Reichskanzlei
Die Reichskanzlei war eine nachgeordnete Behörde des Reichskanzlers des Deutschen Reiches von 1871–1945. Seit 1875 hatte sie ihren Sitz in der sogenannten Alten Reichskanzleiin der Berliner Wilhelmstraße 77, dem ehemaligen Palais des Fürsten Anton Radziwill, auch Schulenburgpalais oder Reichskanzlerpalais genannt. Die Reichskanzlei wurde 1871 auf Drängen Bismarcks in diesem Gebäude eingerichtet. Die Reichskanzlei war vor allem für den Verkehr des Reichskanzlers mit den übrigen Reichs- und Staatsorgangen verantwortlich. Die Leitung oblag einem Staatssekretär. Das Gebäude der Alten Reichskanzlei wurde 1701-1766 durch C. F. Richter erbaut. 1868 wurde das Palais von Otto von Bismarck für Zwecke der Preußischen Staatsregierung angekauft. 1875 wurde das Palais für das Deutsche Reich erworben und von nun an als Wohn - und Amtssitz des jeweiligen Reichskanzlers genutzt. In den Jahren 1875-78 erfolgt im Inneren des Gebäudes ein Umbau nach Plänen von Georg Joachim Wilhelm Neumann. Ab 1878 nutzte Bismarck das Palais als Residenz und die neu gegründete Behörde "Zentralbureau des Reichskanzlers" bezog mit ihm das Palais. Bismarck schlug zu dem die Umbenennung des Palais in "Reichskanzlei" vor. Ebenfalls 1878 tagte im Festsaal, in der Mitte des Obergeschosses, der Berliner Kongress zur Regelung der Balkanprobleme unter der Vermittlung Bismarcks. 1932-33 dient das Reichskanzlerpalais vorübergehend als Dienstwohnung des Reichspräsidenten Paul von Beneckendorff und von Hindenburg, da zu der Zeit Hindenburgs Wohnung im Reichspräsidentenpalais renoviert wurde. 1934-35 erfolgt ein erneuter Umbau sowie eine Neueinrichtung der Wohn- und Arbeitsräume für Adolf Hitler durch Paul Ludwig Troost, Gerdy Troost und Leonhard Gall. In diesem Zusammenhang wird im Garten der Kanzlei ein Saalanbau mit darunter gelegener Luftschutzanlage errichtet. 1945 wird die Reichskanzlei durch durch Bombardierung und Kampfhandlungen von Februar bis April total zerstört und 1947 durch Magistratsbeschluss als kunsthistorisches Denkmal bezeichnet, dessen Zustand aber als Ruine bezeichnet wird. Der Abriss der Ruine erfolgte 1949.
1938/39 entstand nach Plänen von Hitlers Hausarchitekt Albert Speer mit der Neuen Reichskanzlei an der Ecke Wilhelmstraße/Voßstraße ein Neubau, der mit seinen enormen Ausmaßen (441 Meter in der Länge) den Herrschaftsanspruch des Nationalsozialismus widerspiegelt. Ab 1943 wurde im Garten der Neuen Reichskanzlei auch der so genannte Führerbunker angelegt.

Bei der Zerstörung der Neuen Reichskanzlei eroberten die sowjetischen Truppen den Reichsadler von der Reichskanzlei. Diesen kann man heute im Imperial War Museum in London sehen, nachdem die Briten diesen 1946 von den Sowjets überreicht bekamen. Die Einschusslöcher in den Flügeln zeugen noch heute vom Krieg.
Nach der Zerstörung der Neuen Reichskanzlei im Krieg wurde die Boden- und Wandverkleidung der großen Halle (Marmor) zum Bau des Sowjetischen Ehrenmals in Berlin-Tiergarten und im Treptower Park verwendet. Auch in der U-Bahn-Station Mohrenstraße ist als Wandvertäfelung dieser dunkelrote Marmor verwendet worden und heute noch zu sehen. Heute erinnert eine Tafel der Stiftung Topographie des Terrors an das Gebäude. Die polnische Stadt Kalisch besitzt ebenfalls eine Ehrensäule aus dem dunkelroten Marmor der Reichskanzlei auf dem Sowjetischen Soldatenfriedhof.
Weblinks
- http://www.neue-reichskanzlei.de/reichskanzlerpalaisD.html 3D Rekonstruktion der Alten Reichskanzlei