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Arthur Schopenhauer

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Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer (* 22. Februar 1788 in Stutthof bei Danzig, † 21. September 1860 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Philosoph.

Leben

Arthur Schopenhauer wurde in Stutthof bei Danzig geboren. Seine Eltern, beide aus Danzig stammend, waren Heinrich Floris Schopenhauer und Johanna Schopenhauer. Heinrich war Kaufmann, seine Frau Johanna Schriftstellerin. Die Familie Schopenhauer verließ Danzig 1793, nachdem es von Preußen annektiert worden war, und siedelte sich in Hamburg an. 1805 starb Schopenhauers Vater, vermutlich durch Selbsttötung. Johanna zog mit ihrem Sohn Arthur und ihrer Tochter Adele nach Weimar. Arthur kam nie mit seiner Mutter zurecht: Als Johann Wolfgang von Goethe – der ein Freund Johannas war – ihr prophezeite, dass ihr Sohn für große Dinge bestimmt sei, antwortete sie ablehnend und in völliger Ahnungslosigkeit: Sie habe niemals von zwei Genies innerhalb einer Familie gehört. Arthur Schopenhauer studierte an der Universität von Göttingen und erhielt den Doktortitel der Philosophie an der Universität von Jena. Im Jahr 1820 begann Schopenhauer, an der Universität von Berlin zu lehren. Dort sollte er auch seinen berühmten Streit mit Hegel austragen. Er setzte seine Vorlesungen zur selben Zeit wie Hegel an, sah sich aber damit konfrontiert, dass ihm so die Zuhörer ausblieben. Bald kehrte er daher der Universität den Rücken und begann die Universitätsphilosophie zu verachten. Seinen Lebensunterhalt konnte er durch ein ansehnliches Erbe bestreiten.

Lebenslauf in Kurzform:

Grabstein auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt am Main
  • 1811 - Studium in Berlin
  • 1813 - Dissertation an der Universität Jena mit der Arbeit: "Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde".
  • 1814 - Zerwürfnis mit der Mutter, zieht nach Dresden.
  • 1818 - Reise nach Italien.
  • 1819 - Schopenhauers Buch: "Die Welt als Wille und Vorstellung" erscheint in Leipzig.
  • 1820 - Dozent an der Universität Berlin.
  • 1822 - Zweite Reise nach Italien.
  • 1823 - Krankheiten und Depression in München.
  • 1833 - Arthur Schopenhauer zieht nach Frankfurt am Main.
  • 1836 - Sein Band "Über den Willen in der Natur" erscheint.
  • 1844 - Der zweite Band der "Welt als Wille und Vorstellung" erscheint, der erste wird in einer zweiten Auflage herausgebracht.
  • 1860 - Arthur Schopenhauer stirbt am 21. September in Frankfurt am Main.

Sein Grab ist dort auf dem Hauptfriedhof gut erhalten zu besichtigen (nahe der westlichen Außenmauer). Neben ihm liegt Arthur Hübscher, der ehemalige Vorsitzende der Schopenhauer-Gesellschaft.

Philosophie

Schopenhauer war ein Bewunderer Kants und sah sich in dessen Nachfolge. Er verachtete Hegel. Auch gegen Schelling und Fichte polemisiert er hart in seinen Schriften, obwohl er von letzteren beiden, bei welchen er auch Vorlesungen hörte, durchaus beeinflusst wurde. Schopenhauer seinerseits wurde bewundert von Nietzsche (der später jedoch seine Philosophie verwarf), Richard Wagner, Albert Einstein, Kurt Tucholsky, Thomas Mann, Hermann Hesse und Wilhelm Busch.

Kants Ding an sich war für ihn zwar auch unerkennbar (es entzieht sich der Vernunfterkenntnis), jedoch nicht unerfahrbar. Durch Introspektion können wir uns dessen gewiss werden, was auch wir letzen Endes sind: Wir erfahren in uns den Willen, der bei Schopenhauer als das Ding an sich gilt. Dieser ist die Triebfeder nicht nur allen Handelns von Mensch und Tier, sondern auch die selbst grundlose Ursache hinter den Naturgesetzen. Die Welt ist letztlich blinder, vernunftloser Wille. Schopenhauer ist der klassische Philosoph und Hauptvertreter des metaphysischen Voluntarismus.

Die "Vorstellung" ist nur die durch Raum und Zeit sowie Kausalität (die den a priori gegebenen Erkenntnismodus von uns Lebewesen bilden) individuierte und verknüpfte Erscheinung des einen Willens. Sie ist nur "für uns", nicht "an sich". Wie Kant bezeichnet er sie daher als empirisch real, jedoch transzendental ideal. Insofern ist er zwar Idealist, er darf aber in keiner Weise mit den deutschen Idealisten gleichgesetzt werden, da er deren Primat der Vernunft diametral entgegensteht.

"Die Welt ist meine Vorstellung" gilt Schopenhauer als erster Hauptsatz seiner Philosophie. Es gibt für ihn nichts Beobachtetes ohne Beobachter, kein Objekt ohne ein Subjekt (eine Erkenntnis, deren Entdeckung er Berkeley zuschreibt). Die Welt, als Vorstellung betrachtet, zerfällt in Subjekte und Objekte, die sowohl untrennbar voneinander als auch radikal voneinander verschieden, jedoch letzten Endes beide nur Erscheinungen des Willens sind, der das Wesen der Welt ist, das sich, in Subjekt und Objekt erscheinend, gleichsam selbst anschaut.

Dem Menschen als höchster Form des objektivierten Willens ist die Möglichkeit gegeben, den Willen aufzuheben und so in einen Zustand des Nichtseins (Nirvana; hier zeigt sich der starke Einfluss des indischen Denkens (Buddhismus / Hinduismus) auf seine Philosophie) zu gelangen. Im Genuss von Kunst und insbesondere Musik "will" der Mensch nicht, sondern ist in einem Zustand der reinen Anschauung.

In der Ethik vertritt Schopenhauer im radikalen Unterschied zu Kant eine Mitleidsethik. Der einzige Grund, selbstlos zu handeln, ohne auf den eigenen Vorteil zu achten, ist die Erkenntnis des Eigenen im Anderen (Mitleid). Synonym für Mitleid ist ihm "caritas" oder einfach "Liebe". Es folgt hieraus ein im Vergleich zu Kant radikal anderer "Imperativ". Bei Schopenhauer lautet das Prinzip aller Moral: "Neminem laede, immo omnes, quantum potes, iuva (Verletze niemanden, vielmehr hilf allen, soweit du kannst)".

Ferner ist Schopenhauer Determinist, er leugnet die Willensfreiheit. Dies kommt in einem seiner berühmtesten Aussprüche zum Ausdruck: "Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will."

Leben war für ihn gleichbedeutend mit Leiden. Deswegen und wegen seiner Geringschätzung der Vernunft (im starken Gegensatz zu den deutschen Idealisten) kann man sein Denken als eine Philosophie des Pessimismus bezeichnen. Sie (engl. pessimistic philosophy) gewann nach dem Fehlschlagen der deutschen und österreichischen Revolutionen von 1848 an Zuspruch und Einfluss.

Schopenhauer war ein durchaus widersprüchlicher Geist, der beispielsweise Nationalstolz verachtete, vereinzelt herablassend über Juden und häufig geringschätzig über Frauen dachte, sich intensiv mit der Naturforschung seiner Zeit auseinandersetzte und doch Newtons Theorie des Lichts zugunsten der Goethe'schen Farbenlehre ablehnte, die er zu begründen trachtete.

Schopenhauer und die Frauen

Schopenhauer äußert sich vielfach herablassend über Frauen, was leicht als Abwehrreaktion gegenüber seiner dominanten Mutter interpretiert werden kann. In seinem vielzitierten Essay "Über die Weiber" (1851) schreibt er: "Sie sind sexus sequior, das in jedem Betracht zurückstehende, zweite Geschlecht, dessen Schwäche man demnach schonen soll, aber welchem Ehrfurcht zu bezeugen über die Maßen lächerlich ist und uns in ihren eigenen Augen herabsetzt." Schopenhauer folgert daraus: "Alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe." Von diesem blieb allerdings auch er nicht verschont. 1821 verliebt er sich in die 19-jährige Opernsängerin Caroline Medon, mit der er über mehrere Jahre ein Verhältnis hat. Heiratspläne verwirft er jedoch: "Heiraten heißt das Mögliche thun, einander zum Ekel zu werden." Im Alter von 43 Jahren interessiert er sich 1831 nochmals für ein junges Mädchen, die 17-jährige Flora Weiss, die den wesentlich älteren Schopenhauer jedoch abweist. Schopenhauers Philosophie und besonders seine Haltung zur Sexualität fanden auch in der Literatur ihren Niederschlag. Ein Beispiel dafür ist der Roman von Édouard Rod "Wettlauf zum Tod" aus dem Jahr 1885.

Tipps zum Umgang mit den Werken

Egal mit welchem Werk von Schopenhauer jemand beginnt, Schopenhauer wird den Leser an vielen Stellen zum Kern seiner Philosophie leiten. Es mag ratsam sein, mit seinem letzten Werk zu beginnen (Parerga und Paralipomena). Von diesem Alterswerk ausgehend hat Schopenhauer die meisten Rückbezüge auf alle seine anderen, früheren Werke. Der Leser hat hier sozusagen seine ganze Philosophie im Überblick. Wie auch immer, die Schriften aus Parerga und Paralipomena lassen sich auch ohne Wissen um das Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung mit Gewinn lesen. Dort (P&P) enthält Band 1 die viel zitierten Aphorismen zur Lebensweisheit. Um sein Denken vollständig nachzuvollziehen empfiehlt es sich, seine Werke im Original zu lesen.

Schopenhauer ist ein Sprachkünstler und (neben Nietzsche) wohl der beste Stilist unter den Philosophen deutscher Sprache. Wer Schopenhauers Philosophie nicht nur kennenlernen, sondern sein Philosophieren, sein Denken wirklich nachvollziehen will, der muß die Werke im Original lesen. Deren Sprache ist verständlich, kraftvoll und schön.

Arthur Schopenhauer hat sein Werk zeitlebens überarbeitet und gestaltet. Deshalb stößt der Leser oft auf Querverweise innerhalb der Arbeiten, welche ihm die Suche nach dem besten Einstieg in das Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung, je nachdem, ob und wie er Schopenhauers Anweisungen folgt, erleichtern mögen oder nicht. Wenn man aber Schopenhauers Biographie und Lesegewohnheiten ganz streng folgen will, dann eignet sich am sinnvollsten hierfür das Werk Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde als Einstieg. Danach empfiehlt sich das Lesen der Kritik der Kantischen Philosophie im Anhang des ersten Bandes Die Welt als Wille und Vorstellung. Der nächste Schritt liegt im Lesen der ersten sieben Paragraphen eben dieses ersten Bandes. Danach sind die ersten vier Kapitel des zweiten Bandes des Werkes zu lesen, das als Ergänzungsband dient. Danach widmet sich der Leser wieder Band 1 usw. Schopenhauer selbst gibt in den beiden Bänden von Die Welt als Wille und Vorstellung Hinweise, wann zu Band eins oder zwei zu wechseln ist.

Im Vorwort zum vierten Buch, Kapitel 40, des zweiten Bandes seines Werkes Die Welt als Wille und Vorstellung schreibt Schopenhauer: "Ueberhaupt mache ich die Anforderung, daß wer sich mit meiner Philosophie bekannt machen will, jede Zeile von mir lese."

Werke

  • Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, 1813
  • Über das Sehn und die Farben, 1816
  • Die Welt als Wille und Vorstellung, 1818/1819, vol 2 1844
  • Die Kunst, Recht zu behalten, 1830
  • Über den Willen in der Natur, 1836
  • Über die Freiheit des menschlichen Willens, 1839
  • Über die Grundlage der Moral, 1840
  • Die beiden Grundprobleme der Ethik, 1841
  • Parerga und Paralipomena, 1851
  • Baltasar Graciáns Handorakel und Kunst der Weltklugheit (Übersetzer), 1862
  • Nachlassband von Julius Frauenstedt, 1864

Literatur

Siehe auch

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