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Umkehrplastik

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Unter einer Umkehrplastik versteht man eine Alternative zur Vollamputation, bei der ein Körperteil eine Aufgabe übernimmt, für die es eigentlich nicht vorgesehen ist. Erstmals erdacht wurde diese OP-Technik zu Anfang des letzten Jahrhunderts durch den Arzt Borggreve als Behandlungsoption nach Unfall und deshalb nach ihm benannt:

Borggreve-Umkehrplastik

Als Alternative einer kompletten Amputation am Oberschenkel (wobei die aktive Steuerung und Stabilisierung durch das Kniegelenk verloren gehen würde) aufgrund einer Erkrankung im Knie oder Oberschenkel (zum Beispiel Osteosarkom), dient etwa die Borggreve-Umkehrplastik. Hier wird der Unterschenkel mit Fuß um 180° verdreht am Oberschenkel fixiert. Das Sprunggelenk wird auf Höhe des vorhandenen Kniegelenks gesetzt, so dass es die Aufgabe des erkrankten Knies übernimmt.

So wird eine, im Vergleich zur Vollamputation, erhöhte Mobilität und Stabilität gewährleistet, die etwa der einer Unterschenkelamputation entspricht. Vor allem das Gehirn muss dann auf die neue Steuerung der Gliedmaßen trainiert werden, denn bewegt man jetzt das Sprunggelenk des Fußes, bewegt sich nun (durch den Fuß gesteuert) die prothetische Versorgung (also der Ersatz für Unterschenkel und Fuß). So ist nach entsprechendem Training ein Leben mit recht wenigen Einschränkungen möglich. Nach einigen Jahren Lauftraining ist im Idealfall selbst für geschulte Therapeuten kaum noch ein Unterschied im Gangbild zu erkennen.

Außerdem treten im Vergleich zu einer normalen Amputation in der Regel keine Phantomschmerzen auf, da die Extremität nicht am Ende amputiert wird.

Eine Umkehrplastik kann jedoch meist nur bei einer Erkrankung durchgeführt werden, da eine aufwendige Planung und Voruntersuchungen nötig sind, die etwa bei einem Unfall zeitlich nicht möglich sind. Außerdem ist eine solch umfangreiche Operation (Dauer 6-10 Stunden) nur von wenigen Experten durchführbar und in medizinisch hochentwickelten Ländern möglich, da eine erhöhte Infektionsgefahr besteht.

Die Borggreve-Umkehrplastik wurde weltweit erst einige hundert Male durchgeführt. Lange Zeit nach ihrer Entwicklung wurde diese Methode gar nicht mehr angewandt bis Mitte der Achtziger Jahre. Dann wandten Prof. Becker, Volmarstein und Prof. Winkelmann, Düsseldorf diese OP für die Behandlung von Knochentumorpatienten wiederentdeckten und erfolgreich in ein paar Dutzend Fällen an.