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Johann Heinrich Pestalozzi

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Johann Heinrich Pestalozzi (* 12. Januar 1746 in Zürich; † 17. Februar 1827 in Brugg) war ein Schweizer Pädagoge.

Pestalozzi ist allgemein bekannt als Erzieher und Schulreformer, war aber auch Philosoph und Politiker.

Denkmal von Heinrich Pestalozzi in Zürich

Sein literarischer Nachlass umfasst in der Kritischen Ausgabe 45 Bände. Pestalozzi nahm die Ideen Rousseaus auf, entwickelte sie weiter, distanzierte sich aber auch teilweise von ihnen. Trotz seines leidenschaftlichen theoretischen Interesses am Menschen, an Gesellschaft und Staat wollte er primär praktisch tätig sein. So brach er sein Studium in Zürich (zunächst Theologie, dann Jurisprudenz) vorzeitig ab und begab sich in eine landwirtschaftliche Lehre (1767/68) bei Joh. Rudolf Tschiffeli in Kirchberg (Kanton Bern). Ab 1769 versuchte er sich im aargauischen Birr als landwirtschaftlicher Unternehmer. Durch die Einführung neuer Gewächse und neuer Düngemethoden wollte er der teilweise verarmten Bauernschaft ein Beispiel geben, wie sie ihre Situation verbessern könnten. Dieses Unternehmen scheiterte jedoch.

Im September 1769 heiratete Pestalozzi in Gebenstorf Anna Schulthess, gegen den Willen ihrer Eltern. 1771 nahmen sie an die 40 Kinder auf ihr Landgut (Armenanstalt auf dem Neuhof) und verbanden industrielle Tätigkeit (Spinnen, Weben) mit Schulunterricht und sittlicher Erziehung. Aus wirtschaftlichen Gründen mussten sie die Anstalt um 1780 schließen.

In den folgenden knapp 20 Jahren widmete sich Pestalozzi vorwiegend der Schriftstellerei. Er wurde durch seinen Roman Lienhard und Gertrud (4 Bände 1781 - 1787) weltweit berühmt. Weitere Werke aus dieser Zeit: Die Abendstunde eines Einsiedlers (1780), Christoph und Else (1782), Gesetzgebung und Kindermord (1783), Ja oder Nein? (1793), Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts (1797), Fabeln (1797).

Johann Pestalozzi mit seiner Frau Anna beim Unterricht in der Erziehungsanstalt Neuhof

1792 erklärte ihn die französische Nationalversammlung als einzigen Schweizer zum französischen Ehrenbürger. In den Wirren der helvetischen Revolution (Einmarsch der Franzosen 1798) stellte sich Pestalozzi der neuen helvetischen Regierung zur Verfügung, einerseits durch publizistische Tätigkeit, andererseits durch die Führung eines Waisen- und Armenhauses in Stans (1799), wo er grundlegende pädagogische Erfahrungen machen konnte. Im folgenden Jahr gründete er sein berühmtes Erziehungsinstitut in Burgdorf, wo er eine eigene Unterrichts- und Erziehungsmethode entwickelte und theoretisch begründete (Hauptwerk: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt).

1804 verlegte er sein Institut nach Yverdon-les-Bains (Kanton Waadt), wo er - gemeinsam mit einer Reihe bedeutender Mitarbeiter - seine Methode weiterentwickelte und in zahlreichen Schriften (beispielsweise An die Unschuld, den Ernst und den Edelmut meines Zeitalters und meines Vaterlandes 1815 und Schwanengesang 1825) publizierte. Im Wesentlichen forderte seine 'Idee der Elementarbildung' eine 'naturgemäße' Erziehung und Bildung, die die Kräfte und Anlagen des Kopfs (intellektuelle Kräfte), des Herzens (sittlich-religiöse Kräfte) und der Hand (handwerkliche Kräfte) in Harmonie entfaltet.

Interne Streitigkeiten in der Lehrerschaft um seine Nachfolge führten das Institut in Yverdon in den Ruin. 1825 musste Pestalozzi auch diese Anstalt schließen und zog sich zurück auf den Neuhof, wo er am 17. Februar 1827 81-jährig starb und am alten Schulhaus in Birr beerdigt wurde. Seinem Wunsche gemäss pflanzte man auf sein Grab einen weissen Rosenstrauch, doch anlässlich seines 100. Geburtstages (1846) erbaute ihm der Kanton Aargau an der Fassade des neuen Schulhauses ein Denkmal.

Auf seinem Grabstein stehen die Worte: "Hier ruht Heinrich Pestalozzi, geb. in Zürich am 12. Jänner 1746, gest. in Brugg am 17. Hornung. Retter der Armen in Neuhof, Prediger des Volkes in Lienhard und Gertrud, in Stans Vater der Waisen, zu Burgdorf und Münchenbuchsee Gründer der neuen Volksschule. In Ifferten Erzieher der Menschheit. Mensch, Christ, Bürger; alles für andere, nichts für sich. Segen seinem Namen!"

Zitat Anna Pestalozzi-Schulthess (1738-1815): "Und glaube nur, du hättest der Natur wenig zu danken, wenn sie dir nicht große, schwarze Augen gegeben, die die Güte Deines Herzens, die Grösse Deines Geistes, Deine ganze Zärtlichkeit bewiesen."

Namensgeber

Nach ihm sind zahlreiche Schulen benannt u.a.:

siehe auch: Pädagogik - Kindererziehung - Bildung - Anna Pestalozzi

Literatur

  • Pestalozzi, Johann Heinrich: Pestalozzi. Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Begründet von Artur Buchenau; Eduard Spranger; Hans Stettbacher. Berlin/ Zürich: Gruyter 1927-1996
  • Pestalozzi, Johann Heinrich: Pestalozzi. Sämtliche Briefe. Herausgegeben vom Pestalozzianum u. der Zentralbibliothek Zürich, bearbeitet von Emanuel Dejung; Hans Stettbacher. Zürich: Zeller 1946-1971
  • Pestalozzi, Johann Heinrich: Pestalozzi über seine Anstalt in Stans. Mit einer Interpretation und neuer Einleitung von Wolfgang Klafki. Weinheim/Basel: Beltz 1997 (7)
  • Klafki, Wolfgang: Pestalozzis „Stanser Brief“. Eine Interpretation. In: Pestalozzi, Johann Heinrich: Pestalozzi über seine Anstalt in Stans. Mit einer Interpretation und neuer Einleitung von Wolfgang Klafki. Weinheim/ Basel: Beltz 1997 (7), S. 39-71
  • Kraft, Volker: Pestalozzi oder Das Pädagogische Selbst. Bad Heilbrunn 1996
  • Wulfmeyer, Meike: Entfaltung der Menschlichkeit. Johann Heinrich Pestalozzis (1746-1827) Einflüsse auf den Sachunterricht. In: Kaiser, Astrid/ Pech, Detlef (Hg.): Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts. Basiswissen Sachunterricht Band 1. Baltmannsweiler: Schneider 2004, S. 65-68
  • Kuhlemann, Gerhard/Brühlmeier, Arthur: Johann Heinrich Pestalozzi, Band 2 in der Reihe "Basiswissen Pädagogik, Historische Pädagogik", herausgegeben von Christina Lost/Christian Ritzi. Schneider Verlag Hohengehren GmbH 2002, ISBN 3-89676-536-1