einfluss der Mondphasen (synodischer Mondumlauf) als gesichert gilt, herrscht über den anomalistschen Mondrhythmus (Abstand des Mondes zur Erde) und den tropischen (auf- und absteigenden Mond) noch relative Unklarheit. Folgende Mondrhythmen sind danach – nach unter abnehmend – für das Pflanzenwachstum relevant:
- Phasen der Zu- und Abnahme des Mondes (= synodischer Mondrhythmus)
- Unterschiedliche Erdentfernung des Mondes zur Erde (=anomalistischer Mondrhythmus)
- Auf- und absteigender Mond im Tierkreis (= tropischer Mondrhythmus)
- Mondstände in den Tierkreiszeichen (= siderischer Mondrhythmus)
Grundsätzliches
Die Astronomie (Sternbetrachtung) kennt Sternbilder. Dabei handelt es sich um der menschlichen Phantasie entsprungene Figuren. Sie entstanden dadurch, daß weit entfernte, selbstleuchtende Sonnen unserer Milchstraße (zum Beispiel Polarstern, Sirius, Riegel oder Spica) durch Linien miteinander verbunden wurden und dann Bilder wie Kleiner Bär, Großer Hund, Orion, Jungfrau, Schütze oder Krebs ergaben. Diese Sternbilder haben eine unterschiedliche Größe, messen also nicht einheitlich 30 Bogengrade wie die Tierkreiszeichen.
Die Astrologie (Sterndeutung) dagegen kennt den Tierkreis (= Zodiak) und arbeitet daher mit 12 Tierkreiszeichen, vereinfacht auch Sternzeichen genannt. Beim Tierkreis handelt es sich um einen 16° breiten Gürtel entlang der scheinbaren Bahn der Sonne am Himmelsgewölbe (= Ekliptik). Entlang dieser Bahn wandern – wiederum aus irdischer Sicht – nicht nur die Sonne, sondern auch alle Planeten (Wandelsterne) unseres Sonnensystems, einschließlich unseres Mondes. Der Tierkreis ist in 12 Streckenabschnitte zu jeweils 30° unterteilt, woraus sich die einzelnen Tierkreiszeichen (Widder bis Fische) ergeben. Wie die verdeutlicht, ist die Lage der Sternbilder heute nicht mehr mit jener der Sternzeichen deckungsgleich, sondern die Sternbilder haben sich wegen des langsamen Vorrücken des Fixsternhimmels seit etwa 2200 Jahren um 30° verschoben. Demnach steht das Sternzeichen Widder jetzt nicht mehr vor dem Sternbild Widder, sondern vor dem Sternbild Fische, das Sternzeichen Fische vor dem Sternbild Wassermann, das Sternzeichen Wassermann vor dem Sternbild Steinbock usw.
Widersprüchliche Betrachtungsweisen
Innerhalb der astrologischen bzw. astronomischen Agrarforschung gibt es erhebliche Unstimmigkeiten in der Methodik. Auf der einen Seite stehen die Erfahrungen von Thun (2001), auf der anderen Seite wissenschaftliche Untersuchungen, die überwiegend die Thun’schen Versuchsergebnisse nicht nachvollziehen konnten. Spiess (1994) konnte in seinen mehrjährigen Versuchen die Thun’schen Aussaat-Empfehlungen zu lunaren Rhythmen nicht bestätigen. Er führt dies darauf zurück, dass Frau Thun sich nach den Sternbildern, er sich – wie auch Paungger & Poppe (1991) – nach den Sternzeichen richtet. Zwischen Sternbildern und Sternzeichen (= Tierkreiszeichen) besteht aber derzeit ein Unterschied von 30 Bogengraden, was beim Mondumlauf einen Zeitunterschied von durchschnittlich 2,3 Tagen ausmacht.
Innerhalb der mondbezogenen Agrarforschung gibt es also zwei widersprüchliche Betrachtungsweisen. Thun beispielsweise orientiert sich an der Astronomie und damit an den tatsächlichen Verhältnissen im Weltall (sog. „siderischer“ Tierkreis), Paunnger & Poppe orientieren sich dagegen am Analogieprinzip der Astrologen und damit an den Tierkreiszeichen (sog. „tropischer“ Tierkreis).
Ein Beispiel aus dem Mondkalender 2001: Nach Paungger & Poppe stünde in Deutschland ein zunehmender Mond vom 4. April 20 Uhr bis 6. April 23 Uhr (also gut 2 Tage lang) im Zeichen Jungfrau, wogegen er nach Thun in dieser Zeit noch im Löwen stünde und erst am 6. April 12 Uhr in das Jungfrau-Zeichen einträte (bezogen auf mitteleuropäische Sommerzeit). Die jeweils empfohlenen Termine liegen bis zu drei Tage auseinander.
Fazit
Die Frühlingstagundnachtgleiche findet nach wie vor dann statt, wenn die Sonne in das Sternzeichen Widder eintritt, gleichgültig, ob das dahinterstehende Fixsternenbild nun das Sternbild Widder, Fische oder Wassermann ist. Würde die sogenannte Präzession konsequent auch in der Astronomie angewandt, müßten wir heute von einem „Wendekreis der Zwillinge“ (statt des Krebses) und von einem „Wendekreis des Schützen“ (statt des Steinbocks) sprechen. So ist der astrologische Tierkreis und damit das Geschehen auf der Erde nur von den „Zeichen“ aus zu beurteilen. Die Astrologie und damit sowohl die Horoskopdeutung für den Menschen wie auch die Termine im Mondkalender orientieren sich darum heute wie zu allen früheren Zeiten an der jährlichen Sonnenumlaufbahn und den Tierkreiszeichen und nicht – wie die Astronomie – am Fixsternenhimmel. Das Vorrücken der Sternbilder kann an den zwölf Tierkreiszeichen und ihrer Reihenfolge nichts ändern, da eine ursächliche Abhängigkeit von letzteren nie bestand. Es handelt sich um zwei grundsätzlich verschiedene philosophische Betrachtungsweisen: Die Astrologie als Teil der Esoterik handelt von den verborgenen, göttlichen Wahrheiten; die Astronomie als Teil der Naturwissenschaften und der Exoterik hingegen untersucht die physikalisch-materiellen Erscheinungen im Weltall. Somit haben sich auch die Mondstände in den Mondkalendern nach den Sternzeichen zu richten und nicht nach den Sternbildern. Je nachdem, ob ein Mondkalender nach den Sternzeichen oder aber nach den Sternbildern ausgerichtet ist, ergeben sich nämlich bei der Terminwahl Unterschiede bis zu drei Tagen. Dies kann durchaus fatale Folgen haben!
Astronomische Mondkalender hängen zwei bis drei Tage hinter den astrologischen her und bringen falsche Resultate. Es ist also darauf zu achten, daß der Mondkalender der Wahl sich tatsächlich auch an den Sternzeichen (Tierkreiszeichen) und nicht an den Sternbildern orientiert.
Literatur
- Briemle, G. (2002): Der Unterschied zwischen Sternzeichen und Sternbildern. - Oberösterreichischer Volkskalender 2002: 71-78, Verlag Oberösterr. Bauernbund, Linz.
- Paungger, J. & T. POPPE (1993): Vom richtigen Zeitpunkt. Die Anwendung des Mondkalenders im täglichen Leben. – Hugendubel-Verlag, München
- Spiess, H. (1994): Chronobiologische Untersuchungen mit besonderer Berücksichtigung lunarer Rhythmen im biologisch-dynamischen Pflanzenbau. – Schr. R. f. Biologisch-Dynamische Forschung, Bd. 3, Darmstadt
- Thun, M. & M.K. Thun (2001): Aussaattage. – M. Thun-Verlag, Biedenkopf, 60 S.