Tornado

Ein Tornado, auch Großtrombe oder Wind- oder Wasserhose, amerik. Twister genannt, ist ein heftiger Luftwirbel in der Erdatmosphäre, der den Erdboden berührt und dort eine fast senkrechte "Drehachse" aufweist. Die Begriffe Wind- und Wasserhose bezeichnen im deutschen Sprachraum Tornados über Land bzw. Wasser, gelten aber als veraltet.
Entstehung
Die Entstehung von Tornados ist bis heute nicht eindeutig geklärt und kann während des ganzen Jahres erfolgen. Voraussetzung für die Entstehung ist einerseits eine labile Luftmasse, die bodennah feucht und warm in der Höhe aber kühl und trocken ist, zum anderen eine starke Windscherung, d.h. eine Zunahme der Windgeschwindigkeit und Änderung der Windrichtung mit der Höhe. Diese Wetterbedingungen ermöglichen die Bildung rotierender Gewitterzellen (Superzellen), welche sich durch Langlebigkeit (mehrere Stunden) und heftige Begleiterscheinungen, wie großem Hagel, Sturzregen und Gewitterfallböen bis über 200 km/h auszeichnen. Bei ca. 30 % aller Superzellen kommt es zur Bildung von Tornados. Eine weiterer Entstehungsmechanismus setzt keine Superzelle voraus - hier wird eine vorhandene bodennahe Rotation durch einen darüber befindlichen Aufwind einer Schauer- oder Gewitterwolke verstärkt. Unter diesen eher schwächeren Tornadotyp fallen auch die meisten Wasserhosen. Tornados entstehen über Land am häufigsten im Frühsommer, wobei das Maximum mit zunehmenden Breitengraden später auftritt. Über Wasser wird das Maximum im Spätsommer erreicht, da dann die Wassertemperaturen am höchsten sind.
Größe und Aussehen
Ein sich bildender Rüssel oder Schlauch ist zunächst fast unsichtbar. Erst wenn durch den sinkenden Druck im Inneren des Wirbels Wasserdampf kondensiert oder der Boden erreicht und Staub oder Wasser aufgewirbelt wird, tritt der Wirbel auch optisch in Erscheinung. Das muss aber nicht in jedem Fall passieren. Der Durchmesser kann einige Meter bis hin zu 500 m, sogar bis über 1 km betragen. Bei großen Durchmessern treten nicht selten mehrere Wirbel auf, die um ein gemeinsames Zentrum kreisen, was als Multivortex-Tornado bezeichnet wird.
Lebensdauer und Geschwindigkeiten
Die Lebensdauer eines Tornados beträgt zwischen wenigen Sekunden bis hin zu über eine Stunde, durchschnittlich liegt sie unter 10 Minuten. Die Vorwärtsbewegung eines Tornado beträgt im Mittel etwa 50 km/h, die interne Rotationsgeschwindigkeit des Windes ist jedoch wesentlich höher. Diese Rotationsgeschwindigkeit ist für die verheerenden Verwüstungen verantwortlich, die ein Tornado hinterlassen kann. Die höchste je registrierte Windgeschwindigkeit innerhalb eines Tornados wurde am 03. Mai 1999 in Oklahoma (USA) mit einem Doppler-Radar gemessen. Sie liegt mit 510 km/h wesentlich über Beaufort 12 und ist damit die höchste je gemessene Windgeschwindigkeit auf der Erdoberfläche überhaupt.
Klassifizierung
Die Klassifizierung erfolgt nach der Fujita-Tornado-Skala, welche über die Windgeschwindigkeit definiert ist. In der Praxis wird letztere aber mangels direkter Messungen anhand der vom Tornado verursachten Schäden geschätzt. In den USA sind ca. 88% der beobachteten Tornados schwach (F0, F1), 11% stark (F2,F3) und unter 1% verheerend (F4,F5). Diese Verteilungsfunktion ist weltweit sehr ähnlich.
Verbreitung
Tornados werden weltweit überall da beobachtet, wo es auch Gewitter gibt. Schwerpunkte sind Regionen mit fruchtbaren Ebenen in den Subtropen bis in die gemäßigten Breiten; an erster Stelle der Häufigkeit nach der Mittlere Westen der USA, wo die klimatischen Bedingungen für die Bildung von Schwergewittern und Superzellen sehr günstig sind. Daneben aber auch in Argentinien, Mittel- und Süd- und Osteuropa, Südafrika, Bengalen, Japan und Australien.
Häufigkeit
Jährlich werden in Deutschland etwa 10 Tornados registriert, in den USA liegt die Zahl bei 1200 Tornados pro Jahr. Die meisten Tornados entstehen in Texas, Oklahoma, Kansas und Nebraska (Tornado Alley). Dort sind es etwa 500-600 jedes Jahr.
Wie in den USA sind auch die meisten europäischen Tornados schwach. Verheerende Tornados sind zwar selten, doch sind bisher sieben F4- und zwei F5-Ereignisse aus Deutschland bekannt. Letztere wurden bereits von Alfred Wegener 1917 in einer Arbeit zur Europäischen Tornadoklimatologie beschrieben. Neben den beobachteten Tornados in Deutschland gibt es eine hohe Dunkelziffer vor allem schwächerer Ereignisse. Schätzungen ergeben eine Gesamtzahl von ca. 30 Fällen pro Jahr, wobei mit einem F2 etwa jährlich, mit einem F3 alle fünf und einem F4 alle 20 bis 30 Jahre gerechnet werden muß. Ein F5 ist ein Jahrhundertereignis oder noch seltener.
Beispielfälle starker und verheerender Tornados aus Deutschland
Diese Auswahl zeigt signifikante Ereignisse (F2 - F5), die aufgrund von Erscheinung oder Jahreszeit von Interesse sind.
F2 | F3 | F4 | F5 |
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13.01.2004 Assel (Gemeinde Drochtersen bei Stade) | 10.06.2003 Acht bei Mayen | 10.07.1968 Pforzheim, 2 Tote, über 200 Verletzte z.t. lebensgefährlich, 1750 Häuser beschädigt | 23.04.1800 Hainichen (Erzgebirge) |
12.06.2002 Wittenberg, Tornado zerstört u.a. Dach eines Einkaufszentrums, auf Video dokumentiert | 05.05.1973 Kiel, 1 Toter | 01.07.1927 Auen-Holthaus (Emsland), verheerende Schäden, Kühe durch die Luft gewirbelt | 29.06.1764 Woldegk (Mecklenburg) |
Weblinks
- http://www.tordach.org (Kompetenzzentrum für lokale Unwetter in D, A, CH)