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Arbeitnehmer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Begriff

eigene Berechnungen nach ameco (EU), VGR-Daten

Arbeitnehmer im umgangssprachlichen Sinn ist, wer in einem Arbeitsverhältnis steht und vom Arbeitgeber zugewiesene, weisungsgebundene Arbeit leistet. Arbeitnehmer ist also im rechtlichen Sinn des Begriffs, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags (Arbeitsvertrag) für einen anderen unselbständige Dienste zu erbringen verpflichtet ist.

Nach dem Europäischen System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 1995 (ESVG) sind Arbeitnehmer wie folgt definiert:

Arbeitnehmer sind Personen, die auf vertraglicher Basis für eine andere gebietsansässige institutionelle Einheit abhängig arbeiten und eine Vergütung erhalten, die als Arbeitnehmerentgelt erfasst wird.

Ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist gegeben, wenn zwischen beiden ein Vertrag besteht und demzufolge der Arbeitnehmer für die Produzierende Einheit (Arbeitgeber) gegen eine Vergütung arbeitet.

Näheres siehe unter ESVG 11.11.

Die Arbeitnehmer ergänzen sich mit den "Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen" zur Anzahl der "Erwerbstätigen". In der Abbildung ist der Anteil der Arbeitnehmer an den Erwerbstätigen insgesamt abgebildet.

Darstellung

Beide Definitionen helfen im Zweifel bei der Abgrenzung zwischen der Arbeitnehmereigenschaft und Selbstständigkeit nicht wesentlich weiter. Dies gilt insbesondere deshalb, weil gegenüber der "klassischen", historisch überlieferten Konstellation "Arbeitgeber/Arbeitnehmer" heute verschiedenste Misch- und Zwischenformen von Erwerbstätigkeit auftreten, die die Unterschiede zwischen abhängiger und selbständiger Beschäftigung verschwimmen lassen oder verwischen sollen.

Darüber hinaus kennt das deutsche Recht keine einheitliche Definition. So bestehen teilweise erhebliche Unterschiede des Begriffs des Arbeitnehmers

im arbeitsrechtlichen Sinn (vergleiche vor allem § 5 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG und § 14, § 23 Kündigungsschutzgesetz - KSchG,
im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn (§ 5 BetrVG) und
im sozialrechtlichen Sinn (§ 7 Sozialgesetzbuch IV).

So ist etwa der (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Sinn, gilt aber sozialversicherungsrechtlich regelmäßig als Arbeitnehmer (kann also, soweit Beiträge bezahlt werden etwa Anspruch auf Arbeitslosengeld haben).

Typisches Abgrenzungsmerkmal zwischen selbständiger Tätigkeit einerseits und (abhängiger) Beschäftigung als Arbeitnehmer andererseits ist die Eingliederung des Arbeitnehmers in eine fremde Arbeitsorganisation und seine Bindung an fremde Weisungen ("Direktionsrecht", vergleiche § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch - HGB). Dazu zählen also die Angestellten, die Arbeiter und Auszubildende, wobei Auszubildende aber bei der Ermittlung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer (§ 23 KSchG) nicht mitgezählt werden.

Keine Arbeitnehmer sind

  • Kinder und Jugendliche, die noch in die Schule gehen,
  • Arbeitslose,
  • Selbstständige
  • Beamte, Soldaten, Zivildienstleistende (kein privatrechtliches Dienstverhältnis)
  • Rentner und Pensionäre.

Obwohl sie keine Arbeitnehmer sind, werden arbeitnehmerähnliche Personen in manchen Fragen den Arbeitnehmern gleichgestellt. Als arbeitnehmerähnliche Personen gelten selbständig Tätige, die (in der Regel von einem Auftraggeber) wirtschaftlich abhängig und einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sind (vergleiche § 12a TVG). Für sie gelten die Regelungen des Tarifvertragsgesetzes (TVG) und für Streitigkeiten zwischen ihnen und ihren Arbeitgebern sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig (§ 5 ArbGG). Sie unterliegen in der Regel der Rentenversicherungspflicht.

In Deutschland und allen demokratischen Staaten haben Arbeitnehmer das eingeschränkte Recht, Beruf und Arbeitsplatz frei zu wählen (Berufsfreiheit, Art. 12 GG), Koalitionsfreiheit und eingeschränktes Streikrecht (Art. 9 Abs. 3 GG) und können sich zu Gewerkschaften zusammenschließen, die mit den Arbeitgebern in regelmäßigen Abständen über die Löhne und andere Arbeitsbedingungen verhandeln und Tarifverträge abschließen (Tarifautonomie). Eingeschränkt werden diese Rechte beispielsweise durch die Wehrpflicht (eingeschränkte Berufsfreiheit) und das Verbot von Generalstreiks.

Pflichten des Arbeitnehmers

Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist die versprochene Arbeit zu leisten. Dabei gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Geld. Nebenpflichten des Arbeitnehmers: Treuepflicht, Verschwiegenheitspflicht, pfleglicher Umgang mit den Materialien und Werkzeugen.

Kritik am Begriff

Der Begriff Arbeitnehmer ist zuweilen irreführend (Euphemismus). Denn diejenige Person, die als Arbeitnehmer bezeichnet wird ("abhängig Beschäftigter") nimmt nicht Arbeit, sondern gibt Arbeit oder Dienstleistungen und nimmt in aller Regel Geld dafür. Insofern wäre die Bezeichnung Arbeitgeber für einen abhängig Beschäftigten angemessener. Weiterhin suggeriert das sprachliche Verhältnis Arbeitgeber - Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber etwas (ohne adäquate Gegenleistung) geben würde, der Arbeitnehmer etwas (ohne adäquate Gegenleistung) nehmen würde. Der Begriff Arbeitgeber hat insofern einen gönnerhaften, der Begriff Arbeitnehmer einen ausnutzerischen Unterton. Beide Untertöne sind vom theoretischen Standpunkt her nicht gerechtfertigt. Jedoch spiegelt dieses sprachliche Verhältnis zwischen den Begriffen den Zustand wider, den der Arbeitsmarkt sehr oft hat, nämlich dass ein großes Angebot von Arbeitskräften auf eine erheblich kleinere Nachfrage nach Arbeitskräften trifft. Unter diesem Hintergrund wird es zuweilen auch als gönnerhaft empfunden, Nachfrage nach der eigenen Arbeit zu haben, also Arbeitnehmer sein zu dürfen.

In der VGR hießen die Arbeitnehmer denn auch bis zur Einführung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechungen 1995 (ESVG) im Jahre 1999 "abhängig Beschäftigte". In der Volkswirtschaftslehre sind die "Arbeitnehmer" Anbieter des Produktionsfaktors Arbeit, die "Arbeitgeber" sind die Nachfrager nach dem Produktionsfaktor Arbeit. "Arbeitnehmer" soll die Übersetzung des englischen Begriffs "employee" oder des französischen Begriffs "employée" sein als dass die Einführung des ESVG auch mit einer Anpassung deutscher Begriffe an internationalen Sprachgebrauch einherging.

Verwandte Themen: Grundbegriffe des Arbeitsrechts, Arbeitnehmerähnliche Person, Arbeitnehmersparzulage, Arbeitsverhältnis, Beschäftigungsverhältnis, Gewerkschaft, Arbeitsmarkt, Betriebsrat, Hartz-Konzept, Kernarbeitszeit, Tarifvertrag, Kapitalismus,Arbeitskraftunternehmer