Zwangsheirat
Die Diskussion über diesen Antrag findet auf der Löschkandidatenseite statt.
Hier der konkrete Grund, warum dieser Artikel nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen soll: Ebenso volksverhetzend und islamfeindlich wie Îhâm, das nun zum zweiten Mal aus diesem Grunde gelöscht wurde. Als Ersatz wollte ich Arrangierte Heirat anbieten, das nun aber vor einigen Tagen aus URV-Gründen ebenfalls gelöscht wurde. Sicherlich würde sich jedoch dieser Makel mit etwas gutem Willen noch beheben lassen. --König Alfons der Viertelvorzwölfte 08:44, 8. Okt 2005 (CEST)
Bei einer Zwangsheirat werden Braut oder Bräutigam durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Heirat gezwungen. Die davon abzugrenzende arrangierten Heirat wird zwar von Verwandten initiiert oder von Ehevermittlern arrangiert, aber im Einverständnis der Ehepartner geschlossen.
Historischer Kontext
In mittelalterlichen Europa war die sogenannte Muntehe, eine Form der Zwangsehe, unter Adeligen nicht ungewöhnlich. Bis in die jüngste Gegenwart wurden Menschen gezwungen zu heiraten, sobald etwas "unterwegs" war. Eine euphemistische Umschreibung ist die Vernunftehe, die oft aus ökonomischen Gründen arrangiert wurde, um die Existenz eines Bauernhofs oder einer mittelständische Firma zu sichern. Die Kinderheirat kann ebenso als Form der Zwangsehe bezeichnet werden, da sie nicht durch Entscheidung mündiger Ehepartner zustande kommt. Die Liebesheirat, in der ökonomische und familiäre Gesichtpunkte nicht mehr die Hauptrolle spielten, wurde erst mit der Romantik im 19. Jahrundert im Westen zur Regel.
Abgrenzung
Die Abgrenzung der Zwangsheirat zur arrangierter Ehe ist subjektiv eindeutig. Wo einer der Partner mit der Verheiratung nicht einverstanden ist und seine Zustimmung nicht gegeben hat bzw. sich genötigt fühlt, ist eine Zwangsheirat gegeben.
Es gibt jedoch (kulturabhängig unterschiedlich breite) Graubereiche, wo Menschen Sachzwängen unterliegen (z.B. Schwangerschaft, Vernunftehe) oder strukturellen Zwängen (Familienerwartungen, Traditionen, etc.) in denen Menschen nicht vollständig souverän sind eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.
Es ist nun problematisch in eurozentristischer Manier alles als Zwangsehe zu diffamieren, was nicht den eigenen kulturellen Normen entspricht. Was aus europäischer Sicht als repressiv angesehen wird, kann in anderen Traditionen noch als "notwendiges Übel" akzeptiert werden.
Was als Zwang empfunden wird unterliegt letztendlich der subjektiven Einschätzung der Beteiligten. So kann das, was Eltern von ihrer Warte aus als "sanften Druck" verstehen, von Tochter oder Sohn in psychischer Stresssituation durchaus als Zwangssituation oder Nötigung emfunden werde. Der Zwangscharakter der Verheiratung kann also nicht von außen objektiv festgestellt werden.
Geeignete Beratungsangebote können aber von Zwangsheirat Betroffenen helfen auf ihre Situation aufmerksam zu machen und Hilfe zu suchen. Notwendig ist keine Politisierung des Problems, sondern es werden geeignete Vermittler (Mediatoren) gebraucht, die ggfs. in betroffenen Familien zwischen Eltern und Kinder vermitteln können.
Verbreitung
Auf eine bestimmte religiöse Tradition lässt sich das Phänomen der Zwangsehe nicht zurückführen. Zwangsverheiratungen sind bis heute in islamischen und hinduistischen Gesellschaften verbreitet, aber auch in jesidischen, buddhistischen und christlichen Kulturen zu beklagen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF betont, dass eine Menschenrechtsverletzung wie die Zwangsehe nur in einem patriarchalischen Umfeld möglich sei, in denen Mädchen und Frauen benachteiligt und diskriminiert werden. Die Religion übernimmt in diesen Gesellschaften oft eine bestehende Traditionen legitimierende Funktion ein.
In der islamischen Welt (Arabische Welt, Iran, Türkei) wird die Zwangsehe in einzelnen Rechtsschulen durch Regelungen der Scharia gebilligt, nach denen Frauen auch gegen ihren Willen vom Wali mudschbir oder durch ihr Schweigen von ihrem Heiratsvormund verheiratet werden können. Islamische Gegner der Zwangsheirat legen hingegen Wert darauf, dass Traditionen wie die Zwangsehe, die als islamisch verkauft würden, nicht nur menschenverachtend seien, sondern auch dem Islam zuwiderliefen.
Durch Zuwanderung aus Ländern, in denen Verheiratungen bis heute üblich sind, ist das Problem der Zwangsehe auch in den westeuropäischen Gesellschaften neu entbrannt. Als möglicher Grund für eine Zwangsverheiratung wird in diesem Zusammenhang auch die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung genannt. Frauen im heiratsfähigen Alter würden mit einem Partner aus dem familiären Umkreis im Herkunftsland verheiratet, der durch diese Eheschließung dann legal einreisen könne.
Rechtliche Aspekte
Die Praxis der Zwangsehe verstößt gegen Artikel 16 (2) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Für betroffene Frauen bedeutet die Zwangsverheiratung die ständige Furcht vor Vergewaltigung. Wenn Frauen sich weigern, die für sie bestimmte Heirat einzugehen, sind sie Repressionen durch Mitglieder der eigenen Familie ausgesetzt, die von Beschimpfungen und Drohungen über Prügel bis zum Ehrenmorden reichen. Auch in Deutschland und der Schweiz werden heute Frauen aus diesem Grund eingesperrt, misshandelt und sogar ermordet.
Zwangsheirat ist auch nach der islamischen Sunna verboten, wonach zu einer islamische Eheschließung die Zustimmung beider Ehepartner zwingend erforderlich ist. Vom Propheten Muhammad ist in Hadith übermittelt, dass er Ehen annullieren ließ, denen einer der Ehepartner nicht der Eheschließung zugestimmt hatte.
In Deutschland ist Zwangsverheiratung als Nötigung strafbar und kann so bekämpft werden. Obwohl seit langem von Frauenrechtlerinnen angeprangert, wurde das Problem unter Migranten in Deutschland erst Ende 2004 thematisiert, angestoßen durch Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
Frankreich verschob 2005 die Altersgrenze für eine Heirat bei Frauen auf 18 Jahre, um Minderjährige vor Zwangsehen zu schützen.
Der Europarat forderte im Oktober 2005 staatliches Vorgehen gegen Kinderehen und Zwangsheirat. Das Problem bestehe nach Auffassung der konservativen Berichterstatterin für den Europarat Rosmarie Zapfl-Helbling aus der Schweiz in erster Linie in Einwanderergemeinschaften.
In Südasien und der islamischen Welt wird sie heute noch praktiziert, wenngleich sie oft gesetzlich verboten ist. In Südasien ist sie heute im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten jedoch eine Ausnahmeerscheinung.
Literatur
- Christine Schirrmacher:Frauen und die Scharia.
- Unicef Innocenti Research Centre (Hg.): Early Marriage. Child Spouses (Innocenti Digest, No.7, Unicef), Florence, 2001
- Volz, Rahel: Verliebt, verlobt, verheiratet, in: Menschenrechte für die Frau. Zeitschrift für Frauenrechte 4/2002, S.4-7
- Necla Kelek: Die fremde Braut
- Hanife Gashi: Mein Schmerz trägt Deinen Namen. Ein Ehrenmord in Deutschland Rowohlt Berlin Verlag, Reinbek 2005, ISBN 349802499X.
- Fatma B.: Hennamond
- Serap Cileli: Wir sind eure Töchter nicht eure Ehre
- World Vision (Hg.): "Hoffnung für Mädchen". Flyer zur Aufklärung über Frühverheiratung und Genitalverstümmelung, www.worldvision.de
Dokumentationen
- "Der Tag, als ich meiner Hochzeit entkam", Die Flucht einer versprochenen Braut, HR, Erstausstrahlung: 11. Juli 2005, 45 Min.
Weblinks
- Zwangsheirat.de. Ausführliche Informationen in Zusammenarbeit der Neuköllner Arbeitsgruppe „Migration und Menschenrechte“ vom Mädchenzentrum Szenenwechsel.
- Info zum Thema von der International Planned Parenthood Federation (PDF-Datei, auf Englisch)
- Info zum Buch "Verstoß = Liebe" und Rechercheportal für Hilfesuchende und Interessierte zum Thema
- Website der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, die sich in einer Kampagne 2002/3 gegen Zwangsheirat eingesetzt hat