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Hillel

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Hillel (der Ältere oder der Alte; hebr. הלל הזקן, Hillel ha-zaqen; * um 30 v. Chr.; † um 9 n. Chr.) war einer der bedeutendsten pharisäischen Rabbiner aus der Zeit vor der Zerstörung des zweiten Tempels, Vorsteher des Sanhedrin und Gründer einer Schule zur Auslegung der Schrift, auf den sich Juden bis heute oft berufen.

Jüdische Überlieferungen zu Hillel

Hillel galt als weitherziger, geduldiger Lehrer, der die Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit lehrte und zahlreiche Schüler hatte. Sein „Gegenspieler“ war Schammai, der die Tora in manchem strenger auslegte. Bis heute sind Hillels Worte in der jüdischen Überlieferung von wesentlicher Bedeutung, vor allem in der jüdischen Ethik.

Menora vor der Knesset in Jerusalem

Seinen Aussagen nach lässt sich die Tora in einer „Goldenen Regel“ zusammenfassen. Die Frage nach dem „Klal“, nach dem einen Gebot, in dem die ganze Tora enthalten ist, ist eine beliebte Frage unter rabbinischen Gelehrten. Jahrzehnte vor Jesus stellte ein Nichtjude eine solche Frage an Rabbi Hillel: Wenn du mir die Lehre des Judentums vermitteln kannst, solange ich auf einem Bein stehe, werde ich konvertieren. Die Szene ist auf der großen Menora vor der Knesset in Jerusalem im Relief dargestellt.

Rabbi Hillel antwortete:[1]

„Was du nicht willst, das man dir tu, das füge auch keinem andern zu. Das ist die ganze Tora, alles andere ist Kommentar...“

Diese Goldene Regel ist gegründet auf dem Toragebot der Nächstenliebe, 3. Buch Mose 19,18, die - neben den Geboten der Liebe zu Fremden und der Feindesliebe - ziemlich in der Mitte der Tora geschrieben steht.

Hierzu gibt es zwei maßgebliche, leicht variierende Übersetzungsmöglichkeiten ins Deutsche[2]:

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Ich (bin) der EWIGE (bzw. HERR).“

oder

„Liebe deinen Nächsten, er ist wie Du. Ich (bin) der EWIGE (bzw. HERR).“

Die Sprüche der Väter enthalten mehrere Aussagen von ihm (siehe dazu auch den Abschnitt Zitate).

Hillel der Ältere und Schammai werden im Mischnatraktat Avot als Nachfolger des Schemaja und des Abtaljon in der Traditionskette genannt. Sie sind eines der fünf „Sugot“ (Paare) in der Überlieferungsgeschichte der Tora.

Die sieben Middot

Von Hillel sind sieben exegetische Regeln (Middot) zur Auslegung der Tora überliefert, die aber vermutlich erst später nach seinen Grundsätzen formuliert wurden. Die christliche Exegese liegt ihm recht nahe. Neben diesen Middot des Hillel gibt es auch noch die 13 Middot des Rabbi Jischmael, eines großen Gelehrten aus der Zeit Bar Kochbas (um 135), und die 32 Middot des Elieser ben Jose ha-Gelili, eines im 2. Jahrhundert wirkenden Tannaiten.

  • Vom Leichteren auf das Schwerere (hebräisch: קל וחומר , qal wachomer) = vom minder Bedeutenden auf das Bedeutendere und umgekehrt.
  • Analogieschluss (hebräisch: גזרה שווה , gserah schawa, Gleiche Verordnung - gleiche Satzung.)
  • Verallgemeinerung besonderer Gesetze (hebräisch: בנין אב מכתוב אחד, binjan ab [ab = bet ab] mi-katub echad, Gründung einer Familie von einem Wort), „von einer einzigen Bibelstelle aus“: Unterordnung von Schriftstellen unter eine bestimmte, die richtige Erklärung bietende Stelle.
  • Obiges auf Basis zweier Stellen in der Thora (hebräisch: ובנין אב משני כתובים, binjan ab mi-schne ketubim, Gründung einer Familie von zwei Wörtern), Verallgemeinerung auf Grund doppelten Vorkommens), Sonderfall von 3.
  • Allgemeines und Besonderes (hebräisch: כלל ופרט ופרט וכלל, kelal u-ferat u-ferat u-kelal, Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere und umgekehrt), die 13 Middot des Jischmael machen daraus acht Regeln: Regel 4-11.
  • Quasi-Analogieschluss, (hebräisch: וכיוצא בו במקום אחר , kejotse bo be-maqom acher, Ähnliches an einer anderen Stelle.)
  • Schluss aus dem Kontext (hebräisch: דבר הלמד מעניינו dabar ha-lamed me-injano, Zusammenhänge der Situation); obwohl diese Schlussregel allgemein Zustimmung findet, kann sie zu fragwürdigen Schlüssen führen, indem sie formal nebeneinander Stehendes auch inhaltlich klammert.

Zitate

„Sage nicht: ‚Sobald ich Zeit dafür habe, werde ich lernen‘; vielleicht hast du nie dafür Zeit.“

Sprüche der Väter 2,5[3]

„Wer Fleisch mehrt, mehrt Würmer; wer Güter mehrt; mehrt Sorge; wer Frauen mehrt, mehrt Aberglauben; wer Mägde mehrt, mehrt Unzucht; wer Knechte mehrt, mehrt Diebstahl. Wer aber Thora mehrt, mehrt Leben; wer Schulen mehrt, mehrt Weisheit; wer Beratung mehrt, mehrt Verständnis; wer Wohltätigkeit mehrt, mehrt Frieden; wer sich einen guten Namen erworben, hat ihn für sich erworben; wer Worte der Thora sich erworben, hat das Leben der kommenden Welt sich erworben.“

„Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich? Solange ich aber nur für mich selber bin, was bin ich? und: Wenn nicht jetzt, wann sonst?“

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Babylonischer Talmud: Shabbat 31a, 12-15.
  2. [1], Andreas Schüle, kamoka - der Nächste, der ist wie Du. Zur Philologie des Liebesgebots von Lev 19, 18.34: KUSATU 2/2001, S. 97-129.
  3. es ist nicht endgültig entschieden, dass es sich um Hillel den Älteren handelt, es wird auch die Meinung vertreten, die hillelitischen Aussprüche Aboth II., 5 stammen von Hillel II., mit II., 6 setzen unstreitig wieder Aussprüche Hilles des Älteren ein