Hôtel Byron

Das Hôtel Byron war zwischen 1841 und 1933 ein bedeutendes Hotel in Villeneuve im Schweizer Kanton Waadt.
Geschichte
1837 bestätigte der Händler aus Vevey und Bürger von Veytaux Vincent Masson-Vallon in einem Brief an den ausführenden Architekten Jean Marc Louis Junod den Bau des Hotels.[1] Das 1841 eingeweihte[2] Gebäude befand sich gegenüber des Schloss Chillon nördlich des heutigen Stadtzentrums von Villeneuve am Seeufer des Genfer Sees.[3] An dieser Stelle hatte Aimon, Sohn von Thomas I. von Savoyen, im 13. Jahrhundert ein herzogliches Haus errichtet.[4] Das Hotel trug ab 1839 es den Namen von George Gordon Byron, genannt Lord Byron,[1] der 1824 verstorben war, jedoch mehrfach in der Region residiert hatte.[5] Es handelte sich um die erste in völliger Abgeschiedenheit erbaute Hotelanlage der Schweiz.[6] Im Verlauf des Jahres 1841 logierten 547 Familien im Byron.[7]
Johann Jacob Weber schrieb 1854, dass „der Erbauer bei seinem Unternehmen zu Grunde ging.“[8] Im Jahr 1843 berichtete die Allgemeine Zeitung München, dass Liebhaber des Hotels Aktien angenommen hätte und den Wechsel der Haupt-Direktion bezahlt hätten. Die Regierung des Kantons Waadt schätzte das Hotel auf 120.000 Schweizer Franken, Nebengebäude und Lehnshäuser auf weitere 27.000 Franken und das dazugehörige Landgut mit Rebland und Baumgärten auf 100.000 Franken. Dem Mobiliar wurde ein Wert von 56 Tausend Franken zugewiesen.[7] Das in klassischer Architektur gehaltene Gebäude war damals das größte Hotel an der Waadtländer Riviera.[1] Es verfügte über eine prächtige Halle[9] und wurde als Kurhotel genutzt.[10] 1848 wurde das Hotel von Reiseführern als veraltet eingestuft, was erst nach dem Bau eines Bades 1853 revidiert wurde.[1] Am 10. Juni 1857 wird mit dem Teilstück Lausanne–Brig der Simplonlinie ein Bahnanschluss in Villeneuve hergestellt, die Trasse verläuft unmittelbar zwischen Hotel und Seeufer. Um 1864 wird es von dem Norddeutschen Gustave Wolff geleitet,[11] der auch das Hôtel de l'Ecu in Genf übernahm.[12] Damals wurde es mit Parks und Gärten, Billard und einem Telegrafen-Büro beworben.[12] Doch sowohl Wolff, der die Geschäfte gemeinsam mit seinem Bruder führte, als auch ihr Nachfolger scheiterten, so dass es zwischenzeitlich geschlossen blieb.[13] 1868 spricht George Bradshaw jedoch von einer hohen Reputation und, von wöchentlichen English Church Services im Wechsel mit dem Hôtel des Alpes und Omnibus-Verbindungen vom Hotel zu allen am Bahnhof Villeneuve verkehrenden Personenzügen.[14]
Bereits vor 1876 wurde es an die lokale Gasversorgung angeschlossen, 1889 folgte der Ausbau der Elektrizität in der Region und 1898 wurde eine Zentralheizung und ein Aufzug installiert. Am 14. Dezember 1903 wurde die bestehende Straßenbahn der heutigen Transports publics Vevey–Montreux–Chillon–Villeneuve zwischen Vevey und Schloss Chillon über die Haltestelle Byron[15] am Hotel bis Villeneuve verlängert und verband es mit diesen touristischen Zentren.[1] 1912 wurde ein Nebengebäude mit Baderäumen erbaut, das heute noch erhalten ist.[1] Am 24. Januar 1933 wurde das Hauptgebäude durch eine verheerende Brandkatastrophe zerstört.[16] Am Platz des Hotels befindet sich heute die Seniorenresidenz Le Byron,[17] die Tramhaltestelle heißt inzwischen Clos du Moulin.
Rezeption und Gäste
Das noble Hotel erschien 1844 erstmals im Reiseführer Baedecker. Dieser rät jedoch bereits 1848 vom Besuch ab: „Zwischen Chillon und Villeneuve reckt das Hotel Byron, vor wenigen Jahren als großartiger Gasthof ausgefuhrt, aber rasch verfallen, seine öden Mauern in die Lüfte.”[18] Nach einer erfolglosen Zeit zählt die Beilage Der Sammler zur Augsburger Abendzeitung aus dem Jahr 1865 das Byron zu den weltberühmten Gasthöfen der Schweiz.[19] Hermanns Reimer betont 1869 die Eignung als Winterkurort, die frische, wundervolle Lage und den höchsten Komfort, bemängelt jedoch die Einsamkeit und die fehlende Morgensonne.[11] 1887 wird es in einem von George Bradshaw initiierten Führer[20] als first class hotel in vorzüglicher Lage bezeichnet, dass außerdem die am nächsten am Schloss Chillon gelegene Unterkunft sei.[21]
Als Gäste im Hotel residierten Franz Liszt[13], Otto von Bismarck[22] und Richard Wagner[23], der hier „eine sonderbare Katastrophe seines Schicksals erlebte.“[24] Giuseppe Garibaldi übernachtete im September Jahr 1867 vom Simplon-Pass kommend auf dem Weg nach Genf im Byron.[9][25] Victor Hugo erwog nach seinen Besuchen gar, das „Hotel mit dem reizenden Park“ zum Ruhesitz zu machen.[22] Außerdem wurde das Hotel von Edgar Quinet, Elisée Reclus, Gustave Courbet, Waldo Frank, Ossip Gabrilowitsch, Stefan Zweig und Thomas Masaryk und Rabindranath Tagore besucht.[13]
Der Jugendschriftsteller Jacob Abbott beschreibt in seinem Buch Rollo in Geneva, wie die Protagonisten den Park mit den breiten Schotterwegen, die Terrassen sowie die Feierlichkeiten der Gäste und den von Kindermädchen betreuten Nachwuchs betrachten.[26]
Literatur
- Roland Flückiger-Seiler: Hotelträume zwischen Gletschern und Palmen: Schweizer Tourismus und Hotelbau 1830-1920. Baden 2001, S. 105–107.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Hôtel Byron, Villeneuve (VD). In: htr hotel revue. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Roland Flückiger-Seiler: Hotel Paläste zwischen Traum und Wirklichkeit: Schweizer Tourismus und Hotelbau 1830-1920. 2003.
- ↑ Hôtel Byron auf der Siegfriedkarte. In: map.geo.admin.ch. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Louis Vulliemin, G.H Wehrli-Boisot: Der Kanton Waat: historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart: ein Hand- und Hausbuch für jedermann. Huber, 1847, S. 97 f. (books.google.de).
- ↑ Lord Byron auf montreux-vevey.com. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Hotelträume zwischen Gletschern und Palmen auf historischehotels.ch
- ↑ a b Beilage zur Allgemeinen Zeitung München, 1. Januar 1843. Auf books.google.de, abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Johann Jakob Weber: Illustrirter Alpen-Führer: Malerische Schilderungen des Schweizerlandes. 1854 (books.google.de).
- ↑ a b Fanny Lewald: Sommer und Winter am Genfersee: ein Tagebuch. S. 206 ff. (books.google.de).
- ↑ Max Wirth (Hrsg.): Allgemeine Allgemeine Beschreibung und Statistik der Schweiz. Buch 1. Das Land, S. 157 (books.google.de).
- ↑ a b Hermanns Reimer: Klimatische Winterkurorte mit besonderer Rücksicht auf die Winterstationen der Schweiz, Tirols, Oberitaliens und des südlichen Frankreichs: Ein Leitfaden für Aerzte u. Laien. Gg Reimer, 1869, S. 52 (books.google.de).
- ↑ a b Werbung in: John Murray: A handbook for travellers in Portugal: A complete guide for Lisbon, Cintra, Mafra, the British battle-fields, Alcobaça, Batalha, Oporto. J. Murray, 1864 (books.google.de).
- ↑ a b c Nineteenth Century Hotels In Switzerland, 1927. Abgerufen am 15. Dezember 2011
- ↑ George Bradshaw: Bradshaw's pedestrian route-book for Switzerland, Chamouni, and the Italian lakes. Hrsg.: John Reynell Morell. W. J. Adams, 1868 (books.google.de).
- ↑ Vevey-Montreux-Chillon-Villeneuve. In: Eingestellte Bahnen in der Schweiz. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Hotel Byron im Hotelarchiv Schweiz. Abgerufen am 15. Dezember 2011
- ↑ Résidence Le Byron auf boas.ch. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Baedecker 1848, S. 285, zitiert nach Eva Martina Hanke: Wagner in Zürich: Individuum und Lebenswelt. Bärenreiter, 2007.
- ↑ Jahrgang 34. Augsburger Abendzeitung, 1865, S. 603 (books.google.de).
- ↑ siehe George Bradshaw in der englisch-sprachigen Wikipedia
- ↑ Bradshaw's monthly continental railway, steam transit, and general guide, for travellers through Europe. Ausgabe 482. Adams & Sons, 1887 (books.google.de).
- ↑ a b Montreux: Luftkurort am Genfersee. Société de l'imprimerie et lithographie, 1901, S. 38, 56 (books.google.de).
- ↑ Wagner, Richard: Mein Leben. München 1963, S. 228-461. auf zeno.org. Abgerufen am 14. Dezember 2011
- ↑ Eva Rieger, Hiltrud Schroeder: Ein Platz für Götter: Richard Wagners Wanderungen in der Schweiz. Böhlau Verlag, Köln, Weimer 2009, S. 35 f. (books.google.de).
- ↑ Band 7, 1867 (books.google.de).
- ↑ Jacob Abbott: Rollo in Geneva. In: Rollo's tour in Europe. Band 7. Sheldon & Co., 1868 (books.google.de).
Koordinaten: 46° 24′ 16,6″ N, 6° 55′ 47,2″ O; CH1903: 560869 / 139378