Fleet-Gefängnis

Das Fleet-Gefängnis (engl. Fleet Prison) war ein berüchtigtes Gefängnis in London. Es wurde 1197 erbaut und befand sich an der "Farringdon Street" am Ostufer des "River Fleet", nach dem es benannt wurde. Die Haftanstalt wurde zunächst dadurch bekannt, dass hier Angeklagte der "Star Chamber" einsassen. Diese "Sternkammer" war ein königlicher Rat mit richterlichen Funktionen, den Heinrich VII. eingerichtet hatte. Außerdem waren Schuldner inhaftiert sowie Personen, die sich der Missachtung des "Court of Chancery" (dt. etwa "Gerichtshof für Billigkeitsrechtsprechung") schuldig gemacht hatten. Das Fleet-Gefängnis musste mehrfach neu aufgebaut werden: Während des englischen Bauernaufstandes von 1381 (siehe Peasants' Revolt) wurde es zerstört und während des Großen Brandes von London im Jahre 1666 brannte es nieder.
Während des 18. Jahrhunderts diente das Gefängnis vorwiegend für Schuldner und Bankrotteure. Gewöhnlich waren etwa 300 Gefangene mit ihren Familien eingesperrt. Zur Farringdon-Street hin gab ein eigenes Gitterfenster, durch das die Insassen die Passanten anbetteln konnten, um ihren Aufenthalt zu bezahlen. Zu dieser Zeit waren Gefängnisse nämlich profitable Unternehmen. Die Gefangenen mussten für Lebensmittel und Unterkunft bezahlen. Es gab Gebühren für die Kerkermeister und für das Abnehmen der Hand- Fuß- oder Halsschellen. Das Fleet-Gefängnis war dafür bekannt, die höchsten Gebühren in England zu erheben. Begüterte Häftlinge mussten nicht unbedingt innerhalb der Gefängnismauern leben. Solange sie die Wärter für deren "Verdienstausfälle" bezahlen konnten, durften sie auch außerhalb Quartier beziehen. Das Gebiet, in dem dies statthaft war, wurde als "Liberty of the Fleet" oder "Rules of the Fleet" bezeichnet.
Ab 1613 fanden in der etwas ungewöhnlichen Umgebung des Fleet-Gefängnisses zunehmend die sogenannten "heimlichen Fleet-Heiraten" (engl. "clandastine fleet marriages") statt. Das englische Eherecht wurde erst durch ein Gesetz von 1753 genau fixiert ("Lord Hardwicke's Marriage Act"). In der zuvor herrschenden Rechtsunsicherheit, was das Zustandekommen rechtsgültiger Ehen betraf ("common-law marriages", das heisst, "gewohnheitsrechtliche Ehen" waren bis dahin legal), entwickelte sich im 17. und frühen 18. Jahrhundert im "Fleet Prison" und der umliegenden Gegend ein schwunghaftes Heiratsgeschäft. Gefängnisse konnten für sich beanspruchen, ausserhalb der kirchlichen Gerichsbarkeit zu liegen. Während der 1740er Jahre wurden allein in der Fleet-Gegend von den jährlich etwa 47.000 englischen Ehen 6.000 geschlossen.
Der Vorsteher des Fleet-Gefängnisses hiess "the warden" (dt. der Aufseher). Er wurde durch Patenturkunde (engl. letters patent) ernannt. Es wurde zur häufigen Praxis der Patentinhaber, das Gefängnis an den Meistbietenden "weiterzuvermieten". Diese Gepflogenheit sorgte dafür, dass die Anstalt lange Zeit für die Grausamkeiten berüchtigt war, die die Häftlinge erleiden mussten. Ein Patentkäufer, Thomas Bambridge, der 1728 Aufseher wurde, erfreute sich eines besonders schlechten Rufes. Am 27. Februar 1729 führte ein Untersuchungsausschuss des Unterhauses, der sich mit dem Zustand englischer Gefängnisse beschäftigte, im Fleet-Gefängis eine Ortsbesichtigung durch.
Der Ausschussvorsitzende James Oglethorpe (* 1696 - † 1785), ein späterer Mitbegründer des US-Bundesstaates Georgia, stellte am 24. März 1729 in seinem Abschlussbericht fest:
"Resolved - nemine contradicente - that Thomas Bambridge, the acting Warden of the prison at the Fleet, hath wilfully permitted several debtors to the crown in great sums of money, as well as debtors to divers of his Majesty's subjects to escape; hath been guilty of the most notorious breaches of his trust; great extortions, and the highest crimes and misdemeanors in the execution of his said office; and hath arbitrarily and unlawfully loaded with irons, put into dungeons, and destroyed prisoners for debt under his charge, treating them in the most barbarous and cruel manner, in high violation and contempt of the laws of this kingdom ..."
(Eigene Übers.: "Es wird einstimmig beschlossen, dass Thomas Bambridge, der stellvertretende Aufseher des Gefängnisses am Fleet, absichtlich sowohl mehreren Schuldnern der Krone von großen Geldsummen, als auch Schuldnern verschiedener Untertanen Ihrer Majestät erlaubt hat, zu fliehen; schuldig sei der anrüchtigsten Vertrauensbrüche; großer Erpressungen, und höchster Verbrechen und Vergehen in der Ausübung seines besagten Amtes; und hat Schuldhäftlinge unter seinem Gewahrsam willkürlich und ungesetzlich in Eisen gelegt, eingekerkert und vernichtet, indem er sie auf die barbarischste und grausamste Weise behandelte, in hoher Verletzung und Missachtung der Gesetze dieses Königreiches ...")
Thomas Bambridge wurde daraufhin im Newgate-Gefängnis inhaftiert und ein Gesetz verabschiedet, das solche Mißstände künftig verhindern sollte.
Während der "Gordon riots" wurde das Fleet-Gefängnis 1780 abermals zerstört und 1781/1782 sofort neu errichtet. Im Jahre 1842 wurde es per Gesetz mit der Haftanstalt "Marshalsea" und den "Queens Bench Prisons" unter der Bezeichnung "Queens Prison" zusammengelegt. Es wurde schließlich geschlossen und 1844 an die City of London verkauft. Diese riss das Gebäude 1846 ab.