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Theodor Kipp

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Theodor Kipp (* 7. März 1862 in Erlangen; † 24. Juli 1931 in Berlin) war ein deutscher Jurist.

Kipp studierte in Erlangen und promovierte dort auch zum Dr. jur. Nach seiner Habilitation an der Universität Leipzig (1887) wurde er noch im selben Jahr außerordentlicher Professor der Rechte an der Universität Halle. 1889 wechselte er an die Universität Kiel, 1893 an die Erlangen und 1901 an der Berliner Universität, wo er 1914/15 als Rektor fungierte. 1929–1931 war Kipp Vorsitzender der Juristischen Gesellschaft zu Berlin.[1]

Sein Sohn Karl Theodor Kipp (1896-1963) war ebenfalls Jurist und seit 1932 Professor in Bonn.

Doppelwirkung im Recht

Als Verdienst Kipps gilt die Entdeckung der Doppelwirkung im Recht, wonach ein schon nichtiges Rechtsgeschäft nochmals wegen z. B. arglistiger Täuschung angefochten werden kann. Diese auch als Kipp’sche Lehre von der Doppelnichtigkeit bezeichnete Konstruktion hat den Vorteil, dass der Anfechtende sich durch die Anfechtung in eine rechtlich für ihn vorteilhaftere Situation bringen kann. So kann er einen Darlehensvertrag, der wegen Wuchers nichtig ist, nochmals wegen arglistiger Täuschung anfechten, um einen Schadensersatzanspruch gegen den Täuschenden zu erhalten.

Die Möglichkeit, bereits nichtige Rechtsgeschäfte nochmals anzufechten, war nach dem Inkrafttreten des Bürgerliches Gesetzbuches im Jahre 1900 nicht unumstritten. Seine Zeitgenossen sahen durch die Kodifizierung des BGB die Möglichkeit versperrt, nichtige Verträge nochmals aufzuheben, da der Gesetzgeber mit Nichtigkeit und Anfechtung zwei verschiedene Sachen regeln wollte. Die damaligen Gelehrten versuchten die abstrakten rechtlichen Konstrukte mit Bildern greifbarer zu machen. Viele konnten es sich schlechthin nicht vorstellen, dass etwas Nichtiges angefochten werden kann. Spricht man in Bildern, so kann man an einen bereits gefällten Baum denken, den man nun nochmals fällen soll. Oder ein brennendes Haus, das angezündet werden soll. Solche bildlichen Überlegungen schließen ein Nebeneinander von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit logischerweise aus. Was nicht mehr ist, kann auch nicht mehr beseitigt werden.

Die Möglichkeit, nichtige Rechtsgeschäfte nochmals zu vernichten, ist eigentlich nur ein Ausfluss aus der Kernthese Kipps: Zwei prinzipiell gleich wirkende juristische Tatsachen vertragen sich in ihrer Wirksamkeit miteinander. Somit kann ein Rechtsgeschäft auch aus verschiedenen Anfechtungsgründen angefochten werden.

Die Lehre hat jedoch auch Grenzen. Fraglich ist z. B., ob ein Vereinsmitglied, das seinen Austritt erklärt hat, noch vom Verein ausgeschlossen werden kann. Kipp selbst schränkt seine Lehre hier ein, da der Verein nach dem Austritt keine Verfügungsbefugnis mehr über das Mitglied hat und somit eine Doppelwirkung ausscheidet.

Veröffentlichungen

  • Über Doppelwirkungen im Recht, insbesondere über die Konkurrenz von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, in: Festschrift der Berliner Juristischen Fakultät für Ferdinand von Martitz, Berlin 1911, S. 211-233.

Literatur

  • Erik Hahn: Das Verbraucherwiderrufsrecht und die Kippsche Doppelwirkung im Recht, in: Neue Justiz 2010, S. 281-284.
  • Ernst Levy: In memoriam [Theodor Kipp]. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung. Band 51 (1931), S. 609
  • Wilhelm-Christian Kersting: Probleme der sog. Doppelwirkungen im Recht, Dissertation 1964.
  • Christoph Schmelz: Die Lehre von den Doppelwirkungen im Recht, in: JA 2006, 21 f.

Einzelnachweise

  1. http://www.juristische-gesellschaft.de/praesi.html
Wikisource: Theodor Kipp – Quellen und Volltexte