Geschichte der Eisenbahn in Deutschland
Dieser Artikel behandelt die Geschichte der Eisenbahn in Deutschland.
Weitere Artikel über nationale Entwicklungen im Eisenbahnwesen siehe dort.
Bahnstrecken und Bahngesellschaften
Die Vorläufer
Die Vorläufer der Eisenbahn sind in Deutschland ebenso wie vor allem in England im Bergbau zu finden. Unter Tage liefen die bei der Förderung benutzten Loren anfangs auf Holzschienen und wurden entweder durch einen Spurnagel zwischen den Schienen oder durch Spurkränze an den Rädern geführt. Um auch über Tage den Transport der Kohle zu den Verladestellen an der Ruhr zu rationalisieren, entstand im Ruhrkohlebergbau ab 1787 ein Netz von Pferdebahnen. Das damalige Streckennetz im Ruhrgebiet, das noch nicht dem öffentlichen Verkehr diente, wird auf 30 km Länge geschätzt. Der Rauendahler Schiebeweg in Bochum (1787) oder die Silscheder Kohlenbahn (1832) können noch heute besichtigt werden.
Wesentliche Anstöße für die Eisenbahn in Deutschland gaben die Entwicklung der ersten betriebstauglichen Lokomotiven in England (Trevithick 1804, Blenkinsop 1812) und die Eröffnung einer ersten öffentlichen Bahn, der Stockton and Darlington Railway 1826.
Noch bevor in Deutschland die ersten wirklichen "Eisenbahnen" fuhren, gab es Versuche, den Bahnbetrieb mit Lokomotiven aufzunehmen. So baute Johann Friedrich Krigar 1815 in der Königlichen Eisengießerei Berlin eine Kopie der Dampflokomotive von John Blenkinsop für die Königshütte in Oberschlesien und eine weitere Lokomotive für eine Bahn im Saarland, die zwar fahren können, jedoch zu geringe Leistung haben und die Erwartungen nicht erfüllen.
Die ersten Privat- und Staatsbahnen deutscher Länder von 1831 bis 1870
Die Entstehung der Eisenbahnen in Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde von den Menschen unterschiedlich aufgenommen. Die einen fürchteten sich vor Qualm und Rauch der Lokomotiven, weitblickende und unternehmerisch denkende Menschen wie Friedrich Harkort, Friedrich List und Otto von Bismarck wiederum sahen in der Eisenbahn eine Möglichkeit zur Überwindung kleinstaatlicher Bevormundung, speziell in Deutschland.
Mit der Verlegung eines eisenbeschlagenen Schienenweges durch die 1828 gegründete "Deilthaler Eisenbahn Aktiengesellschaft" wurde die erste „Eisenbahn“ auf deutschem Boden erbaut. Der Oberbau bestand einer Beschreibung zufolge aus Eichenschwellen, auf denen zwei sogenannte Straßbäume mit einer Länge von je 3,30 m mit Holznägeln befestigt waren. Die Schienen mit einer Stärke von 40 mm wurden wiederum mit Holznägeln auf den Straßbäumen befestigt. Die Gesamtstrecke betrug eine preußische Meile (7.532 Meter), die Spurbreite zunächst 82 cm (Schmalspur). Die Strecke führte durch das Deilbachtal, einem Ortsteil im heutigen (Essen-)Kupferdreh nach Nierenhof bei Velbert. Am 20. September 1831 wurde die Deilthaler Eisenbahn durch Prinz Wilhelm, den Bruder des damaligen Königs, feierlich eingeweiht. Die Bahn durfte sich seitdem "Prinz-Wilhelm-Eisenbahn" (PWE) nennen. Bis 1844 wurde sie als Pferdebahn zum Kohletransport betrieben. Schon von 1833 an standen auch Personenwagen "des Vergnügens wegen" zur Verfügung. 1847 wurde die Bahn normalspurig ausgebaut und zwischen Steele und (Wuppertal-)Vohwinkel als dampfbetriebene Eisenbahn mit der Bezeichnung "Steele-Vohwinkler Eisenbahn" in Betrieb genommen. Die Bahntrasse ist bis heute in Betrieb als Teil der S-Bahn Rhein-Ruhr.
Mehrheitlich und offiziell wird jedoch die 1833 von der privaten "Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft in Nürnberg" erbaute Bayerische Ludwigsbahn als erste Eisenbahn in Deutschland angesehen. Sie wurde mit der erstmaligen Fahrt mit der Lokomotive „Adler“ am 17. Dezember 1835 eröffnet. In der zeitgenössischen Öffentlichkeit wurde die Fahrt mit einer Dampflok als Beginn einer neuen Epoche angesehen. Auf die weitere Entwicklung des deutschen Eisenbahnnetzes hatte diese Bahn jedoch keinen Einfluss, denn es erfolgte keine Verknüpfung mit anderen Eisenbahnstrecken. Sie musste schliesslich der elektrischen Strassenbahn weichen und stellte am 31. Oktober 1922 den Betrieb ein.
Als dritte deutsche Eisenbahn baute die Leipzig-Dresdner Eisenbahn am 24. April 1837 als erstes Teilstück die Strecke von Leipzig nach Althen. Nach dem Ausbau bis Dresden am 7. April 1839 mit einer Streckenlänge von 120 km war sie die erste deutsche Fernbahn, sie enthielt auch den ersten deutschen Eisenbahntunnel.
Es folgte als erste Eisenbahn Preußens die Berlin-Potsdamer Eisenbahn, die die 14 km von Zehlendorf nach Potsdam überwand. Die fünfte deutsche Eisenbahn fuhr ab dem 1. Dezember 1838 von Braunschweig nach Wolfenbüttel, sie wurde bald als "Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn" geführt, um eine Übernahme durch Preußen vorsorglich abzuwehren. Eine weitere kurze Eisenbahnstrecke wurde von Düsseldorf nach Erkrath am 20. Dezember 1838 eröffnet.
Am 29. Juni 1839 wurde das erste Teilstück der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn von Magdeburg nach Schönebeck eröffnet, nach dem Ausbau bis Halle und Leipzig 1840 war sie die erste länderübergreifende Fernbahn mit einer Streckenlänge 116 km.
Mit der am 2. August 1839 von der Rheinischen Eisenbahn eröffneten Strecke von Köln zum Grenzbahnhof Herbesthal mit Anschluß an die Strecke zum belgischen Antwerpen entstand die erste grenzüberschreitende Eisenbahnlinie.
Am 12. September 1840 eröffneten die Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen das erste Teilstück der 285 km langen Bahnstrecke von Mannheim nach Basel, die im Jahre 1851 fertiggestellt wurde.
Mit der Eröffnung der Berlin-Frankfurter Eisenbahn am 31. Oktober 1842 vom Berliner Schlesischern Bahnhof nach Frankfurt (Oder) hatte das erst nur lose geknüpfte deutsche Eisenbahnnetz einen Gesamtumfang von knapp 1000 km erreicht. Nur 4 Jahre später, am 1. September 1846 wurden mit der Eröffnung der 235 km langen Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn von Frankfurt (Oder) nach Bunzlau die zweite Tausend-Kilometer-Marke erreicht.
Drei Monate später wurde die mit 286 Kilometern bis dahin längste und die erste bedeutende deutsche Ost–West-Eisenbahnverbindung zwischen den beiden grössten deutschen Städten Berlin und Hamburg als die Berlin-Hamburger Bahn in Betrieb genommen.
Auf der linken Rheinseite übernahm die Rheinische Eisenbahn 1857 die durchgehende Verbindung von Rolandseck nach Krefeld über Bonn, Köln und Neuss, die 1859 über Koblenz nach Bingerbrück verlängert wurde. Dadurch kam es in den nächsten Jahren zu einer Verbindung mit den Strecken der hessischen, württembergischen und badischen Bahnen bis nach Basel.
Weitere Bahnstrecken und Bahngesellschaften siehe
- Liste der ersten deutschen Eisenbahnen bis 1870
- Liste der Strecken und Bahngesellschaften im Ruhrgebiet
Das Streben nach der Staatsbahn
Die obrigkeitlichen Organe der deutschen Staaten stehen dem neu aufkommenden Eisenbahnwesen mit unterschiedlicher Haltung gegenüber. Teils wird die Initiative den Unternehmern überlassen, teils wird versucht, eine staaatlich getragene Eisenbahn zu fördern, dies am ausgeprägtesten in den süddeutschen Monarchien Baden, Bayern, Württemberg und in Preußen.
Vor allem Preußen versuchte mit vielfachen Maßnahmen eine gemeinsame deutsche Staatseisenbahn zu erschaffen. Letzlich wurde dies erst durch die Niederlage und desolate wirtschaftliche Situation nach dem Ersten Weltkrieg mit der Einrichtung der Deutschen Reichsbahn gemäß der Weimarer Verfassung erreicht. Im einzelnen gab es folgende frühe und bedeutende Ansätze zur Schaffung von "Staatsbahnen":
- In Baden wurde am 29. März 1838 das "Gesetz über die Erbauung einer Eisenbahn von Mannheim bis zur Schweizer Grenze bei Basel" erlassen und am 2. April 1838 verkündet. Dem folgten mehrere Einzelgesetze, die die Finanzierung, "Zwangsabtretungen", die Errichtung einer Eisenbahndirektion sowie Betriebsregeleungen betrafen.
- In Württemberg verkündet König Wilhelm I am 18. April 1843 das „Gesetz, betreffend den Bau von Eisenbahnen“, demzufolge Eisenbahnen „in die Verwaltung des Staates übernommen oder auf Kosten des Staates gebaut werden“ sollen. Neben den staatlichen Bahnen sollte der Bau weiterer Nebenbahnen den Privatunternehmen überlassen bleiben. Es entstanden dann jedoch vergleichsweise wenige Privatbahnen in Württemberg.
- In Bayern startete die private München–Augsburger Eisenbahn mit dem Bahnbau 1839 und eröffnete am 4. Oktober 1840 ihre Strecke von München nach Augsburg. Mit ihrer Verstaatlichung begann 1844 die bayerische Staatsbahnzeit. Die Königlich Bayerische Staats-Eisenbahnen baute dabei von 1844 bis 1853 zunächst "Ludwigs–Süd–Nord-Bahn" mit 548 Kilometer Länge zwischen Hof und Lindau.
- Preußen strebte ebenfalls nach einer Eisenbahn in staatlicher Hand, war jedoch durch die verfassungsrechtliche Lage daran gehindert, dies durchzuführen. Für die Aufnahme von Krediten in entsprechendem Umfang zur Finanzierung einer Eisenbahn war die Zustimmung einer „reichsständischen Versammlung“ erforderlich, die jedoch nicht existierte und die „Provinziallandtage“ lehnten es ab, anstelle der reichsständischen Versammlung zu treten. Das preußische Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen (prEG) vom 3. November 1838 beschränkte sich daher weitgehend auf aufsichtsrechtliche Bestimmungen, bezüglich der Konzession, Hoheitsrechte und Bahnpolizei etc., behielt jedoch dem Handelsministerium vor, die Zustimmung zu erteilen. Dieses Gesetz führte jedoch nicht dazu, daß Privatbahnen im erwünschten Umfang gebaut wurden.
- Ein erneuter Versuch 1847, die Provinzialversammlungen zur Zustimmung für die Kapitalaufnahme für den Bau der Preußischen Ostbahn zu bewegen scheiterte, wobei der Landtag jedoch gründsätzlich den Bahnbau auf Staatskosten befürwortete.
- Die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche 1848 beriet bekanntlich eine Verfassung des neuen Bundesstaates. Hierbei wurde erwogen, die Eisenbahnen zu verstaatlichen und von der Reichsregierung verwalten zu lassen,um die Zentralgewalt zu stärken. Neben der Besorgnis zu weitgehender Eingriffe wurde dann aber bezweifelt, ob eine zwangsläufig weitverzweigte Bundesbehörde effektiver sein würde als die bisherigen Staatsverwaltungen. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Gesetzgebung und Aufsicht über die Eisenbahnen im Reichsgebiet wurde aber erkannt, so daß dem Reich das Recht zur Eisenbahngesetzgebung und Aufsicht gegeben wurde. Bekanntlich wurde die Paulskirchenverfassung nicht übernommen, so daß sich der Partikularismus und das Nebeneinander von Privat- und Staatsbahnen in Eisenbahnwesen Deutschlands zunächst fortsetzte.
- Nach dem Scheitern der 1848er-Bewegung wurde in Preußen der Bankier August Freiherr von der Heydt zum Handelsminister und damit zum Verantwortlichen für die Eisenbahnen berufen. V.d. Heydt war ein Anhänger des Staatsbahngedankens und trieb die Verstaatlichung voran. Er veranlasste zunächst, daß die Preußische Ostbahn und weitere Strecken auf Staatskosten gebaut und betrieben wurden. Dann brachte v. d. Heydt ein Ausführungsgesetz durch das Parlament, in dem die Zweckbindung des § 38 des prEG neu festgelegt wurde. Die Bestimmung des § 38 sah für die privaten Eisenbahnen eine Abgabe vor, mit die zur Entschädigung der Postverwaltung für das Verdrängen der Postkutschen durch die Eisenbahn dienen sollte. Nach v.d. Heydts Neufassung sollte damit nunmehr ein Fonds geschaffen werden, der zum Aufkauf eben der Privatbahnen durch den preußischen Staat dienen sollte. Nach heftigen Protesten der Eisenbahnunternehmer wurde diese Bestimmung ganz aufgehoben und die Abgabe in eine allgemeine Steuer umgewandelt. Daneben wurde der § 48 des prEG genutzt, um Privatbahnen aufzukaufen, die in finanzielle Schwierkigkeiten geraten waren. Ende der 1850er Jahre setzten sich in Preußen liberale Ansichten durch, die unter anderem auch den Rückzug des Staates aus dem Eisenbahnwesen forderten und das freie Unternehmertum für den Bahnbau forderten. Nach der Entlassung v.d. Heydts 1869 wurde Graf von Itzenplitz dessen Nachfolger. Dieser war ein Anhänger des Privatbahngedankens und förderte in seiner Stellung zahlreiche Neugründungen.
- Die Bemühungen um eine Staatsbahn in Preußen wurden zu diesem Zeitpunkt nicht weiter verfolgt, um nach dem von Bismarck beigelegten Verfassungskonflikt um die Militärreform keinen neuen Streitpunkt entstehen zu lassen, wie es die Staatsausgaben für den Eisenbahnbau gewesen wären. Zudem wurden 1866 das Königreich Hannover und verschiedene hessische Gebiete annektiert, in denen sich eigene Eisenbahnstrecken befanden, die das preußische Eisenbahnnetz um 1200 Kilometer Länge aufstockten, wodurch die Staatsbahnverwaltung mit der Integration dieser Strecken ausgelastet war.
- Der 1867 gegründete Norddeutsche Bund wollte den Einzelstaaten die Eisenbahnhoheit überlassen, jedoch kam dies aufgrund der kurzen Existenz des Bundes nicht zustande. Der bayerische Ministerpräsident von Hohenlohe schlug 1869 in Anlehnung an den Deutschen Zollverein die Bildung eines deutschen Eisenbahnvereins vor, mit dem sich die beteiligten Staatsbahnen auf eine gemeinsame Betriebsordnung und einheitliche Tarife einigen sollten. Der Vorschlag fand jedoch keine Unterstützung.
Bis zur Reichsgründung 1871 entstanden folgende Staatsbahnen:
- Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung (KPEV)
- Königlich Bayerische Staats-Eisenbahnen (K.Bay.Sts.B.)
- Königlich Sächsische Staats-Eisenbahnen (K.Sächs.Sts.E.B.)
- Königlich Württembergische Staats-Eisenbahnen (K.W.St.E.)
- Großherzoglich Oldenburgische Staatseisenbahnen (G.O.E., 1867-1920)
- Königlich Hannöversche Staatseisenbahnen (bis 1866)
- Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn (bis 1870)
- Nassauische Staatsbahn (bis 1866)
- Anhaltische Leopoldsbahn
- Bebra-Hanauer Eisenbahn (Kurhessische Staatsbahn) (bis 1866)
- Frankfurt-Bebraer Eisenbahn (Preußische Staatsbahn)
- Königlich-Westfälische Eisenbahn (ab 1880 Teil der Preußischen Staatsbahn)
Die Verstaatlichung (Länderbahnen) - 1871 bis 1920
Nach der Reichsgründung im Jahr 1871 beließ die Verfassung des Deutschen Reiches den Einzelstaaten weitgehend die Hoheitsrechte über die Eisenbahn. Jedoch ermöglichte etwa der Artikel 43 dem Reich die Beaufsichtigung der Betriebssicherheit einzelner Bahnen und Artikel 45 die Kontrolle des Tarifwesens.
Der Artikel 42 besagte „Die Bundesregierungen verpflichten sich, die deutschen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Verkehrs wie ein einheitliches Netz zu verwalten und zu diesem Behuf auch die neu herzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und ausrüsten zu lassen.“ Statt also dem Reich diese Regulierungsaufgabe zu überlassen wurde mit dieser Formulierung herausgehoben, daß die Befugnisse bezüglich der Eisenbahn allein den einzelnen Ländern zustanden. Es wurde deshalb auch ein „Eisenbahn-Notgesetz“ genannt.
In den 1870er Jahren wurde dennoch das vielfältige Nebeneinander privater und staatlicher Bahnen ein immer gravierenderes Problem, wobei unterschiedliche Tarife die Abwicklung überregionaler Transporte erheblich behinderten. Öffentlich wurde immer häufiger eine Vereinheitlichung eingefordert.
Um die Verfassung umzusetzen, und dem Reich zumindest teilweise die Eisenbahnaufsicht zu ermöglichen, regte Otto von Bismarck 1873 die Schaffung einer Reichseisenbahnbehörde an. Gegen den Widerstand einiger Länder brachten zudem 130 Abgeordnete einen überparteilichen Antrag auf die Einrichtung eines Reichseisenbahnamtes (REA) ein. Trotz der Widerstände der Länder passierte das entsprechende Gesetz Reichstag und Bundesrat. Am 16. September 1873 nahm das "Reichseisenbahnamt" mit Sitz in Berlin seine Arbeit auf. Es sollte die dem Reich zustehende Aufsicht über das Eisenbahnwesen wahrnehmen, die in der Reichsverfassung sowie der sonstigen auf das Eisenbahnwesen bezüglichen Gesetze enthaltenen Bestimmungen ausführen und Mängel und Mißstände beheben.
Bismarcks Hoffnungen auf die Effizienz dieser Behörde erfüllte sich jedoch nicht, da der § 4 des Gesetzes bestimmte, daß das REA seine Tätigkeit im Rahmen der Verfassung auszuüben hatte, die aber wiederum den Ländern weitgehend die Befugnisse über ihre Bahnen zugestand. Um dem abzuhelfen, sollte ein Ausführungsgesetz geschaffen werden, das die Aufsichtsbefugnisse des Reiches über die Bahnen näher regelte. Im April 1875 wurde dem Parlament ein Gesetzesentwurf des REA vorgelegt, der dem Reich im wesentlichen eine uneingeschränkte Aufsicht über die Eisenbahnen zugestand. Er wurde jedoch von den Länder-Vertretern abgelehnt. Ein eher taktisch zu verstehender preussischer Vorstoss, seine Staatsbahnen an das Reich abzugeben, fand Mitte der siebziger Jahre keine Zustimmung der übrigen Länder.
Da die Einführung eines Reichseisenbahngesetzes nicht erfolgversprechend war, verfolgte Bismarck nunmehr den Plan, mit der Königlich Preußischen Eisenbahn-Verwaltung eine großangelegte Staatsbahn aufzubauen, die durch ihre schiere Übermacht die anderen Staaten zum Einlenken zwingen sollte. Bismarck übertrug zunächst alle Eisenbahnangelegenheiten Preußens dem neu geschaffenen Ministerium für öffentliche Arbeiten (Gesetz vom 7. August 1878) und ernannte den vormaligen Reichseisenbahnamtsleiter Maybach zum Minister. Dieser schlug 1879 dem preußischen Abgeordnetenhaus die Übernahme von vier wichtigen Bahnstrecken mit insgesamt 3500 km Länge vor. Wegen der günstigen finanziellen Lage Preußens konnten dann innerhalb weniger Jahre die meisten Privatbahnen übernommen werden, so daß 1885 etwa 11 000 km ehemaliger Privatbahnen in preußisches Staatseigentum übergegangen waren. In dieser Zeit wurde eine der größten Bahnverwaltungen Europas aufgebaut.
Dennoch bedurften vielfach die landwirtschaftlich strukturierten Bereiche im Norden und Osten des Königreichs Preußen einer weiteren Erschließung. Trotz der hohen Überschüsse, die die Preußischen Staats-Eisenbahnen erwirtschafteten, sah sich der preußische Staat nicht in der Lage, genügend Mittel für den Bau von Nebenbahnen bereit zu stellen. Daher erfolgte am 6. März 1892 der Entwurf eines Gesetzes über die Bahnen unterster Ordnung ("Preußisches Kleinbahngesetz"), das den Bau von lokalen Eisenbahnen erleichtern sollte, indem die technischen Anforderungen verringert und die Finanzierung neu geordnet wurden. Es löste eine Welle von Bahnneubauten aus, so dass bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 über 300 Eisenbahnstrecken mit einer Gesamtlänge von mehr als 10.000 km fertiggestellt waren.
1897 wurden die defizitäre und ein Jahr zuvor verstaatlichte Hessische Ludwigs-Eisenbahngesellschaft der KPEV unterstellt, die den Betrieb unter der Bezeichnung "Vereinigte Preußische und Hessische Staatseisenbahnen" führte.
Auch die anderen Länder verstaatlichten nach und nach ihre Bahnen, bis um 1909 kaum noch nennenswerte Privatbahnen bestanden. Im übrigen blieben die Bahnen streng getrennt, an den Landesgrenzen befanden sich Grenzbahnhöfe, an denen die Lokomotiven gewechselt wurden. Preußen und Sachsen etwa kämpften gegeneinander um den Verkehr nach Bayern und Berlin; Württemberg und Bayern um die Verbindung zwischen Frankfurt und München; die Reichseisenbahnen im Elsaß und Baden um den Nord-Südverkehr zur Schweiz.
Im Jahre 1912 waren folgende Ländereisenbahnen in Deutschland tätig:
Statistik der im Betriebe befindlichen Eisenbahnen Deutschlands
nach den Angaben der Eisenbahnverwaltungen bearbeitet im Reichs-Eisenbahn-Amt - Band XXXIII - Rechnungsjahr 1912 - Berlin 1914 | ||
---|---|---|
Name
|
Schmalspur
km | |
Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen | 1.753,71 | 27,53 |
Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn | 1.093,78 | |
Großherzoglich Oldenburgische Staatseisenbahnen | 651,53 | |
Königlich Bayerische Staats-Eisenbahnen | 8.034,35 | 115,45 |
Königlich Preußische Militäreisenbahn | 70,52 | |
Königlich Sächsische Staats-Eisenbahnen | 2.814,17 | 507,75 |
Königlich Württembergische Staats-Eisenbahnen | 1.997,67 | 101,28 |
Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen | 2.021,93 | 78,10 |
Vereinigte Preußische und Hessische Staatseisenbahnen | 38.790,44 | 239,31 |
Staatsbahnen (Gesamtstreckenlänge: 58.297,52 km) | 57.228,10 | 1.069,42 |
Anmerkungen zu der Liste:
- Die Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung und die Hessische Ludwigs-Eisenbahngesellschaft bildeten ab 1897 eine Betriebsgemeinschaft als "Vereinigte Preußische und Hessische Staatseisenbahnen".
- Die Strecken lagen teilweise außerhalb der heutigen Landesgrenzen.
- Folgende Eisenbahnen waren in der Zwischenzeit von anderen Gesellschaften übernommen worden:
- die Nassauische Staatsbahn (bis 1866)
- die Königlich Hannöversche Staatseisenbahnen (bis 1866) und
- die Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn (bis 1870)
- sowie einige, die aus der Zusammenarbeit mehrerer Länder entstanden waren, wie z.B. die Main-Weser-Bahn oder die Main-Neckar-Eisenbahn.
Die Folgen der Verstaatlichung
Durch die Verstaatlichung wurde auch das Umfeld der Bahnen verändert. Legten bisher die einzelnen Gesellschaften größten Wert darauf, die Gleise anderer Gesellschaften möglichst durch Brücken oder mit Unterführungen zu kreuzen, um keine Trassengebühren an die Konkurrenz zahlen zu müssen, so waren diese Überlegungen jetzt überholt. Der Eisenbahnbetrieb konnte in Folge dessen rationalisiert werden.
In jener Zeit erfuhren die Dampflokomotiven zahlreiche technische Verbesserungen. Die Zahl der angetriebenen Achsen wurde erhöht und der Wirkungsgrad der Dampfmaschine durch die Einführung der Heißdampftechnik verbessert. Dadurch stieg die Höchstgeschwindigkeit von Schnellzügen von 90 km/h bis auf 120 km/h.
Durch den Wirtschaftsaufschwung und mit steigender Bevölkerungszahl setzte um die Jahrhundertwende ein starkes Städtewachstum ein, das eine wesentlich stärkere Nutzung der Stadt- und Vorortbahnen zur Folge hatte. Allein Berlin verzeichnete täglich 1 Million Fahrgäste.
Die Deutsche Reichsbahn - 1919 bis 1945
Die Weimarer Verfassung und die Deutsche Reichsbahn
Die Notwendigkeit einer Zusammenlegung der Eisenbahnverwaltungen trat während des Ersten Weltkriegs offen zutage.
Die Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 bestimmte, daß die dem Allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen in das Eigentum des Reiches zu übernehmen und als einheitliche Verkehrsgesellschaft zu verwalten seien. Gleichermaßen wurde der Übergang aller Eisenbahnhoheitsrechte sowie die damit verbundene Enteignung geregelt. Durch den Staatsvertrag vom 30. April 1920 zwischen dem Reich und den Ländern Baden, Bayern, Hessen, Mecklenburg, Oldenburg, Preußen, Sachsen und Württemberg wurden die Staatseisenbahnen rückwirkend zum 1. April 1920 auf das Reich übertragen.
Nachdem die Reichsbahn 1923 nur noch ein Drittel ihrer Kosten selbst erwirtschaften konnte, erging der Vorschlag, sie unabhängig vom Staatshaushalt zu machen und ihr im Gegenzug alle Zuschüsse zu streichen. Demzufolge erging dann im Februar 1924 eine Verordnung, die der Reichsbahn weitgehende Autonomie von der Staatsverwaltung gewährte.
Der 1924 entwickelte Dawes-Plan sah u.a. vor, die Reichseisenbahnen komplett an die Reparationsgläubiger zu verpfänden. Die Reichsregierung erließ daraufhin am 12. Februar 1924 die Verordnung zur Schaffung der Deutschen Reichsbahn als staatlichem Unternehmen. Da den Reparationsgläubigern diese Maßnahmen noch nicht weit genug gingen, wurde am 30. August 1924 das Gesetz zur Gründung der privatwirtschaftlichen Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) zum Betrieb der Reichseisenbahnen erlassen. Gleichzeitig mit diesem Gesetz wurde die Gesellschaft mit einer Schuldverschreibung zugunsten der Sieger in Höhe von elf Millarden Goldmark belastet. Die Weltwirtschaftskrise und die ständigen Geldabflüsse durch die Reparationsleistungen (etwa 660 Millionen Reichsmark jährlich) belasteten die Reichsbahn erheblich. Erst 1931 wurde die Reichsbahn durch das Lausanne-Abkommen von den finanziellen Verpflichtungen befreit.
Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft versuchte in dieser Zeit, durch Neubeschaffung von Fahrzeugen den bestehenden, heterogenen Fahrzeugpark zu rationalisieren, so entstand 1925 das Einheitslokomotiv-Programm. 1928 wird die Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung (EBO) erlassen, die die Beschaffenheit der Bahnanlagen "für alle dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen Deutschlands" regelt.
Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Reichsbank und der Deutschen Reichsbahn vom 10. Februar 1937 wurde die Deutsche Reichsbahn wieder unter die Reichshoheit gestellt.
Die Verbindung mit den Österreichische Bundesbahnen
Nach dem Anschluss Österreichs 1938 ergeht am 11. Juli 1939 das "Gesetz über die Deutsche Reichsbahn". Es bestimmte in § 1:
- Das Reich verwaltet unter dem Namen "Deutsche Reichsbahn" das Reichseisenbahnvermögen als ein Sondervermögen des Reichs mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung.
in § 1 Abs.2:
- a) Zum Reichseisenbahnvermögen gehören auch das bis zum 17. März 1938 von der Unternehmung "Österreichische Bundesbahnen" treuhänderisch verwaltete österreichische Bundesvermögen und das Vermögen des Wirtschaftskörpers "Österreichische Bundesbahnen" einschließlich aller öffentlichen und privaten Rechte und Verbindlichkeiten dieser beiden Vermögen, die auf Grund der Verordnung vom 17. März 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 252) von der Deutschen Reichsbahn als Sondervermögen des Reichs verwaltet werden
- b) die Eisenbahnen und deren Nebenbetriebe in den sudetendeutschen Gebieten, soweit sie nach der Verordnung vom 19. Oktober 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 1446) Teil des Reichseisenbahnvermögens geworden sind, und die bisherigen Staatseisenbahnen und deren Nebenbetriebe im Memelland.
Leitung der Reichsbahn
In der Zeit von 1924 bis 1926 war Dr. Rudolf Oeser der Generaldirektor der Reichsbahn.
Das Reichsbahngesetz vom 11. Juli 1939 bestimmte in § 3:
- (1) Leiter der Deutschen Reichsbahn ist der Reichsverkehrsminister. Er führt als solcher die Bezeichnung Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn. Er ist für die Geschäftsführung der Deutschen Reichsbahn verantwortlich.
- (2) In der obersten Leitung stehen ihm ein Staatssekretär des Reichsverkehrsministeriums (Stellvertretender Generaldirektor) und Ministerialdirektoren des Reichsverkehrsministeriums (Vorstandsmitglieder) zur Seite.
In der Zeit von 1939 bis 1945 war Julius Dorpmüller (seit 1937 Reichsverkehrsminister) der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn.
Siehe auch Reichsbahngesetz
Streckenlänge aller Bahnen in den deutschen Ländern | |||||
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Anmerkung: Diagramm und Tabelle berücksichtigen auch die geschichtliche Entwicklung der Größe Deutschlands. Der Deutsche Bund hatte eine andere Ausdehnung als das Deutsche Reich und nach beiden Weltkriegen standen umfangreiche Gebietsabtretungen an die Nachbarn Deutschlands an, die selbstverständlich auch das Netz der Eisenbahnen betrafen. Die Zeit beider Weltkriege mit den umfangreichen deutschen Annexionen in den Kriegsgebieten wurde komplett ausgespart. |
Die Übergangszeit von 1945 bis 1949
1945 übernehmen die Besatzungsmächte den Betrieb der Eisenbahn in den jeweiligen Besatzungszonen. Eine einheitliche Deutsche Reichsbahn in ihrer bisherigen Form bestand nicht mehr. Durch die Aufteilung in vier Besatzungszonen entstanden zwischen 1945 und 1949 mehrere Übergangsregelungen. Mit der Bildung der britisch-amerikanischen Bizone entstand 1946 die "Hauptverwaltung der Eisenbahnen des amerikanischen und britischen Besatzungsgebiets" in Bielefeld, die 1947 in die "Deutsche Reichsbahn im Vereinigten Wirtschaftsgebiet" umbenannt und nach Offenbach am Main verlegt wurde. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ab 7. September 1949 wurde diese in die "Deutsche Bundesbahn" umgewandelt. In diese wurde anschließend die vorläufig noch eigenständige "Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen" der französischen Besatzungszone einbezogen, die erst 1952 endgültig von der Bundesbahn organisatorisch übernommen wird.
Die Deutsche Bundesbahn 1949 bis 1994
In den drei westlichen Besatzungszonen bzw. der Bundesrepublik Deutschland ist die Eisenbahn bis weit in die sechziger Jahre hinein das wichtigste Verkehrsmittel. Das Staatsunternehmen muß sich von Anfang an der beginnenden Massenmotorisierung stellen und andererseits die Kosten für den Wiederaufbau der nach dem Krieg zerstörten Bahnanlagen tragen. Die Folge dieses Wettbewerbdruckes ist die Stilllegung zahlreicher unrentabeler Nebenstrecken vor allem in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Im gleichen Zeitraum werden so gut wie keine Streckenneubauten in Betrieb genommen.
Strukturwandel der 1970er Jahre In den 1970er Jahren wurden fast alle Hauptstrecken in der alten Bundesrepublik Deutschland - zuletzt in Schleswig-Holstein - elektrifiziert. 1977 wurden die letzten Dampflokomotiven ausgemustert, und durch Elektrolokomotiven und Diesellokomotiven ersetzt.
Im Güterverkehr wurde der Versand von Stückgütern vollständig eingestellt, nachdem der Wettbewerb gegen das Speditionsgewerbe nicht mehr durchzuhalten war.Im gleichen Zeitraum ging der Transport von Massengütern wie Kohle oder Eisenerz ebenfalls zurück. In Folge dieser Entwicklung wurden eine große Anzahl von Rangierbahnhöfen stillgelegt.
1985 war die Deutsche Bundesbahn noch der drittgrößte Arbeitgeber in der Bundesrepublik und beschäftigte 322.383 Mitarbeiter.
Die Deutsche Reichsbahn 1949 bis 1994
Die Bezeichnung Deutsche Reichsbahn (DR) wurde für die Staatsbahn in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. ab 1949 der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beibehalten, die ab 1948/49 auch den Betrieb fast sämtlicher "Privatbahnen" in ihrem Bereich übernommen hatte.
In Anbetracht der geringen Motorisierung der Bevölkerung in der DDR besaßen die Eisenbahnen eine enorme Bedeutung für den Verkehr. Legendär waren einige Züge wie der Karlex, für den ein eigener Triebzug konstruiert wurde, oder der Balt-Orient-Express. In Westberlin hatte die Deutsche Reichsbahn die Betriebsrechte für die Staatsbahnstrecken und somit auch für den Betrieb der S-Bahn.
1988 stellt die Deutsche Reichsbahn der DDR den Dampflokomotiv-Betrieb ein.
Deutsche Bahn AG ab 1994
Am 1. Januar 1994 wurden die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn der DDR als Sondervermögen des Bundes in ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit dem Namen Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DB AG) überführt. Die Deutsche Bahn AG hat also keinen Behördenstatus mehr, sondern muss sich als Unternehmen im Verkehrsmarkt behaupten. Das Streckennetz wurde weitgehend auf die Deutsche Bahn AG übertragen.
Technische Entwicklung
Erste Fahrzeuge und deren Weiterentwicklung
- Johann Friedrich Krigar baut 1815 in der Königlichen Eisengießerei Berlin eine Kopie der Dampflokomotive von John Blenkinsop für die Königshütte in Oberschlesien. Bei der Ankunft der zerlegten Maschine am 23. Oktbober 1816 in Gleiwitz stellt sich jedoch heraus, daß die Spurweite gegenüber dem Gleis zu klein bemessen ist. Außerdem erweist sich die Maschine als zu schwach, auch ein Umbau und eine Fahrt auf einer Versuchsstrecke bringen keine überzeugenden Ergebnisse. Die Maschine wird dann als stationäre Dampfmaschine bei einer Zinkhütte verwendet.
- Eine zweite, größere Lok wird von der der Königlichen Eisengießerei Berlin für das Saarland 1817 fertiggestellt und im Februar 1819 auf dem Wasserweg über Hamburg und Amsterdam nach Völklingen geliefert. Auch sie erfüllt trotz einiger Ausbesserungen und einigen Fahrten auf einem Probegleis die Erwartungen nicht.
- Die 1835 als erste in einem deutschen Land auf der Bayerischen Ludwigsbahn verwendete Lokomotive Adler ist die 118. Maschine aus Robert Stephensons Werkstatt und hatte die Bezeichnung "Patentee", da die Bauart unter Patentschutz stand. Sie hat die Achsfolge "1A1", die damit lange Zeit der Standardtyp deutscher Bahnen wurde.
- 1838 baut Johann Andreas Schubert bei der Maschinenbaufirma Übigau bei Dresden die "Saxonia" mit der Achsfolge "B", die erfolgreich zum Einsatz kommt.
- 1839 baute die Gutehoffnungshütte in Oberhausen-Sterkrade die erste Dampflok des Ruhrgebiets, die "Ruhr".
- 1840 stellt August Borsig im preußischen Berlin seine erste Dampflokomotive vor, die "Borsig". Diese zeigt sich in einer Wettfahrt einer von Stephenson gebauten Lokomotive deutlich überlegen.
- 1879 stellt Werner von Siemens die erste gebrauchstaugliche Elektrolokomotive vor.
- Für ihre schnellen Kurirzüge (Courirzug) ab den 1850er Jahre mit ausschließlich Abteilwagen führt die preußische Staatsbahn 1892 neue 4-achsige Durchgangswagen mit vom Seitengang abgehenden Abteilen und wettergeschützten Übergängen zwischen den Wagen ein (Erfinder Edmund Heusinger von Waldegg 1817 - 1886). Von diesen neuen Durchgangswagen leitet sich die Bezeichnung D-Zug für Schnellzüge ab.
- 1895 wird die Strecke Meckenbeuren-Tettnang als erste elektrisch betriebene Vollbahn in Deutschland in Betrieb genommen.
- 1897 werden für die K.P.E.V. die ersten Lokomotiven (eine S 3 und eine P 4) mit Flammrohr-Überhitzer geliefert.
- 1903 erreicht ein von der AEG gebauter Triebwagen mit Drehstromantrieb auf Versuchsfahrten zwischen Berlin-Marienfelde und Zossen eine Geschwindigkeit von 210 km/h.
1925: Die Einheitsdampflokomotiven
Nach dem Zusammenschluss der Länderbahnen zur Deutschen Reichsbahn umfasste der Lokomotivbestand der neuen nationalen Bahngesellschaft mehr als 200 verschiedene Typen und Bauarten von Dampflokomotiven. Eine freizügige Verwendung der Lokomotiven innerhalb des Bahnnetzes war damit erheblich behindert und die Wartung und Instandhaltung durch das Vorhalten sehr vieler unterschiedlicher Ersatzteile sehr aufwendig.
Hinzu kam, dass durch die umfangreichen Reparationsleistungen aufgrund des verlorenen Weltkrieges 1914 - 18 der Fahrzeugpark der deutschen Bahnen unabhängig von der Typenvielfalt erheblich reduziert war. Es ergab sich daraus ein Bedarf zum Neubau und sinnvollerweise auch einer Vereinheitlichung der neu zu beschaffenden Maschinen. Wirtschaftliche Aspekte und die Absicht, die Hauptstrecken einheitlich für eine Achslast von 20 t auszubauen, führten dazu, nicht die bewährtesten Typen der Länderbahnen als Einheitsbauart für das ganze Reich nachzubauen, sondern neue Lokomotivtypen zu entwickeln. So entstanden die Einheitslokomotiven der Deutschen Reichsbahn, von denen die ersten im Jahre 1925 gebaut wurden
Schnellverkehr und Hochgeschwindigkeitsverkehr
Geschwindigkeitssteigerungen bis 1914
- 1903 Die AEG und Siemens & Halske führen bei Berlin Schnellfahrversuche mit Drehstrom-Schnelltriebwagen durch, die erreichte Spitzengeschwindigkeit beträgt 210 km/h.
- 1907 Eine Lokomotive der Baureihe S 2/6 der Königlich Bayerischen Staatsbahn stellt mit 154 km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord für Dampflokomotiven auf.
- Mit dem D-Zug wird im Jahr 1914 die Reisegeschwindigkeit auf fast 90 km/h gesteigert. Gleichzeitig steigt mit wachsender Industrialisierung auch der Güterverkehr an und die Eisenbahn beherrscht fast den gesamten Fernverkehr. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahre 1914 unterbleiben jedoch Instandsetzung und technische Fortentwicklung.
Schnellverkehr der 1930er Jahre
Mit einem "Schienenzeppelin" genannten Propellertriebwagen erreicht der Ingenieur Franz Kruckenberg auf der Strecke Hamburg-Berlin bei einer Versuchsfahrt 21. Juni 1931 eine Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h.
Ab 15. Mai 1933 verkehrt der Dieselschnelltriebwagen „Fliegender Hamburger“ der Deutschen Reichsbahn (DRG) planmäßig zwischen Berlin Lehrter Bahnhof und Hamburg Hauptbahnhof. Für die 286 km lange Strecke benötigt er 138 Minuten, eine Zeit, die danach erst 64 Jahre später im Mai 1997 von einem anderen Zug, dem ICE-Zug der Deutschen Bahn AG wieder erreicht wird.
Jeder der beiden Wagen des Triebzugs hat einen Maybach-Zwölfzylinder-Dieselmotor mit daran angeschlossenem Gleichstrom-Generator und elektrischen Tatzlager-Fahrmotoren. Mit einer Leistung von 2 x 410 PS (2x302 kW) wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreicht. Der "Fliegende Hamburger" war der Prototyp für die weiteren Schnelltriebwagen der Baureihe SVT 137 Bauart "Hamburg", "Leipzig", "Köln" und "Berlin".
Der Henschel-Wegmann-Zug ist eine komplette dampfbetriebenen Zuggarnitur der Deutschen Reichsbahn in den 1930er Jahren, bei der die Wagen von der Firma Wegmann und die zugehörigen Dampflokomotiven der Baureihe 61 von der Firma Henschel, beide in Kassel, gebaut wurden. Sowohl die Lokomotive als auch die Wagen sind stromlinienförmig verkleidet. Als Wendezug verkehrte er fahrplanmäßig ab Juni 1936 zwischen Berlin Anhalter Bahnhof und Dresden in einer Fahrzeit von 100 Minuten. Der Bau des Zuges war eine Reaktion der Lokomotiv- und Waggonbauindustrie auf die neuen Schnelltriebwagen und zeigte, dass auch die Dampftechnik bei den neuen Geschwindigkeiten mithalten konnte.
Eine ähnliche Zuggarnitur wie der "Henschel-Wegmann-Zug" wird von der Lübeck-Büchener Eisenbahn mit Doppelstockwagen zwischen Hamburg und Lübeck-Travemünde auch als Wendezug betrieben.
1936 Die Lokomotive Nr. 002 der Baureihe 05 der Deutschen Reichsbahn stellt mit 200,4 km/h einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für Dampflokomotiven auf. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für die stromlinienverkleideten Dampflokomotiven der Baureihen 01, 03 und 05 wird auf 175 km/h festgelegt.
Bis 1939 entstand ein 6000 Kilometer umfassendes Netz von Schnellfahrverbindungen.
Hochgeschwindigkeitsverkehr
1954 wurde die Trans Europ Express - Kommission mit Sitz in Den Haag gegründet mit dem Ziel, ein europäisches Netz besonders komfortabler und schneller 1.-Klasse-Züge aufzubauen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch die Deutsche Bundesbahn. 1957 wurde der Zugbetrieb mit jeweils ländereigenen modernen Diesel- und Elektrotriebzügen aufgenommen. Die Züge hatten eine einheitliche rot-beige Lackierung. Die Deutsche Bundesbahn ließ auf den „TEE“-Strecken ihren speziell gebauten Dieseltriebzug der Baureihe VT 11.5 fahren. 1979 wurden die meisten TEE in Deutschland durch InterCity-Züge mit zwei Wagenklassen ersetzt. 1987 wurde die letzten TEE Verbindungen eingestellt. Gleichzeitig wurde mit dem EuroCity eine neue europäische Zuggattung für Qualitätszüge mit 1. und 2. Klasse eingeführt.
Der erste InterCity der damaligen Deutschen Bundesbahn fuhr 1971. Die Züge hatten zunächst nur Plätze der 1. Wagenklasse und verkehrten im 2-Stunden-Takt. 1979 wurden unter dem Slogan Jede Stunde, jede Klasse in allen Zügen auch Wagen der 2. Wagenklasse und auf den meisten Strecken ein einstündiger Takt eingeführt.
Nachdem die französische Staatsbahn SNCF mit dem TGV 1981 eine Hochgeschwindigkeitsverbindung mit 270 km/h zwischen Paris und Lyon einrichtet, entwickelt die Deutsche Bundesbahn ab 1986 einen eigenen Hochgeschwindigkeitszug, den ICE (InterCity Express). Als erste ICE-Züge verkehren ab 1991 die Triebkopfzüge der Baureihe 401 (ICE 1). Ab 1995 geht die Nachfolgebaureihe 402 als ICE 2 in Dienst, die als kuppelbare Halbzüge ausgeführt sind.
Seit 1990 wurden folgende Schnellfahrstrecken in Betrieb genommen:
- 2. Juni 1991: Hannover – Würzburg und Mannheim – Stuttgart, zeitgleich wurde der ICE eingeführt.
- September 1998: Hannover – Berlin
- 1. August 2002: Köln – Frankfurt am Main
Zugsicherung und Zugleitung
In Deutschland wird das erste Stellwerk, von dem aus Weichen und Signale ferngestellt und zentral gesichert werden konnten, 1867 von der englischen Firma Saxby & Farmer in Stettin in Betrieb genommen. Um 1930 hat sich eine einheitliche Bauart mechanischer Stellwerke herausgebildet.
Um 1940 werden zunehmend elektrische Schaltelemente eingesetzt, aus den unterschiedlichen Bauformen bildet sich 1943 das elektromechanische Einheitsstellwerk E43 heraus, bei dem die Hebelmechanismen durch elektrische Schalter ersetzt sind.
1948 übergibt die Siemens AG, Braunschweig, das erste voll einsatzfähige Gleisbildstellwerk (Relaisstellwerk) an die seinerzeitige Bahnverwaltung.
Eine von außen gesteuerte Zwangsbremsung bei Überfahren eines „Halt“-Signals wird 1954 von der Deutschen Bundesbahn unter dem Namen „Indusi - Induktive Zugsicherung" eingesetzt.
Ab 1975 wird die Linienzugbeeinflussung (LZB) bei Zügen mit Geschwindigkeiten über 160 km/h eingesetzt. Hierbei überwacht eine Streckenzentrale (Zentralrechner) die Zugfahrt über einen im Gleis verlegten Linienleiter. Über diese Verbindung melden die Fahrzeuge ihre Position und Geschwindigkeit an die Streckenzentrale. Diese berechnet für jeden Zug individuelle Fahrbefehle und zeigt dem Triebfahrzeugführer über die LZB die Stellung der nächsten Signale bzw. den nächsten Geschwindigkeitswechsel an. Im Fahrzeug wird die Einhaltung der Fahrbefehle überwacht.
Einheitselektrolokomotiven und Elektrifizierung bei der DB
Nach dem zweiten Weltkrieg reichen in der Bundesrepublik Deutschland die vorhandenen Elektrolokomotiven für den Betrieb des süddeutschen Netzes zunächst aus. 1950 beschliesst die Bundesbahn, für die Ausdehnung des elektrischen Netzes die Neubeschaffung zweier Grundtypen: Einer sechsachsigen Güterzuglok auf Basis der Baureihe E 94 und einer Mehrzwecklok, die sich an die Baureihe E 44 anlehnt. Die Führerstände sollen so gebaut werden, dass die Lokführer ihre Arbeit sitzend verrichten können. Ab 1952 liefern alle namhaften Lokomotivfabriken in Deutschland zunächst insgesamt fünf Versuchslokomotiven der Baureihe E 10.0.
Das Versuchsprogramm zeigt, dass zwei Typen von E-Loks nicht ausreichen, um allen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Das überarbeitete Typenprogramm enthält nun die Schnellzuglok E 10, die mit einer anderen Getriebeübersetzung als Güterzuglok Baureihe E 40 gebaut werden kann, die Nahverkehrslok Baureihe E 41 und die schwere Güterzuglok Baureihe E 50.
Alle Lokomotiven des Einheitslokomotivprogramms folgen einheitlichen Konstruktionsgrundsätzen. Die Drehgestelle sind geschweißte Kasten-Konstruktionen mit Drehzapfen. Bei der E 50 sind diese dreiachsig (mit asymmetrischer Achsanordnung zwecks besserem Kurvenlauf) ausgeführt, sonst zweiachsig. Die ebenfalls geschweißten Lokkästen unterscheiden sich im wesentlichen nur durch ihre Länge und die Anordnung von Seitenfenstern und Lüftergittern. Der Rahmen stützt sich über Schraubenfedern und Gummielemente auf die Drehgestelle ab.

Später erfolgen vor allem Modifilkationen der Schnellzuglok E 10 für höhere Geschwindigkeiten, die Baureihe 110.3 verwendet den Lokkasten der E 10.12 mit stärker hervorgezogener "Bügelfalten"-Stirnfläche. Weiter wurden als Nachfolgebaureihe für die Baureihe E 50 die DB Baureihe 151 mit einer auf 120 km/h gesteigerten Höchstgeschwindigkeit aufgelegt.
In den 1960er Jahren wird die Elektrifizierung des Streckennetzes forciert. Im Jahre 1963 ist der Umfang des elektrifizierten Strecken auf 5000 km angewachsen.
1977 stellt die Deutsche Bundesbahn in Westdeutschland den Dampflokomotiv-Betrieb ein.
Siehe auch
- Portal Bahn
- Geschichte der Eisenbahn in Österreich
- ÖBB-Geschichte
- Geschichte der Schweizer Eisenbahn
Literatur
- Koch, Edwin, Geschichte der deutschen Eisenbahnpolitik, Leipzig 1911
- Kittel, Theodor, Der Plan eines "Bundes der deutschen Staatseisenbahnen" in "Archiv für Eisenbahnwesen" 64, (1941)
- Krueger, Alexander, Zur Geschichte des Bismarckschen Reichseisenbahnprojekts vom Jahre 1876, Berlin 1909
- Lagatz, Zur Geschichte des Reichseisenbahngedankens in: Archiv für Eisenbahnwesen 43 (1920)
- Mohl, Moriz, Die Frage von Reichseisenbahnen, Stuttgart 1876
- Ottmann, Karl, Die Eisenbahn in ihrem Verhältnis zum Staat, in: Archiv für Eisenbahnwesen 7 (1963)
- Ref. jur. Thilo Brennemann, Die Entwicklungdes Staatsbahngedankens, Seminararbeit 1999