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Simon Petrus

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Simon Petrus (*unbekannt, † wahrscheinlich in Rom um 65) war einer der zwölf Apostel, die Jesus von Nazaret zu Lebzeiten nachfolgten. Informationen über sein Leben überliefert hauptsächlich das Neue Testament. Dort spielt Petrus eine besondere Rolle als erster Christusbekenner, aber auch als dessen Verleugner, erster Zeuge des Auferstandenen, Sprecher der Apostel und Leiter der Jerusalemer Urgemeinde.

Hinzu kommen weitere frühe kirchliche Dokumente, wonach Petrus erster Bischof von Antiochia und Haupt der römischen Kirche von Rom war. Nach dieser Überlieferung wurde er dort als Märtyrer hingerichtet, worauf sich das römische Papsttum zurückführt.

Simon Petrus auf dem Apostelbild von Dürer in der Münchner Alten Pinakothek

Petrusüberlieferung des Neuen Testaments

Der Name

Nach allen Evangelien lautete sein Vorname Simon. Den Beinamen Petrus soll Jesus persönlich ihm verliehen haben, wobei die Evangelien sich über Zeit und Ort nicht klar ausdrücken. Der Beiname ist eigentlich ein Titel; er nimmt die Stelle des Vaternamens oder Herkunftsortes ein. Er ist die latinisierte Form des griechischen πετρος (petros), das den aramäischen Ausdruck kefa übersetzt (gräzisiert Kephas). Die Bedeutung des Wortes reicht von "Stein" bis zu "Felsen".

Herkunft und Berufung

Simon gehörte nach allen Evangelien zu den ersten Jüngern, die Jesus traf und zu seiner Nachfolge berief. Über seine Vorgeschichte erfährt man im Neuen Testament fast nichts. Alle Nachrichten über ihn folgen auf seine Berufung.

Sein Vater hieß Jona (Mt 16,17) oder Johannes (Joh 1,42); seine Mutter wird nicht genannt. Er hatte einen Bruder namens Andreas, der mit ihm von Jesus berufen wurde. Da Simon in allen Apostellisten immer an erster Stelle genannt wird, war Andreas wohl der Jüngere von beiden.

Den synpotischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) zufolge, wohnte Petrus in Kafarnaum am See Genezareth in Galiläa. Dort besaß er ein Haus (Mk 1,30-31, siehe auch Lk 4,38). Dieses Haus könnte jene urchristliche Pilgerstätte geworden sein, die Archäologen in dem Ort fanden. Nach dem Johannesevangelium stammten Petrus und sein Bruder Andreas aus Bethsaida (Joh 1,44).

Jesus soll seine Schwiegermutter geheilt haben, worauf sie den männlichen Jüngern gedient habe (Mk 1,31). Da sie genannt wird, war Petrus verheiratet. Doch seine Frau erwähnen die Evangelien nicht; nur Paulus deutet an, dass er wie andere Jünger eine "Schwester" - eine getaufte Mitchristin - mit sich führte (1. Kor 9,5), was sich auf seine Ehefrau beziehen mag. Da Jesus die Ehescheidung verbot (Mt 5,32), könnte sie wie andere Frauen aus Galiläa (Mk 15,41; Lk 8,2) mit ihrem Mann umhergezogen sein. Doch könnte Petrus sie auch gemäß der Aufforderung Jesu, alles zu verlassen (Mk 10,28f), in Kafarnaum zurückgelassen haben.

Den synoptischen Evangelien zufolge arbeiteten beide Brüder als Fischer am See Genezareth. Dort habe Jesus sie getroffen und aufgefordert, ihr Handwerk aufzugeben und ihm nachzufolgen. So wird Simon in Mk 1,16 noch ohne den Zunamen Petrus als erster Jünger genannt, der Heimat und Beruf aufgab, um Jesus zu begleiten. An die Heilung der Schwiegermutter und einen wunderbaren Fischzug anschließend, schildert Lukas eine besondere Berufung des Petrus zum "Menschenfischer" (Lk 5,1-11).

Nach dem Johannesevangelium war es Andreas, der als Jünger von Johannes dem Täufer zuerst auf Jesus traf, ihn als Messias erkannte und dann seinen Bruder Petrus zu ihm führte (Joh 1,41f). Jesus verbrachte einen Tag mit ihnen und verlieh Petrus dabei bereits den Namen Kefa.

Matthäus nennt Petrus (Mt 4,18). Er stellt diesen Beinamen aber besonders heraus

Matthäus stellt den Beinamen Petrus besonders heraus, nachdem Simon erstmals bekannte hatte:

Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!

Als Antwort erhält er die Seligpreisung und Zusage, dass er der "Fels" sei, auf den Jesus seine ecclesia bauen wolle (Mt 16,18). Matthäus nennt jedoch Simon ab seiner Berufung bereits Petrus (Mt 4,18). Auch Markus (erstmals Mk 3,16)und Lukas (erstmals Lk 5,8) benutzen den Beinamen, ohne ihn zu erklären. Johannes zufolge, verlieh Jesus dem Simon den Beinamen Petrus bei ihrer ersten Begegnung (Joh 1,42).

Alle Evangelien sind sich einig, dass Simon Petrus im Jüngerkreis eine Führungsrolle innehatte. Er steht in allen Apostellisten im Neuen Testament an erster Stelle und gehört, zusammen mit Jakobus und Johannes, zu den drei Aposteln, die Jesus besonders nahe standen. Sie waren nach Mk 9,2-13 (Verklärung Christi) die Einzigen der Zwölf, denen Gott die Göttlichkeit und künftige Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus bereits vor dessen Tod offenbarte. Sie begleiteten ihn zudem in seinen letzten Stunden im Garten Gethsemane (Mk 14,33).

Christusbekenner und Christusverleugner

Petrus war nach Mk 8,29 der erste Jünger Jesu, der bekannte:

Du bist der Christus!

Er wird damit aus dem Kreis der Zwölf hervorgehoben. Doch gleich darauf, als Jesus den Jüngern erstmals seinen vorherbestimmten Leidensweg vorhersagt, nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. Er versuchte also, Jesus von diesem Weg ans Kreuz abzubringen, so dass sein Christusbekenntnis als Missverstehen der Sendung Jesu erscheint. Daraufhin wies Jesus ihn laut Mk 8,33 schroff zurecht:

Tritt hinter mich, Satan! Denn Du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

"Satan" bedeutet im Hebräischen "Gegner" oder "Widerpart" im allgemeinen bedeuten, aber wegen dieser harten Wortwahl, wird diese Stelle manchmal mit der Versuchung Jesu durch den Satan in der Wüste (Mt 4,1-11) verglichen. Im Anschluss daran lehrt Jesus die Jünger (Mk 8,34):

Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer es aber verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es erhalten.

Dieser Widerspruch zwischen Reden und Handeln zeigte sich bei Petrus schon in Galiläa: Einerseits vertraute er dem Ruf Jesu in die Nachfolge ("Komm her!"), andererseits schwand sein Glaube beim ersten Gegenwind, so dass nur Jesus ihn vor dem Versinken im Meer retten konnte (Mt 14,29-31). Diesen Widerspruch stellen alle Evangelien besonders im Verlauf der Passion dar:

Laut Joh 13,6-9 widersprach er auch Jesu Ansinnen, ihm die Füße zu waschen. Diese Handlung war damals ein typischer Sklavendienst: Petrus wehrte sich also gegen die Zumutung, sich von Jesus als seinem Herrn wie von einem Sklaven bedienen zu lassen. Aber nur dieser Dienst gab ihm vorweg Anteil an dem am Kreuz Jesu erwirkten Heil und deutete auf die "Taufe in den Tod" voraus. Das war mit der Verpflichtung an alle Jünger verbunden, einander ebenso zu dienen. In der Erinnerung daran wurde Petrus nach Jesu Tod zu einer Führungsfigur in der Urgemeinde.

Dies mag auf einen ambivalenten Charakter schließen lassen, doch benutzt die neutestamentliche Darstellung zugleich Petrus als Figur, an der das Verhalten der Apostel beispielhaft gezeigt wird. Denn auch sie "verließen" Jesus nach seiner Festnahme durch die Römer, mit der sein Tod unausweichlich wurde (Mk 14,50). Unmittelbar zuvor hatte Jesus dem Petrus angekündet, er werde ihn noch in derselben Nacht dreimal verleugnen, was dieser wie alle übrigen Jünger weit von sich wies (Mk 14,27-31):

Wenn ich auch mit Dir sterben müsste, so wollte ich Dich doch nicht verleugnen. Ebenso sprachen sie alle.

Noch beim letzten Abendmahl bekräftigte Petrus nach den Evangelien seinen Vorsatz, mit Jesus sogar in den Tod zu gehen (Mt 26,33; Lk 22,33). Doch kurz darauf schlief er ein, als Jesus in Gethsemane den Beistand der Jünger besonders nötig brauchte und erbat (Mt 26,40.43f.). Dann wiederum soll er nach Joh 18,10 im Übereifer mit Waffengewalt die Verhaftung Jesu zu verhindern versucht haben: Er wird hier mit jenem namenlosen Jünger identifiziert, der einem Soldaten der Tempelwache laut Mk 14,47 ein Ohr abhieb. Sein Versagen gipfelt in der dreimaligen Verleugnung Jesu: Als ihn das Krähen des Hahnes im Morgengrauen an Jesu Vorhersage erinnert, begann er zu weinen (Mk 14,66-72).

Ihm fehlte also die Kraft, seinem Glauben gemäß zu handeln, als es darauf angekommen wäre. Dennoch erhielt gerade er auf sein Christusbekenntnis hin den Ehrennamen "Fels" und die unverbrüchliche Zusage der Kirchengründung (Mt 16,16-23).

Demgemäß wird Petrus in der Apostelgeschichte nach Pfingsten nicht mehr als der zweifelnde und versagende Christusleugner, sondern als der angstfreie todesmutige Bekenner vor dem Hohen Rat dargestellt (Apg 5,29), der die Sendung des Heiligen Geistes als Missionar und Leiter der Urgemeinde vorbildlich erfüllte.

Zeuge der Auferstehung und Gemeindeleiter

Nachdem Jesus auferweckt wurde, erschien er Petrus als einem der ersten Jünger. Ein sehr früher urchristlicher Bekenntnissatz lautet (Lk 24,34):

Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen!

Eine alte, von Paulus überlieferte Zeugenliste bestätigt diese Ersterscheinung (1. Kor 15,5):

Er wurde gesehen von Kephas, danach den Zwölfen.

Es fällt auf, dass die von Lukas überlieferte Credoformel nur "Simon" nennt, während er im Sprachgebrauch des Paulus von Tarsus, der hier auf Jerusalemer Tradition zurückgriff, nur "Kephas" hieß. Manche Historiker leiten daraus ab, dass dieser Ehrentitel ihm erst nach Ostern in der Urgemeinde beigelegt und dann in das vorösterliche Wirken Jesu zurückprojiziert wurde.

Offen bleibt, wo und unter welchen Umständen, der auferstandene Jesus Petrus erschienen ist: Dem Johannesevangelium zufolge, wird Petrus dadurch Zeuge der Auferstehung, daß er als erster das leere Grab betritt die Leinentücher entdeckt (Joh 20,6), während es Maria Magdalena ist, die als erste den auferstandenen Jesus sah. Nach Johannes und Lukas erscheint Jesus den versammelten Aposteln in einem Haus in Jerusalem. Johannes zufolge erhielten die Apostel hier bereits die Gabe des Geistes und damit die gemeinsame Vollmacht zum "Binden und Lösen" der Sünder (Joh 20,22f). Nach Lukas kündete Jesus die Ausschüttung des Heiligen Geistes dabei nur an, die 40 Tage später an Pfingsten erfolgte (Lk 24,49). Im Matthäusevangelium treffen die Elf erst auf einem Berg in Galiläa mit Jesus zusammen und erhalten den Auftrag zur universalen Völkermission (Mt 28,16-20).

Auch das Schlußkapitel des Johannesevangelium schildert eine solche Begegnung in Gallilä. So wie Petrus Jesus drei mal verleugnet hatte, so fragt ihn Jesus nun dreimal: "Liebst du mich?", was Petrus jedesmal bejaht. In dieser Versöhnung Jesu mit dem, der ihn vor seinem Tod verleugnet und verlassen hatte, erhält Petrus dreimal eine erneute Beauftragung: "Weide meine Lämmer." (Joh 21,1-19). Dieses Kapitel berichtet auch, daß Jesus dem Petrus seinen Märtyrertod prophezeit habe.

Nach der Apostelgeschichte, aus der fast alle Nachrichten vom nachösterlichen Wirken des Petrus stammen, soll er sich zusammen mit anderen Jesus-Anhängern in Jerusalem versteckt haben, bis ihn mit der anwesenden Menge zu Pfingsten die Kraft des Heiligen Geistes erfasste. Darauf hielt er die erste öffentliche Predigt in Jerusalem, die Jesu Erscheinen als Gottes vorherbestimmte Erfüllung der Geistverheißung in Israels Heilsgeschichte auslegte und in der Aussage gipfelte (Apg 2,36):

So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn [griech. Kyrios] und Christus [hebr. Maschiach] gemacht hat!

Aufgrund dieser Predigt haben sich nach Lukas noch am selben Tag 3.000 Menschen zum neuen Glauben bekannt. So sei dort die christliche Urgemeinde entstanden.

Petrus kann soviel Erfolg unter seinen jüdischen Landsleuten gehabt haben, weil seine Missionspredigt sie zwar für Jesu Kreuzigung haftbar machte, aber nicht verurteilte, sondern ihnen Gottes Versöhnung zusagte und anbot (Apg 3,17).

Er geriet bald in Konflikt mit den Jerusalemer Behörden und musste sich vor dem Hohen Rat verantworten (Apg 4,8ff; 5,29). Dabei soll er seinen Glauben diesmal nicht verleugnet, sondern freimütig bekannt haben.

Missionarische Tätigkeit bei Juden, Samaritern und Heiden

Nach der Verfolgung der Urgemeinde im Anschluss an die Hinrichtung des Stephanus missionierten einige Apostel, darunter Petrus, offenbar auch außerhalb Jerusalems. Laut Apg 8,14-25 kam er dabei auch nach Samaria, um bereits Neugetauften den Heiligen Geist zu spenden. Dies unterstreicht seine Autorität über Jerusalem hinaus. Er war wohl anfangs der Hauptvertreter der Israelmission, die der universalen Völkermission vorausgehen sollte (Gal 2,8; Mt 10,5; vgl. Lk 24,47).

Von Petrus werden auch Spontanheilungen und sogar Totenerweckungen analog zu denen Jesu berichtet, etwa in Lydda und Joppe (Apg 9,32-43). Damit wird die Kontinuität zwischen dem Heilwirken Jesu und dem der Urchristen betont, das zu ihrem Auftrag gehörte (Mk 16,15-20; Mt 10,8).

Wie er in seiner ersten Predigt Christus ganz als Erfüllung jüdischer Verheißungstraditionen verkündete, so hielt er auch an der jüdischen Tora inklusive der Speise- und Reinheitsgesetze fest (Apg 10,13f). Doch er habe nahe der Römerstadt Cäsarea Philippi eine Vision Gottes erhalten, der ihm die Tischgemeinschaft mit dem Hauptmann Kornelius, einem der sogenannten "gottesfürchtigen" Römer, befohlen habe. Damit begann nach lukanischer Darstellung die urchristliche Heidenmission.

Diese führte zu Konflikten mit den jüdischen Christen, die Petrus aber mit Hinweis auf seine göttliche Autorisierung überwunden habe: Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die da gläubig geworden sind an den Herrn Jesus Christus: Wer wäre ich, dass ich könnte Gott widerstehen? (Apg 11,17)

Später ließ der jüdische König Herodes Agrippa I. (41-44) die Christengemeinde verfolgen und ließ den Apostel Jakobus der Ältere enthaupten. Auch Petrus wurde erhaftet und ins Gefängnis geworfen, doch nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte (12,1-19) durch einen Engel befreit.

Diese Stelle spricht auch davon, daß Petrus "dem Jakobus und den Brüdern" eine Nachricht übringen läßt und "an einen anderen Ort" ging. In diesem Zusammenhang mag die Leitung der Jerusalemer Ortsgemeinde in auf Jakobus übergegangen sein, wie dies spätere Zeugnissen belegt ist. Paulus bezeichnet einige Jahre später, Petrus, Jakobus und Johannes als "Säulen" (Gal 2,9).

Beim Apostelkonzil in Jerusalem (um 48), das über die gesetzesfreie Heidenmission des Paulus zu entscheiden hatte, führte Petrus den Vorsitz und verkündete die Entscheidung zugunsten des Paulus (Apg 15). Als er aber in Antiochia gegenüber einigen Judenchristen konsequenterweise zur Befreiung nichtjüdischer Christen von den Speisevorschriften hätte stehen müssen, wurde er jedoch wieder schwankend (Gal 2,11f) und wurde von Paulus deshalb zurechtgewiesen.

Petrusüberlieferung der Kirchenväter

Datei:Peters crucifixion by Caravaggio.jpg
Kreuzigung des Petrus von Caravaggio

Die wenigen Notizen zum späteren Schicksal des Petrus stammen alle aus Schriften des 2. und 3. Jahrhunderts, als die werdende Kirche das monarchische Episkopat ausbildete und sich von "Häresien" abgrenzte. Entscheidende Schritte dazu waren die Kanonisierung des Neuen Testaments und die Idee der Apostolischen Sukzession.

Berichte zum Romaufenthalt und Märtyrertod des Petrus

Petrus soll nach gemeinsamer Überzeugung der Kirchenväter gegen Ende seines Lebens nach Rom gekommen sein und dort den Tod als christlicher Märtyrer gefunden haben.

Das Neue Testament erwähnt weder eine Reise des Petrus nach Rom, noch seinen Märtyrertod. Niederschlag an vielen Stellen des NT finden müssen, z.B. in den beiden Petrusbriefen (siehe unten), im Römerbrief des Paulus (um 56) oder der Apostelgeschichte. Dem halten andere entgegen, daß die Schriften des Neuen Testaments nicht in der Absicht geschrieben wurden, uns eine lückenlosen Geschichte der frühen Kirche zu überliefern. Selbst die Apostelgeschichte, die einem Geschichtswerk am nächsten kommt, ist mehr Missions- als Kirchengeschichte und beschränkt sich in ihrer zweiten Hälfte völlig auf die Tätigkeit des Paulus. Außerdem ist das genannte Argumentum e silentio methodisch problematisch.

Der 1. Clemensbrief, der wahrscheinlich in oder bald nach der Regierungszeit Domitians um 100 in Rom verfasst wurde, erwähnt erstmals ein Martyrium der beiden Hauptvertreter des Urchristentums: Petrus für die Urgemeinde, Paulus für die Heidenmission im römischen Reich. Die Kapitel 5 und 6 heben ihr Vorbild hervor, dem viele Christen folgten:

Wegen Eifersucht und Neid sind die größten und gerechtesten Säulen verfolgt worden und haben bis zum Tode gekämpft. [...] Petrus, der wegen ungerechtfertigter Eifersucht nicht eine und nicht zwei, sondern viele Mühen erduldet hat und der so - nachdem er Zeugnis abgelegt hatte - gelangt ist an den (ihm) gebührenden Ort der Herrlichkeit.

Der Ort dieses Todes wird nicht erwähnt; aber der Rückblick des Bischofs Klemens von Rom kann sich nur auf die frühere Christenverfolgung unter Nero im Jahr 65 beziehen.

Der Bischof Dionysius von Korinth (ca. 165-175) soll nach einem späterem Zitat bei Eusebius von Cäsarea (260-340) von Petrus und Paulus gesagt haben:

Und sie lehrten gemeinsam auf gleiche Weise in Italien und erlitten zur gleichen Zeit den Märtyrertod.

Diese Notizen belegen, dass in der Kirche um das Jahr 100 der beispielhafte Märtyrertod von Petrus und Paulus in Rom zur Zeit Neros angenommen wurde. Sie wären dann mit vielen anderen Christen hingerichtet worden, Paulus als römischer Bürger durch das Schwert, Petrus als Jude durch Kreuzigung, eventuell mit dem Kopf nach unten.

Diese gesamtkirchliche Überzeugung vertrat auch Eusebius im 4. Jahrhundert (2,XXV.):

Es ist daher aufgezeichnet, dass Paulus in Rom selbst enthauptet wurde und dass Petrus ebenso unter Nero gekreuzigt wurde. Dieser Bericht über Petrus und Paulus wird gestützt durch die Tatsache, dass ihre Namen in den Grabstätten bis zum heutigen Tag bewahrt wurden. Es ist ebenso durch Gaius bestätigt, ein Mitglied der Kirche unter Bischof Zephyrinus von Rom [199-217], ... der über die Orte, wo die heiligen Leichname der Apostel liegen, sagt: Aber ich kann die Trophäen der Apostel zeigen. Denn wenn du zum Vatikan [-hügel] oder zur Via Ostia gehst, wirst du die Trophäen derer finden, die diese Kirche gründeten.

Hier zeigt sich, daß die apostolische Gründung bestimmter Gemeinden, die apostolische Sukzession, belegt durch den Besitz der leiblichen Überreste der Apostel, an Bedeutung zunahm, um die Lehre und den Bestand der Kirche gegen die Bedrohung durch verschiedene Häresien zu verteidigen.

Petrus als Bischof

Aufgrund seiner hervorgehobenen Rolle im Zwölferkreis der ersten Jünger und seines Auftretens als erster Verkünder der Auferstehung Jesu (Apg 2) kann Petrus als Gründer und erster Leiter der Jerusalemer Urgemeinde angesehen werden. Ob er darüberhinaus weitere Gemeinden gründete, bestätigt das NT jedoch nicht.

Auf den Apostel Petrus führen sich auch die späteren Patriarchate von Antiochia und Alexandria zurück, letzteres über die Vermittlung des Petrusschülers Markus.

Die Präsenz des Petrus in Antiochia ist durch Paulus belegt (Gal 2), doch war er nicht der erste Verkünder des Evangeliums in Antiochia. Die Gemeinde wurde vielmehr durch Gläubige gegründet, die durch die Verfolgung nach dem Martyrium des Stephanus nach Syrien versprengt worden waren (Apg 11,20). In dieser Gemeinde gab es mehrere Leitungspersonen, darunter auch Barnabas und bald darauf Paulus. Später kam es hier wegen der Tischgemeinschaft von Judenchristen und Heidenchristen zwischen Petrus und Paulus zum Konflikt. Weder dieser Konflikt noch das erst spätere Eintreffen des Petrus sprechen jedoch nicht gegen eine bischöfliche Stellung des Petrus, denn auch diese Überlieferung über Petri Stuhlfeier geht von einer bereits bestehenden Gemeinde aus.

Irenäus von Lyon (ca. 135 - 202) berichtet, Paulus und Petrus hätten die Kirche in Rom "gegründet und festgesetzt" (Adversus Haereses 3,3,3). Die Ansicht, Petrus habe die Kirche in Rom als Bischof geleitet, baut auf der älteren Tradition seines Romaufenthalts auf. Diese Sicht vertrat auch schon der Bischof Klemens von Rom. Petrus war jedoch nicht der erste Verkünder des Evangeliums in Rom, denn denn Paulus trift um 50 in Korinth auf Christen, die Claudius aus Rom vertrieben hatte (Apg 18,1), als Petrus noch in Palästina wirkte. Daher muß bereits eine weder von Petrus noch von Paulus gegründete Gemeinde bestand haben, was jedoch das spätere Wirken der beiden Apostel nicht ausschließt. Die Zeitangabe des Hieronymus, der eine Amtszeit des Petrus von 25 Jahren angibt, kann aber nicht zutreffen, denn dies würde einen Romaufenthalt vom Jahre 40 an voraussetzen, was dem neutestamentlichen Befund widerspricht.

Eusebius zitiert in seiner Kirchengeschichte (2,I.) Clemens von Alexandria (150-215):

Denn sie sagen, dass Petrus und Jakobus und Johannes nach der Himmelfahrt unseres Erlösers, obwohl sie von unserem Herrn bevorzugt waren, nicht nach Ehre strebten, sondern Jakobus den Gerechten zum Bischof von Jerusalem wählten.

Demnach sollen die seit Paulus von Tarsus (Gal 2,9) als "Säulen" der Jerusalemer Urgemeinde bekannten Apostel Jakobus, Petrus und Johannes Jakobus den Gerechten zum alleinigen Leiter der Kirche ernannt haben. Nach Hieronymus (348-420) soll schon Hegesippus (90-180) von dieser Wahl gewusst haben. Diese Amtsübergabe wäre dann die Voraussetzung für die angebliche Romreise des Petrus gewesen.

Eine spätere Leitungsfunktion des Jakobus lässt sich aus Apg 21,15ff folgern, wo er mit den "Ältesten" zusammen auftrat. Das Testimonium Flavianum bestätigt, dass Jakobus - offenbar als Leiter der Jerusalemer Gemeinde - im Jahr 62 hingerichtet wurde. Seine Verwandten hatten nach Notizen von Plinius dem Jüngeren (um 100) auch in der Folgegeneration noch eine Führungsrolle im Christentum, woraus manche Historiker daraus ein teilweise dynastisches Bischofsamt folgern.

Schriften des Petrus

Die Petrusbriefe im Neuen Testament

Das Neue Testament enthält unter dem Namen des Petrus zwei Briefe:

Der 1. Petrusbrief soll in Rom entstanden sein: Der darin enthaltene "Gruß aus Babylon" wird meist als versteckter Hinweis auf Rom verstanden. Denn "Babylon" ist in der Bibel Metapher für eine besonders verdorbene sündige Stadt und wird in der um 150 entstandenen Offenbarung des Johannes mit Rom identifiziert. Dies würde für seinen Romaufenthalt sprechen.

Einige datieren den Brief jedoch aufgrund inhaltlicher und sprachlicher Indizien frühestens auf 100 datiert. Nur die Zeugen Jehovas nehmen die Autorschaft des Petrus und den Gruß aus Babylon wörtlich und glauben, dass er tatsächlich dort missionierte. Eventuell existierte dort damals noch eine große jüdische Exilsgemeinde; die Urchristen außerhalb Jerusalems missionierten tatsächlich überwiegend in den jüdischen Diasporagemeinden.

Die Echtheit des noch später entstandenen 2. Petrusbriefs wurde bis ins 4. Jahrhundert angezweifelt. Der Brief autorisiert als "Testament" kurz vor seinem Tod die Lehren des Paulus (2. Petr 1,14; 3,15). Heute wird er zumeist um das Jahr 100 oder in das frühe 2. Jahrhundert datiert.

Petrus und das Markusevangelium

Der erste Petrusbrief erklärt Johannes Markus, einen Mitarbeiter der Paulusmission (2. Tim 4,11; Kol 4,10), zum Begleiter des Petrus (5,13). Da das Markusevangelium durch Notizen des Papias von Hierapolis auf diesen Autor zurückgeführt wurde, galt Petrus traditionell als dessen Koautor, der Markus das Material für sein Evangelium gegeben habe.

Sowohl den engen Kontakt von Petrus und Johannes Markus wie auch dessen Identität mit dem Autor des ältesten Evangeliums halten Historiker heute jedoch meist für legendarische Konstruktionen der Patristik. Denn Markus war ein Missionar der Paulusschule (Apg 12,25) und daher eher ein Gegner der von Petrus und Jakobus angeführten Judenchristen. Allerdings sind sowohl Paulusschule wie auch die genannte Gegnerschaft Konstruktionen aus dem 19. Jahrhundert.

Weitere Petrus zugeschriebene Schriften

Die Didache, ein um 100 entstandener frühchristlicher Katechismus, wird in einer Handschrift als "Zeugnis des Petrus" bezeichnet. Sie könnte inhaltlich von der von Petrus dominierten Theologie der Urgemeinde abhängig sein. Denn sie besteht hauptsächlich aus einer von Christen umgeformten jüdischen Morallehre, die auf judenchristliche Traditionen Palästinas zurückgeht.

  • Petrusevangelium
  • Petrusapokalypse

Die Bedeutung des Petrus

Simon Petrus als Papst (Peter Paul Rubens)

in der Theologie der katholischen Kirche

Die katholische Tradition betrachtet Petrus als ersten Vorsteher (Papst) der ecclesia catholica, das heißt, der universalen Kirche. Sie leitet daraus das Amt des Papstes und den Führungsanspruch des römischen Vatikan für die Gesamtkirche ab.

Diese von Jesus verliehene Autorität des Petrus möchte sie vor allem mit Mt 16, 13ff belegen (zitiert nach der Lutherbibel):

Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.

Daneben werden weitere Belegstellen genannt (Einheitsübersetzung):

[...]Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweitenmal [...]. Zum drittenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? [...] Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles, du weißt, daß ich dich liebhabe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! (Joh 21,15-17, gekürzt)
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, daß er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder. (Lk 22, 31.32)

Die römisch-katholische Kirche leitet unter anderem daraus ein besonderes Amt des Petrus ab und begründet damit ihre Auffassung von der Stellung des Papstes, der ein Nachfolger Petri und im Bischofsamt von Rom der Stellvertreter Christi auf Erden und Leiter der ganzen Kirche sei. Die von ihr angenommene besondere Vollmacht des Petrus sei in einer historisch ununterbrochen Kette auf alle als seine Nachfolger im römischen Bischofsamt angesehenen Päpste übergegangen (Apostolische Sukzession). Linus soll der unmittelbare Nachfolger des Petrus gewesen sein.

Mit dieser neutestamentlichen Basis und historischen Kontinuität beansprucht der Vatikan bis heute seinen Alleinvertretungsanspruch für alle übrigen Ortskirchen. Deshalb lehnt er auch die Mitgliedschaft in der förderal verfassten Ökumene ab.

in der Theologie reformatorischer Kirchen

Die protestantischen und anglikanischen Kirchen lehnen seit der Reformation wie die Orthodoxe Kirche seit dem frühen Mittelalter die römisch-katholische Lehre eines "Petrusamtes" ab.

Petrus ist auch nach evangelischem Verständnis ein besonderer Jünger Jesu, aber nur als Ur- und Vorbild aller gläubigen Menschen, die trotz ihres Bekenntnisses zu Christus immer wieder versagen und trotz ihres Versagens von Gott die Zusage der gegenwärtigen Vergebung und zukünftigen Erlösung erhalten.

Felsen bezieht sich nach evangelischer Exegese zum einen auf Christus selbst: Dieser kann nach Psalm 62, wonach nur Gott der Felsen des Heils, der Hoffnung und Hilfe sein kann, als "Fels" angesehen werden. Demnach könne Jesus mit "Fels" keinen bestimmten Menschen gemeint haben, sondern nur sein persönliches, nicht auf andere übertragbares Glaubensbekenntnis.

Die Kirche basiere daher nicht auf einer historischen Amtsnachfolge einzelner Petrusnachfolger. Sondern alle, die wie Petrus zu Jüngern Jesu werden, seien seine Nachfolger und damit Teil der Gemeinschaft, die Christus berufen habe, seine Zeugen zu sein. Gott sei in Christus allen Menschen gleich nahe ("Äquidistanz"), so dass außer Christus keine weiteren Mittler nötig und möglich seien. Dieses "Priestertum aller Gläubigen" verbot für Martin Luther jeden Rückfall in das seit dem stellvertretenden Sühnopfer des Gekreuzigten überwundene hierarchisch-sakrale, aus dem Tempelkult des Judentums stammende Amtsverständnis.

Eine Sondervollmacht Petri lasse sich aus dem NT nicht herleiten: Die "Schlüsselgewalt" zum Binden und Lösen der Sünden werde nach Mt 18,18 und Jh 20,21-23 allen Jüngern gegeben. Besonders Matthäus lasse keinen Zweifel daran, dass die christliche Gemeinde nur auf dem Glaubensgehorsam aller ihrer Mitglieder erbaut sein könne. Denn dort wird die Bergpredigt Jesu mit dem Zuspruch eröffnet (Mt 5,14):

Ihr seid das Licht der Welt!

Sie endet mit dem Anspruch (Mt 7,24):

Darum, wer diese meine Rede hört und tut, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen (petra) baute.

Demgemäß habe Petrus auch keine eigene Erstvision, sondern mit allen Jüngern gemeinsam den Auftrag des Auferstandenen erhalten, alle Getauften aus den Völkern das Befolgen der Gebote Jesu zu lehren: Die damit verbundene Zusage der Geistesgegenwart Christi sei der eigentliche "Fels", auf dem die Kirche gebaut sei (Mt 28,19f). Das Wirken des Heiligen Geistes lasse sich nicht erneut in menschliche Formen und Rituale zwängen und "festnageln".

Darum bezweifelten protestantische Historiker oft nicht nur das Bischofsamt, sondern schon den Romaufenthalt des Petrus. Heute schließen sie diese Möglichkeit nicht aus, ohne deswegen das Papsttum anzuerkennen. Denn auch eine mögliche "Amtsübergabe" des Petrus an seinen Nachfolger in Rom begründe keine Vorrangstellung des römischen Bischofs für alle Zeit.

Verehrung

Der Gedenktag von Petrus (und Paulus) ist der 29. Juni. Ihnen zu Ehren ist in der Orthodoxen Kirche ein leichtes Fasten, das so genannte Apostelfasten, von einer Woche nach Pfingsten bis zu diesem Tag üblich.

Petrus ist einer der wichtigsten katholischen Heiligen und gilt als Schutzpatron

Der Petersdom in Rom

Katholische Gläubige rufen Petrus als Heiligen an gegen Besessenheit, Fallsucht, Tollwut, Fieber, Schlangenbiss, Fußleiden und Diebstahl. Im Volksglauben wird er auch für Regenwetter verantwortlich gemacht, weil er die Schlüssel zum Himmel hat.

Weltweit sind nach dem heiligen Petrus zahlreiche Orte und Kirchen benannt. Die berühmteste davon ist der Petersdom im Vatikan.

In der Kunst wird Petrus gewöhnlich als ein alter Mann mit lockigem Haar und Bart mit den Attributen Schlüssel, Schiff, Buch, Hahn, oder umgedrehtes Kreuz dargestellt. Besonders beim Attribut Schlüssel ist anzumerken, dass es sich zumeist um zwei verschiedenfarbige Exemplare handelt, die die Macht über Erde und Himmelreich symbolisieren.

Siehe auch

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