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Bernhard von Prittwitz

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Bernhard von Prittwitz, "Terror Tartarorum", im Jahr 1541 (Original hing im Warschauer Schloß)
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Bernhard von Prittwitz, "Terror Tartarorum", im Jahr 1541 (Stich aus dem 19. Jahrhundert nach dem Originalgemälde)
Das Wappen der Familie von Prittwitz und Gaffron
Persönliche Unterschrift des Bernhard von Prittwitz als Starost von Bar im Jahr 1550
Datei:Sigismund-I.-Polen.jpg
Sigismund I., König von Polen
Bona Sforza, Ehefrau von König Sigismund I.
Datei:Zygmunt august.jpg
Sigismund II. August, König von Polen
Datei:Karte-Terebovlja.jpg
Karte von Trembowla/Terebovlja (Galizien/Ukraine)

Bernhard von Prittwitz (* in Schlesien, erwähnt ab 1526; † 1561 in Trembowla (heute: Terebovlja), Kr. Halychyna, Galizien, Polen, heute Ukraine), auch Bernardus Pretwitz, Pretficz oder Prettwicz geschrieben, war Landrat (Starost) von Bar, Ulanów und Trembowla sowie mehrfacher Gutsherr auf den Gütern Koniacyn (Bezirk Winnyzja), Scharawka (Bezirk Bar), Ulanów, Olczydajòw und Halicisnow, alle im Königreich Polen (heute Ukraine).

Prittwitz war seinerzeit polnischer Nationalheld und erhielt nach seinen kriegerischen Erfolgen von den Polen zwei Ehrennamen, die sich noch über Generationen gehalten haben: Bartlomiej Paprocki (1540-1614), der Begründer der polnischen Heraldik, bezeichnete ihn 1575 als "Terror Tartarorum" (Schrecken der Tartaren) und Warszewicki (Varsevitius) nannte ihn 1598 "Murus Podoliae" (Mauer Podoliens).


Familie

Prittwitz war der Sohn des Gutsbesitzers Peter von Prittwitz, Herr auf den Gütern Gaffron, Rippin, Mangschütz und Kraschen (alle Kr. Groß Wartenberg), Stronn (Kr. Oels) sowie Haideberg und Myslniów (beide damals Polen, später Kr. Schildberg), und der Ludmilla von Stwolinsky.

Der kaiserlich russische General der Kavallerie Carl Baron von Prittwitz (1797-1881) erzählte später, er habe bei seinem langen Aufenthalt in Polen und speziell in Warschau wiederholt das Gerücht gehört, Bernhards Vater Peter sei bereits Gouverneur von Podolien gewesen und habe mit Königin Bona Sforza, der Ehefrau von König Sigismunds I. von Polen ein Liebesverhältnis gehabt. Dies sollte wohl die persönlichen Begünstigungen Bernhards durch Königin Bona begründen (siehe unten). Doch über die ausländische Königin gab es unzählige Gerüchte!

Angaben über seine erste Ehefrau sind nicht bekannt. Aus dieser Ehe hatte er einen Sohn Albert.

In zweiter Ehe war er 1551 mit Barbara Zawadzka (alias Branczlikowna) verheiratet, mit der er Sohn Jakob und eine Tochter hatte. Jakob wurde später Woiwode.

Diese in Polen lebende Familie von Prittwitz starb sehr bald aus.

Leben

Prittwitz kam wohl schon in jungen Jahren als deutscher Schlesier nach Polen und trat in den Dienst des polnischen Königs Sigismund I. (Regierungszeit 1506-1548), der vor seinem Regierungsantritt Herzog von Glogau und Oppeln sowie königlicher Statthalter in Schlesien gewesen war. Aus dieser Zeit können beide sich gekannt haben. Vielleicht auch, weil sein Vater Peter schon in polnischem Kriegsdienst gestanden hatte, da dieser zwei Güter in Polen besaß. Jedenfalls wird Sohn Bernhard bereits 1526 als Mann am polnischen Königshof erwähnt. Später diente er auch dessen Nachfolger Sigismund II. von Polen (Regierungszeit 1548-1572).

Im Jahr 1537 wird Prittwitz als königlich preußischer Rittmeister und Kommandeur einer Schar von 120 Reitern genannt. Aber wohl schon seit 1530 versah er seinen Dienst im Grenzgebiet zum "Tartarenreich". Als "Tartaren“ bezeichnete man damals alle Feinde des Christentums bzw. alle nicht christlichen Völker des Orients, vorwiegend die Türken. Die Stadt Bar wie auch die benachbarten Orte Trembowla und Ulanów waren schon in früheren Zeiten häufig von Tartaren überfallen worden.

Bis 1538 muss Prittwitz sich bereits erste große Verdienste im Kampf gegen die Tartaren und dadurch auch die Gunst von Königin Bona Sforza, einer Italienerin, errungen haben. Denn Königin Bona erwirkte schließlich beim König, dass man entgegen der herrschenden Meinung dem "Ausländer" Prittwitz in 1538 die großen Güter um Koniacyn schenkte. Doch immerhin hatten Prittwitz' Gefechtserfolge zum Ergebnis, dass er 1538/1539 sogar vor dem polnischen Reichstag (Sejm) Bericht erstatten musste. Auch 1539 sorgte Königin Bona für weitere Begünstigungen: Man überließ Prittwitz Stadt und Schloss Scharawka (55 km nordwestlich von Bar) mit allen seinen Gütern zur lebenslänglichen Nutzung, ab 1550 sogar als Eigentum. Und schließlich, im Jahr 1540, betraute Königin Bona ihn mit dem Amt des Starost von Bar, dessen Bezirk ihr selbst gehörte.

In einem Schriftstück von 1550 unterschrieb er: "Berhanrth prytwycz, haupman auff baur mit meyner eygen hannth schryff" (siehe Abbildung).

Zu einem „Starost“ (polnischer Landrat) wurden zu damaliger Zeit nur polnische Edelleute ernannt, die mit den in diesem Bezirk liegenden königlichen Gütern - meistens erblich - belehnt wurden. Sowohl in Friedens- wie auch in Kriegszeiten war der Starost der Bezirkshauptmann, war also neben seinem Amt als Verwaltungschef gleichzeitig militärischer Oberbefehlshaber. So war die Bestellung eines „Ausländers“ wie Prittwitz zum Starost eine außerordentliche Auszeichnung. Wohl unter seinem Einfluss wurde 1540 der Stadt sogar deutsches Recht verliehen.

Prittwitz wurde "der Mann der Vorsehung für die podolischen Lande" (Quelle: Pulaski): Die kleine Festung Bar bot Unterkunft und Verpflegung für nur 30 Mann. Deshalb baute Prittwitz allmählich ein neuartiges Verteidigungssystem auf. Aus mohamedanischen Tscheremissen und Wolga-Kosaken bildete er eine eigene Truppe von ca. 300 Mann, die er in kleineren, gut berittenen Gruppen in burgähnlichen Befestigungen in Dörfern der Umgebung unterbrachte. In den grenznahen Gebieten positionierte er außerdem Kundschafter. So machte es Prittwitz erstmals den Tartaren unmöglich, polnische Siedlungen im Bezirk Bar wie bisher unerwartet zu überfallen. Denn durch das neue "Warnsystem" war es nun möglich geworden, den "fliegenden Grenzschutz" binnen kürzester Zeit an der gefährdeten Stelle zu konzentrieren. Neu war auch, dass der Feind sogar selbst angegriffen und verfolgt wurde, bis dieser aufgerieben und gefangen bzw. sogar getötet war. Prittwitz soll im Laufe der Jahre mehr als 70 Gefechte mit den Tartaren siegreich bestanden haben. Sein Abwehrsystem und seine Kampftechnik wurden deshalb von allen Kosaken übernommen. So wurde der Deutsch-Schlesier Prittwitz zu einem der ersten großen Kosaken-Führer.

Im März 1540 waren die Tartaren bis zur Stadt Winnyzja im Norden Podoliens vorgedrungen. Prittwitz stellte sich ihnen mit einem kleinen Haufen Kosaken entgegen, trieb sie rd. 100 km bis nach Otschakow zurück, damals einer der wichtigsten festen Plätze des osmanischen Reiches, nahm ihnen reiche Beute ab und kehrte mit tartarischen Frauen und Kindern als Gefangene zurück. Im Jahr 1541 fiel Prittwitz erneut ins tartarische Reich ein und soll dabei sogar bis nach Belgrad an die Donau vorgestoßen sein. 1550 waren die Tartaren, diesmal gemeinsam mit den Wallachen, wieder ins polnische Podolien eingefallen und belagerten die mit mindestens 56 großen und 1.120 kleinen Hakenbüchsen gut mit Waffen ausgerüstete Festung Bar. Prittwitz wehrte diesmal nicht nur die Belagerung und die Angriffe zurück, sondern brachte den Tartaren durch eigene Ausfälle eine große Niederlage bei.

Diese und andere Vergeltungszüge, die nach Jahrzehnten des Erduldens an der Grenze endlich die Bevölkerung Polens aufatmen ließen und einen Wendepunkt in der Tartarenabwehr waren, mussten größtes Aufsehen erregen. So genoss Prittwitz schon zu Lebzeiten größten Ruhm, größte Ehrfurcht und höchstes Ansehen - besonders bei der polnischen Jugend. So bat ein Enkel des Kastellans von Biecki, der als Edelknabe bei König Sigismund I. gedient hatte, ausdrücklich um die Erlaubnis, bei Prittwitz den Reiterdienst zu erlernen. Eine Legende berichtete später auch: "Gleichwie man vor Zeiten von Osowski und Prittwitz berichtete, dass man Kinder, die in der Wiege zu sehr schrien, mit deren Namen schreckte, damit sie stille wurden." (Quelle: Sinapius).

Später, als König Sigismund II. aus politischem Kalkül, Prittwitz weitere Vergeltungszüge gegen die Tartaren untersagte, sorgte er statt dessen für bessere Grenz- und Stadtbefestigungen innerhalb seines Verantwortungsbereiches. Diese Sicherungsmaßnahmen waren Voraussetzung für den Beginn friedlicher Besiedlung. So bevölkerte sich unter dem Schutz des glorreichen Starosten Prittwitz die gesamte Region von Bar und Winnyzja, es begannen Handel und Landwirtschaft zu blühen.

Während seiner Amtszeit soll im Bezirk Bar kein einziges Dorf von Tartaren eingeäschert worden sein. Tatsache ist sogar, dass in dieser Zeit zahlreiche Dörfer, Städte und Schlösser in Podolien neu entstanden sind.

In allen Jahren hat Prittwitz seinen Kontakt zu seiner deutsch-schlesischen Heimat und der eigenen Familie in Schlesien niemals abbrechen lassen. So ist z.B. Korrespondenz bekannt mit Herzog Albrecht von Brandenburg-Preußen (1551/1552), dem letzten Hochmeister des Deutschen Ordens, oder mit Herzog Georg II. von Brieg (1554). Auch besaß er in der Heimat das Gut Stronn im Kr. Oels, das er sich 1548 mit seinem Bruder Balthasar teilte.

Prittwitz hatte Herzog Albrecht von Preußen, dessen Mutter Sophie die Schwester von König Sigismund I. war, vielleicht am polnischen Hof kennengelernt. Oder er hatte als junger Mann bereits in des Herzogs Diensten gestanden; zumindest war er auch in Schlesien bzw. Deutschland als Reiterführer bekannt. Prittwitz war dem Protestantismus gegenüber sehr aufgeschlossen - wie die gesamte Familie, die schon frühzeitig protestantisch wurde. Deshalb bemühte sich Prittwitz, zur Unterstützung des protestantischen Kampfes 12.000 Soldaten für Herzog Albrecht in Polen zu werben.

Prittwitz starb 1561 in Trembowla. Doch noch nach seinem Tode sollen die Feinde beim bloßen Anblick polnischer Heerscharen die Flucht ergriffen haben - in dem Glauben, der „Terror Tartarorum“ befehlige sie noch immer. Ukrainische Kosaken sollen noch viele Jahre später in ihren Kriegsliedern den „Schrecken der Tartaren“ besungen haben. Ein polnischer Chronist berichtete noch 1726, dass Prittwitz auch jetzt noch - 170 Jahre nach seinem Tod - in hohem Ansehen stünde. Und König Johann II. Kasimir (Regierungszeit 1648-1668) soll ein Porträt des Prittwitz in seinem Zimmer aufgestellt haben.

Für seine militärische Leitungen spricht auch, dass nur zwei Jahre nach Prittwitz' Tod König Sigismund II. in Polen ein stehendes Heer errichtete, um den erneuten Zerstörungen in den Grenzprovinzen durch die Tartaren begegnen zu können.

Prittwitz' Grabstein trug einst die lateinische Inschrift:

"Viator vide quam incertae hominum sedes;
Silesia ortum dedit;
Podolia extinctum fovet.
Militiam exer ui, Tartarosque Turcas atque Valachos caetidi.
Atque ob id Regi Sarmatorum magno, Sigismundo Primo, carus
Et honores gessi celebris in ore omnium.
Nunc parvo hoc contegor tumulo .....
Spetus ab astus militaris quicquam profuit.
Si igitur pius es, Praetificii, dum hac transis, rogo ne obliviscere."
"Wanderer, siehe, wie ungewiss des Menschen Wohnung ist;
aus Schlesien stammte ich;
Podolien lobt den Gestorbenen.
dem Heere habe ich die Kriegskunst gelehrt;
Tartaren, Türken und Walachen habe ich niedergemacht;
deshalb war ich dem großen König der Sarmaten, Sigismund I., teuer;
ich habe Ehrenbezeugungen erhalten und bin in aller Mund gefeiert;
nun werde ich durch diesen kleinen Erdhügel gedeckt,
/von allen verlassen;
mir haben weder Schätze, noch Frömmigkeit, noch mein Schicksal geholfen/;
nicht einmal mein Kriegführen nutzte mir etwas;
wenn du also fromm bist, bitte ich dich, des Prittwitz (Praetificii) nicht zu vergessen, wenn du hier vorbeigehst."

Literatur

  • Hans-Georg von Prittwitz: "Bernhard Prittwitz aus dem Hause Gaffron (Terror Tartarorum)", Selbstverlag, Flensburg 1961.
  • Robert von Prittwitz: "Das v. Prittwitz'sche Adels-Geschlecht", Seite 57f., Verlag Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1870.
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band VI, Seite 310, Band 29 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1962, und neuere Jahrgänge.

Siehe auch