Arthur Schnitzler
Arthur Schnitzler (* 15. Mai 1862 in Wien; † 21. Oktober 1931 in Wien) war ein österreichischer Erzähler und Dramatiker. Er gilt als einer der bedeutensten Vertreter der Wiener Moderne
Leben
Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien als Sohn des berühmten Laryngologen (Facharztes für Kehlkopferkrankungen) Johann Schnitzler geboren.
Von 1871 bis 1879 besuchte er das Akademische Gymnasium, einige Jahre später studierte er in seiner Heimatstadt Medizin, die Promotion erfolgte 1885. Bis 1894 praktizierte er als Arzt, betätigte sich aber bereits in dieser Zeit als Schriftsteller. Sein literarisches Debüt gab er mit Liebeslied der Ballerine 1880 in der Zeitschrift Der freie Landbote.
Ab 1890 gehört Schnitzler gemeinsam mit Hugo von Hofmannsthal dem Kreis der Wiener Moderne an. Er ist einer der bedeutendsten Kritiker der österreichisch-ungarischen K und K-Gesellschaft und ihrer Entwicklung um die Jahrhundertwende.
Seit Anfang des 20. Jahrhundert gehört der Literat zu den meistgespieltesten Dramatikern auf deutschen Bühnen. Mit der Veröffentlichung von Leutnant Gustl, in dem er den Ehrenkodex des österreichischen Militärs angreift, wird ihm der Rang des Reserveoffiziers aberkannt. 1903 heiratet Schnitzler die deutlich jüngere Schauspielerin Olga Gussmann.
Mit Beginn des 1. Weltkrieges ging das Interesse an seinen Werken zurück, dies lag auch daran, dass er sich als einer der wenigen österreichischen Intellektuellen nicht für die Kriegstreiberei begeistern konnte. 1921 wurde ihm anlässlich der Uraufführung des Reigen der Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Er zog daraufhin seine Aufführungsgenehmigung zurück. Im selben Jahr wurde er von seiner Frau geschieden, daraufhin erzog er seinen Sohn Heinrich und seine Tochter Lilli alleine. Heinrich arbeitete später als Regisseur. In der Folgezeit isolierte sich der Schriftsteller wegen physicher und psychischer Probleme zunehmends, die auch von der Scheidung herrührten. In seinen letzten Lebensjahren schrieb er vor allem Erzählungen, in denen er Einzelschicksale um die Jahrhundertwende aus psychologischer Sicht darstellte.
Der Freitod seiner Tochter 1928 erschütterte ihn sehr; 1931 starb Schnitzler, einer der einflußreichsten deutschsprachigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts, an einer Gehirnblutung.
Werk
Schnitzler schrieb Dramen und Prosa (hauptsächlich Erzählungen), in denen er das Augenmerk vor allem auf die psychischen Vorgänge im Inneren seiner Hauptdarsteller lenkt. Gleichzeitig mit dem Einblick in das Innenleben der Schnitzlerschen Figuren bekommt der Leser aber auch ein Bild von der Gesellschaft, die diese Figuren und ihr Seelenleben prägt.
Die Handlung der Werke Schnitzlers spielt meistens in der konkreten Umgebung des Wien der Jahrhundertwende; viele seiner Erzählungen und Dramen leben nicht zuletzt vom Wiener Lokalkolorit. Ihre handelnden Personen sind typische Gestalten der damaligen Wiener Gesellschaft: Offiziere und Ärzte, Künstler und Journalisten, Schauspieler und leichtlebige Dandys und nicht zuletzt das Vorstadtmädl, das zu so etwas wie einem Erkennungszeichen für Schnitzler wurde und für seine Gegner - v.a. für Karl Kraus - zu einem Stempel, mit dem er Schnitzler als einseitig abqualifizieren wollte.
Es geht Schnitzler nicht um die Darstellung krankhafter seelischer Zustände, sondern um die Vorgänge im Inneren gewöhnlicher, durchschnittlicher Menschen mit ihren gewöhnlichen Lebenslügen, zu denen eine Gesellschaft voll von ungeschriebenen Verboten und Vorschriften, sexuellen Tabus und Ehrenkodices besonders die schwächeren unter ihren Bürgern herausfordert. Wie Sigmund Freud in der Psychoanalyse bringt Arthur Schnitzler etwa zur gleichen Zeit jene - vor allem sexuellen - Tabus zur Sprache, die die damalige ganz auf Rationalität und Fortschritt orientierte Gesellschaft verdrängt. Er zeigt, dass im Unterbewussten des Menschen Kräfte wohnen, die sich der Kontrolle des Verstandes entziehen.
Schnitzlers Werke beschäftigen sich häufig mit Themen wie Ehebruch (z. B. im Drama Der Reigen, 1896/1897), heimlichen Affären und Frauenhelden (Anatol, Dramenzyklus, 1888 - 1891).
Nicht zufällig war es Schnitzler, der mit seiner Novelle Leutnant Gustl (1900) den inneren Monolog in die deutsche Literatur einführte: mithilfe dieser besonderen Perspektive gelang es ihm, dem Leser einen tieferen, direkteren Einblick in die inneren Konflikte seiner Figuren zu geben. Er führte diese Erzählform auch in seinem herausragenden Werk Fräulein Else fort.
Zugleich ist er einer der großen Diaristen der deutschsprachigen Literatur. Von seinem siebzehnten Lebensjahr bis zwei Tage vor seinem Tod führte er pedantisch Tagebuch, es wurde posthum 1981 veröffentlicht.
Schnitzlers Traumnovelle lieferte die Vorlage für Stanley Kubricks Kinofilm Eyes Wide Shut. Schnitzlers Werk war bereits viel früher für das Medium Film entdeckt worden. Die erste Verfilmung erfolgte bereits 1914 ("Liebelei"), namhafte Filmkünstler bedienten sich immer wieder seiner Stoffe (z. B. Max Ophüls, "Liebelei" (1933), "Der Reigen" (1950)).
Zitate
Vorlage:Wikiquote1 Tiefsinn hat nie ein Ding erhellt; Klarsinn schaut tiefer in die Welt.
Diejenigen Tugenden werden am lautesten gepriesen, zu deren Ausübung weder Gedankenarbeit, noch Energieentfaltung, noch Selbstüberwindung gehört, vor allem also diese beiden: Patriotismus und Gottesfurcht.
Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut.
Zeugnisse
Im Grund Ihres Wesens sind Sie ein psychologischer Tiefenforscher, so ehrlich unparteiisch und unerschrocken wie nur je einer war. Sigmund Freud in einem Brief an Arthur Schnitzler
Werke
- Anatol (Einakterfolge, 1893)
- Sterben (Novelle, 1895)
- Liebelei (Schauspiel, 1895)
- Reigen. Zehn Dialoge (Komödie, 1896/97)
- Paracelsus (Schauspiel, 1899)
- Der grüne Kakadu (Groteske, 1899)
- Leutnant Gustl (Erzählung, 1901)
- Der einsame Weg (Schauspiel, 1904)
- Der Weg ins Freie (Roman, 1908)
- Komtesse Mizzi oder Der Familientag (Schauspiel, 1909)
- Der junge Medardus (Schauspiel, 1910)
- Das weite Land (Tragikomödie, 1911)
- Professor Bernhardi (Schauspiel, 1912)
- Casanovas Heimfahrt (Novelle, 1918)
- Komödie der Verführung (Schauspiel, 1924)
- Fräulein Else (Erzählung, 1924)
- Traumnovelle (Novelle, 1926)
- Spiel im Morgengrauen (Erzählung, 1926/7)
- Therese. Chronik eines Frauenlebens (Roman, 1928)
- Flucht in die Finsternis (Erzählung, 1931)
- Jugend in Wien (Autobiographie, herausgegeben 1968)
- Tagebuch 1879-1931 (zehn Bände, ersch. 1981-2000)
- Briefe 1875-1912 (ersch. 1981)
- Briefe 1913-1931 (ersch. 1984)
Literatur
- Michaela L. Perlmann: Arthur Schnitzler. Metzler-Verlag, Stuttgart 1987. ISBN 3-476-10239-4.
- Heinrich Schnitzler (Hrsg.): Arthur Schnitzler: sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Fischer-Verlag, Frankfurt a.M. 1981. ISBN 3-10-073526-9
- Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler. Rowohlt-Verlag, Reinbek 1976. ISBN 3-499-50235-6
Weblinks
- Arthur Schnitzler Gesellschaft mit Informationen und Links
- Vorlage:PND
- Linksammlung (FU Berlin)
- Texte von Arthur Schnitzler (Projekt Gutenberg-DE)
- Leutnant Gustl, Fräulein Else und Traumnovelle (Dieter Wunderlich)
Personendaten | |
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NAME | Schnitzler, Arthur |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Erzähler und Dramatiker |
GEBURTSDATUM | 15. Mai 1862 |
GEBURTSORT | Wien, Österreich |
STERBEDATUM | 21. Oktober 1931 |
STERBEORT | Wien, Österreich |