Graffiti

Graffiti ist ein Sammelbegriff für gesprühte Bilder und Texte. Ursprünglich handelte es sich um an Wände geschriebene oder in Wände geritzte Texte (Wandparolen), wie sie zum Beispiel in Pompeji gefunden wurden. Heute werden damit vor allem die von Jugendlichen mittels Sprühdosen illegal oder legal hergestellten Bilder (pieces) bezeichnet. Als Oberbegriff beschreibt es neben den so genannten Tags und Pieces auch die Schablonengraffiti und politischen Graffiti und ist ein Teil der Straßenkunst (Street Art). Graffiti ist ein zentraler Bestandteil der Subkultur Hip Hop.
Das Anbringen von Graffiti auf fremdem Eigentum ohne Zustimmung des Eigentümers stellt ein Strafdelikt dar. Graffiti löst immer wieder kontroverse Diskussionen aus, da die Ästhetik sehr unterschiedlich beurteilt wird.
Herkunft des Wortes
Graffiti ist der Plural des italienischen Worts graffito, das seinerseits aus einem vulgärlateinischen Verb für „mit dem Griffel kratzen“ entstanden ist (graphium „Griffel“, griechisch γραφειν „schreiben“). Der Singular ist im Deutschen unüblich, so dass häufig auch von einem Graffiti (und nicht von einem Graffito) gesprochen wird.
Geschichte


Die moderne Graffiti-Tradition entstand Anfang der 1970er Jahren in New York City. Es wird erzählt, dass ein griechischstämmiger Botenjunge begann, sein Pseudonym TAKI183 während seiner Botengänge durch die Stadt an Wänden und Mauern zu hinterlassen. Dies führte ziemlich schnell zu Nachahmern. Über TAKI183 erschien recht bald, eher zufällig, ein Zeitungsartikel in der New York Times, was dazu führte, dass sich das Taggen rasch über die gesamte Stadt verbreitete. Anfangs genügte ein Marker oder Filzstift um im urbanen Raum der Stadt ein auffälliges Zeichen zu hinterlassen. Aber bald entdeckten die Akteure die Sprühdose als perfektes Medium. Es entwickelten sich schnell die verschiedensten Techniken und Stile. Als Anfang der 80er Jahre der Film Wild Style auch in Deutschland gezeigt wurde, entstand auch hier in den Städten eine eigene Graffiti-Szene.
In der Hip-Hop-Kultur bildet Graffiti eines der vier wesentlichen Elemente; der Graffiti schaffende Künstler wird allgemein als Writer bezeichnet. Oft werden mit den gesprühten Bildern auch Gebiete (Turfs, englisch für Revier) markiert. Es kann zwischen diversen Pieces unterschieden werden. Throw up oder Quickpiece, TtoB (Top to Bottom, englisch für „von oben bis unten“), und EtoE (End to End, englisch für „vom einen Ende bis zum anderen“, bezieht sich vor allem auf Eisenbahn-, U-Bahn- und Straßenbahnwagen), Blockbuster, Silverpieces etc. Weiter gilt eine Unterscheidung in Letters (Buchstaben, Schrift) und Characters (Bilder, meist im Stil von Comic-Figuren). Bildträger sind u.a. Außenwände von Häusern und anderen Gebäuden, Betonmauern von außerstädtischen Großbauwerken wie Autobahn- oder Kanalbrücken, aber auch nur zeitweilig ruhende Objekte mit großen Flächen wie Straßenbahnen und Eisenbahnwaggons.
Als professionelle Künstler konnten sich nur wenige Writer durchsetzen, wie beispielsweise der New Yorker Keith Haring oder Thomas Baumgärtel, die beide allerdings nicht der Hip-Hop-Kultur entstammen. Bekannte deutsche Writer sind Loomit, Roger, und DAIM, dessen Spezialität dreidimensionale Letters sind. Diese Art der Buchstaben haben keine Outlines um sich vom Hintergrund besser abzuheben und somit plastischer wirken.
Als erster Graffiti-Sprayer Deutschlands gilt Peter-Ernst Eiffe, der im Sommer 1968 damit in Hamburg für Furore sorgte.
Der Zusammenhang von Hip Hop und Graffiti ist nicht lückenlos. Graffiti ist lange vor Hip Hop entstanden und in den frühen 1980er Jahren waren Writer oft eher Punks. Auch heute sind die meisten Writer eher unauffällige Menschen, die optisch weniger den „modischen Discogänger-Hip-Hoppern“ zuzurechnen sind.
Besprühte Objekte
Nicht alle Objekte werden besprüht. Häufig besprüht werden Unterführungen, Eisenbahnfahrzeuge und Verkehrsbauwerke wie Autobahnbrücken, in den Großstädten auch die meisten Häuserwände der Blocks. Denkmäler und historische Gebäude zu besprühen gilt in dem meisten Kreisen als verpönt, hindert natürlich Toys, linke und rechte politische Schmierer und andere der Hip-Hop-Szene fernstehende Personen, nicht daran, es dennoch zu tun. Als Faustregel gilt, je schwieriger ein Objekt zu erreichen und zu besprühen ist, desto größer der Fame für den Writer. Ein hohes Rooftop, ein Whole-Car oder ein Einsatzwagen der Polizei ist in der Regel schwieriger zu (be)sprühen, als eine Unterführung und bringt dementsprechend mehr Ansehen.



Das Sprayen hat ein vielfältiges Sprach- und Technikrepertoire entwickelt. Obwohl die meisten Sprayer mit dem Jargon vertraut sind, bezeichnen sich viele trotzdem einfach nur als Maler statt als Writer und sprechen von Dosen, nicht von Cans.
- 3D-Style
- Beim 3D-Style/-Stil wird die Outline fortgelassen und die Konturen der Buchstaben werden allein durch Licht- und Schattensetzung definiert. Besonders durch die Entwicklungen von DAIM, Delta (Niederlande) und Erni (USA) ist mittlerweile der 3D-Style weltweit in der Graffiti-Szene akzeptiert.
- Background
- Hintergrund des Pieces. Ursprünglich bestand dieser meist aus Bubbles oder einfarbigen Flächen, heute werden oft auch ganze Bildkompositionen, Landschaften oder grafisch aufwändige Farbverläufe gesprüht.
- Backpiece
- Auf den Rücken einer Jacke aufgenähtes bzw. aufgemaltes u.a. Piece zu Erkennungszwecken.
Graffiti und HipHop-Magazin aus Hamburg
- Battle
- (Ursprünglich) gewaltfreier, künstlerischer Graffiti-Wettkampf zwischen Writern oder Crews. Der Sieger erntet Fame (Ruhm) und gilt anschließend allgemein als der bessere Writer. Neutrale Schiedsrichter werden aus unbeteiligten Crews herangezogen.
- biten
- Das Kopieren, Nachahmen eines fremden Styles oder gar Namens aus Unkenntnis oder mangelder Kreativität.
Das häufige biten macht es für den Betrachter schier unmöglich den tatsächlichen Urheber eines Graffito zu ermitteln, weiterhin kommt es auch durch die Vielzahl der Sprayer zu mehrfachen Namensbelegungen.
- Blackbook
- Buch, das zum Skizzieren von Graffiti dient und in das häufig auch Fotos eingeklebt werden. Weitere Formen sind das Sketchbook, das nur Skizzen enthält und das Travel- oder Guestbook, in das Bekannte des Sprühers zeichnen. Es findet keine klare Abgrenzung zwischen diesen Formen statt, so dass sich beispielsweise in einem Blackbook auch Bilder von anderen Sprühern befinden können.
- Blockbuster
- Große, eckige Styles, die häufig an Western-Typografie erinnern und auch für Außenstehende gut lesbar sind.
- Bombing
- Schnelles, wenig aufwendiges, auf Quantität ausgelegtes Sprühen (s.auch Quickpiece, Throw-up)
- Bubbles
- Runde blasen- oder kreisförmige Farbflächen, häufig im Background oder Fill-in zu finden.
- Bubblestyle
- Pieces, die aus runden Elementen bestehen und aussehen, als seien sie aufgeblasen.
- Burner
- Besonders gelungenes, auffällig gutes Graffitibild, häufig auch an besonders günstigen auffälligen Plätzen
- buffen
- Das Entfernen von Graffiti von Wänden oder Zügen
- Can
- Sprühdose
- Caps
- Sprühköpfe, die den Lack beim Entweichen aufgrund des Druckes in der Dose zerstreuen lassen. Es gibt verschiedene Arten von Caps (z.b. Fatcaps, Skinnycaps, NY-Caps) die sich im wesentlichen durch die Stärke ihres Sprühstrahls und die damit einhergehende Linienstärke auf der Wand unterscheiden. Bei Bombings wird meist ein Fatcap zum Ausmalen des Bildes benutzt, weil diese einen sehr breiten Sprühstrahl haben.
- Character
- Häufig comicartige figürliche Darstellungen in Graffitibildern. Ein für seine Character berühmter Writer in Deutschland ist Can 2 aus Mainz. Die amerikanischen „Old School“ Writer entlehnten häufig Comiccharaktere des Zeichners Vaughn Bodé.
- Corner
- Treffpunkt für Sprüher
- Crew
- Zusammenschluss von Writern zu einer gangähnlichen Verbindung. Die Namen der Crews werden meist mit mehreren Buchstaben abgekürzt z.B. SUK (Stick up Kids) oder DSU (Don't Stop Us) allerdings finden auch oftmals Zahlen Verwendung als Gruppeninitial, zum Beispiel im bundesweit operierendem Verbund "25" oftmals auch der Postleitzahl des bewohnten oder repräsentierten Gebietes entnommen. Teilweise wird durch mehrere Gruppenmitglieder auch nur ein Name genutzt, beispielsweise Critas.
- crossen
- Das Zerstören eines fremden Graffiti Bildes durch Übermalen (Zutaggen) oder Durchstreichen
- Drip/Drop
- Herunterlaufende Tropfen bei zu dick aufgetragener Farbe. Häufiger Anfängerfehler, teilweise auch gewolltes Stilmittel.
- End to end (E2E)
- Zugbild, das sich über die gesamt Länge eines Waggons erstreckt.
- Fading
- Fließender Übergang zwischen zwei Farben innerhalb eins Bildes
- Fame
- Hohes Ansehen und Bekanntheit bei anderen Sprayern, Ziel und Motivation vieler Maler
- Filling/Fill-in
- Die Füllung der Buchstaben, Fläche innerhalb der Outlines,entweder einfarbig, bunt oder oft flächig silberfarben.
- Hall of Fame (engl. Ruhmeshalle)
- Flächen, die meist legal zu besprühen sind und auf denen die Writer vor allen Dingen qualitativ hochwertige Pieces anbringen. Der eigentliche Unterschied zu anderen Flächen im öffentlichen Raum ist, dass zu den Hall Of Fames Writer kommen, um die Werke zu betrachten und nicht die Werke zu den Writern kommen (wie beispielsweise besprühte Züge an den Bahnhöfen), häufig liegen sie sogar im Verborgenen. Bekannte Hall Of Fames in Deutschland sind bzw. waren zum Beispiel Bunker (Dortmund), Mauerpark oder Priesterweg (Berlin) und Live Music Hall (Köln). Hall Of Fames haben oft eine lange Tradition und dienen als Battleort und Treffpunkt für Writer. Ist eine Hall Of Fame gut besucht und unter vielen Writern bekannt, wird sie oft auch von Künstlern aus aller Welt besucht.

- going over
- Bezeichnet das Übermalen eines fremden Bildes mit einem eigenen. Im Gegensatz zum crossen geht es dabei nicht vorrangig um die demonstrative Zerstörung des Bildes, sondern eher um Präsentation des eigenen Styles im Gegensatz zum übermalten.
- Highlights
- Lichtreflexe, die meist in Form von weißen Linien im Innenbereich der Buchstaben verwendet werden um das Bild plastischer erscheinen zu lassen.
- King
- Anerkannter, respektierter, herausragender Writer mit viel Fame
- killen
- Sämtliche bilder eines Writers crossen oder übermalen
- Line
- Bahntrasse (Zuglinie).
- Lay-Up
- Kleine Zugabstellanlagen, während die offizielle Bezeichnung der Bahn dafür Kehranlage lautet. Oft sind dies Endhaltepunkte oder Knotenpunkte, an denen einzelne Züge zu Reinigungszwecken abgestellt werden und nach kurzer Zeit wieder herausgefahren werden.
- Outlines
- die unmittelbare Umrandung eines Graffiti-Schriftzuges. Diese unterteilt die einzelnen Buchstaben in ihrer Form. Des Weiteren gibt es die Second Outline (auch Frameline genannt), die den gesamten Schriftzug umrahmt.
- Overkill
- wenn eine Sprühdose ihren Inhalt größtenteils unter dem Sprühventil ("cap") verliert. Dabei läuft die Farbe nicht nur an der can herunter, sondern spritzt meist auch in alle Richtungen. Ein Overkill wird meist durch zuviel Druck in der Dose und/oder verstopfte caps verursacht. Dadurch können Klamotten und Bilder ziemlich dreckig werden, was den Künstler meist sehr wütend macht(und traurig).
- Panel
- Allgemeine Bezeichnung für ein Zugbild. Ursprünglich bezeichnete dieser Begriff nur Bilder, die zwischen zwei Waggontüren als Window-down gesprüht waren.
- Piece
- Eigentlich Bezeichnung für ein aufwändiges, meist mehrfarbiges und großflächiges Graffiti. Es handelt sich dabei um die abgekürzte, ursprüngliche Bezeichnung für Masterpiece (engl. Meisterwerk). Häufig wird es aber auch als allgemeine Bezeichnung für ein gesprühtes Bild benutzt.
- Quickpiece
- Siehe Bombing
- Silverpiece
- Bild, dessen meist einfarbige Outlines (häufig Schwarz oder Hitzerot) lediglich mit Chromsilber ausgefüllt sind.
- Respect
- Anerkennung fremder 'Skills und Werke.
- Rooftop (engl. Hausdach)
- Pieces auf Dachvorsprüngen.
- Spot (engl. Platz)
- Explizit ausgewählte Orte, die zum Malen eines Bildes geeignet sind/wären.

- Schraffo
- Quickpiece, dessen Outline nur mit einer raschen Schraffierung gefüllt ist.
- Sketch/Scribble
- Skizzen oder schnelle Ideenmuster auf Papier z.B. in Blackbooks
- Skills
- Fertigkeiten im Umgang mit Buchstaben und der Dose.
- Stencils
- Sprühschablonen
- Style
- Schlüsselbegriff des Graffiti, bezeichnet die spezielle Art der Kreation bzw. das Charakteristikum in den Bildern eines Writers. Dazu gehört u.a. das individuelle Gestalten von Buchstaben, sowie das Einsetzten bestimmter Stilelemente so das ein stimmiger, eigener Stil entsteht. Einen guten Style zu kreieren gilt als erstrebenswert. Gelegentlich werden auch einzelne Bilder als Styles bezeichnet.
- Tag
- Ein Signaturkürzel. Wird unter anderem in der amerikanischen Gang-Kultur als territoriale Markierung benutzt. Hierzu werden oft dicke wasserfeste Stifte benutzt. In europäischen Ländern auch teilweise unabhängig von Graffiti üblich, wo nur die Tags (Unterschriften) geschrieben oder auch gesprayt werden. Ziel dabei ist möglichst präsent zu sein in einer Stadt, einem Bezirk oder einer Gegend. Sozusagen ein Wettkampf unter Taggern, wer mehr, größere, an cooleren Stellen schafft.
- Terrorline
- Linie welche mit einer Sprühdose oder einem Marker an Zügen oder Wänden über mehrere Meter gemalt wird.
- Throw-Up
- Einfarbiges Bombing, ohne Fillins das mit wenig Zeitaufwand erstellt wird. Also nur die Outlines eines Bildes, meist Bubblestyle. Begriff kommt aus dem englischen to throw up und bedeutet sich erbrechen/ sich übergeben.
- Top to Bottom (T2B)
- Ein Zugbild, welches die gesamte Höhe eines Zugwaggons annimmt, also von ganz unten bis ganz oben geht, dabei aber nicht die gesamte Breite des Waggons einnimmt (dann siehe Wholecar)
- Toy
- Bezeichnung für einen unerfahrenen (schlechten) Graffiti-Künstler.
- Trash yard
- Abstellgelände für ausgemusterte Bahnwaggons.
- Trainbombing
- Allgemeine Bezeichnung für das Besprühen von Zügen.
- Whole Car
- Komplett bemalter Zugwaggon
- Whole Train
- Mindestens einseitig und über die gesamte Länge als auch Höhe bemalter Reisezug.
- Wildstyle
- Als Wildstyles werden Bilder bezeichnet, die sehr kompliziert aufgebaut werden und deren Elemente wild verschlungen sind. Oft sind diese Bilder auch von erfahrenen Sprühern nicht lesbar. Als einer der Erfinder dieses Stils gilt Phase 2 aus New York. Er machte entscheidende Schritte in Richtung Wildstyle. Jedoch ist Wildstyle bei weitem nicht durch eine einzelne Person entstanden! Unter anderem ist unbedingt Dondi im Zusammenhang mit Wildstyle zu nennen, da er es war, der die Wildstyleletters (Buchstaben) überarbeitete und in einen völlig neuen Kontext stellte. Legendär sind vor allem seine Beschreibungen und Erklärungen am Rande seiner Sketches (Skizzen auf Papier), sowie seine Wholecararbeit. Wildstyle wurde von mehren New Yorker Writern aufgegriffen (unter anderen Dero und Poem) und eigen interpretiert und weitergeführt. Im Laufe der Zeit schwappte diese Stylerichtung nach Europa über, wo sie weiter ausgebaut wurde. Heutzutage sind Wildstyles teilweise so verschlungen, dass sie kaum noch lesbar sind. Dies geschieht vor allem durch aufwändige Elemente sowie zahlreiche, zum Teil durch Schreibschrift beeinflusste, zum Teil neu definierte Verbindungen.
- Window-down
- Zugbild, unterhalb der Fenster
- Yard
- Umzäuntes Gelände, auf dem Züge oder U-/S-Bahnen über Nacht abgestellt werden, meist zur Reinigung und Wartung.
Motivation für Graffiti
Die Universität Potsdam kam bei Untersuchungen zu verschiedenen Motivationen der Sprayer:
- Streben nach eigener Verbesserung, Fortschritte machen
- Positive Emotionen (Abschalten vom Alltag, abreagieren, Stimmung verbessern, Drogenrausch-ähnlicher Kick beim Sprühen)
- Kreativität (Ideen & Vorstellungen verwirklichen, Gefühle ausdrücken)
- Gruppengefühl (Geborgenheit, Zusammenhalt)
- Ruhm (engl. Fame)
- Lebenssinn
- Grenzerfahrungen machen (Angst, Gefahr erleben und überwinden)
- Selbstverwirklichung
Den drogenähnlichen Rauschzustand, den Sprüher immer wieder erleben, hat man sonst nur bei Extremsportlern, wie z.B. Felskletterern festgestellt und er tritt überraschenderweise gleichermaßen bei legal (Ruhm und Leistung) als auch bei illegal (Grenzerfahrung) arbeitenden Writern auf. Gleichzeitig bedeutet illegales Malen jedoch auch ein hohes Maß an psychischem und physischem Stress. Dieser Stress kann ein Grund für einen Writer sein, auf legales Malen umzusteigen.
Öffentliche Wahrnehmung
Graffiti werden oft kontrovers eingeschätzt: Während Graffiti auf der Berliner Mauer weitgehend gesellschaftlich anerkannt wurden, empfinden weite Teile der Bevölkerung die kurzen Tags (Signaturkürzel) als Verunstaltung und puren Vandalismus. Die Bewertung hängt damit entscheidend von der Schönheit und Bedeutung des ursprünglichen Objektes und der Ästhetik des Graffiti ab. Daneben demonstrieren oder zelebrieren Teile der Szene ihr fehlendes Unrechtsbewusstsein und verstärken damit die Ablehnung der Öffentlichkeit.
Strafrechtlich wird das unbefugte Bemalen von Wänden, Fensterscheiben, Zügen mit Sprühdosen als Sachbeschädigung eingestuft. Das Bemalen von Straßenschildern kann als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden. Weitere Straftatbestände können aus dem unbefugten Betreten von Grundstücken und Bauwerken abgeleitet werden. Zivilrechtlich verpflichtet es die Schädiger zum Schadensersatz. Unerlaubte Graffiti an Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln verursachen nach Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Haus- und Grundeigentümer pro Jahr Schäden von bis zu 250 Millionen Euro.
Nichtsdestotrotz wird Graffiti als Stil oft von der Werbebranche eingesetzt, um Jugendliche anzusprechen – legal, und von Erwachsenen. In einigen Jugendkulturen genießen Graffiti Zustimmung. Graffiti gilt als illegale „Untergrundaktion“ und damit unter Jugendlichen natürlich auch als Mutprobe. Inzwischen werden gefasste Täter mehr und mehr selbst für die Beseitigung ihrer Schäden zur Verantwortung gezogen und zur Mitarbeit beim Entfernen der Farbe verpflichtet. Es wird behauptet, viele Täter kämen dadurch zur Einsicht und unterließen weitere Sachbeschädigungen dieser Art. Des weiteren kommt es immer wieder zu Verurteilungen und zu hohen Geldstrafen.
Anders als bei legaler Kunst können bei illegalen Graffiti nicht die selben Maßstäbe für Detailtreue oder Akkuratheit angelegt werden. Dafür gewinnen Größe, unmögliche Erreichbarkeit (siehe Rooftops) und Einfachheit an Bedeutung.
Um jugendliche Sprayer aus der Illegalität herauszuholen, wird Graffiti häufig auch als Jugendprojekt angeboten. Hier hat sich in den 1980er und 90er Jahren besonders Barbara Uduwerella und ihr Verein Hip Hop Hamburg e.V. hervorgetan. Ziel des Vereins ist es Graffiti zu entkriminalisieren und außergerichtliche Einigungen zu finden.
Graffitiforschung

Die Graffitiforschung beschäftigt sich mit dem sozialen und kunstgeschichtlichen Aspekt von Wandmalereien.
Dieser Forschungszweig sieht sich in der Tradition der Altertumsforscher, die vor ca. 300 Jahren begannen, antike Wandinschriften zu suchen, auszuwerten und zu publizieren. Der Begriff Graffitiforschung wurde erst ca. 1980 geprägt. Er setzte sich 1995 weltweit durch.
Die Graffitiforscher gehen von der Annahme aus, dass Graffiti eine Menetekel-Funktion erfüllen und als politisches Thermometer angesehen werden können, sofern transpersonale Zusammenhänge eine Rolle spielen. Dies ist besonders in politisch unsicheren Zeiten von Bedeutung.
Zitate
- Mit dem Graffiti bricht in einer Art von Aufstand der Zeichen das linguistische Ghetto in die Stadt ein. (...)
- Insurrektion, Einbruch in das Urbane als Ort der Reproduktion und des Codes - auf dieser Ebene zählt nicht mehr das Kräfteverhältnis, denn das Spiel der Zeichen beruht nicht auf Kraft, sondern auf Differenz; vermittels der Differenz also muss es attackiert werden. (...) Es genügen tausende mit Markers und Sprühdosen bewaffnete Jugendliche, um die urbane Signalethik durcheinanderzubringen, um die Ordnung der Zeichen zu stören. - Der Philosoph Jean Baudrillard in KOOL KILLER oder Der Aufstand der Zeichen
Bekannte Künstler
- Harald Naegeli - der Sprayer von Zürich
- Keith Haring - US-amerikanischer Künstler.
- DAIM - deutscher Graffiti-Künstler, eigentlich Mirko Reisser
- SEEN - New Yorker Graffiti Pionier
- Phase2 - Erfinder des Wildstyles, Bubblestyles und der Pfeile in Bildern, einer der bekanntesten New Yorker Old Schooler
- Dondi - New Yorker Oldschool-Legende, bekannt sowohl für seine Wholecararbeiten als auch für seine Wildstyles. Mitbegründer der Crew CIA[Crazy-Insides-Artists] gest.1998
- Dare - aus Basel, bekannt für seine ausgewogenen Styles. http://www.vonkoeding.ch
- Can2 - aus Mainz, einer der populärsten deutschen Writer, Mitglied in Seens New Yorker Crew „UA“ und im Montana Writer Team
- Mode 2 - aus Paris, bekannt für seine Charakters und Styles.
- Seak - aus Hürth bei Köln - http://www.seakone.com
- Loomit - Münchner Writer, erlangte durch seine technische Perfektion weltweites Ansehen
- Amok - Berliner Old Schooler, prägte mit seinen Bildern den berliner Style, Mitglied der SOS Crew (gegründet 1990/91 von Some one und Odem ), u.a. Odem, Phos4, Poet und Shek
- Kaos - Mitglied der bekannten GFA Crew aus Berlin, Bekannt für spektakuläre Wildstyles, ebenfalls prägend für die Berliner Graffiti Kultur
- Bomber - aus Frankfurt am Main. Stilprägender Freestyler mit enormer Innovationskraft.
- Toast - aus Bern, bekannt für seine plastisch wirkenden Charakter.
- Moses - aus Hamburg, europaweit bekannt für seinen hohen Grad an Präsenz auf Zügen und entlang der Bahnlinien.
- Razor - bekannt für die durchgehend hohe Qualität seiner Züge die er bis Ende der 1990er in ganz Europa gemalt hat.
- Chew writer - aus Berlin, bekannt dafür, dass er verschiedene Styles beherrscht wie z.B 3D und die typische berliner Fortführung des New Yorker wildstyles.
Besondere Stile des Graffiti
Baumgraffiti
Unter Baumgraffiti versteht man Graffiti auf Bäumen. Baumgraffiti kann, wie anderes Graffiti auch, mit Farbe auf einem Baum aufgebracht sein. Häufiger sind allerdings Einritzungen in den Stamm, wobei Liebeserklärungen am häufigsten sind.
Auswirkungen auf den Baum: Eine einzelne Einritzung in einem Baumstamm dürfte einem Baum nur kaum schaden. Kritisch für den Baum wird es, wenn diese Einritzungen in großer Anzahl gleichmäßig um den Baum verteilt sind. Auf keinem Fall darf man eine Einritzung in Form eines Rings um den Stamm machen, da dies zum Absterben der Teile oberhalb des Rings führt. Auch darf nicht zu tief in den Baum geritzt werden. Wie stark sich ein mit Farbe aufgebrachtes Baumgraffiti auf dem Baum auswirkt, ist wenig bekannt.
Graffiti auf Plakaten
Weit verbreitet und schon seit langem gemacht, ist Graffiti auf Plakaten, insbesondere solchen auf denen Personen abgebildet sind. Die häufigste Form der Plakatgraffiti besteht darin, die auf diesen Personen abgebildeten Personen mit Bärten oder Hörnern zu „verzieren“. Hierbei wird meist wasserfester Filzschreiber verwendet. Obwohl Graffiti auf Plakaten, die insbesondere zu Wahlkampfzeiten häufig zu beobachten ist, wie die meisten Formen der Graffiti eine Form der Sachbeschädigung ist, wird diese Form der Graffiti zum Teil auch wegen ihres lustigen Aussehens von der Bevölkerung in höheren Maße akzeptiert als andere Formen der Graffiti.
Weitere Stile
- Pochoir - Schablonen(Stencil)-Graffiti
- Klosprüche
- Fälschen von Kornkreisen
- Schneegraffiti
- Höhlenmalereien
- Liebesgraffiti
- politisches/Parolen-Graffiti
Zeitungen
- 14K (Schweiz) Erstes deutschsprachiges, zweites europäisches und weltweit drittes Hip-Hop-Magazin. Erscheint ab Mai 1988 regelmäßig bis April 1998. Fünf Jahre später, 2003, beginnt eine Zusammenarbeit mit dem Zürcher Graffiti-Magazin RaZHia, aus dem die Site Zeecity.com ... hervorgeht.
- Stylefile: Graffitimagazin, erscheint 3 Mal pro Jahr (März, Juli, November. Berichtet über Graffiti in Deutschland (speziell Rhein-main-Gebiet) und Europa.
- Nonstop: Graffitimagazin,erscheint 3 Mal pro Jahr. Berichtet über Graffiti und Street Art in der Schweiz und Europa. [1]
Siehe auch
- Liste von Graffiti-Ausstellungen
- Straßenkunst
- Die historischen Karzer deutscher Universitäten mit studentischen Graffiti des 19. Jahrhunderts
- Graffiti-Galerie in den WikiCommons
Literatur
- DAIM: daring to push the boundaries. Bildband mit Texten von Mirko Reisser, Lena Mwinkand und Sarah Behrend. Hamburg: getting-up/reisser, 2004. ISBN 3-00-014155-3
- M. Cooper, H. Chalfant: Subway Art. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2002 (Neuauflage) ISBN 3-89602-422-1
- Odem, J. Deppe: Odem On The Run. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2003
- Peters, Reisser, Zahlmann: Urban Discipline 2002, Graffiti-Art (Ausstellungskatalog), 2002 ISBN 3-00-009421-0
- M. Todt, Bernhard van Treeck: Hall of Fame. Edition Aragon, 1995 ISBN 3-89535-430-9
Weblinks
- Publikation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu Graffiti (pdf-Datei)
- Wissenschaftliche Darstellung der Graffitiszene
- Institut für Graffiti-Forschung Wien
- Deutsche Graffiti-Community
- GFA-Crew (Webseite der Berliner Oldschool-Crew)
- Faltblatt der Polizei für Hausbesitzer (pdf-Datei)
- Bombing Science 10000+ Fotos
Deutschland
- www.farbsucht.de - Deutschlandweite Bilddokumentation von Graffiti
- www.crime-arts.de - Dokumentation der Berliner Graffitiszene
- www.txmx.de/ - 5100+ Fotos von Graffiti & Street Art
- www.graffiti-galerie.de - viele Fotos und Informationen
- graffitibox.de - Berliner Graffiti-Seite mit angebl. über 9000 Bildern
- Writing Crew, gegründet von Can2 aus Mainz
- ifg Institut für Graffiti-Forschung
- www.truehead.de - Graffiti aus Köln, Düsseldorf ... großer upload Bereich für user
Österreich
- www.spraycity.net - austrian graffiti portal