Backtesting
Backtesting bzw. Rückvergleich bezeichnet den Prozess eine Strategie, Theorie oder ein Modell zu evaluieren, indem die Strategie bzw. die Theorie bzw. das Modell auf historische Daten angewendet wird. Typische Anwendungen für Backtesting sind zum Beispiel die Untersuchung der Fragen:
- Welche Ergebnisse hätte eine Handels-Strategie in der Vergangenheit auf einem Aktienmarkt gebracht?
- Wie gut passten die Vorhersagen eines Klimamodells mit dem tatsächlich eingetretenem Wetter zusammen?
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Backtesting und anderen historischen Tests ist, dass beim Backtesting berechnet wird, wie sich eine Strategie verhalten hätte, wenn sie tatsächlich ausgeführt worden wäre. Daher ist es für ein korrektes Backtesting-Ergebnis nötig die relevanten historischen Bedingungen richtig zu replizieren. Backtesting ist ein üblicher und methodisch anerkannter Ansatz für wissenschaftliche Forschungen. Jedoch ist eine hohe bzw. erfolgreiche Korrelation zwischen einer überprüften Strategie und historischen Ergebnissen kein Beweis für die Richtigkeit einer Theorie. Dies liegt daran, dass man aus vergangenen Ereignissen nicht unbedingt auf zukünftige Ereignisse schließen kann. Unter der Annahme jedoch, dass zukünftige Ereignisse eine große Ähnlichkeit zu vergangenen Ereignisse besitzen, ist Backtesting ein hilfreiches Werkzeug für Analysen und Prognosen. Backtesting wird vor allem in den Sozial- und Naturwissenschaften eingesetzt. Dies liegt daran, dass Prozesse in diesem Bereich messbare Daten liefern, einen relativ langen Zeitraum laufen und die Daten meist für statistische Analysen geeignet sind.
Backtesting in der Finanzwirtschaft und Ökonomie
Backtesting bei Handelsstrategien
Neue Anlage- und Handelsstrategien auf Kapital- oder Aktienmärkten werden getestet, indem man beobachtet, welche Ergebnisse sie in der Vergangenheit geliefert hätten, wenn sie tatsächlich angewendet worden wären. Bei dieser Art des Backtestings wird versucht aus den „Fehlern der Vergangenheit“ zu lernen, ohne Geld zu verlieren. Da reale Daten als Grundlage dienen, erhofft man sich die Schwächen einer Strategie besser zu erkennen, als bei der Verwendung von synthetischen Daten. Louis B. Mendelsohn verwendete Backtesting 1983 als Ester in einer Handels-Software für den PC. [1]
Backtesting als Qualitätssicherung im Risikomanagement
Backtesting wird im Risikomanagement von Banken eingesetzt, um die Qualität des Risikomaßes Value at Risk zu überprüfen.[2] Dabei wird verglichen, wie oft die prognostizierte Verlustgrenze überschritten wird. Bei zu vielen so genannten Ausreißern muss das Value at Risk Modell modifiziert werden. [3][4]
Auch bei Ratingmodellen müssen Banken regelmäßige Evaluierungen durchführen. Dabei spielt das Backtesting der Ausfallwahrscheinlichkeiten eine große Rolle. Es wird kontrolliert, inwieweit die vorhergesagte Anzahl von Ausfällen mit der tatsächlich eingetretenen Anzahl von Ausfällen übereinstimmt. [5] In der Praxis wird für das Backtesting oft der Binomialtest verwendet.
Backtesting bei Klimamodellen
Backtesting spielt eine große Rolle bei der Evaluierung von Wettermodellen und Klimamodellen. Es wird getestet, ob neue Modelle mit historischen Eingabedaten auch das historische Wetter bzw. Klima reproduzieren können.
Einzelnachweise
- ↑ Stocks, Futures and Options Magazine, August 2010
- ↑ Philippe Jorion: Value at Risk, the new benchmark for managing financial risk, McGraw-Hill 2007, ISBN-10: 0-07-146495-6, Seite 139 ff
- ↑ Aufsichtliches Rahmenkonzept für Backtesting (Rückvergleiche) bei der Berechnung des Eigenkapitalbedarfs zur Unterlegung des Marktrisikos mit bankeigenen Modellen, Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Januar 1996
- ↑ ÖNB Leitfaden zum Marktrisiko Band 3, Begutachtung eines Value at Risk Modells, Seite 27, http://www.oenb.at/de/img/band3dv40_tcm14-11164.pdf
- ↑ ÖNB Leitfadenreihe zum Kreditrisiko: Ratingmodelle und –validierung, April 2004, http://www.oenb.at/de/img/leitfadenreihe_ratingmodelle_tcm14-11172.pdf