Emissionsrechtehandel
Der Emissionsrechtehandel ist ein Instrument der Umweltpolitik mit dem Ziel des Klimaschutzes. Er stützt sich auf das Coase-Theorem und wurde von Harold Demsetz beschrieben.
Grundgedanke
Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass viele Schadstoffe nicht nur lokal wirken, sondern großräumig, so dass die Minderung von Emissionen nur über große geografische Räume betrachtet und bewertet werden kann.
Die anthropogene - vom Menschen verursachte - Emission von Treibhausgasen, also Gasen, die zu einer Erwärmung der Erdatmosphäre beitragen, soll weltweit reduziert werden, um eine drohende Klimaveränderung noch abwenden zu können bzw. deren Fortschreiten auszubremsen.
Der "prominenteste" Vertreter der Treibhausgase und gleichzeitig dasjenige mit dem mengenmäßig größten Ausstoß ist Kohlendioxid (CO2). Im Hinblick auf die Klimaveränderung sind weitere Gase von Bedeutung, wobei manche trotz geringer Mengen einen großen Anteil am Treibhauseffekt haben. Die Bemessung dieses Anteiles geschieht mit Hilfe des sog. GWP Wertes (GWP = Global Warming Potential) der, bei Betrachtung gleich vieler Moleküle eines Treibhausgases, angibt um wieviel dieses schädlicher (also reagibler) ist als CO2, welches den GWP Wert 1 aufweist. So ist der GWP-Wert von Methan ~ 23, der von Lachgas 296, und der von SF6 ist 22200.
verursachten Treibhauseffekt | ||
Kohlendioxid | CO2 | |
Methan | CH4 | |
Distickstoffoxid | N2O | |
Schwefelhexafluorid Fluorkohlenwasserstoffe Perfluorierte Kohlenwasserstoffe u.a. |
SF6 diverse |
Deswegen ist im Kyoto-Protokoll, das die Bestimmungen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen konkretisiert, vereinbart worden, wie viele dieser klimawirksamen Gase einzelne Länder bzw. Ländergruppen emittieren dürfen und zu welchen Minderungsschritten innerhalb eines bestimmten Zeitplanes sie sich verpflichten.
Im Kyoto-Protokoll haben sich die Industrieländer auf eine weltweite Reduzierung der Emissionen an Treibhausgasen um 5,2% gegenüber 1990 verständigt. Europa hat sich bereit erklärt, seine Emissionen an Treibhausgasen um 8% (ca. 0,35 Mrd. Tonnen) gegenüber 1990 zu verringern. Dieses Reduzierungsziel wird auf die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft unterschiedlich verteilt (burden sharing). Deutschland trägt mit etwa 75% des europäischen Minderungsziels die Hauptlast und muss seine Treibhausgasemissionen um 21% gegenüber 1990 reduzieren. Durch die Wiedervereinigung und dem daraus folgenden Zusammenbruch der Ostindustrie sind aber bereits heute schon 18 % erreicht.
Ausgangslage
Mit dem herkömmlichen Instrumentarium (in Deutschland das Bundes-Immissionsschutzgesetz) wären solche mengenmäßigen Ziele kaum oder nur unter großen Schwierigkeiten zu erreichen. Theoretisch könnten die Verwaltungsbehörden jedem Unternehmen auf Antrag eine Erlaubnis für die Emission bestimmter Mengen klimawirksamer Gase erteilen. Neben rechtlichen Problemen, die eine solche Vorgehensweise hätte, spricht vor allem die Überlegung dagegen, dass die Minderung von Emissionen klimawirksamer Gase je nach Branche bzw. je nach industrieller Technik sehr unterschiedliche Kosten verursacht. Wer zu welchen Kosten wieviel Emissionen vermeiden kann, wissen jedoch die Unternehmen selbst sehr viel besser, weil sie ihre eigene Technik, ihre eigenen Prozesse und deren Weiterentwicklungsmöglichkeiten kennen.
Effiziente Ausgestaltung
Da es also nur um die möglichst effiziente Verteilung einer mengenmäßig feststehenden Reduktion klimawirksamer Gase geht, wird die einem Land zugeteilte Berechtigung zur gesamten Emission – ähnlich wie die Stückelung von Unternehmenskapital in Aktien – aufgeteilt in so genannte Emissionszertifikate (im deutschen Recht – z. B. TEHG, ZuG, ZuV – Emissionsberechtigungen genannt), die die Emission bestimmter Mengen klimarelevanter Gase gestatten. Diese werden nach Maßstab der bisherigen Emissionen an die Unternehmen vergeben (so genannter „nationaler Allokationsplan“). Unternehmen, die mehr Zertifikate benötigen, müssen sie von anderen Unternehmen kaufen, die weniger benötigen, weil sie ihre Reduktionsverpflichtung schon weitergehend erfüllt haben. Es ist also den Unternehmen freigestellt, wie schnell oder langsam sie ihre Reduktionsverpflichtungen erfüllen wollen und die damit verbundenen technischen Umstellungen in ihre sonstigen Innovationspläne einpassen. Diese Frage wird marktwirtschaftlich anhand der sich herausbildenden Marktpreise für die Zertifikate entschieden werden.
Jedem Marktteilnehmer ist es nun freigestellt, eine Emissionszertifikat zu erwerben oder aber umweltfreundlichere Technologien einzusetzen.
Der Emissionsrechtehandel stellt also ein effizientes Mittel dar, die negativen externen Effekte von Gütern, die nicht der Ausschließbarkeit unterliegen, zu internalisieren, indem man sich der effizienten Verteilung unter Ausnutzung der Effekte des Marktes bedient.
Die Internalisierung von externen Effekten wurde von Ronald Coase untersucht. Für diese und andere Leistungen wurde er 1991 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.
Die praktische Einführung des Emissionsrechtehandels stellt den Übergang von einer Situation, in der Emissionen ein "freies" kostenloses Gut waren zu einem Zustand, in dem Emissionsberechtigungen "knapp" sind und damit einen Preis haben. Diesen Übergang so zu gestalten, dass Unternehmen wenigstens die Chancen haben sich auf die neuen Kosten einzustellen war die Aufgabe der nationalen Gesetzgeber in 2004. Im Rahmen des europäischen Treihausgashandelssystems (EU - ETS Emission Trading Scheme) war den einzelnen Mitgliedsstaaten dabei ein relativ großer Spielraum gewährt eigene Lösungen auszuprobieren. In Deutschland wurde im Grundsatz der Ansatz gewählt, die CO2-Emissionen der Unternehmen in den Jahren 2000-2002 zu betrachten und ihnen jährlich etwa 97% der durchschnittlichen damaligen Emissionen als Berechtigung "kostenfrei" zuzuteilen. Das bedeutet, dass im Falle normalen Wachstums ein Unternehmen für das Jahr 2005 etwa 5% bis 10 % CO2 einsparen oder Berechtigung hinzukaufen muss. Neben dieser grundsätzlichen Regelung sehen die deutschen Vorschriften umfangreiche Sonder- und Ausnahmeregelungen vor.
Kritik wurde u.a. an den unterschiedlichen Zuteilungsregelungen der einzelnen europäischen Staaten geäußert, der gleichartige Unternehmen in den einzelnen Staaten unterschiedlich belastete.
Europaweit wurde ein Emissionsrechtehandelssystem für CO2 am 1. Januar 2005 eingeführt (teilweise mit einigen Verzögerungen). Die CO2 Emissionsberechtigungen werden z.B. in Deutschland an der Leipziger Börse gehandelt (www.eex.de). Die Preise für die Berechtigung zum Ausstoß von einer Tonne CO2 (1 EUA = EUropean Allowance) entwickelten sich von ca. 6 Euro Anfang 2005 auf ca. 20 Euro (August 2005) wobei sie zwischenzeitlich fast 30 Euro erreichten. Eine solche Höhe hatten wenige Experten erwartet. Die deutlichen Kosten für Emissionsberechtigugen stellen für die betroffen Unternehmen einen starken Anreiz dar, CO2-Emissionen zu vermeiden - bis hin zur Diskussion den Betrieb ganz oder zumindest zeitweise einzustellen. Je nach Branche, Art des Zuteilungsantrags und Ausnahmeregelungen, fallen die Belastungen durch den CO2-Handel sehr unterschiedlich aus bis hin zur Grenze der Existenzgefährdung.
Bewertung
Der Emissionsrechtehandel wird von Experten überwiegend als geeignetes Instrumentarium beurteilt. In einer Befragung von Wirtschaftswissenschaftlern, die in Unternehmungen, beim Staat und in Hochschulen tätig waren, stimmten 78 % der Befragten der These zu, dass Steuern und marktfähige Emissionszertifikate einen besseren Ansatz für die Beschränkung von Emissionen bilden, als die Festlegung von Schadstoffobergrenzen (Quelle: Richard M. Alston, J. R. Kearl, and Michael B. Vaughn, Is There Consensus among Economists in the 1990s? American Economic Review, May 1992, 203-209).
Als positiv ist insbesondere zu bewerten, dass der Emissionsrechtehandel sich administrativ sehr einfach abwickeln lässt und dennoch zu Effizienz führt.
Positiv ist auch, dass ein Ziel festgelegt wird und nicht der (möglicherweise ineffiziente) Weg zum Ziel. Auf diese Weise entsteht technischer Fortschritt hin zur besten Lösung (→ Verfahrensfortschritt).
Ein Problem bei der Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels besteht in Umweltverschmutzungen, die erst bei lokaler Konzentration ihre Wirkung entfalten. Eine lokale Ausgestaltung des Emissionshandels ist aber erschwert, insbesondere wenn man lokal unabhängige Emissionsträger wie Fahrzeuge betrachtet.
Auch wird der Aufwand zur Kontrolle tatsächlich freigesetzer Umweltverschmutzung oft vernachlässigt.
Eine Alternative zum Emissionsrechtehandel stellt die Pigou-Steuer dar.
Der Ausgabemodus der Zertifikate entscheidet darüber, ob ein Emissionshandel möglich wird, ob die Marktzutrittsschwelle für Unternehmensneugründungen erhöht wird, oder ob Konzerne von der Verzögerung anstehender Investitionsentscheidungen profitieren werden. Die Emissionsreduktion beginnt bei kontinuierlicher Abwertung der Emissionszertifikate. Der verstärkte Handel wird erst bei der Abwertung der Zertifikate einsetzen.
Der Anteil der kostenlosen Zuteilung steigt mit der Verknappung in seinem Wert und führt zu hohen Profiten in den damit ausgestatten Industrien, aktuell ist dieser Effekt schon in der Elektrizitätswirtschaft zu beobachten: Der gesamte Strompreis orientiert sich rein marktwirtschaftlich an den stark steigenden Grenzkosten (hohe Preise für Neuzertifikate) und damit steigen die Gewinne aus der Stromproduktion, besonders natürlich für jenen Teil der aus der Gratiszuteilung stammt. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Pigou-Steuer nicht effizienter und gerechter wäre.
Rechtliche Grundlagen
Rechtliche Grundlage für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in Europa ist die sog. Emissionshandels-Richtlinie 2003/87/EG, die, zusammen mit ergänzenden Vorgaben, von den europäischen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden musste. Artikel 9 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis zum 31. März 2004 Nationale Zuteilungspläne (Allokationspläne) zu veröffentlichen und der EU-Kommission sowie den übrigen Mitgliedstaaten zu übermitteln. Aus dem Nationalen Allokationsplan (NAP) muss hervorgehen, wie viele Emissionszertifikate der Mitgliedstaat im Dreijahreszeitraum 2005 – 2007 (erste Handelsperiode) insgesamt zuzuteilen beabsichtigt und wie diese Zertifikate auf die betroffenen Anlagen verteilt werden sollen. Betroffene Anlagen sind in erster Linie Anlagen zur Energieerzeugung und ausgewählte industrielle Bereiche (u.a. Stahlerzeugung, Zementherstellung, Papierindustrie).
Die Bundesrepublik Deutschland hat am 31. März 2004 ihren Nationalen Allokationsplan bei der Europäischen Kommission eingereicht. Für die zwei Handelsperioden (2005 – 2007 und 2008 – 2012) wurden jährliche CO2-Emissionsziele von 859 Mio. Tonnen CO2 für die erste und 846 Mio. Tonnen CO2 für die zweite Handelsperiode festgelegt. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2000-2002 bedeutet das einen zusätzlichen Minderungsbedarf um rund 17 Mio. t bzw. 2 %.
Die rechtliche Grundlage für den deutschen Emissionsrechtehandel bildet das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG). Dieses wurde am 12. März 2004 vom Bundestag angenommen und, nach einer ersten Ablehnung im Bundesrat (2. April 2004), am 11. Juni 2004 vom Bundesrat verabschiedet. Das TEHG trat am 15. Juli 2004 in Kraft. Nach §4 TEHG bedarf die Freisetzung von Treibhausgasemissionen einer Genehmigung. Des Weiteren muss für jede emittierte Tonne CO2 eine Berechtigung in Form eines Emissionszertifikates vorliegen bzw. spätestens am 30. April des Folgejahres, also erstmals 2006, an die zuständige Behörde abgeben werden (TEHG §6 Abs. 1). Die Zertifikate konnten von den am Emissionshandel teilnehmenden Betrieben bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) in elektronischer Form mittels einer von der DEHSt zur Verfügung gestellten Software (RISA-GEN) beantragt werden. Spätestens mit dem Zuteilungsantrag muss auch der Genehmigungsantrag bei der jeweils zuständigen Landesbehörde gestellt worden sein. Nach § 4 Abs. 7 TEHG reicht es für Betreiber von Anlagen, die vor dem Inkrafttreten des TEHG, also vor dem 15. Juli 2004, nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) genehmigt wurden, innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des TEHG diese Anlagen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die §§5 und 6 Abs. 1 sind hier als Bestandteil der bestehenden Genehmigung anzusehen. In diesen Paragraphen sind Regelungen zur Ermittlung von Emissionen, Pflichten zur Verfassung von Emissionsberichten und zur Rückgabe von Zertifikaten in Höhe der emittierten Treibhausgasmengen enthalten. Die DEHSt teilt dann entsprechend den zur Verfügung stehenden gesamten CO2-Emissionsmengen anteilig CO2-Emissionszertifikate (Rechte zur Emission von CO2) für die erste Handelsperiode, also 2005 bis 2007, zu.
Die Zuteilung der Emissionszertifikate ist im Zuteilungsgesetz 2007 (ZuG), welches am 31. August 2004 in Kraft getreten ist, und der Zuteilungsverordnung (ZuV) - am 1. September 2004 inkraftgetreten - geregelt.
Mit der am 13. November 2004 in Kraft getretenen Linking Directive zur Richtlinie über den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten wird das EU-Emissionshandelssystem mit den zwei projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls, nämlich Joint Implementation und Clean Development Mechanism verknüpft. Damit können sich Anlagenbetreiber auch zusätzliche Emissionsrechte über Gutschriften sichern.
Politische Diskussion
In Deutschland ist die konkrete Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, angestoßen von der Kritik mancher Wirtschaftsverbände. Der Streit ist ein Beispiel für den in der Umweltpolitik häufig anzutreffenden Konflikt zwischen kurzfristigen Interessen (Umsatz, Kostenstabilität) und langfristigen Zielen wie der Verlangsamung der Globale Erwärmung. Diese Verlangsamung ist notwendig, damit sich die Menschheit auf die nicht mehr abwendbaren Folgen einstellen kann und Katastrophen infolge eines zu schnellen Klimawandels möglichst noch vermieden werden.
Nach einen langen und medienwirksamen Konflikt zwischen dem deutschen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und dem Bundesumweltminister Jürgen Trittin haben sich die Minister darauf in einer Koalitionsvereinbarung am 30. März 2004 geeinigt, die Kohlendioxidemissionen für Industrie und Energiewirtschaft bis 2007 auf 503 Millionen Tonnen pro Jahr zu begrenzen, bis 2012 auf 495 Millionen Tonnen. Das Umweltministerium hatte ursprünglich eine Begrenzung auf 488 beziehungsweise 480 Millionen Tonnen gefordert.
Gesetzgebungsverfahren
Das Gesetzgebungsverfahren für den CO2 Treibhausgashandel in Deutschland ist im wesentlichen abgeschlossen. Allerdings haben sich durch die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern erhebliche Verzögerungen in der Umsetzung ergeben.
Da Umweltschutz in der Hoheit in der Bundesländer liegt und die Bundesregierung 2004 so unter Zeitdruck stand, dass sie bei einer absehbaren Beteiligung des Vermittlungsausschusses des Bundesrates die von der EU Emissionshandelsrichtlinie gesetzten Fristen nicht mehr einhalten konnte, wurde im damaligen Entwurf des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) die Zuständigkeit der Abwicklung des CO2-Emissionshandels zweigeteilt.
Für die Genehmigung und Überwachung von CO2-Emissionen und Emissionsberichten sind die Bundesländer zuständig (wie bisher im Immissionsschutz auch). Für den Rest wurde eine zentrale Abteilung des Umweltbundesamtes (UBA) eingerichtet, die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt).
Ferner wurde definiert, dass die bisherigen "Betriebs"genehmigungen auf Grund des Bundes-ImmissionsschutzGesetz (BImSchG) die CO2-Genehmigungen beinhalten. Dies hatte zur Folge, dass die Unternehmen zwar formal eine CO2-Genehmigung hatten, diese aber keine Details beinhalteten, wie die CO2-Emissionen im speziellen Einzelfall zu bestimmen sind. So einfach, wie ursprünglich vielleicht angenommen, sind die Vorgaben der entsprechenden EU-Monitoring Guidelines nicht umzusetzen.
Abweichungen von der Vorgabend der EU-Monitoring Guidelines sind genehmigungspflichtig. Entsprechend hatten die meisten betroffenen Unternehmen auch die Beschreibung, wie sie CO2-Emissionen erfassen (die so genannten Monitoringkonzepte) den zuständigen Behörden der Bundesländer zur Billigung mitgeteilt.
Spätestens hier zeigten sich die Herausforderungen des bundesdeutschen Föderalismus. Hatten die Bundesländer beim Gesetzesgebungsverfahren noch für sich in Anspruch genommen, dass Genehmigung und Überwachung in ihre Zuständigkeit fiel, so weigerten sich Anfang 2005 etliche Bundesländer, insbesondere Bayern, die Monitoringkonzepte zu überprüfen, geschweige, denn rechtsverbindliche Bescheide auszustellen. Als positive Ausnahme ist Nordrhein-Westfalen hervorzuheben, das im Landes Umweltamt eine Expertengruppe bildete und auf ihren Internetseiten (LUA www.lua.nrw.de) den Unternehmen hilfreiche Informationen zur Verfügung stellte.
Um in der Praxis einen einheilichten Vollzug des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) in Deutschland zu gewährleisten wurde eine Bund-Länder Arbeitsgemeinschaft Emissionshandel gebildet, die kontinuierlich versucht die erforderlichen Themen abzuarbeiten.
Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie Anfang August 2005 nur im geringen Umfang Zusagen haben, ob die Art und Weise in der sie ihre CO2-Emissionen seit Anfang des Jahres ermitteln so von der Behörde akzeptiert wird.
Bei der Billigung der Monitoringkonzepte sind insbesondere die folgenden Anforderungskonflikte zu lösen:
- Die DEHSt hat ein hohes Interesse daran, dass die CO2-Emissionen so bestimmt werden, wie in den Zuteilungsanträgen im Herbst 2004. Hintergrund ist, dass Unternehmen nicht bevorteilt werden, weil u.U. ein Verfahrenswechsel systematisch zu niedrigeren berechneten CO2-Emissionen führen könnte. Dieser Anspruch DEHSt ist in etlichen FAQ´s auf den entsprechenden Internet-Seiten kommuniziert.
- Dem gegenüber schreiben die EU-Monitoring Guidelines ein hohes Niveau vor, das ständig zu verbessern ist. Im Sinne der Monitoring-Guidelines ist nicht zu vertreten, dass Schätzverfahren, die z.B. für den Zeitraum 2000-2002 angewendet werden mussten (weil man rückwirkend verbrannte Brennstoffe nicht mehr analysieren konnte und in den Jahren 2000 bis 2002 das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz nicht galt) weiter verwendet werden. Für 2005 lassen sich dagegen durchaus genauere Verfahren anwenden, die nach den Monitoring Guidelines auch angewendet werden müssten.
- Die Unternehmen wiederum haben ein Interesse daran, dass möglichst die vorhandenen Bestimmungseinrichtungen (z.B. Waagen) genutzt werden können und nicht technisch unmögliches gefordert wird, was in einigen Passagen der EU Monitoring Guidelines der Fall ist.
Zur Zeit (August 2005) ist noch nicht absehbar wie der Konflikt gelöst wird.
Ferner fehlen den Unternehmen noch Vorgaben in welcher elektronischen Form die Emissionsberichte abzugeben sind, wer die zugelassenen Sachverständigen sein werden, ...
Im schlimmsten (hoffentlich nicht eintretendem Fall) wird jedes Bundesland seine eigene Regelungen haben.
Ausblick
Der Emissionsrechtehandel wird nachhaltig auch den Endverbraucher tangieren. Da gerade in Deutschland ein hoher Anteil des Strombedarfs durch fossile Brennstoffe abgedeckt wird, wird der Emissionsrechtehandel die Preise für die Energieversorgung beeinflussen. Wurden in der ersten Handelsperiode die Zertifikate relativ großzügig verteilt, so wird für die zweite Periode wohl eine deutliche Verknappung stattfinden. Welche Auswirkungen der Emissionsrechtehandel auf die Wirtschaft und somit auch auf die Bürger haben wird, kann erst in den kommenden Jahren beobachtet werden. Unbestritten bleibt jedoch die Tatsache, dass der Ausstoß von Treibhausgasen drastisch reduziert werden muss. Ob der Emissionsrechtehandel der richtige Weg ist, wird sich in den nächsten Jahren herausstellen.
Folgende Grafik verdeutlicht den Zusammenhang bzw. die Korrelation zwischen dem CO2-Zertifikatpreis und Strompreis (future-base-2006). Datenquelle: www.EEX.de
Mechanismen und Märkte des Emissionsrechtehandels
Emissionsrechte werden über verschiedene Systeme gehandelt:
- Der Clean Development Mechanism (CDM), in Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll
- Das EU Emission Trading Scheme (ETS)
- Der Voluntary Market, der vor allem in den USA und Kanada verbreitet ist, aber mit zunehmend klarer Definition des CDM an Bedeutung verliert
- Chicago Climate Exchange, hierüber handeln insbesondere große Unternehmen, die kommerzielle Plantagen anlegen.
- European Energy Exchange in Leipzig, Strom und Emissionsrechte
Literatur
Bücher
- Wolf Fichtner: Emissionsrechte, Energie und Produktion. Verknappung der Umweltnutzung und produktionswirtschaftliche Planung, Erich Schmidt Verlag Berlin 2004, ISBN 3-503-08385-5
- Michael Lucht, Gorden Spangardt: Emissionshandel. Springer Verlag, Heidelberg, 2004, ISBN 3-540-21005-9
- Walter Frenz: Emissionshandelsrecht. Kommentar zum TEHG und ZuG. Springer Verlag, Heidelberg, 2005, ISBN 3-540-22818-7
- Rolf Linkohr, Alexandra Kriegel, Beatrix Widmer: Luftgeschäfte oder Wie der Handel mit Treibhausgasen die Energiepolitik verändert. etv, Essen, 2002, ISBN-3-925-349-39-1
- Zenke/Schäfer: Energiehandel in Europa. Verlag C.H. Beck München, 2005, ISBN-3-406-52443-5
- Lutz Wicke: Beyond Kyoto -- A New Global Climate Certificate System. Springer Verlag, Heidelberg 2005, ISBN 3-540-22482-3
Fachartikel
- Uwe Lahl, Norbert Salomon, Camilla Bausch, Christine Lucha: Datengrundlage Emissionshandel in Deutschland. Wasser, Luft, Boden 48(3-4), S. 16 - 17 (2004), ISSN 0938-8303
- Bernhard Kirchartz: Emissionshandel - Marktwirtschaft oder Ordnungsrecht?. wlb Wasser, Luft, Boden 48(6), S. 32 - 35 (2004), ISSN 0938-8303
- Anonymus: Deutsche Industrie steht dem Emissionshandel gelassen gegenüber. wlb Wasser, Luft und Boden 49(7-8), S. 40 - 43 (2005), ISSN 0938-8303
Weblinks
- EG-Richtlinie zum Emissionsrechtehandel (PDF-Datei)
- DEHSt Internetseite der Deutschen Emissionshandelsstelle mit Hintergrundinformationen, FAQ's und downloads der gesetzlichen Vorschriften
- TEHG auf www.bmu.de (PDF-Datei)
- ZuG auf www.bmu.de (PDF-Datei)
- ZuV auf www.bmu.de (PDF-Datei)
- Was hat es mit den handelbaren Emissionszertifikaten auf sich?
- Informationen des Bundesumweltministeriums zum Stand der Dinge
- www.sfv.de Aufsätze des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V., die sich kritisch mit der Effizienz des Emissionshandels, verglichen mit anderen energiepolitischen Instrumenten, auseinandersetzen
- Informative Website einer spezialisierten Anwaltskanzlei
- Handelsplattform für EU Allowances & gratis Newsletter zum Markt für Emissionsrechte
- Zusammenstellung von Informationen zum Thema Emissionshandel
- Die flexiblen Mechanismen im Kyoto-Protokoll (PDF)
- Informationen zum Emissionshandel in Österreich (Umweltbundesamt)