Draisine (Laufmaschine)





Die Draisine ist eine Laufmaschine auf Rädern (so auch der ursprüngliche Name, im Gegensatz zu den moderneren Laufrobotern) und wurde vom badischen Erfinder Karl Drais 1817 in Mannheim als Reaktion auf Hungersnot und Pferdesterben nach der Tambora-Eruption erfunden und zum Patent angemeldet (badisches Privileg und französisches Brevet 1818). Damit war, ohne Vorbild in der Natur, das Zweiradprinzip erfunden und der Anstoß zum Individualverkehr ohne Pferd (Fahrrad, Motorrad, Automobil) gegeben.
Zwischen zwei hintereinander stehenden Rädern befindet sich ein Sattel als Sitz und ein Bügel zum Aufstemmen der Arme. Die Fortbewegung erfolgt durch abwechselndes Abstoßen der Füße auf dem Erdboden. Auf ebenen Wegen kann man so bis zu 15 km/h erreichen, etwa die dreifache Geschwindigkeit eines Fußgängers. In Deutschland wurde der Begriff Fahrrad für Bicycle erst 1885 eingeführt.
Eisenbahn-Draisine
Ein von der ursprünglichen Draisine verschiedenes drei- oder vierrädriges Fahrzeug zur Streckenkontrolle und zum Transport von Werkzeug wird auf Eisenbahnstrecken benutzt und ebenfalls durch Muskelkraft fortbewegt. Der Name erklärt sich aus der 1837 erfolgten Erfindung eines Schienenfahrzeuges, das ebenfalls durch das Abstoßen der Füße angetrieben wurde. Später bauten sich Eisenbahnarbeiter aus alten Fahrrädern teilweise abenteuerliche Gefährte für diese Aufgabe.
Die Handhebeldraisine ist eine besonder Bauform und war insbesondere bei amerikanischen Bahnverwaltungen weit verbreitet: Auf einer Plattform stehend treibt man das Fahrzeug dadurch vorwärts, dass man einen an einer Säule montierten pumpschwengelähnlichen Hebel periodisch auf und ab bewegt. Dieser Typ war und ist ein häufig eingesetztes Requisit in amerikanischen Filmen, vor allem in slapsticks und Zeichentrickfilmen.
Draisinenbahnen in Deutschland und Europa
In Europa werden in mehreren Ländern stillgelegte Eisenbahnstrecken für den Tourismusverkehr mit Draisinen befahren. In Deutschland gibt es Stand 2004 ca. 10 Projekte, die Draisinenfahrten anbieten. In der Regel werden Fahrten im Vermietbetrieb auf stillgelegten Eisenbahnstrecken angeboten. Bei den Fahrzeugen werden entweder Handhebeldraisinen z.B. am Kulturbahnhof Ratzeburg oder einfache Fahrraddraisinen z.B. im Glantal angeboten. Für das Glantal konnten nach der Etablierung der Draisinenbahn positive Effekte für den Tourismus in der Region festgestellt werden (Zeitschrift Praxis Geographie 12/2004).
Beispiele für Draisinenstrecken:
- Die Draisinenstrecke Zossen-Jüterbog ("Erlebnisbahn Berlin/Brandenburg") erstreckt sich über 40 Kilometer im Fläming durch das Baruther Urstromtal. Die
- Im Naturpark Nossentiner-Schwinzer Heide führt eine Draisinenstrecke von Karow (Plauer See) nach Borkow, auf der mit modernen Alu-Fahrraddraisinen bis zu vier Personen auf der stillgelegten Gleisstrecke Tagesausflüge unternehmen können.
- Auf der stillgelegten Eisenbahnverbindung zwischen Templin und Fürstenberg/Havel kann eine vierrädrige Draisine benutzt werden. Die Strecke ist seit dem 15. Juni 1996 in Betrieb, 28 km lang und führt über Lychen durch die Seenlandschaft Brandenburgs.
Fahrzeuge
Auch trotz der Revivals der Draisine, sind die auf den Vermietstrecken angebotenen Fahrzeuge technisch nur wenig weiterentwickelt. Dies liegt zum einen daran, dass die auf den Vermietstrecken eingesetzten Fahrzeuge möglichst simpel sein müssen, da sie harten Bedingungen ausgesetzt sind. Eine technische Neuentwicklung einer Draisine wurde im Landkreis Reutlingen von einer Berufsfachschule in 2003 präsentiert. Das Fahrzeug verfügt über 6 Sitzplätze, die jeweils über eine 7-Gang-Nabenschaltung verfügen.
Kinder-Draisinen
Kinder-Laufrad
Für Kinder werden Laufräder angeboten, die in ihrer Grundkonstruktion auf dem Laufrad des Freiherrn von Drais basieren. Populärität erlangte das Kinderlaufrad seit 1997, als die Firma KOKUA unter dem Markennamen LIKEaBIKE ein gefälliges und gut gestaltetes Laufrad präsentierte. Zunächst hatte dieses Vollgummibereifung, wurde aber nach einiger Zeit auch mit komfortablerer Luftbereifung angeboten. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Nachahmungen, auch aus Metall.
Kinder-Handhebeldraisine
Bis etwa in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es „Holländer“ - gummibereifte vierrädrige Kinder-Draisinen, die nach dem Handhebelprinzip konstruiert waren: Die Hinterachse wurde durch eine horizontale Pumpbewegung beider Hände an einem T-förmigen Hebel angetrieben und die bewegliche Vorderachse wurde mit den Füßen gesteuert. Dieses Spielzeug wurde dann vom GoCart vollständig abgelöst und ist heute nur noch selten anzutreffen.
Literatur
- Hans-Erhard Lessing: Automobilität – Karl Drais und die unglaublichen Anfänge, Maxime-Verlag, Leipzig 2003
- Coen, Annette: Natur und Erlebnis pur, Mit der Draisine durch das Pfälzer Bergland, in Praxis Geographie 12/2004