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Simon Petrus

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Simon Petrus (*unbekannt, † vermutlich in Rom um 65) war einer der zwölf Apostel, die Jesus von Nazaret zu Lebzeiten nachfolgten. Informationen über sein Leben überliefert hauptsächlich das Neue Testament (NT). Dort spielt Petrus eine besondere Rolle als erster Bekenner, aber auch Verleugner Christi, erster Zeuge des Auferstandenen, Sprecher der Apostel und Leiter der Jerusalemer Urgemeinde.

Hinzu kommen weitere frühe kirchliche Dokumente, wonach Petrus erster Bischof von Antiochia, Gründer und Haupt der Gemeinde von Rom war und dort als Märtyrer hingerichtet wurde. Darauf führt sich das römisch-katholische Papsttum zurück.

Simon Petrus auf dem Apostelbild von Dürer in der Münchner Alten Pinakothek

Petrusüberlieferung des Neuen Testaments

Der Name

Nach allen Evangelien lautete sein Vorname Simon. Den Beinamen Petrus soll Jesus persönlich ihm verliehen haben; wo und wann, überliefern die Evangelien unterschiedlich.

Der Beiname ist eigentlich ein Titel; er nimmt die Stelle des Vaternamens oder Herkunftsortes ein. Er ist die latinisierte Form des griechischen πετρος (petros), das den aramäischen Ausdruck kefa übersetzt (gräzisiert Kephas). Die Bedeutung des Wortes reicht von "Stein" bis zu "Felsen".

Herkunft und Berufung

Simon Petrus gehörte nach allen Evangelien zu den ersten Jüngern, die Jesus traf und zu seiner Nachfolge berief. Alle Nachrichten über ihn folgen auf diese Berufung. Sie informieren kaum über seine Vorgeschichte.

Sein Vater hieß Jona (Mt 16,17) oder Johannes (Joh 1,42); seine Mutter wird nicht genannt. Er hatte einen Bruder namens Andreas, der mit ihm von Jesus berufen wurde. Diesen nennen alle Apostellisten an zweiter Stelle neben Simon: Daraus schließt man, dass Andreas wohl der Jüngere von beiden war.

Nach Apg 10,14.28 wurde Petrus im traditionellen jüdischen Glauben erzogen. Er beachtete jüdische Speisevorschriften und verkehrte nicht mit Nichtjuden. Den synoptischen Evangelien zufolge wohnte er in Kafarnaum am See Genezareth in Galiläa. Dort besaß er ein Haus, wo er zusammen mit seiner Schwiegermutter lebte (Mk 1,29-31; Lk 4,38).

Jesus soll seine Schwiegermutter geheilt haben, worauf sie den männlichen Jüngern gedient habe (Mk 1,31). Den Namen seiner Frau erwähnen die Evangelien nicht. Daher glauben manche Exegeten, Petrus habe sie gemäß der Aufforderung Jesu, alles zu verlassen (Mk 10,28f), in Kafarnaum zurückgelassen.

Nach Paulus, der Petrus um das Jahr 39 in Jerusalem traf, wurden Petrus und andere Apostel jedoch von ihren Ehefrauen begleitet (1. Kor 9,5). Da Jesus nichts gegen die Ehe äußerte und außerdem die Ehescheidung verbot (Mt 5,32), kann Simons Frau auch vorher schon wie andere Frauen aus Galiläa (Mk 15,41; Lk 8,2) mit ihrem Mann umhergezogen sein.

Den Synoptikern zufolge arbeiteten Simon (noch ohne Zuname) und Andreas als Fischer. Am See Genezareth habe Jesus sie beim Auswerfen ihrer Fischernetze getroffen und aufgefordert, ihm nachzufolgen. Daraufhin verließen die Brüder die Netze und folgten ihm (Mk 1,16). Bei der Berufung der übrigen Zwölf habe Jesus Simon dann den Beinamen "Petrus" gegeben (Mk 3,16).

Nach Lukas wurde Simon zum "Menschenfischer" berufen, nachdem Jesus seine Antrittspredigt in der Synagoge von Kafarnaum gehalten und seine Schwiegermutter geheilt hatte. Die Berufung ist hier Abschluss eines unerwartet großen Fischfangs, nach dem Simon bekennt: Herr, gehe von mir fort! Ich bin ein sündiger Mensch. (Lk 5,1-11). Hier nennt Lukas erstmals seinen Beinamen Petrus, dann auch bei der Auswahl der Zwölf (Lk 6,14). Beide Evangelisten erklären den Beinamen nicht.

Auch Matthäus nennt Simon ab seiner Berufung Petrus (Mt 4,18). Er stellt diesen Beinamen besonders heraus, nachdem Simon bekannte: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn! Als Antwort erhält er eine Seligpreisung und Zusage, dass Jesus seine ecclesia auf "diesen Felsen" bauen wolle (Mt 16,18).

Nach dem Johannesevangelium kamen er und sein Bruder aus Bethsaida in Judäa. Ob hier der Geburts- oder der zeitweise Wohnort gemeint ist, bleibt offen. Andreas soll als Jünger Johannes des Täufers Jesus zuerst getroffen, ihn als Messias erkannt und dann seinen Bruder Simon zu ihm geführt haben. Jesus habe ihm sofort, als er ihn sah, den Beinamen Kephas (Fels oder Stein) verliehen (Joh 1,35-44).

Alle Evangelien sind sich einig, dass Simon Petrus im Jüngerkreis eine Führungsrolle innehatte. Er steht in allen Apostellisten im NT an erster Stelle und gehört, zusammen mit Jakobus und Johannes, zu den drei Aposteln, die Jesus besonders nahe standen. Sie waren nach Mk 9,2-13 (Verklärung Christi) die Einzigen der Zwölf, denen Gott die Göttlichkeit und künftige Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus bereits vor dessen Tod offenbarte. Sie begleiteten ihn zudem in seinen letzten Stunden im Garten Gethsemane (Mk 14,33).

Christusbekenner und Christusverleugner

Petrus war nach Mk 8,29 der erste Jünger, der schon vor Jesu Auferstehung bekannte:

Du bist der Christus!

Doch gleich darauf, nachdem Jesus den Jüngern erstmals seinen vorherbestimmten Leidensweg ankündigte,

nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. (v.32).

Er versuchte also, Jesus von diesem Weg ans Kreuz abzubringen, so dass sein Glaubensbekenntnis als Missverständnis der Sendung Jesu erscheint. Daraufhin wies Jesus ihn schroff zurecht (v.33) :

Weiche von mir, Satan! Denn Du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

"Satan" bedeutet im Hebräischen "Gegner" oder "Widersacher". Petrus wird hier mit dem Versucher Jesu in der Wüste verglichen, der den Sohn Gottes ebenfalls von seinem Leidensweg abhalten wollte (Mt 4,1-11); er wird auch an anderen Stellen in die Nähe des Satans gerückt (Lk 22,31).

Hier folgt die Jüngerbelehrung Jesu (Mk 8,34):

Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer es aber verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es erhalten.

Diese paradoxe Einladung zur Kreuzesnachfolge ist der Hintergrund für das später erzählte Versagen des Petrus im Verlauf der Passion Jesu, als er, um sein Leben zu retten, nicht sich, sondern Jesus verleugnet.

Der Widerspruch zwischen Reden und Handeln zeigte sich bei Petrus schon in Galiläa: Einerseits vertraute er dem Ruf Jesu in die Nachfolge ("Komm her!"), andererseits schwand sein Glaube beim ersten Gegenwind, so dass nur Jesus ihn vor dem Versinken im Meer retten konnte (Mt 14,29-31).

Laut Joh 13,6-9 widersprach er auch Jesu Ansinnen, ihm die Füße zu waschen. Diese Handlung war damals ein typischer Sklavendienst: Petrus wehrte sich also gegen die Zumutung, sich von Jesus als seinem Herrn wie von einem Sklaven bedienen zu lassen. Aber nur dieser Dienst gab ihm vorweg Anteil an dem am Kreuz Jesu erwirkten Heil und deutete auf die "Taufe in den Tod" voraus. Das war mit der Verpflichtung an alle Jünger verbunden, einander ebenso zu dienen. In der Erinnerung daran wurde Petrus nach Jesu Tod zu einer Führungsfigur in der Urgemeinde.

Im Verlauf der Passion Jesu spitzen alle Evangelien das Versagen des ersten Jüngers und Christusbekenners zu. Jesus kündete Petrus beim letzten Abendmahl an, er werde ihn noch in derselben Nacht dreimal verleugnen. Dies wies er wie alle übrigen Jünger weit von sich (Mk 14,27-31 par.):

Wenn ich auch mit Dir sterben müsste, so wollte ich Dich doch nicht verleugnen. Ebenso sprachen sie alle.

Doch kurz darauf schlief er ein, als Jesus in Gethsemane den Beistand der Jünger besonders nötig brauchte und erbat (Mt 26,40.43f.). Dann wiederum soll er nach Joh 18,10 mit Waffengewalt die Verhaftung Jesu zu verhindern versucht haben: Er wird hier mit jenem namenlosen Jünger identifiziert, der einem Soldaten der Tempelwache laut Mk 14,47 ein Ohr abhieb. Sein Versagen gipfelt in der Verleugnung Jesu, während dieser sich vor dem Hohen Rat als Messias und kommender Menschensohn bekannte und sein Todesurteil empfing (Mk 14,62). Als ihn das Krähen des Hahnes im Morgengrauen an Jesu Vorhersage erinnert, begann er zu weinen (Mk 14,66-72).

Ihm fehlte also die Kraft, seinem Glauben gemäß zu handeln, als es darauf angekommen wäre. Dennoch erhielt gerade er auf sein Christusbekenntnis hin von Jesus den Namen "Fels" und die Zusage der Gemeindegründung (Mt 16,16-23).

Die Apostelgeschichte stellt Petrus nach Pfingsten demgemäß als todesmutigen Bekenner vor dem Hohen Rat dar (Apg 5,29), der die Sendung des Heiligen Geistes als Missionar und Leiter der Urgemeinde vorbildlich erfüllte. Paulus dagegen zeigt ihn auch später noch als wankelmütig: Er berichtet, dass Petrus aus Furcht vor den Judenchristen um Jakobus die Tischgemeinschaft mit Heiden aufgab und vor einigen Juden Gesetzestreue "heuchelte", statt nach der "Wahrheit des Evangeliums" zu wandeln (Gal 2,11-14).

Einige Exegeten schließen daraus auf seinen ambivalenten Charakter. Andere sehen Petrus als Beispiel für das Verhalten aller Jünger, die Jesus angesichts seines bevorstehenden Todes verließen (Mk 14,50). Er steht im NT für das dichte Beieinander von Glauben und Unglauben, Zeugendienst und schuldhaft verweigerter Kreuzesnachfolge in der ganzen Kirche.

Zeuge der Auferstehung

Ausgangspunkt der Osterüberlieferung des NT sind frühe Bekenntnissätze der Urchristen wie Lk 24,34:

Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen!

Demnach erfuhr Petrus als Erster, dass Gott Jesus auferweckt habe (Mk 16,6). Eine alte, von Paulus aus der Jerusalemer Urgemeinde übernommene Zeugenliste der Ostererscheinungen Jesu bestätigt dies (1. Kor 15,5):

Er wurde gesehen von Kephas, danach den Zwölfen.

Die von Lukas überlieferte Credoformel nennt nur "Simon", die Zeugenliste nennt ihn "Kephas" und stellt seine Vision neben die der Zwölf: Daraus folgern manche Exegeten, dass dieser Titel ihm nach Ostern beigelegt und dann in seine vorherige Jesusnachfolge zurück verlegt wurde.

Ort und Inhalt der Petrusvision lassen die synoptischen Evangelien unbestimmt. Nach dem Markusevangelium erhielten die Frauen, die das leere Grab Jesu entdeckten, dabei eine Engelsbotschaft (Mk 16,7):

Geht hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hergehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.

Demgemäß berichtet das Matthäusevangelium nur von einer einzigen, gemeinsamen Vision aller erstberufenen Jünger (Elf ohne Judas Iskariot) auf einem ungenannten Berg in Galiläa. Dort erhalten sie vom Auferstandenen den Auftrag zur universalen Völkermission und die Zusage seiner Geistesgegenwart (Mt 28,16-20).

Auch das Lukasevangelium malt die Erstvision des Petrus nicht aus. Es deutet an, dass die Jünger nach Jesu Tod auf getrennten Wegen in ihre Heimat zurückkehrten. Unterwegs seien einige von ihnen Jesus begegnet, deshalb wieder umgekehrt und hätten sich in einem Haus in Jerusalem versammelt. Dort habe Jesus sich ihnen gemeinsam offenbart und ihnen den Auftrag zur Völkermission gegeben. Dabei kündet er hier die Ausschüttung des Heiligen Geistes nur an, die 40 Tage später an Pfingsten erfolgte (Lk 24,13-50).

Im Johannesevangelium geschah die gemeinsame Jüngervision ebenfalls in der Tempelstadt. Dabei erhielten alle Jünger den Geist und damit die Vollmacht zum "Binden und Lösen" der Sünder (Joh 20,19-23). Dem ging die Begegnung Jesu mit Maria Magdalena voraus: Sie, nicht Petrus, sah und verkündete den Auferstandenen hier zuerst. Petrus habe als Erster das leere Grab Jesu betreten und darin das aufgewickelte Schweißtuch des Gekreuzigten entdeckt. Weil er sich dies nicht habe erklären können, sei er zunächst "nachhause" gegangen. Nicht die Entdeckung des leeren Grabes, sondern erst die Selbstoffenbarung des Auferstandenen konnte also seinen Glauben wecken (Joh 20,1-18).

Aus diesen Divergenzen schließen NT-Historiker heute meist, dass Erscheinungen und Grabentdeckung ursprünglich unabhängig voneinander überliefert und dann auf verschiedene Weise kombiniert wurden, um das Jüngertreffen in Jerusalem zu erklären. Der später angehängte Schluss des Markusevangeliums (Mk 16,9-20) versuchte - wahrscheinlich beim Abschluss des Kanons (um 180) -, die verschiedenen Evangelienberichte von Jesuserscheinungen in eine harmonische Abfolge zu bringen.

Auch das Johannesevangelium wurde später nochmals ergänzt: Das Schlusskapitel berichtet, Jesus sei Petrus und sechs weiteren Jüngern aus dem Zwölferkreis nochmals erschienen. Wie er anfangs in Galiläa nach einem wunderbaren Fischzug berufen wurde (Lk 5,1-11), so erkennt er auch diesmal durch den übergroßen Fischfang, dass Jesus der auferstandene Kyrios ist. So wie er Jesus dreimal verleugnet hatte, so fragt dieser ihn nun dreimal: Liebst du mich?, was er jedesmal bejaht. Daraufhin erhält Petrus dreimal den Befehl: Weide meine Schafe! und den erneuten Ruf Folge mir nach. Dabei kündet Jesus Petrus an, dass er als Märtyrer sterben werde (Joh 21,1-19).

Die Lokalisierung am See Genezareth bestätigt, dass die ersten Jüngervisionen in Galiläa, nicht Jerusalem stattfanden. Sie wurden als Versöhnung mit Jesus und erneute Nachfolgeberufung verstanden: Das gemeinsame Mahl mit dem Auferstandenen bedeutete für Juden Vergebung und Anteilgabe am endzeitlichen Heil. Ostererinnerung und Abendmahl waren im Gottesdienst der Urchristen eng verbunden und wurden auf Petrus zurückgeführt.

Missionarische Tätigkeit bei Juden, Samaritern und Heiden

Nach der Apostelgeschichte, aus der fast alle Nachrichten vom nachösterlichen Wirken des Petrus stammen, soll er sich zusammen mit anderen Jesus-Anhängern in Jerusalem versteckt haben, bis ihn mit der anwesenden Menge zu Pfingsten die Kraft des Heiligen Geistes erfasste.

Darauf hielt er die erste öffentliche Predigt in Jerusalem, die Jesu Erscheinen als Gottes vorherbestimmte Erfüllung der Geistverheißung in Israels Heilsgeschichte auslegte und in der Aussage gipfelte (Apg 2,36):

So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat!

Aufgrund dieser Predigt sollen sich nach Lukas noch am selben Tag 3.000 Menschen zum neuen Glauben bekannt haben. So sei dort die christliche Urgemeinde entstanden, die nach Apg 2,5 Angehörige verschiedener Völker und Sprachen umfasste.

Auch wenn die Zahl überhöht erscheint - Jerusalem hatte damals nur um 20.000 Einwohner - , kann Petrus Erfolg unter seinen jüdischen Landsleuten gehabt haben, weil seine Missionspredigt sie zwar für Jesu Kreuzigung haftbar machte, aber nicht verurteilte, sondern ihnen Gottes Versöhnung zusagte und anbot (Apg 3,17).

Er geriet jedoch bald in Konflikt mit den Jerusalemer Behörden und musste sich vor dem Hohen Rat verantworten (Apg 4,8ff; 5,29). Dabei soll er seinen Glauben diesmal nicht verleugnet, sondern freimütig bekannt haben.

Nach der Verfolgung der Urgemeinde im Anschluss an die Hinrichtung des Stephanus missionierten einige Apostel, darunter Petrus, offenbar auch außerhalb Jerusalems. Laut Apg 8,14-25 kam er dabei auch nach Samaria, um bereits Neugetauften den Heiligen Geist zu spenden. Dies unterstreicht seine Autorität über die Urgemeinde hinaus. Er war wohl anfangs der Hauptvertreter der Israelmission, die der universalen Völkermission vorausgehen sollte (Gal 2,8; Mt 10,5; vgl. Lk 24,47).

Von Petrus werden auch Spontanheilungen und sogar Totenerweckungen analog zu denen Jesu berichtet, etwa in Lydda und Joppe (Apg 9,32-43). Damit wird die Kontinuität zwischen dem Heilwirken Jesu und dem der Urchristen betont, das zu ihrem Auftrag gehörte (Mk 16,15-20; Mt 10,8).

Wie er in seiner ersten Predigt Christus ganz als Erfüllung jüdischer Verheißungstraditionen verkündete, so hielt er auch an der jüdischen Tora inklusive der Speise- und Reinheitsgesetze fest (Apg 10,13f). Doch dann habe er nahe der Römerstadt Cäsarea Philippi eine Vision Gottes erhalten, der ihm die Tischgemeinschaft mit dem Hauptmann Kornelius, einem der sogenannten "gottesfürchtigen" Römer, befohlen habe. Damit begann nach lukanischer Darstellung die urchristliche Heidenmission.

Diese führte zu Konflikten mit den Judenchristen, die von Heiden die Beschneidung und Einhaltung jüdischer Gebote verlangten. Petrus habe sie mit Hinweis auf seine göttliche Autorisierung überwunden: Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die da gläubig geworden sind an den Herrn Jesus Christus: Wer wäre ich, dass ich könnte Gott widerstehen? (Apg 11,17)

Nach dem Ende der Regentschaft des Pilatus ließ der jüdische König Herodes Agrippa I. (41-44) die Urgemeinde in Jerusalem verfolgen und den Apostel Jakobus den Älteren enthaupten. Auch Petrus wurde verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Doch laut Apg 12,1-19 verhalf ihm ein Engel auf wunderbare Weise zur Freiheit. Er ließ dies Jakobus und den übrigen Aposteln mitteilen und verließ Jerusalem, um seine Mission fortzusetzen.

Patristische Notizen des 3. Jahrhunderts (s.u.) deuteten diese Nachricht als Übergabe der Leitung der Urgemeinde an Jakobus. Dem widerspricht Paulus, der Petrus, Jakobus und Johannes beim Apostelkonzil (um 48) gemeinsam als "Säulen" der Urgemeinde antraf (Gal 2,9). Dort wurde über seine gesetzesfreie Heidenmission entschieden. Petrus sei dabei als deren Fürsprecher aufgetreten (Apg 15,7-11). So betont Lukas den Einklang zwischen beiden in dieser Frage.

Paulus bestätigt Angaben wie Apg 9,32, wonach Petrus als Vertreter der Urgemeinde neue Gemeinden, darunter auch Antiochia, besuchte und mit den Heidenchristen dort die Tischgemeinschaft pflegte: Das bedeutet, dass er die Heidenmission anerkannte. Dann aber hätten Anhänger des Jakobus aus Jerusalem dies kritisiert (vgl. Apg 11,3). Daraufhin sei Petrus vor ihnen zurückgewichen und habe die Tischgemeinschaft mit den Heiden beendet. Deshalb habe er, Paulus, ihn öffentlich für seine Inkonsequenz gerügt und an den beim Apostelkonzil erreichten Konsens erinnert, wonach den getauften Heidenchristen die Einhaltung der Tora ganz erlassen worden sei (Gal 2,11-14).

Paulus zeichnet also ein anderes Bild von Petrus als Lukas. Er sah ihn als Vertreter des "Evangeliums an die Juden" an, der den Heidenchristen bis zum Apostelbeschluss zur gesetzesfreien Heidenmission bestimmte Toragebote auferlegte. Als er danach zur Befreiung nichtjüdischer Christen von den Speisevorschriften hätte stehen müssen, wurde er unter dem Druck strengerer Judenchristen wieder schwankend. Diese Angaben aus dem Galaterbrief werden meist als Hinweis auf nach dem Apostelkonzil fortbestehende Spannungen gesehen, die die spätere lukanische Darstellung zu beschönigen versucht habe.

Petrus zugeschriebene Schriften

Die Petrusbriefe

Das Neue Testament enthält unter dem Namen des Petrus zwei Briefe:

Einige Exegeten deuten den "Gruß aus Babylon" in 1. Petr 5,13 als versteckten Hinweis auf Rom. Denn Babylon ist in der Bibel häufig Metapher für eine besonders verdorbene, sündige Weltstadt: So identifiziert auch die Offenbarung des Johannes "Babel" mit Rom. Demnach könnte Rom der Abfassungsort gewesen sein.

Wird Petrus als Autor angenommen, dann wäre der Brief um 65 entstanden. Meist wird der Brief aufgrund inhaltlicher und sprachlicher Indizien jedoch auf den Zeitraum um 100 datiert, als es bereits Christenverfolgung durch den römischen Staat gab. Darauf weisen die in Kapitel 4,12-16 angesprochenen Motive der Märtyrertheologie, z.B. das "Leiden mit Christus" und das "Geschmäht werden für den Namen Christi" hin.

Andere, darunter die Zeugen Jehovas, verstehen den Gruß aus Babylon dagegen wörtlich und nehmen an, dass Petrus tatsächlich dort missionierte, da er auch sonst jüdische Diasporagemeinden wie Antiochia bereiste. Ob Babylon damals noch existierte, ist jedoch nicht erwiesen.

Der Brief autorisiert kurz vor dem Tod des Autors als sein "Testament" die Lehren des Paulus (2. Petr 1,14; 3,15). Heute wird er zumeist um das Jahr 100 oder in das frühe 2. Jahrhundert datiert. Die Aufnahme in den Kanon des NT war wegen ungewisser Autorschaft des Petrus umstritten.

Petrus und das Markusevangelium

Die Kirchenväter bringen Petrus auch in Verbindung mit dem Markusevangelium. Papias von Hierapolis führt das Buch auf Johannes Markus zurück, der im Neuen Testament zuerst in Jerusalem (Apg 12), dann im Umkreis von Barnabas und Paulus (Apg 15; Kol 4,10, 2. Tim 4,11, Phm 1,24) erscheint. Nur in 1. Petr 5,13 erscheint er als Begleiter des Petrus. Papias zufolge diente Markus dem Petrus als Dolmetscher in Rom und verfasste aufgrund von dessen Reden sein Evangelium am gleichen Ort. Daher galt Petrus traditionell als "Koautor" dieses Evangeliums.

Die Gleichsetzung von Johannes Markus mit dem Autor des ältesten Evangeliums und seine Bekanntschaft mit Petrus sind außer diesen Notizen nirgends belegt und gelten Historikern des frühen Christentums heute meist als patristische Konstruktion. Aufgrund der zuverlässigen Notizen der Paulusbriefe geht man zudem von Spannungen zwischen den hellenistischen Heidenmissionaren um Stephanus und später Paulus mit den "Judaisten" der Urgemeinde aus; welche Position Petrus dabei einnahm, ist ungewiss.

Weitere mit Petrus in Verbindung gebrachte Schriften

Die Didache, ein um 100 entstandener frühchristlicher Katechismus, wird in einer Handschrift als "Zeugnis des Petrus" bezeichnet. Sie könnte inhaltlich von der von Petrus dominierten Theologie der Urgemeinde abhängig sein. Denn sie besteht hauptsächlich aus einer von Christen umgeformten jüdischen Morallehre, die auf judenchristliche Traditionen Palästinas zurückgeht.

Hinzu kommen einige sogenannte Apokryphen, die von der frühen Kirche aus theologischen Gründen nicht in den Kanon aufgenommen wurden oder verschollen sind:

Petrusüberlieferung der Kirchenväter

Datei:Peters crucifixion by Caravaggio.jpg
Kreuzigung des Petrus von Caravaggio

Die wenigen Informationen zum späteren Schicksal des Petrus stammen alle aus Schriften des 2. und 3. Jahrhunderts, als die werdende Kirche das monarchische Episkopat ausbildete und sich von "Häresien" abgrenzte. Entscheidende Schritte dazu waren die Kanonisierung des Neuen Testaments und die Idee der Apostolischen Sukzession.

Notizen zum Romaufenthalt und Märtyrertod des Petrus

Petrus soll nach gemeinsamer Überzeugung der Kirchenväter gegen Ende seines Lebens nach Rom gekommen sein und dort den Tod als christlicher Märtyrer gefunden haben.

Das NT erwähnt weder eine Romreise des Petrus noch seinen Märtyrertod. Zwar wird in der synoptischen Tradition allen Jüngern Jesu Verfolgung und Tod vorhergesagt (u.a. Mk 10,39; Mk 13,12); aber nur ein später Redaktor des Johannesevangeliums (um 150) lässt Jesus dem Petrus seine Hinrichtung ankünden, ohne deren Ort und Umstände zu nennen (Joh 21,18f).

Wäre Petrus nach dem Apostelkonzil nach Rom gereist, so argumentieren kritische Historiker, hätte sich dies an vielen Stellen des NT niedergeschlagen: vor allem im Römerbrief des Paulus (um 56 - 60), der Christen in Rom namentlich grüßt und bereits auf dortige Verfolgung hinweist, sowie in der Apostelgeschichte. Diese, so entgegnen andere Historiker, sei als periodisierende Missionsgeschichte nicht an lückenloser Chronologie interessiert. Doch sie stellt den Übergang von der Judenmission des Petrus und der Jerusalemer Apostel zur Heidenmission des Paulus dar und berichtet am Ende über dessen ungehinderte Missionstätigkeit in Rom (Apg 28,17-31): Wäre er Petrus dort begegnet, hätte der Autor dies sicher vermerkt.

Zudem, so etwa Hans Conzelmann (Geschichte des Urchristentums S. 136), setze das Petrusbekenntnis nach Mt 16,16-19 eine Gemeinde in Syrien oder Kleinasien voraus, die von Petrus gegründet wurde und schon auf seinen Tod zurückblickt. Denn hier werden die "Pforten der Unterwelt", die sich laut Jes 38,10 hinter jedem Sterblichen ("Fleisch und Blut") schließen, in den Gegensatz zur Auferstehung der Christusbekenner und Fortdauer ihrer Gemeinschaft über den Tod des Einzelnen hinaus gestellt. Dennoch schließt Conzelmann einen Romaufenthalt des Petrus nicht aus, da schon der 1. Petrusbrief mit dem Hinweis auf "Babylon" indirekt davon ausgehe.

Der 1. Clemensbrief, der wahrscheinlich in oder bald nach der Regierungszeit Domitians zwischen 90 und 100 in Rom verfasst wurde, erwähnt erstmals ein Martyrium der beiden Hauptvertreter des Urchristentums: Petrus für die Urgemeinde, Paulus für die Heidenmission im römischen Reich. Die Kapitel 5 und 6 heben ihr Vorbild hervor, dem viele Christen folgten:

Wegen Eifersucht und Neid sind die größten und gerechtesten Säulen verfolgt worden und haben bis zum Tode gekämpft. [...] Petrus, der wegen ungerechtfertigter Eifersucht nicht eine und nicht zwei, sondern viele Mühen erduldet hat und der so - nachdem er Zeugnis abgelegt hatte - gelangt ist an den (ihm) gebührenden Ort der Herrlichkeit.

Der Ort dieses Todes wird nicht erwähnt; aber der Rückblick des Bischofs Klemens von Rom kann sich nur auf die frühere Christenverfolgung unter Nero im Jahr 65 beziehen.

Der Bischof Dionysius von Korinth (ca. 165-175) soll nach einem späterem Zitat bei Eusebius von Cäsarea (260-340) von Petrus und Paulus gesagt haben:

Und sie lehrten gemeinsam auf gleiche Weise in Italien und erlitten zur gleichen Zeit den Märtyrertod.

Diese Notizen belegen, dass in der Kirche ab etwa 100 der beispielhafte Märtyrertod von Petrus und Paulus in Rom zur Zeit Neros angenommen wurde. Sie wären dann mit vielen anderen Christen hingerichtet worden, Paulus als römischer Bürger durch das Schwert, Petrus als Jude durch Kreuzigung, eventuell mit dem Kopf nach unten.

Daraus folgerte Eusebius als gesamtkirchliche Überzeugung (2,XXV.):

Es ist daher aufgezeichnet, dass Paulus in Rom selbst enthauptet wurde und dass Petrus ebenso unter Nero gekreuzigt wurde. Dieser Bericht über Petrus und Paulus wird gestützt durch die Tatsache, dass ihre Namen in den Grabstätten bis zum heutigen Tag bewahrt wurden. Es ist ebenso durch Gaius bestätigt, ein Mitglied der Kirche unter Bischof Zephyrinus von Rom [199-217], ... der über die Orte, wo die heiligen Leichname der Apostel liegen, sagt: Aber ich kann die Trophäen der Apostel zeigen. Denn wenn du zum Vatikan [-hügel] oder zur Via Ostia gehst, wirst du die Trophäen derer finden, die diese Kirche gründeten.

Hier zeigt sich, dass sich das Verständnis des Apostolats grundlegend gewandelt hatte: Aus der akuten Naherwartung des Gottesreichs aufgrund der Ostererscheinungen Jesu wurde die apostolische Sukzession, die aus dem Besitz leiblicher Überreste der Apostel einen ewigen Bestand der Kirche ableitete.

Petrus als Bischof

Die späteren Patriarchate von Alexandria, Antiochia und Rom, später auch Jerusalem und Konstantinopel, führten ihre Gründung direkt oder indirekt auf den Apostel Petrus zurück und beanspruchten ihn als ersten Bischof ihrer Gemeinde.

Nach Apg 1,2ff entstand die Urgemeinde durch das Wirken des Heiligen Geistes, der Jesu Auferstehung allen Jüngern offenbarte, die sie dann gemeinsam den Jerusalemern verkündeten. Petrus hatte dabei die Vorreiterrolle (Apg 2,41). Aufgrund seiner Hervorhebung im Zwölferkreis und seines Auftretens als erster Verkünder der Auferstehung Jesu (Apg 2) kann er als Gründer und einer der Leiter der Jerusalemer Urgemeinde angesehen werden. Ob er darüberhinaus weitere Gemeinden gründete und leitete, bestätigt das NT jedoch nicht.

Nach Apg 11,20 wurde die Gemeinde in Antiochien nicht von ihm, sondern von hellenistischen Anhängern des Stephanus gegründet, die nach dessen Martyrium nach Syrien versprengt worden waren. Die Gemeinde bestand wohl überwiegend aus Heidenchristen und wurde so erstmals als eigene, vom Judentum verschiedene Gruppe wahrnehmbar. Eventuell erhielt sie deshalb von dortigen Griechen oder Römern den Namen "Christiani" (Apg 11,26).

Das von Paulus geschilderte Zurückweichen des Petrus vor denen, die die gesetzesfreie Heidenmission auch nach dem Apostelkonzil ablehnten, spräche eher dagegen, dass er in Antiochien ein Führungsamt innehatte. Davon unabhängig wurde er dort später als Bischof verehrt.

Irenäus von Lyon (ca. 135 - 202) berichtet, Paulus und Petrus hätten die Kirche in Rom "gegründet und festgesetzt" (Adversus Haereses 3,3,3). Damit kam die Ansicht auf, dass Petrus auch die Kirche in Rom als Bischof geleitet habe. Sie baut auf der älteren Tradition seines Romaufenthalts auf. Sie trifft jedoch historisch nicht zu, da Petrus noch in Jerusalem wirkte, als Paulus nach Apg 18,1 um 50 in Korinth Christen aus Rom traf. Daher nimmt man an, dass dort bereits eine von keinem der beiden gegründete Gemeinde bestand.

Eusebius zitiert in seiner Kirchengeschichte (2,I.) Clemens von Alexandria (150-215):

Denn sie sagen, dass Petrus und Jakobus und Johannes nach der Himmelfahrt unseres Erlösers, obwohl sie von unserem Herrn bevorzugt waren, nicht nach Ehre strebten, sondern Jakobus den Gerechten zum Bischof von Jerusalem wählten.

Demnach sollen die drei "Säulen" der Urgemeinde (Gal 2,9) Jakobus den Gerechten schon früh zum alleinigen Leiter der Urgemeinde ernannt haben. Nach Hieronymus (348-420) soll schon Hegesippus (90-180) davon gewusst haben. Diese Amtsübergabe hätte die Romreise des Petrus ermöglicht.

Doch wie die Nachwahl des Matthias (Apg 1,26) zeigt, sollte der Zwölferkreis anfangs als gemeinsames Leitungsorgan erhalten bleiben. Nicht Apostel, sondern die Vollversammlung aller Mitglieder der Urgemeinde wählte laut Apg 6,5 und Apg 15,22 neue Führungspersonen. In den synoptischen Texten vom Rangstreit der Jünger (u.a. Mk 10,35-45) wird ein Führungsprivileg für Einzelne - hier die Zebedaiden Jakobus und Johannes, zwei der drei "Säulen" - ausdrücklich abgelehnt und der Wunsch danach scharf kritisiert.

Eine spätere Leitung des Jakobus lässt sich aus Apg 21,15ff folgern, wo er mit den "Ältesten" zusammen auftrat. Das Testimonium Flavianum bestätigt, dass er - offenbar als Leiter der Urgemeinde - im Jahr 62 vom Hohen Rat gesteinigt wurde. Seine Enkel sollen nach Zitaten Hegesipps bei Eusebius unter Domitian verhaftet worden sein: Dann hatten sie noch zwei Generationen später eine Führungsrolle im Christentum.

Manche Historiker folgern daraus, dass im 2. Jahrhundert ein teilweise dynastisches Bischofsamt entstand, das nachträglich auf die apostolische Autorität zurückgeführt wurde. Die um 100 entstandenen Ignatiusbriefe wissen noch nichts von einem solchen Amt. Es war der ersten Christengeneration unbekannt und in ihrem Selbstverständnis nicht vorgesehen: Alle Christen waren gemäß Jesu Gebot des gemeinsamen Dienens ohne Rangordnung (Mk 10,43-45) gleichermaßen die "Heiligen" (Röm 15,25). Zwar hatten die Apostel als Zeugen der Ostererscheinungen Jesu die unumstrittene Autorität; aber das monarchische Episkopat lässt sich schwerlich direkt daraus ableiten.

Im 4. Jahrhundert erwähnt Hieronymus eine römische Amtszeit des Petrus von 25 Jahren: Das setzt einen Romaufenthalt des Petrus vom Jahr 40 an voraus. Dem widerspricht Apg 15,7, wonach Petrus mindestens bis 48 einer der Leiter der Urgemeinde war.

Historiker argumentieren zudem, die römische Kirche hätte ihren Führungsanspruch viel früher zur Geltung gebracht, wenn ihr ein Romaufenthalt und die zeitweise Leitung der römischen Gemeinde durch Petrus selbst bekannt gewesen wären. Sein Bischofsamt in Rom gilt daher meist als unhistorische Rechtfertigung des römischen Patriarchats und dann des päpstlichen Führungsanspruchs.


Die Bedeutung des Petrus

Simon Petrus als Papst (Peter Paul Rubens)

in der Theologie der katholischen Kirche

Die katholische Tradition betrachtet Petrus als ersten Vorsteher (Papst) der ecclesia catholica, das heißt, der universalen Kirche. Sie leitet daraus das Amt des Papstes und den Führungsanspruch des römischen Vatikan für die Gesamtkirche ab.

Diese von Jesus verliehene Autorität des Petrus möchte sie vor allem mit Mt 16, 13ff belegen (zitiert nach der Lutherbibel):

Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.

Daneben werden weitere Belegstellen genannt (Einheitsübersetzung):

Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweitenmal [...]. Zum drittenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? [...] Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles, du weißt, daß ich dich liebhabe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! (Joh 21,15-17, gekürzt)
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, daß er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder. (Lk 22, 31.32)

Die römisch-katholische Kirche leitet unter anderem daraus ein besonderes Amt des Petrus ab und begründet damit ihre Auffassung von der Stellung des Papstes, der ein Nachfolger Petri und im Bischofsamt von Rom der Stellvertreter Christi auf Erden und Leiter der ganzen Kirche sei. Die von ihr angenommene besondere Vollmacht des Petrus sei in einer historisch ununterbrochen Kette auf alle als seine Nachfolger im römischen Bischofsamt angesehenen Päpste übergegangen (Apostolische Sukzession). Linus soll der unmittelbare Nachfolger des Petrus gewesen sein.

Mit dieser neutestamentlichen Basis und historischen Kontinuität beansprucht der Vatikan bis heute seinen Vorrang über alle übrigen Ortskirchen.

in der Theologie reformatorischer Kirchen

Die protestantischen und anglikanischen Kirchen lehnen seit der Reformation wie die Orthodoxe Kirche seit dem frühen Mittelalter die römisch-katholische Lehre eines "Petrusamtes" ab.

Petrus ist auch nach evangelischem Verständnis ein besonderer Jünger Jesu, aber nur als Ur- und Vorbild aller gläubigen Menschen, die trotz ihres Bekenntnisses zu Christus immer wieder versagen und trotz ihres Versagens von Gott die Zusage der gegenwärtigen Vergebung und zukünftigen Erlösung erhalten.

Felsen bezieht sich nach evangelischer Exegese zum einen auf Christus selbst: Dieser kann nach Psalm 62, wonach nur Gott der Felsen des Heils, der Hoffnung und Hilfe sein kann, als "Fels" angesehen werden. Demnach könne Jesus mit "Fels" keinen bestimmten Menschen gemeint haben, sondern nur sein persönliches, nicht auf andere übertragbares Glaubensbekenntnis.

Die Kirche basiere daher nicht auf einer historischen Amtsnachfolge einzelner Petrusnachfolger. Sondern alle, die wie Petrus zu Jüngern Jesu werden, seien seine Nachfolger und damit Teil der Gemeinschaft, die Christus berufen habe, seine Zeugen zu sein. Gott sei in Christus allen Menschen gleich nahe ("Äquidistanz"), so dass außer Christus keine weiteren Mittler nötig und möglich seien. Dieses "Priestertum aller Gläubigen" verbot für Martin Luther jeden Rückfall in das seit dem stellvertretenden Sühnopfer des Gekreuzigten überwundene hierarchisch-sakrale, aus dem Tempelkult des Judentums stammende Amtsverständnis.

Eine Sondervollmacht Petri lasse sich aus dem NT nicht herleiten: Die "Schlüsselgewalt" zum Binden und Lösen der Sünden werde nach Mt 18,18 und Jh 20,21-23 allen Jüngern gegeben. Besonders Matthäus lasse keinen Zweifel daran, dass die christliche Gemeinde nur auf dem Glaubensgehorsam aller ihrer Mitglieder erbaut sein könne. Denn dort wird die Bergpredigt Jesu mit dem Zuspruch eröffnet (Mt 5,14):

Ihr seid das Licht der Welt!

Sie endet mit dem Anspruch (Mt 7,24):

Darum, wer diese meine Rede hört und tut, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen (petra) baute.

Demgemäß habe Petrus auch keine eigene Erstvision, sondern mit allen Jüngern gemeinsam den Auftrag des Auferstandenen erhalten, alle Getauften aus den Völkern das Befolgen der Gebote Jesu zu lehren: Die damit verbundene Zusage der Geistesgegenwart Christi sei der eigentliche "Fels", auf dem die Kirche gebaut sei (Mt 28,19f). Das Wirken des Heiligen Geistes lasse sich nicht erneut in menschliche Formen und Rituale zwängen und "festnageln".

Darum bezweifelten protestantische Historiker oft nicht nur das Bischofsamt, sondern schon den Romaufenthalt des Petrus. Heute schließen sie diese Möglichkeit nicht aus, ohne deswegen das Papsttum anzuerkennen. Denn auch eine mögliche "Amtsübergabe" des Petrus an seinen Nachfolger in Rom begründe keine Vorrangstellung des römischen Bischofs für alle Zeit.

Verehrung

Der Gedenktag von Petrus (und Paulus) ist der 29. Juni. Ihnen zu Ehren ist in der Orthodoxen Kirche ein leichtes Fasten, das so genannte Apostelfasten, von einer Woche nach Pfingsten bis zu diesem Tag üblich.

Petrus ist einer der wichtigsten katholischen Heiligen und gilt als Schutzpatron

Der Petersdom in Rom

Katholische Gläubige rufen Petrus als Heiligen an gegen Besessenheit, Fallsucht, Tollwut, Fieber, Schlangenbiss, Fußleiden und Diebstahl. Im Volksglauben wird er auch für Regenwetter verantwortlich gemacht, weil er die Schlüssel zum Himmel hat.

Weltweit sind nach dem heiligen Petrus zahlreiche Orte und Kirchen benannt. Die berühmteste davon ist der Petersdom im Vatikan.

In der Kunst wird Petrus gewöhnlich als ein alter Mann mit lockigem Haar und Bart mit den Attributen Schlüssel, Schiff, Buch, Hahn, oder umgedrehtes Kreuz dargestellt. Besonders beim Attribut Schlüssel ist anzumerken, dass es sich zumeist um zwei verschiedenfarbige Exemplare handelt, die die Macht über Erde und Himmelreich symbolisieren.

Siehe auch

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