Nikolaikirche (Heilbronn)
Die Nikolaikirche an der Sülmerstraße 72 in Heilbronn ist eine im gotischen Stil erbaute Kirche. In dem 1351 erstmals urkundlich erwähnten Gebäude gab es 1524 erstmals evangelische Predigten. Nach Einführung der Reformation wurde es als städtisches Zeughaus, im 17. Jahrhundert als Munitionslager genutzt. 1706 wurde der Bau zum zweiten Mal geweiht. Dann wurde das Gotteshaus jedoch im Jahre 1805 als französisches Lazarett, 1820 als württembergisches Waffenarsenal und 1849 als Turnhalle zweckentfremdet. Das Gebäude wurde 1851 zum dritten Mal als Kirche geweiht und 1899/1900 nach Plänen der Architekten Prof. J. Vollmer und H.Jassoy restauriert. Der 1944 zerstörte Bau wurde nach Plänen von Professor Hannes Mayer 1950/51 wiederaufgebaut und 1951 zum 4. Mal geweiht. Mitwirkende Künstler waren Gerhard Marcks, Wolf-Dieter Kohler sowie Dieter Läpple. Das in der Glockengießerei Kiesel 1899 gegossene Glockengeläut hat als einziges vollständiges Geläut in Heilbronn sowohl den 1.Weltkrieg als auch den 2.Weltkrieg überstanden.
Lage und Umgebung
Die Nikolaikirche liegt an der Sülmerstraße. Das Gotteshaus wurde an deren Nordseite vom Karmeliter-Konventshaus flankiert, in dem sich die Stadtbibliothek Heilbronn befand. Heute dominiert das Theaterforum K3 die Nordseite der Kirche. An der Ostseite, hinter der Kirche, befindet sich das sog. Kirchhöfle, wo sich auch das Haus Robert Mayer befand. Im zu Ehren wurde an der Nordseite des Kirchhöfle 1958 von Walter Maisak das Kunstwerk Robert Mayer – Erhaltung der Energie angebracht. Heute schmückt ein 1997 von Jürgen Goertz entworfener Traumbrunnen (auch Mondbrunnen) das Kirchhöfle hinter der Nikolaikirche.
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Kirchhöfle, Lithographie der Gebrüder Wolff in Heilbronn. Blick auf den Schwibbogen-Durchgang des Karmeliter-Konventshauses.
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Nikolaikirche mit Kirchhoefle um 1850. An der Nordseite der Kirche das Konventshaus der Karmeliter.
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Mondbrunnen (1997) im Kirchhöfle bei der Nikolaikirche.
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1958 von Walter Maisak: Robert Mayer – Erhaltung der Energie
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Die Nikolaikirche und die sie umgebende Bebauung, dahinter das Theaterforum K3
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Theaterforum K3
Geschichte






Ursprünge
Die Nikolaikirche wurde in einer 1885 verschollenen Ablass-Urkunde des Würzburger Bischofs Albert von 1351 erstmals als Kapelle St. Niklaus erwähnt und vermutlich kurz zuvor erbaut. Ihr Stifter und der Grund für die Platzwahl im Norden der mittelalterlichen Stadt, nahe dem Sülmer Tor, sind unbekannt. Möglicherweise diente die Kirche – nach der Auflassung des Dorfes Altböckingen – den 1333 nach Heilbronn zugezogenen Altböckingern als Gotteshaus.[1]Dies bestätigt das Heilbronner Stadtarchiv:„Während des 14. Jahrhunderts gab es etliche Umbrüche in der Stadt - etwa die um 1330/1350 erfolgte Erweiterung um das "Obere Viertel" an der Nikolaikirche und die Umsiedlung der Einwohner des Dorfes [Alt]Böckingen (gelegen am Trappensee) in die Stadt - ein Einwohnerzuwachs von sicherlich einigen hundert Menschen.[2]“ Ebenso unbekannt ist, warum die Kirche dem Heiligen Nikolaus geweiht ist. Die Kirchenpflege übernahm eine St. Jakobsbrüderschaft, die hierfür von Stiftern rund 6 Morgen Land als Pfründe bekam. 1363 wurde ein Katharinenaltar geweiht, 1378 ein Jakobsaltar. 1495 weihte Georg, Bischof zu Ricopolis als würzburgischer Vicar den heiligene Wedardus, Hypolitus und Lurich, Barbara und Appolonia fünf Altäre.[3]Ab dem 9. Mai 1383 übernahm der Rat der inzwischen zur Reichsstadt gewachsenen Stadt Heilbronn die Bestellung eines städtischen Priesters in St. Niklaus, indem sie ihn mit großzügigen weiteren Pfründen in Form von 12 Morgen Weinbergen und Äckern ausstattete. 1497 lieh die Stadt Heilbronn der Jakobsbruderschaft 20 fl. zum Nikolauskirchenbau, was auf die Errichtung der Jakobskapelle der Nikolauskirche hinweist.[4]In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erfolgte der Umbau der Kapelle zur Kirche, wobei vermutlich nichts an der Grundfläche verändert, sondern nur das Gebäude erhöht wurde. Das Westportal zur Sülmerstraße hin stammt vermutlich auch aus dieser Zeit. Östlich an die Kirche schloss sich ursprünglich ein Friedhof an, heute wird dieser ehemalige Friedhofsbereich als Kirchhöfle bezeichnet.
Reformation und Kinderkirche
Zur Zeit der Reformation wirkte ein protestantischer Prediger namens Meister Hans in der Kirche, der sich 1524 für die Abnahme und Verbrennung der von ihm als ketzerisch bezeichneten Marienfigur des Heilbronner Karmeliterklosters aussprach, noch im Januar 1525 die Erlaubnis zur Predigt des Evangeliums durch den Rat der Stadt erhielt, im aufkeimenden Bauernkrieg dann jedoch der Stadt verwiesen wurde.
Am 23. Februar 1529 beschloss der Rat, Güter und Einnahmen von St. Niklaus dem städtischen Katharinenspital zu überstellen, dessen Kloster im Bauernkrieg zerstört worden war. Da das Kloster jedoch nicht wieder errichtet wurde, fanden in St. Niklaus vorläufig weiterhin Predigten statt, bis zum Tode von Johann Lachmann 1538/39 vermutlich durch dessen zweiten Prediger in der Kilianskirche, Menrad Molter. St. Niklaus diente als Filialkirche der Kilianskirche anschließend rund 90 Jahre als Kinderkirche. Die Kinderkirche fand freitags und sonntags statt. An die Zeit als Kinderkirche soll das „Weihnachtsfenster“ erinnern. Es ist eine Stiftung und wurde für die Kinder neben dem Aufgang zur Kanzel in der Südwand angebracht, die während der Sonntagsgottesdienste in der ersten Reihe saßen. Eine Auskunft des Rates zu Heilbronn aus dem Jahr 1530 ist an den Kaiser Karl V. gerichtet und beschreibt den Kindergottesdienst:
„Um zwey uren hallt man fur die dochterlin ein kinderler und ermanung zu gottlicher vorcht und besserung unsers lebens, dabei sie auch psalmen singen; unb die viertten stund aber ein kinderler im glauben fur die knaben mit einem gemeinen gebett, das Got gnad verleich die gantz wuchen zu verschließen (beschließen) in gottlicher forcht; zu letst beschleußt man mitt einem psalmen und gubt daruff den segen.[5]“
Zeughaus ab 1622
Im Dreißigjährigen Krieg schaffte die Stadt Heilbronn nach der Schlacht bei Wimpfen (Mai 1622) große Mengen an Munition an, für die Lagerraum benötigt wurde. Der Rat der Stadt beschloss daher am 22. Juli 1622 die Stilllegung der Kirche und die Nutzung des Gebäudes als Zeughaus. Die Kinderkirche wurde in die nahe Hafenmarktkirche verlegt. 1635 sollen täglich 1000 Kanonenkugeln in dem Gebäude von St. Niklaus gegossen worden sein. Am 7. Oktober 1635 vermerkt das Ratsprotokoll erstmals die Bezeichnung St. Nikolai, seitdem wird das Gebäude Nikolaikirche genannt, diente aber zunächst weitere 70 Jahre als Zeughaus.
1634 und 1644 wurden auf dem benachbarten Kirchhöfle nochmals Tote begraben, obwohl der Friedhof dort ansonsten schon seit 1530 stillgelegt war.
Kirche 1706–1805
1688 wurde die nahe Hafenmarktkirche durch französische Truppen zerstört. Ein anschließendes reichsweites Spenden-Patent von Kaiser Leopold I. erbrachte bis 1703 lediglich die Mittel zur Errichtung eines Turmes, das Kirchengebäude selbst wurde nicht wiederaufgebaut, so dass 1706 ein Vorschlag aus der Bevölkerung erging, unterdessen die Nikolaikirche zu renovieren. Am 21. September 1706 wurde die Kirche nach Renovierung wieder geweiht. 1742 wurde am östlichen Ende des Kirchenschiffs ein Glockentürmchen mit einer Glocke aufgesetzt.
Als 1802 württembergische Truppen in Heilbronn einzogen und in den Schulen Quartier bezogen, musste der Schulbetrieb u. a. in die Nikolaikirche ausweichen. 1804 zogen die Schüler wieder aus der Kirche aus, doch bereits 1805 besetzten französische Truppen die Stadt und beschlagnahmten die Kirchen. Die Kilianskirche wurde 1805 zum Gefangenenlager, die Nikolaikirche zum Lazarett, das benachbarte Kirchhöfle zum Exerzierplatz.
Säkulare Nutzung 1806–1851
Während die Kilianskirche 1806 wiederhergestellt wurde, blieb die Nikolaikirche zunächst Lazarett. Das Oberamt stellt im Oktober 1806 fest, dass die Kirche städtisches Eigentum sei und als solches im Dienst des Landes stehe. Im Oktober 1807 wurde das Gebäude der Nikolaikirche vom württembergischen Staat beschlagnahmt und ein Waffen-Arsenal einquartiert. Ein nachträglich wieder zugemauertes Tor in der Langhauswand an der Nordseite der Kirche zeugt noch davon, wie hier die „Kanonen ein und aus gingen“. Um 1813 war die Kirche abermals Lazarett. 1820 kam das Gebäude an die Stadt zurück, die es als Holzlager nutzte und als Gewerbefläche an einen Seiler, einen Kaufmann und einen Instrumentenbauer vermietete. 1844 wurde die um 1805 ausgebaute und seitdem im Heilbronner Gymnasium gelagerte alte Kirchenorgel verkauft. Ab Februar 1849 fand das Gebäude Verwendung als Turnhalle und Kundgebungssaal für zahlreiche Redner. Der damalige Zustand der Kirche wird als „Ärgernis“ bezeichnet, und in der Kirchengemeinde begann man, Geld für eine Renovierung der Nikolaikirche und deren Wiedernutzung als Gotteshaus zu sammeln.
Kirche seit 1851
Am zweiten Adventssonntag, dem 7. Dezember 1851 wurde das Bauwerk nach gründlicher Renovierung durch Stadtbaumeister Louis de Millas[6] endgültig wieder als Kirche geweiht. Die alte Glocke war 1808 in die Hafenmarktkirche verbracht worden und trug die Aufschrift: „Gegossen von Johannes und Stefan Arnolt anno 1691. David Feyerabend, J.M. Glandorf und J.G. Pfitzer“.[7] Für die Nikolaikirche wurde daher eine – von der Kilianskirche gespendete – Glocke im Glockentürmchen installiert. 1852 wurde eine Kirchenorgel angeschafft, 1855 eine Gasbeleuchtung installiert. Im Oktober 1867 ließ der Papierfabrikant Schaeuffelen auf eigene Kosten eine Heizung installieren. Das Glockenspiel wurde 1889 auf drei Glocken erweitert.
Von Mai 1899 bis März 1900 wurde die Kirche durch die Architekten Johannes Vollmer und Heinrich Jassoy[6]modernisiert, die im Zuge der Neugliederung der Heilbronner Kirchenbezirke unmittelbar zuvor schon die Friedenskirche errichtet hatten. Bei der Neugliederung wurde St. Nikolai 1900/01 selbstständige Pfarrei mit Trau- und Taufrecht.
Zu den Kirchengemeinderäten zählte zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Heilbronner Oberbürgermeister Paul Göbel, der 1921 beim Besuch eines Gottesdienstes im Gebäude der Nikolaikirche verstarb.
1932 wurde die Kirche durch Hans Seytter[6] abermals renoviert.
Zerstörung 1944, Wiederaufbau und heutige Nutzung
Die Nikolaikirche wurde beim Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 schwer beschädigt. Das Hauptschiff brannte aus und das Dach stürzte ein, aber die Mauern blieben weitgehend intakt. Lediglich der schwer beschädigte Chor musste abgerissen und neu erbaut werden. Die drei Glocken haben den Angriff unbeschadet überdauert. Am 2. Mai 1950 begannen die Bauarbeiten nach Plänen von Hannes Mayer; am 2. April 1951 wurde der Hahn auf den Turmhelm der Kirche angebracht. Am Pfingstfest, dem 27. Mai 1951 wurde das Gotteshaus eingeweiht.[8]Hannes Mayer entwarf 1949 die Inneneinrichtung. Andere Künstler waren Gerhard Marcks und Wolf-Dieter Kohler. Sie ist heute das Gotteshaus der Nikolaikirchengemeinde, deren Gemeindegebiet die nördliche Innenstadt und etwa 2500 Mitglieder umfasst. Sie bildet eine der acht Gemeinden der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Heilbronn und unterhält neben der Kirche ein Pfarrbüro, ein Gemeindehaus sowie zwei Kindergärten.
Architektur und Einrichtung
Die Nikolaikirche ist ein „gotischer Saalbau mit eingezogenem Polygonalchor“[6] (nach anderer Quelle: „schlichter frühgotischer Bau in den besten Formen der Epoche“[9]). Einen Turm hat die Kirche nicht, ein Dachreiter wurde 1543 angebracht.[6] Seit 1742 wird dieses mit Glockentürmchen und Schlaguhr[9], und ab 1951 von einem Wetterhahn bekrönt. In dem von mächtigen abgetreppten Pfeilern gestützten Chor sitzen sechs hohe, sehr schlanke Maßwerkfenster.
Das doppeltürige Hauptportal der Kirche befindet sich in der Giebelseite im Westen zur Sülmerstraße und ist von zwei auf Konsolen stehenden Statuen flankiert: links ein Bischof (vermutlich Namenspatron St. Nikolaus oder der zum Zeitpunkt des Umbaus zur Kirche im 15. Jahrhundert amtierende Bischof von Würzburg), rechts Maria mit Jesus-Kind. Beide Figuren am Portal wurden 1971 durch Kopien ersetzt.[6]Die Originalfiguren stehen heute hinter dem Altar an der Chorwand.
Über dem Westportal ist ein großes breites Maßwerkfenster in die Fassade eingesetzt. Beiderseits in den Längsseiten des Schiffes befinden sich gegen die Sülmerstraße noch zwei spitzbogige, aber kleinere Portale. In diesen Seitenwänden sitzen weitere gotische Maßwerkfenster. An die Nordseite ist zwischen den zwei ersten Pfeilern des Chors ein Treppentürmchen angebaut. Südlich ist dem Chor die Sakristei angelehnt. Unter den Fenstern ist um das Bauwerk ein kräftiges Gesims gezogen. Unterhalb des Gesimses, an der Südwestecke der Fassade befindet sich eine Figur – der „Simsakräbbslr“ („Simsenkrebsler“) .[10]
bis 1900
Die Innenarchitektur der Kirche bis zur Restaurierung im Jahre 1900 zeigte ein hölzernes Tonnengewölbe im Längsschiff. Im Chor befand sich ein Kreuzrippengewölbe auf „blumigen Konsolen“[11]die Schlusssteine zeigten Köpfe in Laubwerk.[12] Zu diesem Schmuck zählte insbesondere eine Lutherfigur und verschiedene Gemälde. In der Kirche befand sich eine Lutherfigur aus dem Jahre 1855, dessen Wert jedoch als nicht sehr hoch eingeschätzt wurde.[13]Bis 1900 schmückten verschiedene Gemälde das Haus: Das sich im Chor befindliche Gemälde wurde von dem Stuttgarter Wilhelm Pilgram geschaffen und der Nikolaikirche gestiftet. Es zeigte „Christus sein Kreuz schleppend“.[14]Ein zweites Gemälde zeigte „Christus mit der Dornenkrone“ des Heilbronner Kunstmalers Emil Orth (*1814;†1876)[15] – Schüler Joseph Karl Stielers –[16], das im Jahre 1854 von den Erben der Jungfer Friederike Schaumenkessel gestiftet wurde.[14][17]Ein drittes Gemälde zeigte das Lutherbild und war eine Kopie des Lutherbildes von Lukas Cranach. Es wurde im Jahre 1855 von Dekan Koch aus Beiträgen der Zuhörer seiner Bibelstunden gestiftet.[14] Ein viertes Gemälde wurde 1879 von den Eheleuten Ludwig und Heinrike Jörg gestiftet und befand sich links vom Chorbogen. Das Gemälde zeigte „Christus Salvator“.[18][19]
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Das Kircheninnere vor 1900
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Kanzel
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Gemälde „Christus Salvator“, 1879 von den Eheleuten Ludwig und Heinrike Jörg gestiftet
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Lutherfigur
bis 1932
Um 1929 bildete der Hauptschmuck ein Bild über dem Chorbogen: „Christus und vor ihm die klugen und törichten Frauen“.[20]
Prof. Seytter aus Stuttgart beschrieb am 16. Juni 1932 die um 1900 eingebrachte, neue Innenausstattung:
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ab 1932
Bei der Restaurierung von 1932 unter Hans Seytter[6] wurde die Figur als „Dilettantenarbeit“ bezeichnet und entfernt.
Der gesamte historische Kirchenschmuck wurde bei dem Luftangriff am 4.Dezember 1944 zerstört.
heute
Nach der Zerstörung wurde der Innenraum sehr schlicht unter der Leitung von Hannes Mayer wiederaufgebaut. Das Langhaus erhielt wieder ein hölzernes Tonnengewölbe, das Kreuzrippengewölbe im Chor wurde jedoch nicht wieder rekonstruiert, stattdessen erhielt der Chor eine hölzerne Flachdecke. Joachim Hennze beschreibt den Stil als „zeitlos-zurückhaltende und handwerklich-gediegene Formensprache“.[21] Das Gotteshaus dokumentiere deswegen „in einer selten überlieferten Weise die frühe Form des Wiederaufbaus kriegszerstörter Kirchen in Württemberg“ .[21] Hannes Mayer entwarf für die Nikolaikirche einen historisierenden Wiederaufbauplan.[22] Er galt als wichtiger Vertreter des Heimatstils in der Nachkriegszeit und rekonstruierte die zerstörten Sakralbauten im Heimatstil.[23]
- Kanzel (H.Mayer)
Die hölzerne Kanzel befindet sich an der rechten Seite des Chorbogens. Sie wurde nach einem Entwurf von Hannes Mayer gefertigt, der 1949 Kanzel, Türen, Fenster, Gewände und die Inneneinrichtung in einer „zeitlos-zurückhaltenden und handwerklich-gediegenen Formensprache“[21] entworfen hatte.
- Taufsteinrelief (W.Pfeiffer)
Das Relief beim Taufstein wurde 1964 von dem Tübinger Bildhauer Wilhelm Pfeiffer (*1918 in Tübingen; †1991) geschaffen und zeigt die "Heimkehr des verlorenen Sohnes".
- Glasfenster (W.D.Kohler)

Wolf-Dieter Kohler schuf 1959[6]die Chorfenster, das Fenster über der Orgel sowie das Weihnachtsfenster an der Südwand neben der Kanzel. Das Orgelfenster erzählt die Geschichte von den drei Männern im Feuerofen (Buch Daniel 3), die von einem Engel vor den Flammen bewahrt wurden. Dieses Thema wurde auf Wunsch von Heilbronnern gewählt, die den vernichtenden Fliegerangriff vom 4. Dezember 1944 überlebt hatten. Das Weihnachtsfenster ist ein dekoratives Element, das für die Kinder der Nikolaikirche geschaffen wurde.
- Altar-Kruzifix (G. Marcks)
Den Altar ziert ein schmuckloses Holzkreuz sowie ein Altar-Kruzifix, welches von dem norddeutschen Bildhauer Gerhard Marcks geschaffen wurde. Das bronzene Altarkreuz wurde im Jahre 1953 von Walter Bauer gestiftet. Vorbild waren Kruzifixe aus der Romanik, so das Gero-Kreuz in Köln:
„Gerhard Marcks hat mit diesem Jesus am Kreuz romanische Vorbilder verarbeitet. Sein Werk erinnert an das berühmte Gero-Kreuz in Köln. Gerhard Marcks wurde 1919 von Gropius an das Bauhaus in Weimar berufen. Von den Nationalsozialisten wurde sein Werk als "entartete Kunst" verketzert. Nach dem Krieg abeitete Marcks ab 1950 in Köln, wo 1953 dieses Altarkreuz entstand.[24]“
- Radleuchter (D. Läpple)
Stifter war das Kirchengemeinderat-Mitglied und früherer Klingenberger Pfarrer Martin Hinderer, dessen Vater Paul Hinderer von 1910 bis 1921 in der Heilbronner Nikolaikirche gepredigt hatte und von 1950 bis 1969 in Klingenberg als Seelsorger arbeitete. Der Schwiegervater von Martin Hinderer war Wilhelm Bauer, der in der Nikolaigemeinde als Kirchenpfleger tätig war. Die Erbengemeinschaft Bauer stiftete bereits 1953 das Kruzifix von Marcks für die Nikolaikirche.[25]
Der bronzene Radleuchter über dem Altar wurde 1983 geschaffen. Der Künstler war Dieter Läpple, der zunächst ein kleines Modell, danach in Originalgröße ein Wachsmodell schuf. Eine Gießerei in Süßen fertigte danach einen bronzenen Guss. Gestänge und Aufhängung vollzog Nikolai-Kirchengemeinderat und Schmied Reinhold Hinderer.
Die Form des Leuchters beruhe auf eine „jahrhundertealte Tradition“[25], die mit „zeitgemäßen Möglichkeiten“[25] umgesetzt werde. Der Künstler veranschauliche dabei „eine Vision, wie sie in der Bibel geschildert und von Christen aller Sprachen“ benutzt werde. Nach dem Vorbild mittelalterlicher Radleuchter symbolisiert der Radleuchter das Himmlische Jerusalem mit seinen 12 Toren. Es besteht die Möglichkeit in den Toren Kerzen aufzustellen.[26]
Dieter Läpple formuliert dies in eigenen Worten: „Zwölf Tore bewachen zwölf Doppeleingänge; jedes der Tore scheint von einer anderen geistigen Energie aufgeladen zu sein, die wie ein Engel unsichtbar und doch vorhanden den Doppeleingang beschützt, der das Irdische in seiner Zweipoligkeit einläßt“[25]. Der Leuchter zeigt eine mittelalterliche Stadt mit zahlreichen architektonischen Details:
„Heilbronns kirchliche Kunst erfuhr eine zeitgenössische Bereicherung. Die Gemeinde der innerstädtischen evangelischen Nikolaikirche konnte vergangenen Sonntag beim Gottesdienst erstmals einen Bronzeleuchter bestaunen: „Himmlische Stadt“ nennt der Heilbronner Bildhauer Dieter Läpple sein Kunstwerk … Dieter Läpple griff in der Form des Leuchters auf eine jahrhundertealte Tradition zurück und setzte diese nun mit zeitgemäßen Möglichkeiten fort. Dabei veranschaulichte er eine Vision, wie sie in der Bibel geschildert und von Christen aller Sprachen gebraucht wird: „Zwölf Tore bewachen zwölf Doppeleingänge; jedes der Tore scheint von einer anderen geistigen Energie aufgeladen zu sein, die wie ein Engel unsichtbar und doch vorhanden den Doppeleingang beschützt, der das Irdische in seiner Zweipoligkeit einläßt“, kommentiert Läpple den Leuchter, der eine städtische Ringmauer mit architektonischen Details wie Bogen, Brücken, Kuppeln, Fenster und Zinnen darstellt …[25]“
- Kerzenbaum (G.Kenngott)
Der Kerzenbaum wurde 2003 von dem Heilbronner Metallgestalter Gustav Kenngott nach dem Vorbild des brennenden Dornbusches geschaffen.[27]
- Turmhahn (W. Klagholz)
Als die Nikolaikirche wiederaufgebaut wurde, setzte Wilhelm Klagholz einen von ihm in Kupfer gestalteten Hahn auf den Dachreiter.[28] „Viele Kirchtürme der Region“, wie die Kirchtürme in Großgartach (Lorenzkirche) oder Lampoldshausen (Nikolauskirche) tragen einen von ihm in Kupfer getriebenen Hahn.[28]
- Orgel (F.Weigle)
Die am 2. September 1951 geweihte Orgel befindet sich auf der Empore an der Innenwand über dem Westportal. Sie wurde von der Orgelbauanstalt Friedrich Weigle aus Echterdingen gebaut und 1968 umgebaut und erweitert. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie 33 klingende Register und 2336 Pfeifen. Im Jahre 1991 erfolgte ein erneuter Umbau, indem die Werkstätte für Orgelbau Konrad Mühleisen aus Leonberg eine 64-fache elektronische Setzer-Anlage für die Register einbaute.[29]
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- Koppeln:
- Spielhilfen: vier freie Kombinationen, zwei Pedalkombinationen, 64-fache elektronische Setzeranlage
- Anmerkungen:
- N = Nachträglich hinzugefügt (1968)
- Glocken (K.Kiesel)
Im Dachreiter befinden sich drei Glocken, die von der Heilbronner Glockengießerei Karl Kiesel 1899 gegossen wurden. Diese Glocken haben beide Weltkriege überdauert, da der enge Turm und die komplizierte Aufhängung der Glocken eine Demontage des Dachstuhls erforderlich gemacht hätten. Bei den Glocken handelt es sich, von unten nach oben, um eine F-Glocke (700 kg), eine As-Glocke (425 kg) sowie eine C-Glocke (200 kg). Jede der Glocken trägt als Inschrift je den dritten Teil der Weihnachtsbotschaft: „Ehre sei Gott in der Höhe“, „Und Friede auf Erde“, sowie „Und den Menschen ein Wohlgefallen“.[20] Das Geläut der Glocken ist täglich 19:15 Uhr auch als Mahnung an die Opfer des Luftangriffs vom 4. Dezember 1944 zu hören.
Siehe auch
Literatur
- Wilhelm Steinhilber: Evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn. Teil 2: «Die Nikolaikirche zu Heilbronn». Evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn, Heilbronn 1965 (ohne ISBN).
- Julius Fekete: Die Türen der Nikolaikirche in Heilbronn als Zubehör unverzichtbarer Dokumente des Wiederaufbaus. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Jahr 1999/Band 28/Seite 184-187.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Schmolz, Helmut u. Hubert Weckbach: Heilbronn - Geschichte und Leben einer Stadt, Weißenhorn, Anton H. Konrad-Verlag, 2. Auflage 1973, Nr. 99 "Evangelische Nikolaikirche beim Sülmertor, 1658", Seite 54.
- ↑ http://www.stadtarchiv-heilbronn.de/stadtgeschichte/stichworte/m/migration/
- ↑ Beschreibung des Oberamts Heilbronn, S. 171
- ↑ Marianne Dumitrache, Simon M. Haag: Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg. Bd. 8.: Heilbronn. Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2001, ISBN 3-927714-51-8, S. 111. Nr. 72 Nikolaikirche/Zeughaus, KD, Sülmerstraße 72
- ↑ Die Kinder des Nikolaus. In: Evangel. Nikolai-Gemeinde Heilbronn (Hrsg.): 650 Jahre Nikolaikirche. 50 Jahre Wiedereinweihung, Heilbronn 2001, S. 13.
- ↑ a b c d e f g h Julius Fekete, Simon Haag, Adelheid Hanke, Daniela Naumann: Stadtkreis Heilbronn (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Band I.5). Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1988-3, S. 130.
- ↑ G.A.Volz:Großer Führer durch Heilbronn und Umgebung, Heilbronn 1926 [Vierte Auflage]. In: Christhard Schrenk (Hg.):Heilbronn in frühen Farbfotografien. Ein Rundgang durch die Stadt in den späten 1930er Jahren. 2008. (Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 55), S. 26.
- ↑ Die alte Kirche entsteht noch einmal. In: Evangel. Nikolai-Gemeinde Heilbronn (Hrsg.): 650 Jahre Nikolaikirche. 50 Jahre Wiedereinweihung, Heilbronn 2001, S. 19.
- ↑ a b Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1966. Band 1, S. 42, Bildnr. 51 Kirchhöfle mit Nikolaikirche, um 1930
- ↑ Pfarrer Kadelbach:Der „Simsakräbbslr“ von St. Nikolai. In: Evangel. Nikolai-Gemeine Heilbronn (Hrsg.): 650 Jahre Nikolaikirche. 50 Jahre Wiedereinweihung, Heilbronn 2001, S. 26 – 27. Demnach handelt es sich hier um eine Darstellung von Simsokrabos – Enkel von Bacchus und Kind seines Stiefsohnes Troll mit einer Schlehe.
- ↑ Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1967. Band 2, S. 36, Bildnr. 53 Nikolaikirche, Innenansicht, vor 1899.
- ↑
„Das Schiff überspannt ein Tonnengewölbe aus Holz mit Durchzugsbalken (oben rechts zu sehen). Der Chor (im Osten), zu dem vom Langhaus ein hoher und steiler, mehrfach profilierter Chorbogen überleitet, besitzt ein gotisches Kreuzrippengwölbe auf blumigen Konsolen (ebenso die Sakristei). Aus den Schlußsteinen schauen Köpfe in Laubwerk. Die Rippenflächen sind mit Rankendarstellungen bemalt. In den Chorwänden sitzen sechs hohe sehr schlanke gotische Maßerwerkfenster.... In der Längswand daneben durchbricht ein niederes gotisches Fenster das Mauerwerk...“
– Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1967. Band 2, S. 36, Bildnr. 53 Nikolaikirche, Innenansicht, vor 1899. - ↑
„ … Rechts in der Ecke steht eine 1855 angeschaffte Luther-Statue, von wenig künstlerischem Wert; sie zeigt den Reformator, der mit der rechten Hand auf die Bibel weist …“
– Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1967. Band 2, S. 36, Bildnr. 53 Nikolaikirche, Innenansicht, vor 1899 - ↑ a b c Beschreibung des Oberamts Heilbronn, S. 172
- ↑
„Orth, Emil 1814-1876 Porträtmaler und Lithograph, Schüler der Akademie München“
– Historischer Verein von Oberbayern (Hrsg.):Oberbayerisches Archiv, Band 103, 1978, S. 193 - ↑ Ulrike von Hase-Schmundt:Joseph Stieler, 1781-1858,Prestel, 1971. S. 19.
- ↑
„Auch ein Stuttgarter Künstler, Wilhelm Pilgram stiftete in den Chor derselben ein schönes Oelgemälde, Christus sein Kreuz schleppend. 1854 stifteten die Erben der Jungfer Friederike Schaumenkessel ein Oelgemälde von einem Heilbronner Künstler, Emil Orth, in diese Kirche, einen Christuskopf mit der Dornenkrone, und 1855 wurde von Dekan Koch die Copie des Bildnisses Dr. Luthers von Luca Kranach aus Beiträgen der Zuhörer seiner Bibelstunden gestiftet, und Frauen schmückten die Fenster mit Transparentgemälden.“
– Beschreibung des Oberamts Heilbronn, S. 172 - ↑ Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1967. Band 2, S. 36, Bildnr. 53 Nikolaikirche, Innenansicht, vor 1899.
- ↑
„ … Links vom Chorbogen hängt an der Wand ein 1879 von den Eheleuten Ludwig und Heinrike Jörg gestiftetes, von reichem, in Holz geschnitztem Gesprenge eingerahmtes Gemälde, Christus Salvator (Retter der Welt) darstellend.(Zum Kirchenschmuck gehörten noch andere Gemälde, so ein „Christus mit der Dornenkrone“ des Heilbronner Kunstmalers Emil Orth und eine Kopie des Lutherbildes von Lukas Cranach).“
– Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Die alte Stadt in Wort und Bild. Konrad-Verlag, Heilbronn 1967. Band 2, S. 36, Bildnr. 53 Nikolaikirche, Innenansicht, vor 1899. - ↑ a b G.A.Volz:Großer Führer durch Heilbronn und Umgebung, Heilbronn 1926 [Vierte Auflage]. In: Christhard Schrenk (Hg.):Heilbronn in frühen Farbfotografien. Ein Rundgang durch die Stadt in den späten 1930er Jahren. 2008. (Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 55), S. 27
- ↑ a b c Bernhard Lattner mit Texten von Joachim Hennze: Stille Zeitzeugen. 500 Jahre Heilbronner Architektur. Lattner, Heilbronn 2005, ISBN 978-3-9807729-6-9, S. 122.
- ↑ Fekete u. a.: Denkmaltopographie, S. 57 und Lattner/Hennze: Stille Zeitzeugen …, S. 122 (Hannes Mayer 1896–1992 Architekt).
- ↑ Fekete: Kunst- und Kulturdenkmale …, S. 19 f: Moderne.
- ↑ http://www.nikolaigemeinde-heilbronn.de/nikolaikircheimbild%20unterseiten/altarkreuz.html
- ↑ a b c d e Siegfried Schilling: In der Heilbronner Nikolaikirche: Ein Läpple-Bronzeleuchter über dem Marx-Kruzifix. In: Heilbronner Stimme. Nr. 113, 18. Mai 1983 (bei stimme.de [abgerufen am 22. November 2011]).
- ↑ http://www.nikolaigemeinde-heilbronn.de/nikolaikircheimbild%20unterseiten/radleuchter.html
- ↑ http://www.nikolaigemeinde-heilbronn.de/nikolaikircheimbild%20unterseiten/kerzenbaum.html
- ↑ a b Täglich kräht sein Hahn vom Rathaus. In: Heilbronner Stimme vom 2. April 2002
- ↑ Nähere Informationen zur Orgel der Nikolaikirche auf der Website der Gemeinde
Koordinaten: 49° 8′ 41,7″ N, 9° 13′ 16″ O