Ibogain
Strukturformel | |||
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Allgemeines | |||
Name | Ibogain | ||
Andere Namen | 12-Methoxy-Ibogamin | ||
Summenformel | C20H26N2O | ||
CAS-Nummer | 83-74-9 | ||
Kurzbeschreibung | - | ||
Eigenschaften | |||
Molmasse | 310,44 g/mol | ||
Aggregatzustand | fest | ||
Dichte | - kg/m³ | ||
Schmelzpunkt | ca. 150 °C | ||
Siedepunkt | - °C | ||
Dampfdruck | - Pa (x °C) | ||
Löslichkeit | löslich in unpolaren Lösungsmitteln | ||
Sicherheitshinweise | |||
Gefahrensymbole | |||
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R- und S-Sätze |
R: | ||
MAK | - | ||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Ibogain ist ein Indol-Alkaloid mit im weiteren Sinne halluzinogener Wirkung. Es kommt natürlich in verschiedenen Hundsgiftgewächsen vor; darunter vor allem Tabernanthe iboga.
Geschichte
Ibogain wurde erstmals 1901 von sowohl von Dybowski und Landrin als auch von Haller und Heckel aus der Wurzelrinde der Tabernanthe Iboga extrahiert. Im selben Jahr beobachteten französische Pharmakologen eine ungewöhnliche Art der Erregung bei Tieren. Phisalix vermutete eine halluzinogene Wirkung aufgrund des veränderten Verhaltens von Hunden. Nach weiteren klinischen Tests wurde das Alkaloid zur Unterstützung der Rekonvaleszenz und bei Neurasthenie empfohlen, wurde dann aber kaum eingesetzt. In den 1940er Jahren veröffentlichte Raymond-Hamet mit Kollegen Untersuchungen zur pharmakologischen Wirkung auf isoliertes Zellgewebe und das kardiovaskuläre System.
In Frankreich wurde in den 1930ern ein Stimulans namens Lambarene verkauft. Eine Tablette enthielt 8 mg Ibogain, welches aus Tabernanthe manii, einer Verwandten der Tabernanthe Iboga, extrahiert wurde. Ein weiterer Ibogainextrakt, Iperton, wurde als Tonikum verkauft.
Eine erste Synthese erfolgte 1966 durch Buechi et al. Inzwischen sind etwa 15 weitere Methoden der Synthese bekannt. Alle Synthesemethoden sind aufwändig und beinhalten die Trennung von Stereoisomeren. Daher wird heutzutage praktisch nur aus Pflanzen extrahiertes Ibogain in der Form von Ibogain-Hydrochlorid verwendet.
Obwohl Iboga und Ibogain bereits seit 1967 in den USA verboten sind (Schedule I), wurden nur einmal im Jahre 1983 etwa 3 Gramm Ibogain-Hydrochlorid polizeilich beschlagnahmt.
Wirkung
Ibogain wirkt in geringen Dosen stimulierend. Höhere Dosierungen (ab 5-10 mg/kg Körpergewicht) lösen Visionen aus, d.h. bei geschlossenen Augen werden in einer Art traumähnlichem Erleben schnelle Abfolgen von Bildern und Filmen gesehen, oft mit intensivem emotionalem und auch religiös-mystischem Empfinden. Halluzinationen bei geöffneten Augen treten hingegen kaum auf. Daher ist die Wirkung nicht mit der von bekannteren Psychedelika wie LSD vergleichbar. Es wurde vorgeschlagen statt halluzinogen das Wort onerisch, d.h. Traum-erzeugend, zu verwenden.
Die Wirkung hält zwischen acht und zwölf Stunden an wobei die akut visionäre Phase nur vier bis acht Stunden dauert. Rund ein Fünftel der Konsumenten berichtet von subjektiven Nachwirkungen noch 24 Stunden nach der Einnahme, 15 Prozent sogar noch nach 36 Stunden.
Noch höhere Dosierungen führen zu Krämpfen, Lähmungserscheinungen und können im Tod durch Atemstillstand enden.
Ibogain greift in Neurotransmittersysteme des periphären und zentralen Nervensystems ein und ist ein MAO-Hemmer [1]. Es vermindert den Blutdruck, den Appetit und die Verdauungstätigkeit und ist daher möglicherweise auch ein Cholinesterasehemmer.
Verwendung
Drogenentzug
In den 1960er Jahren entdeckte Howard Lotsof die suchtunterbrechende Wirkung von Ibogain und erhielt in den 1980er und 90er Jahren mehrere US-Patente für die Therapie mit Ibogain.
Seit Mitte der 1980er Jahre bieten Selbsthilfeorganisationen und Privatleute, aber auch Ärzte, den Entzug mit Ibogain an, sowohl in klinischer wie auch in informeller Umgebung. Während Ibogain in den meisten Ländern zwar nicht als Medikament zugelassen, aber auch nicht illegal ist, hat sich in den USA aufgrund des dortigen Verbots eine Untergrundbewegung gebildet.
Der genaue Wirkungsmechanismus, nach dem das Alkaloid Abhängigkeiten durchbrechen soll, ist nicht bekannt. Probanden, denen Ibogain verabreicht wurde, beschrieben wiederholt, dass sie während des Rausches Situationen wiedererlebt hatten, die ihrer Meinung nach für ihre Abhängigkeit ausschlaggebend waren. Andere berichteten von Visionen, die ihnen halfen, die ihrer Sucht zugrundeliegenden Ängste zu erkennen und zu überwinden. Außerdem soll Ibogain einen relativ schnellen und schmerzfreien Entzug von Opiaten ermöglichen. Neuere Untersuchungen deuten auf eine Erhöhung des Nervenwachstumfaktors GDNF (Glial Cell Line-Derived Neurotrophic Factor) im Gehirn hin. Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, dass an Alkohol gewöhnte Ratten bei erhöhtem GDNF-Pegel im Gehirn weniger Ethanol konsumierten und auch nach einer zweiwöchigen Abstinenzphase eine geringere Rückfallquote aufwiesen als eine unbehandelte Kontrollgruppe.[2] Des weiteren scheint der in der Leber metabolisierte Abbaustoff des Ibogains, Noribogain (12-hydroxyibogamine), eine wichtige Rolle zu spielen. Er wird nur sehr langsam ausgeschieden und könnte von daher das bei Patienten beobachtete längerfristige Aussetzen des Verlangens nach Drogen erklären. [3]
Dennoch ist die medizinische Verwendung von Ibogain weiterhin im Bezug auf Wirksamkeit und Gefährlichkeit sehr umstritten und wird zum Teil kontrovers diskutiert.
Derzeit leitet Dr. Deborah Mash ein diesbezügliches Forschungsprojekt an der University of Miami School of Medicine.
Inzwischen gilt auch ein synthetisch erzeugter Verwandter des Ibogainmoleküls, 18-Methoxycoronaridine, kurz 18-MC, als möglicher Kandidat zur Bekämpfung von Drogensucht. Aufgrund von Tierversuchen wird vermutet, daß 18-MC weniger Risiken und Nebenwirkungen als das Ibogain mit sich bringt.[4]