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Kirchensteuer (Schweiz)

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Die Kirchensteuer ist eine Steuer, welche Landeskirchen zur Finanzierung ihrer Kosten erheben.

Die Schweizer Bundesverfassung erlaubt Kantonen im Rahmen der Glaubens- und Gewissensfreiheit eigene Regelungen betreffend des Verhältnisses zu den Kirchen (vgl. Art. 72 Abs. 1 BV[1]). Aus diesem Grund können Kantone die Handhabung der Kirchensteuer selber regeln.

In 18 von 26 Kantonen haben juristische Personen diese Steuer ebenfalls zu entrichten,[2] was das Bundesgericht - im Gegensatz zur Mehrheit der juristischen Lehre - als verfassungsmässig erachtet.[3]

Regelungen in Kantonen

Aargau

Anerkannte Landeskirchen sind die evangelisch-reformierte, römisch-katholische und Christkatholische Kirche als "Landeskirchen mit öffentlichrechtlicher Selbständigkeit und eigener Rechtspersönlichkeit" (Kantonsverfassung §109 Abs.1).[4] Nur natürliche Personen, die Mitglied einer anerkannten Religionsgemeinschaft sind, sind kirchensteuerpflichtig. juristische Personen sind nicht kirchensteurpflichtig.[5]

Appenzell a.R.

Appenzell a.R. anerkennt die ev.-ref. und die röm.-kath. Kirche als "selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit weitgehender Autonomie" (Kantonsverfassung §109 Abs. 1)[4]. In Appenzell a.R. sind juristische Personen nicht kirchensteuerpflichtig, wohl aber natürliche Personen, die Mitglied einer anerkannten Kirche sind.[5]

Appenzell i.R

Hier liegt eine spezielle Formulierung in der Kantonsverfassung (Art. 3 Abs. 1) vor: "Die röm.-kath. Religion geniesst als die Religion des Volkes Gewährleistung und Schutz seitens des Staates." Es besteht also keine öffentlichrechtliche kantonalkirchliche Organisation (sondern nur ein Verein "Katholische Kirchgemeinden Innerrhodens").[4] Die ev.-ref. Kirchgemeinde Innerrhoden wurde 1925 öffentlichrechtlich anerkannt - sie umfasst aber nur den inneren Landesteil des Kantons.[6] Es werden sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen Kirchensteuern erhoben.

Basel-Land

Als Landeskirchen werden die Evangelisch-reformierte, die Römisch-katholische und die Christkatholische Kirche anerkannt als "öffentlichrechtliche Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit" (Kantonsverfassung §136 Abs. 1 & 2).[4] Die Steuer wird von Kirchenangehörigen sowie von steuerpflichtigen juristischen Personen erhoben, letztere haben 5 % des Staatssteuerbetrages zu entrichten.[7]

Basel-Stadt

Anerkannt werden die ev.-ref., die röm.-kath. und die christkath. Kirche, sowie die israelitische Gemeinde als "öffentlichrechtliche Persönlichkeiten" (Kantonsverfassung Art. 19 Abs. 1).[4] Es sind nur natürliche Personen mit Mitgliedschaft in einer anerkannten Religionsgemeinschaft kirchensteuerpflichtig - juristische Personen also nicht.[5]

Bern

Die Kantonsverfassung (Art. 121) anerkennt die ev.-ref., die röm.-kath. und die christkath. Kirche als "Landeskirchen mit öffentlichrechtlicher Rechtspersönlichkeit"; dazu werden die israelitische Gemeinde Biel und die jüdische Gemeinde Bern als "öffentlichrechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit" anerkannt (Art. 126 Abs. 1).[4] Im Kanton Bern müssen natürliche Personen, die Mitglied einer Landeskirche sind, an diese die Kirchensteuer entrichten. Juristische Personen sind in jedem Fall kirchensteuerpflichtig, wobei ihre Steuer anteilsmässig auf die Landeskirchen aufgeteilt wird. Auf Lotteriegewinne wird eine achtprozentige Kirchensteuer entrichtet.[8] 2006 wurden 200 Millionen Franken Kirchensteuern eingenommen, davon 28 Millionen von juristischen Personen.[9] Besonders stossend ist die Besoldung von Geistlichen durch den Staat (auch der Gebäudeunterhalt ihrer Amtshäuser) aus allgemeinen Steuergeldern; Bern ist der letzte Kanton mit dieser Regelung - Zürich gab diese Form 2010 auf.

Freiburg

Die Kantonsverfassung (Art. 2 Abs. 2) "erkennt der röm.-kath. und der ev.-ref. Kirche eine öffentlich-rechtliche Stellung zu"[10]. In einem Gesetz wurde 1990 der israelitische Kultusgemeine eine öffentlich-rechtliche Stellung zu erkannt.[11] Kirchensteuerpflichtig sind sowohl juristische als auch natürliche Personen. Interessant ist hier die Aufteilung der Veranlagung und des Bezugs dieser Steuern: Bei juristischen Personen wird die Steuer durch die kantonale Steuerverwaltung veranlagt und bezogen; bei natürlichen Personen hingegen nimmt der Kanton nur die Veranlagung vor, den Bezug nehmen dann aber die Kirchgemeinden wahr.[12]

Genf

In Genf - als laizistischer Staat - ist keine Religionsgemeinschaft öffentlichrechtlich anerkannt. Die Kantonsverfassung (Art. 165 Abs. 2) erlaubt den Kirchen nur die Organisation und Erlangung der Rechtspersönlichkeit im Rahmen des Zivilrechts[13]. Dennoch sprach der Conseil d'État 1944 die öffentliche (nicht: öffentlichrechtliche) Anerkennung der ev.-ref., der röm.-kath. und der christkath. Kirche zu. Weiter sind (trotz Laizismus!) die anerkannten Kirchen berechtigt, vom Staat gegen Entschädigung die Erhebung eines kirchlichen Beitrags zu verlangen. Genf kennt keine Kirchensteuer für juristische Personen, weiter ist auch für natürliche Personen die Bezahlung der erhobenen Kirchensteuern fakultativ.[14]

Glarus

Als Landeskirchen öffentlichrechtlich anerkannt sind die ev.-ref. und die röm.-kath. Kirche (Kantonsverfassung Art. 135 Abs. 1). In Glarus sind juristische wie auch natürliche Personen kirchensteuerpflichtig - wobei Holding- und Domizilgesellschaften davon befreit sind.

Graubünden

Die Steuer beträgt in reformierten Kirchen aus der Ausgleichssteuer von 3,5 % der einfachen Kantonssteuer. Zusätzlich kommt die Steuer der örtlichen Kirchengemeinde dazu, die je nach Gemeinde zwischen 8 % und 17 % betragen kann.[15]

Zürich

Im Kanton Zürich sind die Evangelisch-reformierte sowie die Römisch-katholische Kirche anerkannt, dazu kommt die Christkatholische Kirchengemeinde der Stadt Zürich.[16] Neu anerkannt wurden die Israelitische Cultusgemeinde und die jüdische Liberale Gemeinde.[17] Die Kirchensteuer fliesst zu Gunsten dieser Kirchen. Im Kanton müssen juristische Personen ebenfalls die Kirchensteuer bezahlen. Ein Begehren der SVP, die Kirchensteuer für Unternehmen abzuschaffen, scheiterte im Mai 2007. Unternehmen zahlen rund 80 Millionen Franken pro Jahr an die Kirche.[17]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. "Bundesverfassung Artikel 72"
  2. kipa_20060823133808. (PDF) Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  3. Ulrich Häfelin / Walter Haller: Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6. Auflage, Schulthess Zürich 2005, S. 127, ISBN 3-7255-4907-9.
  4. a b c d e f SFM. (2003). Staat und Religion in der Schweiz.
  5. a b c SSK. (2009). Die Kirchensteuern.
  6. Beschluss vom 30. November 1925 über die Anerkennung der ev.-ref. Gemeinde Appenzell als Körperschaft öffentlichen Rechts, in: Appenzeller Volksfreund. Amtliches Publikationsorgan für den Kanton Appenzell I.-Rh., Nr. 143 vom 1. Dezember 1925
  7. Kanton Basel-Landschaft - Kirchengesetz SGS 191. Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  8. Erlass der Bernischen Systematischen Gesetzessammlung BSG / Acte législatif du Recueil systématique des lois bernoises RSB. Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  9. kipa_20070405100852. (PDF) Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  10. SFM. (2003). Staat und Religion in der Schweiz.
  11. Gesetz über die Anerkennung der israelitischen Kultusgemeinde vom 3. Oktober 1990 (SGF 193.1)
  12. SSK. (2009). Die Kirchensteuern.
  13. SFM. (2003). Staat und Religion in der Schweiz.
  14. SSK. (2009). Die Kirchensteuern.
  15. Evangelischen Kirchgemeinde Chur. Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  16. Kantonales Steueramt. Abgerufen am 18. Dezember 2011.
  17. a b Firmen bezahlen weiterhin Kirchensteuer. Abgerufen am 18. Dezember 2011.