Prostitution

Prostitution (von lateinisch prostituere: „sich öffentlich hinstellen“) bezeichnet die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt.
Evolutionär- /Anthropologischer Hintergrund
Ursachen in den Geschlechtsunterschieden
Grund- Bedürfnisse des Mannes
Die Ursachen für Prostitution liegen hauptsächlich im Geschlechtstrieb von Männern, der eine Nachfrage schafft, sowie in dem Wunsch von Prostituierten und Zuhältern, Geld zu verdienen, der ein Angebot für diese Nachfrage erzeugt. Soweit bekannt ist, hat es zu allen Zeiten und unter allen Gesellschaftsformen bei einem Teil der Männer den Wunsch gegeben, außerhalb monogamer Beziehungen und ohne besonderes emotionales Engagement Sex zu haben. Dies betrifft sowohl Männer, die in einer monogamen Beziehung leben, als auch Männer, die zum aktuellen Zeitpunkt keine Beziehung haben.
Grund- Bedürfnisse der Frau
Einerseits scheint dieser Wunsch bei Frauen – ebenfalls zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften – weniger stark ausgeprägt gewesen zu sein als bei Männern, so dass es für Männer schwierig bis unmöglich sein kann, Partner aus Neigung für solche Beziehungen zu finden, und sie auf bezahlte Dienstleistungen ausweichen. Für manche Männer kann es aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen mangelnder persönlicher Attraktivität sogar vorübergehend oder dauerhaft unmöglich sein, eine monogame Beziehung einzugehen; auch in diesem Fall kann eine Nachfrage nach bezahlter Dienstleistung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs entstehen.
Prostitution als Erprobungsfeld
Andererseits gibt es eine Nachfrage nach Prostituierten auch bei Männern, die die Möglichkeit hätten, freiwillige Partner zu finden. In diesen Fällen kann die Bequemlichkeit eine Rolle spielen, da in die Anbahnung einer sexuellen Transaktion mit Prostituierten weder Zeit noch Mühe investiert werden muss. In anderen Fällen kann es sein, dass besondere sexuelle Vorlieben vorhanden sind, für die wiederum nicht leicht ein passender Partner zu finden wäre.
Ursachen in vererbten Verhaltensmustern
Es ist nicht klar, warum Männer einen stärkeren Drang nach unverbindlichen Sexualkontakten außerhalb von länger dauernden Paarbeziehungen haben als Frauen. Nach einer Theorie liegt der Grund in unterschiedlichen, genetisch verankerten Fortpflanzungsstrategien von Männern und Frauen. Danach soll es zur Weitergabe der Gene für Männer – aber nicht für Frauen – vorteilhaft sein, auch Nachkommen in die Welt zu setzen, um die sie sich nicht selbst kümmern können. Dieser Selektionsvorteil soll zu entsprechenden vererbten Verhaltensmustern geführt haben.
Geschichte der Prostitution in Kultur und Gesellschaft
Antike
Schon im Altertum, so in Babylon, existierte vor mehr als 3000 Jahren die so genannte Tempelprostitution. Gegen Geschenke wurden dort von Frauen sexuelle Handlungen vollzogen. Dies stand jedoch in einem kultischen Zusammenhang und galt als den Göttern wohlgefällig. In der griechischen Antike sind Prostituierte (Hetären) im heutigen Sinne bezeugt, das heißt ohne sakralen Hintergrund. Die Feldzüge Alexanders des Großen wurden unter anderem von zahlreichen Prostituierten begleitet.
Im alten Griechenland wurde deutlich zwischen der gewöhnlichen "Hure" (Porna) und der "Gesellin" (Hetäre) unterschieden:

- Die Hetäre war im Gegensatz zur Porna hochgebildet, ausgebildet in Musik und Tanz und durfte (im Gegensatz zur Ehefrau) bei Männerrunden anwesend sein und auch in politischen Dingen mitreden. Gesellschaftlich stand sie sehr hoch, ein Besuch bei ihr galt nicht als Ehebruch. (Vgl. Geisha)
- Die Pornas waren meist freigelassene Sklavinnen, welche auf der Straße ihr Brot verdienen mußten.
Im römischen Reich waren zum überwiegenden Teil Sklavinnen und Sklaven beschäftigt. Prostitution war im antiken Rom ein großer Geschäftszweig. Es gab regelrechte Spezialisierungen: Prostituierte, die es etwa bevorzugt auf Friedhöfen taten, Bordelle für Tiere und sogar für Kinder. Die Entlohnung war oft gering, die billigsten Prostituierten verlangten den Gegenwert eines Brotes, wenn einige auch besser bezahlt wurden. Außerdem war der Beruf der Prostutuierten nicht immer klar von anderen zu trennen. So waren Schankmädchen im allgemeinen auch Prostituierte. Jedoch auch einfache Frauen waren als Prostituierte tätig, selbst aus ritterlichen - ja sogar aus senatorischen Kreisen gab es Prostituierte. Das nahm in der frühen Römischen Kaiserzeit solche Ausmaße an, daß Kaiser Augustus Gesetze gegen die Prostitution höher gestellter Frauen erließ. Auch die Ehegesetzgebung war zu Ungunsten der Prostituierten, die nur unter ihrem Stand heiraten durften. Da jedoch eine Ehe meist der einzige Weg aus der Prostitution waren und Prostitierte weit unten auf der Standesleiter standen, war die Auswahl sehr gering. Dennoch soll der Reitz der Prostitution groß auf manche Frauen der Oberschicht gewesen sein. So wurde sogar der Frau des römischen Kaisers Claudius nachgesagt, sie würde der Prostitution nachgehen.
Mittelalter
Im 12. Jahrhundert werden die ersten Bordelle im Europa des Mittelalters urkundlich erwähnt. Eines der ältesten Deutschlands (noch betriebenen) ist in Minden in Westfalen zu finden. Ironischerweise waren oftmals Klöster oder Kirchen die Betreiber dieser bordellähnlichen Betriebe.
Neuzeit/ Beginnende Industrialisierung

In Europa nahm die Zahl der Prostituierten insbesondere im 19. Jahrhundert zu. Die zunehmende Landflucht führte dazu, dass ein immer größer werdender Anteil der Stadtbevölkerung nicht in der Lage war, einen Lohn zu verdienen, der für den Lebensunterhalt ausreichte. Besonders betroffen waren davon Frauen, die in aller Regel nur über eine geringe Ausbildung verfügten und denen häufig nur Berufe offen standen, in denen sie geringfügige Gehälter verdienten. Zu den sogenannten Gelegenheitsprostituierten zählten Dienstmädchen, Modistinnen, Blumenfrauen und Wäscherinnen, die sich auf diese Weise ihr Gehalt aufbessern mußten. Manche Frauen waren allein über die Prostitution in der Lage, ausreichend Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Gesetzliche Regelungsversuche
Dies führte dazu, dass immer mehr Staaten dazu übergingen, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch moralische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle Doppelmoral, die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah.
Gegenaktionen
Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral. Josephine Butler war eine entschiedene Kämpferin Großbritanniens, die den Kampf der Ladies' National Organisation gegen die Contagious Disease Acts anführte. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger "Schuldige" als die Opfer männlicher Lüsternheit sah, veränderte die politische Landschaft Großbritanniens der Spätviktorianischen Zeit. Mit der Kampagne, die sich für Prostituierte einsetzte, wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen der britischen Mittelschicht, härtete sie ab gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests. Sie erreichte schließlich 1886 die Abschaffung der Erlasse, die Prostituierte zum Opfer staatlicher Willkür machte. Vergleiche auch den Hauptartikel Contagious Disease Acts.
20. Jahrhundert
Während des II. Weltkriegs wurden von der Wehrmacht und der SS Hunderte von Wehrmachtsbordellen eingerichtet. Frauen, die sich bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten ansteckten, wurden erschossen. Den von den Japanern euphemistisch so genannten "Trostfrauen", meist Chinesinnen und Koreanerinnen, drohte ähnliches.
Ein weniger brutales System der Prostitution für ihre Truppen betrieben allerdings auch alle anderen Kriegsparteien.
Umgang mit dem Thema in der DDR
Auch in der DDR bediente sich die Stasi der - offiziell seit 1968 unter Strafe stehenden - Prostitution zur Informationsgewinnung über den "Klassenfeind". Die Prostitution wurde nicht nur geduldet, sondern sogar durch Schulungen gefördert.

Freiwillige Prostitution
Die Ausübung der modernen Prostitution unterscheidet sich erstaunlich wenig von der historischen. Gleich geblieben ist in allen Epochen die Unterteilung in freiwilliger oder unfreiwilliger Ausübung. Beratungsangebote zur freiwilligen Prostitution bieten Organisationen wie z.B. Hydra und BSD, die gezielt eine "Einstiegsberatung" anbieten, um Frauen den Einstieg zu erleichtern und sie vor Problemen (z.B. mit Zuhältern und Freiern) zu bewahren bzw. festzustellen und zu beraten, ob der Beruf der Prostituierten überhaupt dem entspricht, was sich die interessierte Frau davon verspricht.
Erscheinungsformen des Berufsstandes
Die Erscheinungsformen der freiwilligen Prostitution sind mannigfach, sowohl hinsichtlich der Person der Prostituierten als auch hinsichtlich ihrer Dienstleistung.
Unterteilung zwischen Berufung und Beruf
====Hobbyprostituierte====:
Männer und Frauen, welche eigentlich anderen Berufszweigen nachgehen und nur nebengewerblich der Prostitution nachgehen, um sich nebenher etwas dazuzuverdienen oder sexuelle Phantasien auszuleben, zu welchen sie in regulären Partnerschaften nicht in der Lage sind:
- Sexuelle Gruppe:
Hier finden sich zumeist partnerschaftlich und familiär gebundene Personen (Filmbeispiel: "Belle de Jour" von Luis Bun~uel 1967, mit Catherine Deneuve). Diese Gruppe steht in der Verbrauchergunst am Höchsten, da der vorausgesetzte "Spass- Effekt für beide Seiten" das schlechte Gewissen vieler Kunden und Kundinnen, diese Dienstleistung in Anspruch nehmen zu müssen, beruhigt, der finanzielle Aspekt ist hier eher nebensächlich und wird als großmütige Spende für gemeinsamen Spaß verstanden. (Siehe hierzu auch Swingerclub)
- Finanzielle Gruppe:
Hier finden sich hauptsächlich SchülerInnen, StudentInnen und Lehrlinge, aber auch Arbeitslose oder SozialhilfeempfängerInnen. Diese Gruppe steht in der Hierarchie unter der Ersteren, ist aber dennoch sehr beliebt, da sich die Nutzer nicht als "ausbeuterische Freier" sehen, sondern als "Unterstützer" und "Helfer".
Professionelle Prostituierte
Professionelle Prostituierte üben die Dienstleistung hauptberuflich aus, d. h. sie bestreiten ihren Hauptlebensunterhalt mit der Ausübung. Diese Gruppe ist im Nutzerkreis nicht sonderlich beliebt. "Professionelle" gilt mehr oder weniger als Schimpfwort. Grund ist das Vorurteil der illusionslosen (seelenlosen) Ausübung des Berufes, die befürchtete Reduktion des Nutzers zur reinen "Brieftasche". Das Vorurteil, ist wie alle Vorurteile nicht ganz ungerechtfertigt, tritt doch gerade hier das Wesen des Machtkampfes Mann vs. Frau am stärksten, deutlichsten, unverschnörkeltesten und am kältesten zu Tage.
Angebotene Dienstleistungen
Bei den angebotenen Dienstleistungen geht es vom Sex in allen möglichen Varianten über die Unterhaltung, an deren Ende Sex steht, bis zur Unterhaltung, die Sex einschließen kann, aber nicht muss.
Finanzielle Regelung
Art und Umfang der sexuellen Dienstleistungen wird zwischen Prostituierten und Verbrauchern im Vorfeld verhandelt. Nicht angesprochene Wünsche sind in der Regel nicht im Preis enthalten, so dass es im Bedarfsfalle zu Nachforderungen seitens der Prostituierten kommen kann und darf.
Ausübungsformen und -arten
Die gewerbsmäßige Prostitution gibt es in mehreren Varianten, welche sehr stark von Herkunft, gesellschaftlicher Schicht und Bildungsgrad der jeweiligen Person abhängen:
- Straßenprostitution (Straßenstrich): Die Prostituierten stehen an bestimmten, offiziell dafür vorgesehenen oder inoffiziell bekannten Stellen am Straßenrand und bieten sich potentiellen Kunden an. Abwandlungen sind Prostitution in Hotelbars, Raststätten und an ähnlichen Orten. Bei der Straßenprostitution findet der Sex in der Regel entweder im Auto des Freiers oder in Hotels statt, oft in so genannten Stundenhotels, die darauf spezialisiert sind.
- Wohnwagenprostitution: Diese Geschäftsform findet man an einigen Land- und Bundesstraßen zumeist im ländlichen Raum. Die Prostituierten warten in Wohnwagen, die auf einsamen Parkplätzen oder Feldwegmündungen stehen, auf Kunden.
- Prostitution in Bordellen: Hier findet die Prostitution in speziellen Häusern statt, die über einen Kontaktraum verfügen, in denen der Freier eine Prostituierte oder einen Stricher (House of Boys) auswählen kann und dann mit ihr oder ihm ein Zimmer für den Sex (ähnlich einem Stundenhotel) aufsucht. Abwandlungen sind Laufhäuser oder Straßen mit schaufensterähnlichen Räumen im Erdgeschoss, in denen die Prostituierten sitzen (zum Beispiel die Herbertstraße in Hamburg oder die Helenenstraße in Bremen).
- Die Prostituierten sind meist faktisch Angestellte oder befinden sich in noch größerer Abhängigkeit vom Bordell oder einzelnen Zuhältern, wenn auch aus rechtlichen Gründen oft die Fiktion geschaffen wird, sie seien selbständig.
- Modellprostitution: Die Prostitutierten oder ihre Zuhälter mieten Zimmer in so genannten Modellwohnungen an, die häufig ehemalige Gewerberäume oder Mietwohnungen sind. Sie werben in Lokalzeitungen oder im Internet, um Kunden anzuziehen
- Prostitution auf Anruf (Callgirls, Callboys): Die Prostituierten werden direkt oder über eine Agentur vom Freier gebucht. Der Sex wird beim Kunden zu Hause, in einem Hotel oder in der eigenen oder extra angemieteten Wohnung vollzogen.
- Eine Sonderform der Prostitution stellt die Sexualassistenz (auch Surrogat-Therapie genannt) dar. Behinderte, die behinderungsbedingt keine andere Möglichkeit der sexuellen Befriedigung haben, nehmen die Dienste von männlichen oder weiblichen Sexualassistenten in Anspruch. Sexualassistenten sind auf die besonderen Bedürfnisse der Behindertensexualität spezialisierte Prostituierte. Inzwischen gibt es spezielle Ausbildungsgänge zu Sexualassistenten. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen können die Kosten einer Sexualassistenz vom Sozialamt übernommen werden. Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse (‚Sex auf Krankenschein‘) ist jedoch in der BRD – anders als etwa in den Niederlanden – gesetzlich ausgeschlossen.
Art und Umfang der sexuellen Dienstleistungen und der dafür zu entrichtende Preis werden meistens im Vorfeld ausgehandelt und entrichtet.
Orte der Prostitution
Prostitution findet oft im Rahmen des Rotlichtmilieus, manchmal in einem Rotlichtviertel statt.
In Städten oder Ländern mit rigiden Sperrgebietsverordnungen sind, wegen der verschärften Konkurrenzsituation auf engem Raum, die Prostituierten eher dem Zugriff von Zuhältern ausgesetzt. Eine Prostituierte ohne Zuhälter wird hier oft von den Zuhältern der anderen Prostituierten gewaltsam vertrieben.
Euphemismen und Pejorationen
Umgangssprachlicher Berufsbegriff
Für Prostitution gibt es – wie für viele mit der Sexualität verbundenen Konzepte – zahlreiche euphemistische (beschönigende) und pejorative (abwertende) Umschreibungen:
Umgangssprachliche Bezeichnungen für Berufsstand und -umfeld (deutsch)
- ältestes Gewerbe der Welt
- horizontales Gewerbe
- Rotlicht- Gewerbe
- Rotlicht- Milieu
- nur Straße/ Milieu (mit entsprechender Betonung)
Umgangssprachliche Umschreibungen für die/den Auszuübenden (deutsch)
Die Anbieter sexueller Dienstleistungen werden unabhängig vom Geschlecht als Prostituierte bezeichnet. Für Prostituierte gibt es zahlreiche umgangssprachliche Bezeichnungen, welche sich pro Preissektor überraschend peinlich genau von einander abgrenzen. In den folgenden Aufzählungen sind sie nach "Wert" aufsteigend von links nach rechts sortiert:
- weibliche Bezeichnungen: Nutte, Bordsteinschwalbe (für Straßenprostituierte), Dirne, Hure, Callgirl
- männliche Bezeichnungen: Stricher, Callboy, Gigolo
- historische Bezeichnungen (deutsch): Freudenmädchen, Kurtisane, Hurer (für männl. Prostituierte, heute kaum mehr in Gebrauch)
Umgangssprachliche Umschreibungen für den Kundenkreis (deutsch)
- weibliche Bezeichnungen: Freierin, Kundin, Kulantin
- männliche Bezeichnungen: Bock (äußerst abfällig), Freier, Kunde, Gast, (Sugar-)Daddy
Prostitution International
Deutschland
- In Deutschland gibt es etwa 400.000 berufsmäßige Prostituierte. Dazu kommen noch eine Reihe von Gelegenheitsprostituierten, deren Zahl je nach Definition unterschiedlich angegeben wird.
- Davon sind geschätzt 95 % weiblich und 5 % männlich.
- Herkunftsländer:
- Nach Schätzungen von Hydra und anderen Hilfsorganisationen arbeiten in Deutschland 100 000 bis 200 000 Ausländerinnen als Prostituierte, davon ein erheblicher und zunehmender Teil Osteuropäerinnen; Kolumbien, Thailand und Schwarzafrika sind weitere bedeutende Herkunftsgebiete. Viele dieser Frauen werden von kriminellen Banden eingeschleust und dann zur Prostitution gezwungen. Oft greifen die Frauen aus psychischen Gründen auf Drogen zurück, die ihnen oft von denselben Banden verkauft werden. Schätzungen zufolge sind etwa 90% aller ausländischen Prostituierten drogenabhänigig.
In den 1990er Jahren machten in Deutschland gewerkschaftsähnliche Selbsthilfegruppen Prostituierter auf die rechtlose Situation von Prostituierten aufmerksam und forderten die Anerkennung von Prostitution als Beruf. Mit dem Prostitutionsgesetz (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution – ProstG vom 20. Dezember 2001; BGBl. I S. 3983) wurde die Prostitution in Deutschland gesetzlich geregelt. Vereinbarungen über sexuelle Handlungen gegen Entgelt begründen eine rechtswirksame Forderung der Prostituierten, sie gelten nicht mehr als rechtswidrig. Da die Menschenwürde nicht zur Disposition des Staates steht, auch nicht durch Gesetz, ist die Prostitution nach Auffassung von manchen Juristen auch weiterhin sittenwidrig (vgl. Palandt-Heinrichs § 138 BGB Rn. 52), durch das ProstG entstehe aber nach Vornahme der sexuellen Handlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Berlin war jedoch die Prostitution bereits vor dem Prostitutionsgesetz nicht mehr sittenwidrig: "...die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) darf nicht dazu mißbraucht werden, den einzelnen durch einen Eingriff in die individuelle Selbstbestimmung gleichsam vor sich selbst zu schützen..." (VG Berlin, Urteil vom 01.12.2000, VG 35 A 570.99). Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass Prostitution zu den Erwerbstätigkeiten gehört, die "Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens" im Sinne von Art. 2 EG sind (EuGH v. 20.11.2001 – Rs. C-268/99).
Seit 2002 nehmen als Folge des Prostitutionsgesetzes auch gesetzliche Krankenversicherungen Prostituierte auf, da sie als Mitarbeiterinnen ihres Arbeitgebers entweder als Arbeitnehmerinnen oder als Scheinselbstständige gelten. Grundsätzlich könnten sich Prostituierte auch privat krankenversichern; allerdings werden sie von privaten Krankenversicherungen in der Regel wegen zu hoher Risiken abgelehnt.
Prostituierte unterliegen paradoxerweise auch nach der Einführung des Prostituierten-Gesetzes weiterhin dem Werbeverbot, d.h. es darf (§119, §120 OWiG) nicht für die Ausübung sexueller Dienstleistungen geworben werben. Das ist der Grund, warum es in einschlägigen Zeitungen derart viele Anzeigen für "Massage-Salons" gibt und sich das mannigfaltig auslegbare Wort "Modell" für die Prostituierte etabliert hat.
Eine Existenzgründung in Rahmen einer Ich-AG ist möglich (Stand 2005) und wird beim Vorliegen der festgelegten Vorausetzungen von den ortszuständigen Arbeitsagenturen unterstützt.
Die Machtverhältnisse im deutschen Rotlichtmilieu haben sich im Laufe der Zeit massiv verändert.
Schweden
In Schweden ist Prostitution allgemein verboten, wobei im Gegensatz zu den üblichen Vorschriften sich hier die Kunden strafbar machen, nicht die Prostituierten.
USA
In fast allen US-amerikanischen Bundesstaaten ist Prostitution sowie die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen strafbar (Ausnahme: Teile Nevadas). Dies bedeutet allerdings nicht, dass es in den USA keine Prostitution gibt. Im Gegenteil, es sind vom Straßenstrich bis zu teuren Callgirls viele Formen vertreten.
Japan
In Japan ist Prostitution weit verbreitet und der Übergang zu "unbezahltem, freiwilligen" Geschlechtsverkehr viel fließender als im Westen. Millionen von jungen Mädchen haben zumindest zeitweise in Hostess-Clubs gearbeitet; Hunderttausende Oberschülerinnen verkaufen ihre Körper oder ihre Begleitung im Enjokosai-System.
Die japanischen Geishas stellen dagegen eine Art gebildeter Unterhalterinnen dar. Zum Geschlechtsverkehr kommt es mit ihnen in der Regel nicht; sie gehören daher nicht zu den Prostituierten.
Prostitution ist weniger ehrenrührig als im Westen. Auf der Seite der Männer ist es ganz normal, den Geschäftspartner in einschlägige Clubs auf Firmenkosten auszuführen; auf der Seite der Frauen ist Prostitution fast immer freiwillig und wird ganz pragmatisch als eine Methode gesehen, schneller an Geld zu kommen als mit normalen Jobs. Dies illustriert ein häufiges Motiv japanischer Comics , wo der Vater oder der Freund beim Besuch eines Hostess-Clubs auf seine eigene Tochter bzw. Freundin trifft.
Zweite und Dritte Welt
Viele Länder sind Ziel eines Sextourismus, zum Beispiel Kenia, Tschechien, die Philippinen, Thailand und die Karibik
Unfreiwillige Ausübung des Berufstandes
Die Gründe, aus denen Prostituierte diese Tätigkeit wählen oder zu ihr gezwungen werden, können sehr unterschiedlich sein und sind oft mehrschichtig. Die Abgrenzung zwischen Zwang und freiwilliger Berufswahl kann schwierig sein. Auch freiwillige Prostituierte in Abhängigkeitsverhältnisse gebracht und letzlich zur Prostitution gezwungen werden. In wirtschaftlich schwachen Ländern, v.a in Ländern der Dritten Welt, ergreifen manche Menschen diese Tätigkeit, weil sie keine andere Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Kriminelle Nutzung
Zuhälterei
Zuhälter üben oft Zwang auf die für sie tätigen Prostituierten aus, entweder damit sie sich überhaupt prostituieren oder damit sie den vom Zuhälter gewünschten Anteil an den Einnahmen an ihn abliefern. Bei allen Formen der Prostitution können die Prostituierten unter der Kontrolle eines – meist männlichen – Zuhälters stehen, was jedoch bei männlichen Prostituierten unüblich ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Zuhälter die Prostituierten unter Einsatz von Gewalt oder psychischer Manipulation (also durch gezieltes Ausnutzen persönlicher Schwächen), gelegentlich auch suchterzeugender Drogen, in einem Zustand der Abhängigkeit hält; eine besondere gewaltsame Abhängigkeit wird im Fall des Menschenhandels (siehe auch Moderne Sklaverei) geschaffen. Betroffen sind häufig Frauen aus Südamerika, Osteuropa und Südostasien. In solchen Situationen geht der Verdienst ganz oder weitgehend an den Zuhälter.
Drogenbedingte Prostitution
Ein Grund für Prostitution können Zwangslagen sein, wie die Geldbeschaffung für Drogen (Drogenkriminalität, Beschaffungskriminalität).
Menschenhandel
Besonders in Verbindung mit Menschenhandel können Zuhälter Teil organisierter Kriminalität sein oder von entsprechenden Organisationen (Mafia), kontrolliert werden. Bei der erzwungenen Prostitution werden Menschen aus wirtschaftlich schwachen Ländern oder armen ländlichen Gebieten von Menschenhändlern unter Vorspiegelung legaler Arbeitsmöglichkeiten an andere Orte verschleppt, wo sie durch körperliche und seelische Gewalt und Freiheitsberaubung in persönliche und finanzielle Abhängigkeit gebracht und dann zur Prostitution gezwungen werden (Menschenhandel).
Kinderprostitution
Schätzungen von UNICEF zufolge werden weltweit etwa drei bis vier Millionen Kinder im Rahmen von Kinderprostitution kommerziell sexuell ausgebeutet; dabei ist die Definition von "Kind" meist "Person unter 18 Jahren". Prostitution von Personen unter 14 Jahren geschieht ebenfalls, ist aber sehr viel seltener.
Verbände und Selbsthilfegruppen
Die Gewerkschaft ver.di versucht, mit einem Arbeitskreis Prostitution (Fachbereich 13 Besondere Dienstleistungen), die Interessen von Prostituierten zu vertreten. Dabei konzentriert sich die Gewerkschaft auf die arbeitsrechtliche Absicherung von Prostituierten, unter anderem mit einem Muster-Arbeitsvertrag.
Als Arbeitgeberverband im Bereich der Prostitution gibt es den Bundesverband sexuelle Dienstleistungen e.V. (BSD) mit Sitz in Berlin.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen und ‚Huren-Projekte‘ wie etwa Hydra.
Siehe auch
Literatur
- Juanita Henning: Kolumbianische Prostituierte in Frankfurt. Ein Beitrag zur Kritik gängiger Ansichten über Frauenhandel und prostitution. Lambertus Forschung., 1997. ISBN 3-7841-0990-X
- Tamara Domentat: Laß dich verwöhnen : Prostitution in Deutschland. - Berlin : Aufbau-Verl., 2003. - ISBN 3-351-02550-5
- Laura Ibis: Im Rotlicht tanzend : Erzählungen und Gedichte einer Prostituierten aus dem Revier. - Dortmund : Unser-Forum-Verl., 1996. - ISBN 3-9805117-2-3
- Vera Jost: Fliegen oder Fallen : Prostitution als Thema in Literatur von Frauen im 20. Jahrhundert. - Königstein/Taunus : Helmer, 2002. - ISBN 3-89741-109-1
- Néstor Osvaldo Perlongher: O negócio do michê, prostituição viril am São Paulo, 1.a edição 1987, editora brasiliense
- John Preston: Hustling : a gentleman's guide to the fine art of homosexual prostitution. - New York : Masquerade Books, 1994. - ISBN 1-563-33137-3
Weblinks
- Prostitutionsgesetz
- Prostitution und Menschenhandel
- August Bebel – Die Prostitution - eine notwendige soziale Institution der bürgerlichen Welt
- Brief aus Rio: Ansichten einer Bordsteinschwalbe
- Mitteldeutscher Rundfunk: Honeckers Huren. Manuskipt des Beitrages von Andrea Besser
- Jungle World: Prostitution in der DDR