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Polarisationsfilter

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Ein Polarisationsfilter (kurz auch Polfilter) ist ein Polarisator für Licht, der auf Dichroismus beruht, also komplementär polarisiertes Licht absorbiert, statt es wie polarisierende Strahlteiler zu reflektieren.

Kamera-Polfilter in verschiedenen Orientierungen vor einem LCD-Monitor, der linear polarisiertes Licht abgibt. In schräger Stellung ist die Transmission deutlich vermindert, in Querstellung fast gänzlich.

Geschichtliche Entwicklung

Bereits im 19. Jahrhundert, also in der Frühzeit der Fotografie, hat man erkannt, dass sich störende Glanzreflexe, etwa bei der Aufnahme von Ölbildern oder hinter Glas befindlichen Objekten, durch die Anwendung polarisierender Medien unterdrücken ließen.

Mangels anderer Alternativen nutzte man zunächst entweder Nicolsche Prismen oder Turmalinkristalle.

Die Entdeckung der stark polarisierenden Wirkung von künstlich hergestellten Kristallen aus schwefelsaurem Jod-Chinin („Herapathit“) durch den englischen Arzt William Bird Herapath (1820–1868) im Jahr 1851 führte auf der geringen Größe von maximal 1 cm² der entstehenden Kristalle zunächst zu keiner praktischer Anwendung. Erst 1926 gelang es A. Zimmern in Paris, besser für optische Zwecke nutzbare flache Kristallblätter von 2–3 cm herzustellen.

Ferdinand Bernauer gelang es dann 1935, große, auch für fotografische Zwecke nutzbare großflächige, aber nur einen Bruchteil eines Millimeters dicke, monokristalline Flächenfilter aus schwefelsaurem Chinin herzustellen. Zur praktischen Anwendung wurden diese Kristalle zwischen zwei Glasplatten montiert.[1]. Die Firma Carl Zeiss übernahm die Produktion, zunächst zur Erinnerung an Herapath unter der Bezeichnung Herapathit-Filter, dann aber bereits ab 1936 unter dem Namen Bernotar.

Im Unterschied zu diesem Einkristallfilter stand der von Edwin Herbert Land nahezu zeitgleich gemeinsam mit der Firma Kodak entwickelte Vielkristallfilter („Polaroid-Filter“). Bei diesem sind in einem Kolloid eine Vielzahl winziger, gleichgerichteter Herapathit-Kristallnadeln eingelagert.

Ab 1939 schließlich standen außerdem noch großflächige dichroistische Folienfilter aus Zellulose-Farbstoff-Komplexen („Cellipolar“) zur Verfügung.[2]

Lineare Polarisationsfilter

Linear polarisierende optische Filter werden meist nach dem von Edwin Herbert Land entwickelten Verfahren aus makromolekularen Folien hergestellt, die in einer Richtung plastisch gedehnt werden. Dieses Recken richtet die Moleküle parallel aus. Eindiffundiertes Jod lagert sich an diese Ketten an und stellt Ladungsträger zur Verfügung, die in Richtung der Kettenmoleküle beweglich sind, was zur Absorption der dazu parallelen elektrischen Feldkomponente führt.[3] Diese H-Filter genannten Polarisationsfilter sind, wie die zuvor von Land entwickelten Folien mit eingelagerten Herapathit-Kristallen (J-sheet genannt), unter der Marke Polaroid bekannt geworden.

Ideale lineare Polarisatoren werden durch das Gesetz von Malus beschrieben.

Zirkular-Polarisationsfilter

Ein Zirkular-Polarisationsfilter besteht aus einem linearen Polarisationsfilter, auf dessen eine Seite eine λ/4-Verzögerungsschicht aufgebracht ist. Von dem auf der „linearen Seite“ einfallenden Licht wird eine linearpolarisierte Komponente absorbiert, die andere als zirkularpolarisiertes Licht transmittiert. Von auf der „zirkulären Seite“ einfallendem Licht wird eine zirkularpolarisierte Komponente absorbiert, die andere als linearpolarisiertes Licht transmittiert.

„Echte“ Zirkularpolarisationsfilter erzeugen aus unpolarisiertem Licht zirkular polarisiertes Licht, indem chirale Moleküle die Komponente mit entgegengesetzter Chiralität absorbieren, siehe Circulardichroismus. Die Effizienz lässt sich verbessern, wenn nicht unterschiedliche Absorption, sondern unterschiedlicher Brechungsindex ausgenutzt wird. Schichtenpakete, in denen Bragg-Resonanz auftritt, transmittieren eine chirale Komponente und reflektieren die andere.

Anwendungen

Allgemein

Polarisationsfilter werden in wissenschaftlichen Instrumenten, z. B. Mikroskopen, benutzt, um Strukturen deutlicher hervortreten zu lassen.

In Polarimetern werden zwei Polarisationsfilter zur Messung der optischen Aktivität organischer Stoffe verwendet.

Eines der Verfahren zur Projektion von 3D-Filmen setzt Polarisationsfilter ein, um die beiden von zwei verschiedenen Punkten aufgenommenen, übereinander projizierten Bilder den rechten bzw. linken Augen zuzuführen.

Fotografie

In der Fotografie werden Polarisationsfilter unterschiedlich eingesetzt:

  • Unerwünschte Reflexionen von glatten, nichtmetallischen Oberflächen (z. B. Wasser, Glas) lassen sich unterdrücken. An nichtmetallischen Oberflächen wird bevorzugt Licht mit einer bestimmten Polarisation reflektiert, insbesondere wenn der Austrittswinkel etwa 30° bis 40° beträgt, also nahe dem Brewster-Winkel liegt. Wenn der Polarisationsfilter geeignet ausgerichtet ist, werden die reflektierten Lichtwellen unterdrückt, so dass der unpolarisierte Hintergrund nicht von den Reflexionen überstrahlt wird. So ist es z. B. möglich, störende Reflexionen auf Fensterscheiben oder Wasseroberflächen auszublenden.
  • Die Grünwiedergabe von Laub und Gräsern wird verbessert, weil der Polarisationsfilter störende (blaue) Reflexe des Himmels teilweise unterdrückt.
  • Das Blau eines wolkenlosen Himmels ist teilweise polarisiert. Mit Hilfe eines Polarisationsfilters kann ein Großteil des hellen Himmels zurückgehalten werden, so dass der Himmel auf dem Foto dunkler und somit kräftiger in seiner Farbe erscheint. Weiße Wolken treten deutlicher vor dem blauen Himmel hervor. Dieser Effekt tritt besonders stark im Winkel von 90° zur Sonne auf, bei anderen Winkelwerten geringer bis gar nicht. Am deutlichsten wird das beim Fotografieren mit einem extremen Weitwinkelobjektiv: oft ist der Himmel auf einer Seite des Fotos fast schwarz, auf der anderen Seite hellblau.
  • Beim Fotografieren eines Regenbogens bewirkt ein Polfilter in seinen beiden Extremstellungen folgendes: Da die Farbenlinien polarisiertes Licht sind, werden sie bei geeigneter Polarisation unterdrückt – kein Regenbogen ist sichtbar. Dreht man den Polfilter 90° aus dieser Position heraus, wird der Regenbogen fast vollständig durchgelassen, das zufällig polarisierte Licht der Wolken rundherum wird zu etwas mehr als der Hälfte geschluckt. Relativ zur Umgebung scheint der Regenbogen so viel kräftiger.
  • Unerwünschte Reflexionen an metallischen Oberflächen können beim Einsatz von Kunstlicht durch den Einsatz von Polarisationsfiltern an der Kamera und an den Beleuchtungskörpern unterdrückt werden. Da der finanzielle Aufwand durch die teuren großformatigen Filterfolien für die Scheinwerfer sehr hoch ist, wird dieses Verfahren jedoch nicht im nennenswerten Umfang eingesetzt. Alternativ kann auch mit einem Blitz und Polarisationsfiltern gearbeitet werden ("Kreuzpolblitzen").
  • Lineare Polarisationsfilter gehören zum Funktionsprinzip von Flüssigkristallbildschirmen.
Spannungen in Glas
  • Spannungsoptik: Um die mechanische Beanspruchung (Spannungen und Spannungsspitzen) in technischen Bauteilen sichtbar zu machen, werden die Bauteile in Plexiglas nachgebildet, mit Licht durchstrahlt und zwischen Polarisationsfilter gesetzt. Die Spannungen führen zu farblich veränderten Linien, die durch ihre Dichte die Höhe der Spannung anzeigten. Inzwischen wurde das Verfahren durch die rechnerische Bestimmung der Spannungen mittels Finite-Elemente-Methode abgelöst.
  • Polarisationsfilter werden auch für Sonnenbrillen verwendet. Vorteile ergeben sich für Autofahrer, da Reflexionen an Heck- und Windschutzscheiben anderer Fahrzeuge teilweise reduziert werden und der Fahrer daher mehr Durchblick erhält. Eine Polbrille oder „Anglerbrille“ ist eine Sonnenbrille, die durch gezieltes Ausfiltern einer bestimmten Schwingungsebene des Lichtes die Reflexion der Wasseroberfläche verringern soll, um die Sicht unter die Oberfläche zu verbessern.

Besonderheiten bei der Fotografie

Im Gegensatz zu älteren Kameras ohne Autofokus, Innen-Belichtungsmessung u. dgl., aber auch digitalen Kompaktkameras ohne halbdurchlässigen Spiegel, bei denen man auch auf einfache lineare Polarisationsfilter zurückgreifen kann, müssen bei modernen analogen und digitalen Spiegelreflexkameras lineare Polarisationsfilter mit nachfolgender Zirkularpolarisation durch eine so genannte λ/4-Verzögerungsplatte verwendet werden. Linear polarisiertes Licht nämlich kann in einigen Bauelementen solcher Kameras (z. B. dem Autofokus oder der Innen-Belichtungsmessung) zu falschen Messergebnissen führen, und damit zum Beispiel zu Fehlfunktionen des Autofokus. Aus diesem Grunde haben sich heute auf dem Markt überwiegend zirkulare Polarisationsfilter (CPL) durchgesetzt.

Aufgrund ihres asymmetrischen Aufbaus ist die Wirkung zirkularer Polarisationsfilter auf linear polarisiertes Licht (wie z. B. Reflexionen) nur dann erkennbar, wenn man von der Seite mit dem λ/4-Plättchen her durchblickt (bei Kamerafiltern ist dies die Seite mit dem Objektivgewinde). In „falscher“ Richtung dagegen erzeugt das λ/4-Plättchen aus der linearen eine elliptische oder zirkulare Polarisation, die vom nachfolgenden Polarisationsfilter nur noch teilweise unterdrückt werden kann.

Wenn man zwei lineare Polarisationsfilter hintereinander anordnet und gegeneinander verdreht (bei 90° zueinander: „gekreuzt“, „Kreuzpol“), erhält man die Wirkung eines stufenlos verdunkelbaren Graufilters. Will man den Effekt auf aktuellen Kameras nutzen, so geht dies in dieser Anordnung:

  • Der Filter, der motivseitig (vorne) aufgeschraubt ist, muss entweder ein lineares oder ein verkehrt herum benutztes zirkulares sein.
  • Der kameraseitig (hintere) sollte ein zirkular polarisierender Filter sein, damit die Polarisation des vorderen Filters nicht die Belichtungsmessung beeinflusst.

Viele gängige Filter weisen im Blaubereich keine große Sperrwirkung mehr auf. Verwendet man solche gekreuzt, so erhält man ein blaustichiges Bild bei nur mäßiger Abdunkelung.

Beispiele in der Fotografie

Verstärkung von Farben und Kontrasten

Im folgenden Beispiel wurde das Motiv zuerst ohne Polfilter und unmittelbar danach mit Polfilter fotografiert. Die Farben des Himmels und der Meeresoberfläche wirken durch den Polfilter gesättigter und der Kontrast nimmt zu. Auch das Laub erscheint durch den Filter bunter, zugleich flächiger (weniger räumlich) und matter, weil der Filter das Glänzen der Blätter schluckt, welches dem Betrachter Information über die dreidimensionale Form und die Oberflächenbeschaffenheit der Blätter liefert.

Ohne Polarisationsfilter Mit Polarisationsfilter

Vermeidung von Spiegelungen

Das folgende Beispiel zeigt, wie ein linearer Polarisationsfilter die Spiegelungen an nichtmetallischen Oberflächen beeinflusst, z. B. Lack, Glas und Wasser. Polarisationseffekte an metallischen Oberflächen sind deutlich schwächer ausgeprägt.

Ohne Polarisationsfilter
Filter steht in der Polarisationsebene der Reflexionen
Filter steht quer zur Polarisationsebene der Reflexionen

Beispiele für die Auswirkung eines Polfilters:

  • Links: Motiv ohne Polfilter
  • Mitte: Die besonders auffälligen Spiegelungen des Hauptmotivs (Auto) werden hervorgehoben, da die Polarisationsebene des Filters gleich der Polarisationsebene der dominanten Reflexionen ist. Die andere Orientierung der Fensterscheiben rechts im Bild bewirkt eine Polarisation, die den Polfilter den Reflex absorbieren lässt. Das Licht, das beispielsweise von den Blättern reflektiert wird, hat viele Polarisationsebenen und wirkt in seiner Gesamtheit unpolarisiert. Dort wirkt der Polfilter wie ein Graufilter.
  • Rechts: Die Spiegelungen des Hauptmotivs werden stark gedämpft; man kann durch die Windschutzscheibe des Wagens hindurchsehen. Die automatische Belichtungskorrektur der Kamera hat die Helligkeit des Hintergrundes angehoben.

Vergleicht man die Hauswand in den Bildern (rechter Bildbereich), so erreicht die Anhebung der Helligkeit durch die automatische Belichtungskorrektur im mittleren Bild nicht ganz das Niveau des ungefilterten Bildes (links); im rechten Bild wird dagegen die Belichtung (bezogen auf die Hauswand im ungefilterten Bild) überkorrigiert.

Commons: Polfilter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Grabau: Polarized Light Enters the World of Everday Life. In: Journal of Applied Physics, Volume 9, April 1938, Nr. 4, S. 217
  2. Wolfgang Baier: Quellendarstellungen zur Geschichte der Fotografie. 2. Auflage, Schirmer/Mosel, München 1980, ISBN 3-921375-60-6, S. 323 ff.
  3. Polarisationszustand des Lichts. Physikalisch-Astronomische Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität Jena, S. 3.