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Ameisen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Ameisen
Ernteameise im Rasterelektronenmikroskop
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Subphylum: Tracheentiere (Tracheata)
Vorlage:Superclassis: Sechsfüßer (Hexapoda)
Vorlage:Classis: Insekten (Insecta)
Vorlage:Subclassis: Fluginsekten (Pterygota)
Vorlage:Superordo: Neuflügler (Neoptera)
Vorlage:Ordo: Hautflügler (Hymenoptera)
Vorlage:Subordo: Taillenwespen (Apocrita)
Vorlage:Familia: Ameisen
Wissenschaftlicher Name
Formicidae
Vorlage:Subfamilian (nach Bolton, 2003)

Ameisen (von althochdeutsch: ameiza das Abgeschnittene) (Formicidae) sind Insekten (Insecta) und gehören zusammen mit Bienen, Wespen, Hummeln und Hornissen in die Gruppe der so genannten Hautflügler (Hymenoptera). Alle Ameisen sind staatenbildend. (siehe auch Hymenopterenstaat)

Es gibt allerdings einige wenige parasitische Arten, bei denen es sekundär keine Arbeiterinnen, sondern nur noch Geschlechtstiere gibt. Da diese aber immer in anderen Ameisennestern parasitisch oder gar parasitoid auftreten, werden diese nicht als wirkliche Ausnahme der eusozialen Lebensweise betrachtet.

Die Ameisenevolution

Die Ameisen gehören zu den seit der Kreidezeit bekannten Insekten und zu den – im evolutionären Sinn – erfolgreichsten Lebewesen der Erde. Dieser Erfolg liegt in ihrer perfekten Zusammenarbeit und der vollständigen Unterordnung des Individuums.

Die Termiten werden irrtümlicherweise häufig als Verwandte der Ameisen („weiße Ameisen“) angesehen, obwohl sie näher mit den Schaben verwandt sind.

Der Körperbau

Kennzeichnend für den Körperbau der Ameisen ist die deutliche Teilung des Körpers in Kopf, Brust und Hinterleib, wobei letzterer bei den meisten Arten durch ein so genanntes Stielchen – Petiolus, bestehend aus ein bis zwei Segmenten – vom Brustabschnitt abgesetzt ist. Die Fühler ("Antennen") sind abgewinkelt. Bei den Honigtopfameisen gibt es spezielle Arbeiterinnen, deren Hinterleib als Vorratsbehälter aufgebläht ist. Ameisen haben alle eine "Wespentaille".

Die Ameisenkommunikation

Ameisen kommunizieren vorwiegend über Duftstoffe, die sogenannten Pheromone. So legen bspw. einige Ameisenarten von ihrem Nest zu den Futterquellen so genannte Ameisenstraßen an, die durch Pheromone markiert sind. In der Kommunikation innerhalb eines Volkes spielen aber auch Sexual-, Nest-, Königinnen-, Alarm- und Abschreckdüfte, uvm. eine große Rolle. Neben den Duftstoffen bilden Geschmacksstoffe und Arbeitsreize eine wichtige Rolle in der Kommunikation der Tiere. Weiterhin wird von Exemplaren berichtet, deren Kommunikation überwiegend über akustische Signale erfolgt. Hierbei werden Töne im niederfrequenten Spektrum durch noch nicht näher erforschte Vorgänge erzeugt.

Das Leben in der Kolonie

Ameisen in Italien
Bau der Roten Waldameise
Laubholzgefahr
Ein kleiner, aktiver Ameisenhügel
Ameisen im Kampf mit einer Raupe
Drei Ameisen transportieren einen toten Gecko
Eine Blattschneiderameise auf einem Ast trägt ein Blatt
Schwärmende Ameisen, die aus einer Fußbodenleiste eines Hauses kommen
Ameisen in Symbiose mit Blattläusen

Das Verhalten der Ameisen ist durch den Aufbau eines Stammes geprägt. In einem Ameisenbau leben eine oder mehrere Königinnen und 100.000 bis 5 Millionen Arbeiterinnen. Diese Arbeiterinnen haben alle die gleiche Mutter, sind also Geschwister. Bei Hymenoptera entstehen aus unbefruchteten, haploiden Eiern Männchen und aus befruchteten, diploiden Eiern Weibchen. Daher sind Schwestern untereinander nicht wie gewöhnlich zur Hälfte sondern zu 3/4 verwandt. Aufgrund des engen Verwandtschaftsverhältnis ist es für die einzelne Ameise effektiver sich um das Überleben der Königin beziehungsweise des gesamten Baues als um das eigene Überleben zu kümmern, die sogenannte "kin selection".

Die Hauptmasse eines Ameisenstaates wird durch unfruchtbare Arbeiterinnen gebildet. Diese erledigen alle Aufgaben im Nest, von der Aufzucht der Brut über Jagd und Verteidigung bis zum Nestbau. Bei vielen Arten sind die Arbeiterinnen vom Schlupf an auf bestimmte Aufgaben spezialisierte Kasten und auch im Körperbau angepasst. So gibt es Soldatinnen, die die Verteidigung des Nestes übernehmen, Außendienstameisen, die das Futter heranschaffen, Ammenameisen, die sich um die Aufzucht der Larven und Puppen kümmern. Es existiert keine Hierarchie, keine Ameise kann Befehle geben.

Neuere Untersuchungen (Franks et. al.) zeigen, dass Ameisen bei der Suche nach einem neuen Bau geeignete Plätze meiden, in denen tote Ameisen (auch anderer Arten) liegen, andere verunreinigte Plätze jedoch sehr wohl wählen. Dies wird als Anzeichen dafür gedeutet, dass Ameisenkolonien auch ihren Bau verlassen um Krankheiten aus dem Weg zu gehen.

Zur Steuerung des Nest-Klimas siehe auch System#Temperatur-Regulation.

Nahrungsbeschaffung und Verteilung

Die Nahrung wird meist in der Umgebung gesammelt und sehr schnell verteilt. Wenn eine Ameise an den Fühlern berührt wird, würgt sie vorhandene Nahrung hervor ("Regurgitation" genannt), die die berührende Ameise frisst. Auf diese Art kann eine Nahrungsquelle in weniger als einer halben Stunde auf alle Individuen eines Stammes verteilt werden. Durch die gute Verteilung der Nahrungsmittel kann die Futter suchende Ameise darauf vertrauen, dass die anderen den gleichen Nährstoffbedarf wie sie selbst haben und gezielt danach suchen.

Eine Ameise, die Futter findet, bewegt sich nach der Nahrungsaufnahme so schnell wie möglich in den Bau zurück. Alle Ameisen, die sie auf dem Weg dorthin trifft werden wie oben beschrieben versorgt und folgen der Duftspur zum Futter. Einige Arten haben besondere Symbiosen entwickelt. Mehrere Arten halten Blattläuse ähnlich wie Vieh. Sie beschützen die Blattläuse und tragen sie sogar zu passenden Futterpflanzen. Diese Ameisen ernähren sich von dem zuckerhaltigen Kot der Blattläuse.

Krieg

Ameisenstämme verhalten sich (je nach Art) extrem aggressiv. Sie befinden sich fast immer im Kampf mit anderen Staaten. Durch das enge verwandtschaftliche Verhältnis kommt es oft zu Kamikazeaktionen. Es kämpfen vorzugsweise die alten Ameisen.

Zur Verteidigung und zum Angriff besitzen viele Ameisenarten Drüsen, mit denen sie toxische Stoffe produzieren können. Bei der Unterfamilie Formicinae ist dies die bekannte Ameisensäure. Zahlreiche Arten besitzen Stachel. Bei den Soldatinnen ist der Kopf vergrößert und die Mandibeln sind besonders ausgeprägt. Damit sind sie in der Lage, äußere Zugänge zum Nest zu verschließen.

Einige Ameisen Mitteleuropas

  • Camponotus cruentatus (Rossameise)
  • Camponotus herculeanus (Rossameise)
  • Camponotus lateralis (Hohlrückige Holzameise), ist in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht.
  • Camponotus ligniperda (Rossameise)
  • Camponotus maculatus
  • Camponotus truncatus (Stöpselkopfameise)
  • Camponotus vagus (Haarige Holzameise)
  • Formica fusca (Grauschwarze Sklavenameise)
  • Formica rufa (Rote Waldameise), ist in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht.
  • Formica polyctena (Kleine Kahlrückige Rote Waldameise), ist in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht.
  • Formica pratensis (Rotbraune Wiesenameise)
  • Lasius emarginatus (Rotrückige Hausameise)
  • Lasius flavus (Wiesenameise)
  • Lasius fuliginosus (Glänzendschwarze Holzameise)
  • Lasius niger (Schwarze Wegameise)
  • Manica rubida (Große Knotenameise)
  • Messor barbarus (Ernteameise)
  • Messor structor (Ernteameise)
  • Myrmica rubra (Rote Gartenameise)
  • Polyergus rufescens (Amazonenameise)
  • Solenopsis fugax (Gelbe Diebsameise)
  • Tetramorium caespitum (Gemeine Rasenameise)

Waldameisen

Waldameisen (Formica sp.) sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems Wald. Dabei sind ihre Rollen insbesondere bei der Verbreitung von Samen und Früchten zu sehen. Einige Pflanzen bilden spezielle Samenanhänge, die von den Ameisen gesammelt und gefressen werden. Die nicht gefressenen Samen keimen auf den Ameisenstraßen. Die markanten Ameisenhaufen der Waldameisen, die eine Höhe von mehreren Metern erreichen können, werden hauptsächlich aus Tannennadeln und kleinen Steinchen gebaut. Eine Ameise kann bis zum 40-fachen des eigenen Körpergewichtes tragen.

Blattschneiderameisen

Die Blattschneiderameisen, die in den Tropen und Subtropen Amerikas beheimatet sind, schneiden mit ihren Mandibeln Blattstücke ab und bringen diese in ihren Bau. Dort werden die Blattstücke zerkleinert und mit Pilzsporen beimpft. Die wachsenden Pilzfäden werden von den Ameisen blumenkohlartig zurechtgebissen und regelrecht geerntet, wovon sie sich dann ernähren.

Ameisen und Mensch

Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ameisenarten und dem Menschen sind sehr unterschiedlicher und vielfältiger Natur. Durch ihre soziale Lebensweise treten Ameisen meist in sehr individuenstarken Populationen auf, wodurch sie auch für den Laien zu den auffälligsten und bekanntesten Insekten gehören. Aus menschlicher Sicht werden Ameisen sowohl als Nützling wie als Schädling gesehen. Zur wissenschaftlichen Beobachtung werden Formicarien eingesetzt. Ameisen standen auch Pate bei der Ausformung der Ethologie zu einer eigenständigen Disziplin durch William Morton Wheeler Anfang des 20. Jahrhunderts.

Ameisen als Nützlinge

  • Die Waldameisen (Kleine Kahlrückige Rote Waldameise und Rote Waldameise) spielen eine zentrale Rolle in der Forstwirtschaft. Durch das Vertilgen einer Unmenge von Insektenlarven können sie Massenvermehrungen von Forstschädlingen verhindern. Ferner beseitigen sie Tierkadaver aller Art und tragen mit der Verbreitungstätigkeit von Pflanzensamen (Myrmecochorie) zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
  • Die Puppen der Ameisen, fälschlicherweise oft als Ameiseneier bezeichnet, werden in manchen Kulturen als Nahrung genutzt.

Ameisen als süchtige abgestempelt

  • In Haus und Garten sind Ameisen meist weniger gern gesehen. Besonders einige Arten der Wegameisen gelten oft als Schädlinge. Die Schwarze Wegameise dringt auf der Suche nach zuckerhaltiger Nahrung auch in Wohnräume ein. Ihre Bautätigkeit in den Fugen von Gehwegplatten ist dagegen eher lästig als schädlich zu bezeichnen. Ein wesentlich ernsterer Schädling ist die weltweit verschleppte Pharaoameise (Monomorium pharaonis). Sie baut ihre Nester in versteckte Ritzen in menschlichen Behausungen und ist nur schwer zu bekämpfen.
  • Wegameisen ernähren sich zum übergroßen Teil vom Honigtau der Blattläuse. Um diese Nahrungsquelle zu erhalten, schützen die Ameisen die Blattlauskolonien, indem sie Fressfeinde bekämpfen und vertreiben.
  • Einige Stellungen. speziell Rossameisen, bauen ihre Liebesester im Totholz und können dadurch auch als Holzschädlinge auftreten.

Ameisenhaltung

Die Haltung und Beobachtung von Ameisen, sowohl von einheimischen wie auch exotischen Arten, geschieht in speziell vorgefertigten Aufzuchtstationen, sogenannten Formicarien, und ist inzwischen zu einem beliebten Hobby geworden, das zum Wissensbereich der Terraristik gehört. Die nötigen Anschaffungen hängen vom Anspruch der jeweiligen Art ab, so brauchen beispielsweise Blattschneiderameisen wie Atta cephalotes einen ungewöhnlich hohen Aufwand.

Es muss beachtet werden, dass besonders nichteinheimische Arten verheerende Schäden an Flora und Fauna anrichten können, wie am Einschleppen der Feuerameisen (Solenopsis nopsis) in die USA zu sehen ist.

Literatur

Wissenschaftliche Literatur

  • Bert Hölldobler und Edward O. Wilson: The Ants Springer Verlag, Berlin - Heidelberg, 1990, ISBN 3-540-52092-0 "Es handelt sich hier um ein rein wissenschaftliches Buch, das als Enzyklopädie und Handbuch der Myrmekologie dienen soll, es bildet eine erschöpfende Behandlung dieses Fachgebietes" (Hölldobler u. Wilson)

Populärwissenschaftliche Literatur

  • Bert Hölldobler und Edward O. Wilson: Ameisen. Die Entdeckung einer faszinierenden Welt, aus dem Amerikanischen von Susanne Böll, Birkhäuser Verlag, Basel - Boston - Berlin, 1995, die Originalausgabe erschien 1994 unter dem Titel "Journey to the Ants, A Story of Scientific Exploration" bei Harvard University Press , Cambridge, Masschusetts, USA, ISBN 3-7643-5152-7
  • Walter Kirchner: Die Ameisen., ISBN 3-406-44752-X
  • Wolfgang Schwenke: "Der duftgelenkte Staat", Landbuch Verlag GmbH
  • Bernhard Seifert: Ameisen beobachten, bestimmen., Naturbuch Verlag, ISBN 3-894440-170-2
  • Bianca Beyer: Das spannende Leben im heimischen Wohnzimmer - Eine Einführung in die Ameisenhaltung.,[1]
  • Dieter Otto: "Die Roten Waldameisen", Verlag Westarp Wissenschaften, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2005, 192 Seiten, 77 Abb. ISBN 3-89432-718-9 Achten Sie bitte darauf, dass Sie die 3. Auflage erhalten !

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