Zoophilie

Zoophilie (von griech. ζῷον, zóon, Lebewesen/Tier und φιλεῖν, phileín, lieben) ist die korrekte Bezeichnung für Sodomie, die meist sexuell ausgerichtete Liebe zu Tieren. Ebenfalls in den Bereich der Zoophilien gehören jedoch auch Vorlieben, die nur sekundär, manchmal gar unbewusst der sexuellen Befriedigung dienen.
Der Begriff wurde erstmals 1896 von dem Wiener Psychiater Richard von Krafft-Ebing in seinem Werk Psychopathia sexualis benutzt.
Seit der überarbeiteten Version des DSM-III (1987) wird Zoophilie unter den nicht näher bezeichneten Paraphilien aufgeführt.
Hani Miletski, eine Sexualtherapeutin, stellte in ihrer Dissertation 1999 fest, dass es Hinweise darauf gebe, dass Zoophilie genau wie zum Beispiel Hetero- und Homosexualität eine echte sexuelle Orientierung sei.
In der Zusammenfassung ihrer Untersuchung schreibt Andrea Beetz (2002), dass Zoophilie ein Ausdruck der Liebe, der Zuneigung und der sexuellen Anziehung sein könne und nicht notwendigerweise ein Ausdruck von Aggression oder ein Trieb zur Dominanz sei, wie bislang allgemein angenommen.
Für beide Studien wurden Zoophile mit Hilfe von Fragebögen und persönlichen Interviews untersucht.
Begriffe
Die Begriffe im Wortfeld Zoophilie waren und sind nicht allgemeingültig definiert. Eine sehr ausführliche Darstellung der Begriffe und ihrer Entwicklung findet sich bei Rosenbauer.
Die heute gängigste und auch von Hani Miletski und Andrea Beetz akzeptierte Definition von Zoophilie ist: Zoophilie beschreibt eine emotionale Bindung zu einem Tier, die zu einer Bevorzugung des Tieres als Lebensgefährte und/oder Sexualpartner führt.
Geschichte
Höhlenmalereien, die sexuelle Kontakte von Menschen mit Tieren zeigen, sind schon aus der Bronzezeit (Schweden) und aus der Eisenzeit (Italien) bekannt. Laut Joseph R. Rosenberger (1968) gehen sexuelle Mensch-Tier-Kontakte sogar mindestens bis in die letzte Eiszeit (vor 40.000-25.000 Jahren) zurück. Es gibt Lehrmeinungen, die davon ausgehen, daß es sich bei diesen Malereien nicht um tatsächliche Handlungen, sondern um Abbildungen mythologisch-tiefenpsychologischer Motive handele. Andere sehen hier den Umgang des Schamanen mit seinem Krafttier im nichtalltäglichen Bewusstsein dargestellt.
Aus der Antike hingegen sind vielfältige Berichte bekannt, bei denen es sich eindeutig um sexuellen Umgang mit Tieren handelt. So wurden im Alten Griechenland verschiedene Gottheiten dadurch verehrt, dass mit den Tieren, die die Gottheit symbolisierten, Geschlechtsverkehr praktiziert wurde. Auch in der griechischen Mythologie spielen Mensch-Tier-Kontakte eine große Rolle (siehe Minotaurus, Europa, Leda). Im Alten Rom gab es Bordelle, die die Namen der Tierarten trugen, die dort zur Verfügung standen.
Von der Spätantike bis in die Neuzeit hinein hat weitgehend die Bibel den gesellschaftlichen Umgang mit Mensch-Tier-Kontakten bestimmt. Im Mittelalter war die Todesstrafe üblich, meist sowohl für den Menschen als auch für das Tier. Schwere Strafen bis hin zu lebenslänglicher Haft hielten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Nicht selten wurden Schweinehirten fälschlich verdächtigt, weil sie durch „Aufreiten“ auf der Sau feststellten, ob diese paarungsbereit war (ein paarungsbereites Weibchen drückt dagegen, ein nicht paarungsbereites Weibchen geht weg). Für unkundige Außenstehende kann der Test durch den Schweinehirten wie eine Form der Zoophilie wirken.
Rechtliches
Sexuelle Kontakte zwischen Tieren und Menschen waren in Deutschland durch § 175b StGB verboten:
- Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (§ 175b in der Fassung vom 28. Juni 1935)
Die Strafbarkeit wurde 1969 durch die Große Strafrechtsreform aufgehoben. Gewisse Grenzen setzen hier natürlich weiterhin die Tierschutzgesetze und, falls es sich um fremde Tiere handelt, Gesetze gegen Hausfriedensbruch (§123) und Sachbeschädigung (§303).
Die Verbreitung pornografischer Schriften, die sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben, ist aber strafbar nach §184a StGB. Der Besitz hingegen ist erlaubt.
Moralisches
Während vor nicht langer Zeit sämtliche sexuellen Mensch-Tier-Kontakte noch als ausnahmslos gewalttätig angesehen wurden, zeichnen neuere Studien ein differenzierteres Bild. So sieht Joseph R. Rosenberger schon in einem passiven Verhalten des Tieres eine Zustimmung. Andere Autoren berichten, Tiere könnten den sexuellen Akt durchaus genießen (Hani Miletski und Andrea Beetz) oder ihn sogar selbst herbeiführen (Midas Dekkers, 1994). Ein eindeutiger Fall sind Rüden, die sich am Bein ihres Herrchens bzw. Frauchens zu reiben versuchen - wobei der Hundebesitzer dies gewährt oder - in der Regel - unterbindet.
Peter Singer, ein australischer Philosoph, glaubt, dass die Zugehörigkeit eines Lebewesens zu einer bestimmten Gattung allein nicht von moralischer Relevanz sein kann. Er hält daher sexuelle Mensch-Tier-Kontakte, solange sie gegenseitig zufriedenstellend seien, für akzeptabel.
Varianten
- Kynophilie - Sexualität mit Hunden
Literatur
- Alfred C. Kinsey: Der Kinsey Report, S.Fischer Verlag Frankfurt
- Arne Hoffmann: Das Lexikon der Tabubrüche, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, ISBN 3896025171
- Andrea Beetz: Love, Violence, and Sexuality in Relationships between Humans and Animals, Shaker Verlag GmbH Aachen, ISBN 3832200207
- Curt Marasotti, F. Auer: Sodomie: Lust oder Laster, Odörfer Verlags GmbH Leinburg, ISBN 3924891206
- Hani Miletski: Understanding Bestiality and Zoophillia, East-West Publishing, LLC, ISBN 0971691703, 2002
- Hani Miletski: Bestiality - Zoophilia: An exploratory study, Diss., The Institute for Advanced Study of Human Sexuality. - San Francisco, CA, Oktober 1999
- Josef Massen: Zoophilie, die sexuelle Liebe zu Tieren, Pinto Press Verlag Koeln, ISBN 3930387158
- Mark Matthews: Der Pferdemann, 2. Auflage, Books on Demand Norderstedt, ISBN 3833408642
- Midas Dekkers: Geliebtes Tier, die Geschichte einer innigen Beziehung, Rowohlt Verlag Reinbek, ISBN 3499199467
- Colin J. Williams and Martin S. Weinberg: Zoophilia in Men: a study of sexual interest in animals - in: Archives of sexual behavior, Vol. 32, No.6, December 2003, pp. 523-535
- S. Dittert, O. Seidl und M. Soyka: Zoophilie zwischen Pathologie und Normalität: Darstellung dreier Kasuistiken und einer Internetbefragung (Zoophilia as a special case of paraphilia Presentation of three case reports and an Internet survey) - in: Der Nervenarzt : Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde; Organ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, 2004, online publiziert 10.Juni 2004
Netzverweise
- ZooWiki - Alles über Zoophilie in Form einer Wiki
- Das Zoothought Projekt
- Die Deutsche Zoo-FAQ
- Frank Rosenbauer - Sexueller Kontakt mit Tieren
- Onmeda - Sodomie
- Verschwiegenes Tierleid Online
- Vermeintliches Tierleid Online
- Magnus-Hirschfeld-Archiv für Sexualwissenschaft - Sexueller Kontakt mit Tieren
- Paragrafen zu Pornografie: 184 StGB und weitere
- Peter Singers Kritik des Buches Dearest Pet: On Bestiality von Midas Dekkers, Englisch
- Tierlover, deutsches Forum über Zoophilie