Amoklauf an der Columbine High School
Das Amoklauf an der Columbine High School bezeichnet die Tat zweier Schüler an ihrer High School in Columbine, einer kleinen Ortschaft von Jefferson County, nahe Denver im US-Staat Colorado. Eric Harris und sein Freund Dylan Klebold stürmten am 20. April 1999 ihre Schule und richteten dort zwölf Mitschüler im Alter von 14-18 Jahren, einen Lehrer und schließlich - in aussichtsloser Lage - sich selbst hin. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die beiden Schüler durch die Umzingelung der Schule an Plänen gehindert wurden, die Schießerei auf die Stadt Littleton auszuweiten.
Die kleine US-Stadt Littleton wurde durch die Tat der beiden Schüler weltweit bekannt, da die Schule außerhalb der Stadtgrenze noch den Postleitzahlenbereich von Littleton benutzt. Der Stadt selbst gehört die Schule jedoch nicht an.
Die Täter
Eric David Harris († 18) und Dylan Bennett Klebold († 17) gehörten nicht zu der Gruppe von Außenseitern, die an der Columbine High School als Trenchcoat-Mafia bekannt war, sie waren lediglich mit einigen von ihren Mitgliedern befreundet. Ihre Mitglieder waren meist schwarz gekleidet, hörten Gothic und unterhielten sich teilweise in deutscher Sprache. Letzteres resultierte aus dem Fanatismus für Adolf Hitler, dessen Gewalttaten - geprägt von rassistischen Ideologien - sie bewunderten.
Gewalt spielte bei Harris und Klebold ständig eine Rolle. Erfüllt vom Hass gegen die Gesellschaft planten sie das Littleton-Massaker schon Monate zuvor. Der 20. April - der Tag des Schul-Massakers - war kein Zufall. Es war Hitlers 110. Geburtstag.
Der Doppel-Selbstmord war von Harris und Klebold keine Kurzschlussreaktion; ihren Tod kündigten sie beide vorher an. Harris soll zuvor im AOL-Chat von seinem "letzten Tag" gesprochen haben. In seinem Abschiedsbrief wandte er sich letztmals an die Gesellschaft: "Eure Kinder haben über mich gelacht, mich nicht akzeptiert!".
Die Opfer
Es gibt bis heute keine Anhaltspunkte dafür, dass Harris und Klebold sich ganz gezielt Opfer ausgesucht haben, um eventuell alte Rechnungen zu begleichen. Gleichwohl ist jedoch bekannt, dass sich ihr Hass gegen "Nigger, Juden, Latinos, Schwule und verfickte Weiße" - also eigentlich gegen die ganze Menschheit - richtete.
Todesopfer
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Und der Lehrer Dave Sanders († 47)
Verletzte
Neben den Todesopfern gab es viele Schwerverletzte; einzelne Schicksale wurden von den US-amerikanischen Medien über Monate hinweg begleitet. Wie das von Anne-Marie Hochhalter (damals 17), die seit der Untat ihrer beiden Mitschüler im Rollstuhl sitzt oder des damals 17-jährigen Patrick Ireland, der zweimal in den Kopf getroffen wurde und nur knapp dem Tod entging. Sein Foto ging um die Welt, als er sich durch das Fenster der Bibliothek in die Arme der Feuerwehrleute rettete.
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Tatverlauf
Vorbereitung
Bis zum 26. April 2002 - dem Amoklauf von Erfurt - war das Amoklauf an der Columbine High School beispiellos. Dem bis ins Detail geplanten Massenmord gingen dabei Pannen voraus, die die beiden Schüler dazu zwangen, ihren ursprünglichen Plan zu ändern. Dieser sah die Detonation selbstgebastelter Bomben vor, die sie zuvor in der Cafeteria der Schule versteckt hatten und ihnen die flüchtenden Mitschüler vor die Gewehrläufe treiben sollten. Weitere Sprengsätze sollten in der näheren Umgebung der Schule detonieren, um eintreffende Polizisten erst einmal vom Zentrum des Geschehens abzulenken. Auch in der Stadt war eine Bombe platziert, welche jedoch nicht explodierte. All dies war nur noch ein Zugeständnis von den früheren Phantasievorstellungen, die aus Harris' Tagebuch hervorgehen - an das wirklich Machbare. Demnach sollten an der Columbine High mindestens 250 Menschen sterben, das Morden außerhalb der Schule fortgesetzt werden und schließlich in der Erpressung einer Passagiermaschine - die über New York City zum Absturz gebracht werden sollte - enden. Auf Grund der fünf Videobänder, die die beiden vor der Tat drehten und von der Polizei beschlagnahmt wurden, kann man aber heute davon ausgehen, dass sie am 20. April 1999 die Schule mit dem Entschluss betraten, darin zu sterben. Auch ihre relativ weit vom Westeingang der Schule geparkten Wagen (insbesondere der von Harris) lassen vermuten, dass eine Flucht gar nicht erst vorgesehen war. Ohnehin war für sie der 110. Geburtstag von Adolf Hitler, dem sie für seine Grausamkeiten huldigten, der Tag X.
Schulhof

Als auch der Plan mit den Bomben scheiterte, verließen die beiden Jugendlichen gegen 11:15 Uhr (Ortszeit) ihre Wagen und nahmen, in schwarze Trenchcoats gekleidet und schwer bewaffnet, Kurs auf das Schulgebäude. Die ersten Schüsse fielen um 11:19 Uhr am oberen Ende der Schultreppe vor dem Westeingang der Schule. Rachel Scott († 17) wurde als erste getroffen, starb aber erst nach einem gezielten Kopfschuss, dem eine religiöse Bekenntnisfrage vorausgegangen sein soll (siehe auch -> Mythos Märtyrertod). Richard Castaldo wurde mit fünf Schüssen in Bauch, Rücken und Arme schwerst verletzt und verbrachte die kommenden vier Monate im Krankenhaus. Danach schossen sie vom oberen Ende der Schultreppe wahllos auf Mitschüler, die aus nächster Nähe mehrere Schussverletzungen am ganzen Körper erlitten. Lance Kirklin (17) wurde dabei das Gesicht zerschmettert und konnte später erst in einer 15-stündigen Notoperation gerettet werden, Sean Graves (15) wurde viermal getroffen und ist heute von der Taille abwärts gelähmt.
Daniel Rohrbough überlebte dagegen nicht; er ging als tragischer Held aus dem Littleton-Massaker hervor. Nachdem er Mitschülern durch Aufhalten einer Tür die Flucht ermöglichte, wurde er wenige Meter vor der Sicherheit von Harris tödlich getroffen. Das Bild, das den toten Rohrbough am Fuß der Treppe in einer Blutlache zeigt, schockierte später Millionen Menschen an den Fernsehbildschirmen.
Klebold und Harris zielten auf vier weitere Schüler, von denen Anne-Marie Hochhalter (17) schwer getroffen wurde. Im Krankenhaus rang sie tagelang mit dem Tod und wird fortan auf den Rollstuhl angewiesen sein. Ihre Mutter konnte später das Leid der Tochter nicht mehr ertragen und nahm sich das Leben.
Patricia Nielson (35), eine Lehrerin der Schule, stürmte darauf in die Bibliothek, um die Polizei zu verständigen, als draußen bereits die ersten Schüsse durch die Schulflure peitschten. Ihr Kollege William Sanders (47) ermahnte dort derweil energisch die Schüler zur Flucht, ehe er selbst angeschossen wurde. Zwar bargen ihn einige Schüler und brachten ihn in einem Klassenzimmer in Sicherheit. Dort starb er allerdings aufgrund seines hohen Blutverlustes etwa drei Stunden später, kurz bevor Rettungsmannschaften sich um ihn hätten kümmern können.
Bibliothek
Die meisten Todesopfer gab es schließlich in der Bibliothek, in der die beiden Schüler nach und nach gezielt die einzelnen Tische unter Beschuss nahmen. Die rund 50 Schüler, die sich ängstlich unter den Tischen versteckten, wurden von den beiden Schützen verspottet. Ob und - wenn ja - welche Konversationen zwischen den beiden Todesschützen und den Opfern stattfanden, konnte nie eindeutig geklärt werden. So soll Harris eines der anwesenden Mädchen gefragt haben, ob sie heute sterben wolle, und nur deshalb verschont worden sein, weil Klebold ihn genau in diesem Moment zu einem anderen Tisch gerufen haben soll. In diesem Moment zog Klebold offenbar Isaiah Shoels († 18) unter einem Tisch hervor; das einzige Opfer, das auf Grund seiner Hautfarbe ganz gezielt mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde. "So sieht also ein Nigger-Hirn aus" feixten sie anschließend und töteten unter dem gleichen Tisch auch Matthew Kechter († 16). Craig Scott ließ sich daraufhin blitzartig in das Blut seiner beiden Freunde fallen und täuschte damit die beiden Schützen. Später sollte er erfahren, dass seine Schwester Rachel zu diesem Zeitpunkt bereits tot war.
Eric Harris und Dylan Klebold zogen weiter von Tisch zu Tisch und schossen wahllos auf ihre Mitschüler. Lediglich einem Klassenkameraden gestattete Klebold das Verlassen der Bibliothek. Unter einem Tisch nahe des Eingangs der Bibliothek feuerten sie mehrmals. Unter ihm suchten fünf Mädchen Schutz, die aber alle mehrmals getroffen wurden. Lauren Townsend († 18) und Kelly Fleming († 16) überlebten es nicht, Lisa Kreutz (18) wäre fast verblutet, weil sie neben Patrick Ireland (17) zu den beiden Schülern gehörte, die sich nach dem Ende der Schießerei nicht mehr selbst aus der Bibliothek retten konnte und so noch vier Stunden auf ihre Bergung wartete.
Schließlich verließen Harris und Klebold die Bibliothek in Richtung Cafeteria, richteten auf den Fluren aber keine Schäden mehr an. In der Cafeteria wollten sie ihre Bomben durch Schüsse doch noch zur Detonation bringen. Das Vorhaben blieb aber erfoglos. Ihr Plan die Schule in die Luft zu sprengen und das Massaker auf offener Straße fortzusetzen war gescheitert. Mit der Erkenntnis, dass die Polizei demnächst das Schulgebäude stürmen würde, zogen sich Eric Harris und Dylan Klebold schließlich wieder in die Bibliothek zurück. Sie schossen noch vereinzelt aus dem Fenster, nahmen sich dann aber gegen 12:05 Uhr - 45 Minuten nach den ersten Schüssen - das Leben.
Die vielen - größtenteils verletzten - Schüler flüchteten bereits zuvor aus der Bibliothek. Dass sich neben den zehn Toten auch noch die beiden Schwerverletzten Patrick Ireland und Lisa Kreutz unter den Tischen befanden, bemerkten die Amokläufer nach ihrer Rückkehr aus der Cafeteria offenbar nicht. Ireland rettete sich nach mehr als zwei Stunden selbst aus dem Fenster in die Arme der Rettungskräfte. Erst dadurch erfuhren Rettungsmannschaften vom Tod der Attentäter und bargen die beinahe verblutete Lisa Kreutz.
Folgen der Tat
Ursachenforschung
Auch wenn das Amoklauf an der Columbine High School in puncto Grausamkeit vollkommen neue Dimensionen erreichte, waren Vorfälle dieser Art in den Vereinigten Staaten nicht ganz neu. Fälle, in denen Kinder oder Jugendliche an der Schule Mitschüler töteten, ereigneten sich in den Monaten zuvor bereits in Springfield (US-Staat Oregon), Pomona (Kalifornien), Jonesboro (Arkansas), West Paducah (Kentucky) und Pearl (Mississippi). In den Blickpunkt gerieten auch nach dem Vorfall in Columbine gewaltverherrlichende Spiele wie die so genannten "Ego-Shooter" und Filme wie Natural Born Killers, die bei Jugendlichen die Hemmschwelle zur Gewalt deutlich herabsinken lassen sollen.
Auch das vielen als zu liberal geltende US-Waffengesetz kam in den Wochen und Monaten nach dem Massaker auf den Prüfstand. Michael Moore kam in seinem Dokumentarfilm Bowling For Columbine zu dem Ergebnis, dass es in den Vereinigten Staaten jährlich 11.000 Todesopfer durch Schußwaffen gibt und vergleicht die Zahl mit Kanada - einem nicht weniger waffenvernarrten Land, in dem es pro Jahr nur 165 Todesopfer durch Schusswaffen gibt. US-Schauspieler Charlton Heston, der der Nationalen Gewehrvereinigung vorsitzt, verteidigte dagegen den Waffenbesitz als uramerikanisches Grundrecht zur Verteidigung.
Da die These, dass Jugendliche auf Grund von Gewaltdarstellungen in Medien und Computerspielen zu solchen Ausbrüchen verleitet werden, umstritten ist und auch noch nicht die Frage beantwortet, warum diese Gewalt ausgerechnet gegen die Mitschüler angewandt wurde, konzentrierte sich die Öffentlichkeit alsbald auf das soziale Umfeld von Harris und Klebold. Bekannt ist, dass die beiden Attentäter auf Grund ihres Auftretens von der Gesellschaft abgelehnt und von Mitschülern gehänselt wurden. So sollen sie beispielsweise permanent den Angriffen von erfolgreichen Sportlern der Columbine High ausgesetzt gewesen sein. Auch innerhalb der Trenchcoat-Mafia waren sie offenbar nicht wirklich integriert. Auf den hinterlassenen Videobändern bekräftigen die beiden Jugendlichen, dass sie keine Freude am Leben hatten und von ihrem Entschluss fest überzeugt sind.
Fest steht nur, dass Harris und Klebold die Tat etwa ein ganzes Jahr lang bis ins Detail geplant hatten und sie im Internet auch ankündigten. Wie entschlossen sie in diesen Monaten waren, den Plan in die Tat umzusetzen, wird nicht mehr zu klären sein. Aber zumindest von Harris weiß man, dass er fünf Tage vor dem Massaker von der US-Kriegsmarine, bei der er sich um eine Ausbildung für die Marine Corps-Sondereinheit beworben hatte, abgelehnt wurde. Persönliche Misserfolge wie diese könnten ihn in diesen letzten Monaten wohl aber nur noch in seinem Vorhaben gestärkt haben.
Siehe auch: Gewalt in Computerspielen
Suche nach Schuldigen
Mit der Ursachenforschung ging auch die Suche nach den Verantwortlichen einher. Nicht zuletzt wegen der konkreten Anschuldigungen betroffener Eltern der Columbine-Opfer, sich nicht ausreichend um ihr Kind gekümmert und Warnsignale übersehen zu haben, gerieten so recht schnell die Eltern der beiden Attentäter unter Beschuss. Michael und Vonna Shoels, die nach dem Tod ihres Sohnes Littleton verließen, verklagten die Eltern von Eric Harris und Dylan Klebold auf Schmerzensgeld in Höhe von 250 Mio US-Dollar. Auch die Columbine High School und das Polizeipräsidium von Jefferson County (Landkreis Jefferson) wurden von betroffenen Eltern verklagt.
Konsequenzen
Die Suche nach Antworten auf das "Warum?" endete ohne zufriedenstellende Ergebnisse. Auch Untersuchungen des CIA und des Bildungsministeriums brachten keine neuen Erkenntnisse darüber, warum es bei einigen Schülern urplötzlich zu solchen Gewaltausbrüchen kommt. Und so konzentrierte man sich nach dem CHS-Massaker an den US-Schulen vorwiegend auf Präventivmassnahmen wie das Installieren von Sicherheitskameras und Metalldetektoren sowie der Präsenz von mehr Sicherheitsfachkräften. Bisweilen wirken die Vorkehrungen aber auch "hilflos". So ist es an der Columbine High School beispielsweise heute nicht mehr erlaubt, mit Trenchcoats zum Unterricht zu erscheinen.
We are Columbine
Nach dem Massaker zogen die Schüler der Columbine High für den Rest des Schuljahres ins nahegelegene Chatfield um. In den folgenden Wochen entstanden Diskussionsrunden zwischen mittelbar und unmittelbar Betroffenen, in denen gemeinsam das Erlebte verarbeitet werden sollte. Viele erklärten sich mit den Opfern solidarisch und so entstand "We are ... Columbine" ("We are" = "Wir sind"). Jedoch nicht jeder hatte Verständnis dafür, dass in den folgenden Monaten auch vollkommen Unbeteiligte diese Phrase auf T-Shirts, Stickern oder als Aufkleber an Autos benutzten.
Unterdessen verschwanden an der Columbine High School die Holzbretter an den Fenstern der Schulbibliothek, die über Wochen sehr eindringlich an die Schüsse erinnerten. In der Schule wurden Einschusslöcher vergipst und neu angestrichen; der Signalton des Feueralarms, der am 20. April stundenlang schellte, wurde ebenfalls geändert, um den Schülern ein grauenhaftes Déjà-vu zu ersparen. Vor der Bibliothek wurde eine neue Wand für Schließfächer aufgebaut, die den Zugang zu dem Ort, an dem zwölf Mitschüler starben, blockieren sollte. Sie wurde nie wieder geöffnet.
Am 16. August 1999 kehrten die Schüler der Columbine High an ihre Schule zurück. Der Wiedereröffnung ging eine Veranstaltung mit dem Motto "Null Toleranz für Intoleranz" voraus, an der rund 2.000 Menschen teilnahmen. „Wir sind zurück, Columbine“ rief Schuldirektor Frank DeAngelis in die Menschenmenge, wohlwissend, dass viele von ihnen nur sehr ängstlich die Schulräume betreten würden. „Ihr werdet Euch vielleicht ein wenig ängstlich fühlen, wenn Ihr Eure Klassenräume betretet, aber Ihr sollt wissen, dass Ihr nicht alleine seid. Es sind Menschen da, die Euch unterstützen.“ 400 Eltern klatschten ermunternden Beifall.
Unter den Anwesenden waren nicht nur Ärzte für die psycholgische Betreuung, sondern auch Ersatzlehrer für den Fall, dass einzelne reguläre Lehrer der Schule den Unterricht nicht durchstehen sollten.
Columbine-Legenden
Mythos Märtyrertod
Der Märtyrertod von Rachel Scott ist umstritten und lässt sich mangels Zeugen nicht mehr klären; der von Cassie Bernall ist dagegen widerlegt. Angeblich fragte Harris bei den Schüssen in der Bibliothek in den Raum, ob jemand an Gott glaube. Bernall hätte das laut bejaht und gesagt, dass Gott auch ihn liebe, worauf ihr Harris mit den Worten "Es gibt keinen Gott" in den Kopf geschossen habe. Andere Mitschüler wussten zu berichten, dass Harris ihr die Waffe an die Schläfe hielt und die Glaubensfrage gezielt an sie richtete. Als sie das bejaht hätte, hätte Harris abgedrückt. Patricia Nielson, die Lehrerin, die die Polizei verständigte, hatte kurz vor dem Eintreffen der beiden Amokläufer den Hörer nur fallen lassen und somit die Verbindung zur Polizei-Zentrale weiter aufrecht erhalten. Die Tonbandmitschnitte bestätigten eine solche Konversation zwischen Harris und Bernall nicht. Vielmehr stellte sich heraus, dass eines der überlebenden Opfer, Valeen Schnurr, laut "Oh mein Gott, oh mein Gott" gerufen hat, als sie durch Schüsse verletzt wurde und neben ihr die beiden Mitschülerinnen Lauren Townsend († 18) und Kelly Fleming († 16) tödlich verletzt zusammensackten. Beim Nachladen des Gewehrs schaute einer der beiden Schützen sie ungläubig an und fragte, ob sie etwa an Gott glaube, was sie zögernd bejahte. Ob und wie die beiden Todesschützen darauf reagierten, ist nicht bekannt. Die Schülerin wurde aber nicht mehr angegriffen.
Dass es zwischen Bernall und Harris keinerlei Gespräche gegeben hat, wurde auch von ihrer Mitschülerin Emily Wyant bezeugt, die sich zum Zeitpunkt der Tat unter einem benachbarten Tisch versteckte und als einzige Blickkontakt zu Cassie Bernall hatte. Laut ihrer Aussage hätten sich beide kurz angeschaut und kurz darauf hätte sie ihre letzten Worte wahrgenommen: "Lieber Gott. Lieber Gott. Warum passiert das? Ich will nur nach Hause." Daraufhin habe Eric Harris unter ihren Tisch geblickt und "Paekaboo!" (ein englischer Ausdruck, mit dem man kleine Kinder erschreckt; ähnlichem dem deutschen "Buh!") gerufen und sie ohne weitere Worte niedergeschossen. Craig Scott, Bruder der getöteten Rachel, blieb dagegen bei seiner Aussage, dass er klar und deutlich die Stimme von Cassie Bernall gehört habe und wurde daher von der Polizei gebeten, auf den Tisch zu zeigen, wo er glaubte jenes Gespräch gehört zu haben. Dabei zeigte er auf den Tisch, unter dem Valeen Schnurr hockte. Cassie Bernall starb unter einem Tisch in genau entgegengesetzter Richtung hinter ihm.
Unbeeindruckt von den Aussagen von Emily Wyant veröffentliche die Mutter von Cassie, Misty Bernall, ein Buch über den angeblichen Märtyrertod ihrer Tochter, der es auf die Bestseller-Liste schaffte: She Said Yes (Sie sagte Ja). Auch Beth Nimmo und Darrell Scott, Eltern von Rachel Scott, glaubten fest an den Märtyrertod ihrer Tochter und eröffneten eine kommerzielle Website, auf der sie Bücher wie Rachel's Tears (Rachels Tränen) verkaufen.
Mord oder Unfall
Lange Zeit hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass Daniel Rohrbough nicht von einem der beiden Amokläufer getötet, sondern versehentlich von einem Polizeibeamten getroffen wurde. Im Mai 2000 veröffentlichte der Verwaltung von Jefferson in seinem offiziellen Untersuchungsbericht, dass Rohrbough zuerst von Eric Harris getroffen, dann aber von Dylan Klebold aus kürzester Distanz gezielt getötet wurde. Die Eltern zweifelten an dem Bericht, der in ihren Augen widersprüchlich war. Die einzige der drei wiedergefundenen Kugeln, die ihren Sohn trafen, stamme aus einer Waffe, die Eric Harris benutzte. Ferner wurde bekannt, dass auf der Kleidung von Rohrbough keine Schießpulverpartikel gefunden wurden. Der erste Polizist vor Ort, Dan O'Shea, geriet von den Rohrboughs in den Verdacht, im allgemeinen Wirrwarr versehentlich auf ihren Sohn geschossen zu haben.
Vor Gericht behauptete die Familie im April 2000, dass ein Polizeibeamter und nicht Harris oder Klebold die Kugel abgefeuert hat, die ihren Sohn getötet hat. Als danach der Name Dan O'Shea ins Gespräch kam, ordnete die Verwaltung von Jefferson eine unabhängige Untersuchung an, die der benachbarte Verwaltungsbezirk El Paso County leitete. Dieser wies die Ergebnisse des Berichts von Jefferson County im April 2002 zurück und benannte Eric Harris als den Mörder von Daniel Rohrbough. Die Bezirksverwaltung von Jefferson war bloßgestellt, aber ihr Polizeibeamter entlastet. Die Familie bat den Polizisten anschließend um ein Treffen, um sich bei ihm für die falschen Verdächtigungen zu entschuldigen. Er lehnte ab.
Die Eltern der Attentäter
Tom und Sue Klebold, die Eltern von Dylan, äußerten sich erst fünf Jahre nach dem Attentat in der Öffentlichkeit und lösten bei betroffenen Eltern Empörung aus. Die Mutter wehrte sich gegen den Vorwurf, die Tat sei mit der Erziehung in Verbindung zu bringen. Don Fleming, Vater der ermordeten Kelly, äußerte dagegen den Verdacht, dass weder Harris', noch die Klebolds am Leben ihrer Söhne interessiert gewesen wären und deren polizeilichen Verwicklungen ignorierten. Klebolds Eltern bedauerten zwar, eventuelle Warnsignale nicht erkannt zu haben, widersprachen aber der Anschuldigung, etwas falsch gemacht zu haben. Al und Phyllis Velasquez, die Eltern des getöteten Kyle, kritisierten die Ablehnung der Schuld und bezeichneten ihre Aussagen als hilflos. Die Flemings und Velasquez' waren zwei der fünf Familien, die die Eltern der Attentäter vor Gericht zur Rechenschaft ziehen wollten.
Allerdings nicht alle Familien teilen die Meinung dieser Familien. Beth Nimmo, die Mutter der getöten Rachel Scott, machte in einem Interview deutlich, dass sie Eric und Dylan für die Tat verantwortlich mache. Sie seien diejenigen gewesen, die sich das ausgedacht und das Massaker auch letztendlich allein ausgeführt haben. Ferner könne sie sich nicht vorstellen, dass es auffällige Verhaltensweisen gab, die die Eltern hätten bemerken und verhindern müssen. Sie würden zudem ebenso trauern.
Sue Klebold denkt laut einem Interview gegenüber der Tageszeitung New York Times ständig daran, Littleton zu verlassen. Doch ihr Mann sage, dass er sie nicht gewinnen lassen wolle. Don Fleming versteht nach eigenen Worten jedoch nicht, wer jetzt noch gewinnen könne. "Wir haben schon unsere Kinder verloren" entgegnete er kurz darauf.
Dagegen haben Wayne und Kathy Harris Littleton, aus offensichtlichen Gründen, schon längst verlassen. Sie schätzen die Leute, die sich um sie sorgen, aber sie wollen keinesfalls mehr über irgendetwas sprechen, das mit Columbine zu tun hat.
Gedenkstätten
Nach dem Massaker entstand nahe der Schule ein Denkmal mit 15 großen Kreuzen, die mahnend an das Schulmassaker an der Columbine High School erinnern sollten. Empörte Eltern rissen zwei der 15 Kreuze nieder. Der Spatenstich für ein permanentes Denkmal am 5. Jahrestag des Unglücks musste abgesagt werden, weil nur 600.000 Dollar statt der erforderlichen 2,5 Mio US-Dollar zur Verfügung standen.
Weblinks
Informationen zur Tat
- Polizeireport von Jefferson County (Chronologischer Ablauf mit Diagrammen; engl.)
- Luftaufnahme der Schule
- Das Massaker an der Columbine High School - ein Kommentar von David North
- CHS-Archiv der RockyMountainNews (engl.)
- Webring zur Columbine-High-Tragödie (engl.)
Gedenkseiten
- Columbine Remembered - eine Gedenkseite (engl.)
- Gedenkseite Daniel Mauser (engl.)
- Gedenkseite Cassie Bernell (engl.)
- Offizielle Seite von Rachel Scott (engl.)
- Gedenkseite Rachel Scott (engl.)
Sonstige
Siehe auch: Bowling For Columbine, Elephant, Amoklauf von Erfurt