Wasserstoffperoxid
Strukturformel | |||||||
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Datei:H2O2.jpg | |||||||
Allgemeines | |||||||
Name | Wasserstoffperoxid | ||||||
Summenformel | H2O2 | ||||||
Andere Namen | Perhydrol Fälschlich: (Wasserstoff-)Superoxid oder Wasserstoffhyperoxid, in der Werbung oft Aktiv-Sauerstoff | ||||||
Kurzbeschreibung | farblose Flüssigkeit | ||||||
CAS-Nummer | 7722-84-1 | ||||||
Gefahrensymbole | |||||||
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R- und S-Sätze | R 34
S 3-26-36/37/39-45 | ||||||
Handhabung | Schutzmaßnahmen: Handschuhe, Schutzbrille | ||||||
Lagerung | kühl (unter 15 °C) dunkel dicht verschlossen gut gelüfteter Ort | ||||||
TRGS 900 | Maximale Arbeitsplatzkonzentration: 1 ml/m3; 1,4 mg/m3 | ||||||
LD50 (Ratte, inhalativ) | 2000 mg/m³ / 4h | ||||||
LD50 (Ratte, dermal) | 4060 mg/kg (90 %ige Lösung) | ||||||
Physikalische Eigenschaften | |||||||
Aggregatzustand | flüssig | ||||||
Farbe | farblos | ||||||
Dichte | 1.11 g/cm3 (20 °C)(30%ig) | ||||||
Molmasse | 34,02 g/mol | ||||||
Schmelzpunkt | -26 °C (30%ig) | ||||||
Siedepunkt | 107 °C (30%ig) | ||||||
Dampfdruck | ∼18 hPa (20 °C) | ||||||
Weitere Eigenschaften | |||||||
Löslichkeit | in g/l LM (angeben welches!) (bei xx in °C) bei mehreren Zeilenumbruch! | ||||||
Gut löslich in | Wasser (beliebig) | ||||||
Schlecht löslich in | Lösungsmittel | ||||||
Unlöslich in | Lösungsmittel | ||||||
Kristall | |||||||
Kristallstruktur | Gittertyp angeben | ||||||
Thermodynamik | |||||||
ΔfH0g | in kJ/mol | ||||||
ΔfH0l | in kJ/mol | ||||||
ΔfH0s | in kJ/mol | ||||||
S0g, 1 bar | in J/(mol · K) | ||||||
S0l, 1 bar | in J/(mol · K) | ||||||
S0s | in J/(mol · K) | ||||||
Analytik | |||||||
Klassische Verfahren | siehe Nachweis | ||||||
SI-Einheiten wurden, wo möglich, verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, wurden Normbedingungen benutzt. |
Wasserstoffperoxid H2O2 (früher auch Wasserstoffsuperoxid) ist eine farblose, flüssige Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff. Wasserstoffperoxid reagiert (heftig) mit vielen verschiedenen Stoffen, wie z.B. mit Kupfer, Messing, Kaliumjodid.
Physikalische Eigenschaften
Das H2O2-Molekül ist gewinkelt (Diederwinkel = 111°). Wegen der starken Vernetzung durch Wasserstoffbrücken ist reines Wasserstoffperoxid sehr viskos. Da reines (=wasserfreies) H2O2 instabil ist und spontan explodieren kann, kommt es normalerweise als maximal siebzigprozentige Lösung in Wasser in den Handel.
Herstellung
Früher wurde Wasserstoffperoxid hauptsächlich durch Elektrolyse von Schwefelsäure hergestellt. Dabei bildet sich Peroxodischwefelsäure, die dann wieder zu Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid hydrolisiert wird.
Heute wird Wasserstoffperoxid durch das Anthrachinon-Verfahren hergestellt. Dazu wird Anthrahydrochinon mit Luftsauerstoff unter Druck zu Wasserstoffperoxid und Anthrachinon umgesetzt.
Chemische Eigenschaften
Wasserstoffperoxid neigt dazu, zu Wasser und Sauerstoff zu zerfallen:
Diese Zersetzungsreaktion wird unter anderem durch Mn2+- (siehe Nachweis), I-- und OH--Ionen katalysiert. In der Praxis werden deswegen sämtliche H2O2-Lösungen mit Stabilisatoren (unter anderem Phosphorsäure) versetzt. Wegen der intermediären Bildung von atomarem Sauerstoff ist es ein gutes Oxidationsmittel. Weil dabei nur Wasser entsteht, ist es auch im Labor beliebt. Gegenüber anderen Oxidationsmitteln (beispielsweise Kaliumpermanganat) kann es auch als Reduktionsmittel wirken.
Wasserstoffperoxid ist eine sehr schwache Säure, seine Salze sind die Peroxide.
Nachweis
Qualitativer Nachweis: Zur neutralen Probelösung Mn2+-Ionen (beispielsweise MnSO4) zugeben. Entwickelt sich Gas, mit der Glimmspanprobe auf Sauerstoff prüfen. Fällt diese positiv aus (Glimmspan glüht auf), war H2O2 zugegen.
Nachweis als Chromperoxid (CrO(O2)2)
Aus der Festprobe machen. Chromtrioxid (CrO3 ergibt mit Wasserstoffperoxid im stark sauren Bereich (pH<0) das intensiv blau gefärbte Chromperoxid, welches sich in Ether löst). Hierzu Kaliumdichromat mit verd. H2SO4 ansäuern und 1 cm hoch mit Ether überschichten (Abzug!), Probe dazu geben und schütteln. Die Ether-Phase färbt sich bläulich.
Nachweis als Peroxotitanyl(IV)-Ion ([Ti(O2)OH+ ])
Dies ist ein sehr empfindlicher Nachweis auf Wasserstoffperoxid. (Farblose) Titan(IV)ionen ergeben schon mit Spuren von Wasserstoffperoxid das intensiv orangegelb gefärbte Peroxotitanyl-Ion. Umgekehrt kann man daher auch mit Wasserstoffperoxid eine Substanz auf Titan(VI) prüfen.
Verwendung
Wasserstoffperoxid ist ein Bleichmittel. Außerdem wirkt es desinfizierend (3%ige Lösung für Mund- und Rachenraum), daher wird es in Kosmetik (Blondieren von Haaren), Medizin (Zahnarzt), zur Desinfektion von Kontaktlinsen in Kontaktlinsenreinigern und zur Entkeimung von Packstoffen benutzt.
Weltweit ist die größte Anwendung in der umweltfreundlichen Bleiche von Zellstoff (engl. pulp) zu sehen. Zellstoff wird aus Holz gewonnen und das darin enthaltene Lignin mit H2O2 gebleicht. Hauptverwendung von Zellstoff ist zur Herstellung von Papier, Servietten, Taschentücher etc.
In der Mikrosystemtechnik nutzt man die sog. Knallgasreaktion zur Bildung von H2O für die thermische Oxidation (nasse Oxidation) der Silizium-Waferoberflächen (SiO2).
Es spielt eine Rolle in industriellen Prozessen, besonders bei der Herstellung von Epoxidharzen und bei der Reinigung von Abwässern.
In Verbindung mit Salzsäure kann es zur Herstellung von gedruckten Leiterplatten (Platinen) zum Entfernen des Kupfers verwendet werden.
Als Energie- beziehungsweise Sauerstofflieferant (Zersetzung etwa über Braunstein) kam es in konzentrierter Form bei Raketenantrieben (etwa: Max Valier, Messerschmitt Me 163) und U-Boot-Antrieben (Walter-U-Boot) zum Einsatz. Auch wurde Wasserstoffperoxid, das mit Hilfe von Kaliumpermanganat zersetzt wurde, als Treibstoff für die Treibstoffpumpen der A4 verwendet. Unzersetztes Wasserstoffperoxid wurde als, bei Normaltemperaturen, flüssiger Sauertoffträger in britischen Raketen (z.B. Black Arrow) benutzt und verbrannte dort mit Kerosin. Wasserstoffperoxid neigt zu unkontrollierter Zersetzung. So starben am 16. Juli 1934 Dr. Kurt Wahmke und 2 Techniker in Kummersdorf bei der Explosion eines mit Wasserstoffperoxid betriebenen Triebwerkes. Aufgrund der Gefährlichkeit in Einsatz und Handhabung (Ätzwirkung, unkontrollierte Zersetzung, Explosion bei Verunreinigungen in Tank und Leitungssystem) ist der Gebrauch heute auf Kleinraketentriebwerke (Rekordversuche, Steuertriebwerke) beschränkt.
Das Auslaufen von Wasserstoffperoxid aus einem Tank in einem Torpedo und die anschließende Reaktion mit Kupferteilen soll Gerüchten zufolge in dem russichen Atom-U-Boot "Kursk" zum Zerbersten des Torpedos und schließlich auch zum Untergang des Bootes geführt haben.
Es wird in Aquarien zum Zuführen von Sauerstoff benutzt, dies geschieht in einem Oxidator.
In der Kriminologie kann es als Nachweis für bspw. herausgewaschenes Blut genutzt werden.
Physiologie
Wasserstoffperoxid wirkt stark ätzend, besonders als Dampf.
Es entsteht bei zahlreichen biochemischen Prozessen, ist jedoch ein Zellgift. Deswegen baut in Zellen das Enzym Katalase H2O2 ab.
Auf viele prokaryontische Kleinstlebewesen wirkt H2O2 stark toxisch (daher auch die desinfizierende Wirkung). In der Biologie wird es experimentell zur Herbeiführung des programmierten Zelltodes von isolierten eukaryontischen Zellen genutzt.
Literatur
- Werner R. Thiel: Neue Wege zu Wasserstoffperoxid: Alternativen zu etablierten Prozessen? Angewandte Chemie 111(21), S. 3349 - 3351 (1999)
- Heribert Offermanns, Gunther Dittrich, Norbert Steiner: Wasserstoffperoxid in Umweltschutz und Synthese. Chemie in unserer Zeit 34(3), S. 150 - 159 (2000), ISSN 0009-2851