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Liborius

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Liborius (4./5. Jahrhundert), spätantiker Bischof von Le Mans, Heiliger, Todestag: 23. Juli, Translation: 28. April, Ankunft der Reliquien (in Paderborn): 28. Mai.

Darstellung

Über die historische Gestalt des Liborius (4./5. Jahrhundert) ist wenig bekannt. Er soll den mittelalterlichen Heiligenlegenden zufolge 47 Jahre lang Bischof der gallo-romanischen civitas Le Mans gewesen sein und war mit dem Bischof (und Heiligen) Martin von Tours († 397) befreundet. In Le Mans schon frühzeitig als Heiliger verehrt, kamen unter Kaiser Ludwig dem Frommen (814-840) Gebeine des Liborius im Rahmen der damals üblichen Reliquientranslationen von (west-) fränkischen Kirchen und Klöstern nach Sachsen auch in die Bischofsstadt Paderborn. Ein Paderborner Anonymus, wahrscheinlich ein Kleriker des Domkapitels, berichtet am Ende des 9. Jahrhunderts über die Translation des Liborius, des „Brückenbauer Europas“, in seine Heimatstadt. Der unter dem Paderborner Bischof Biso (887-909) geschriebene Translationsbericht führt aus, wie eine Gruppe von Paderborner Geistlichen nach Le Mans gelangt und von dem dortigen Bischof Aldrich (832-857) Reliquien erlangte. Letztere wurden über Chartres und Paris über den Rhein nach Sachsen verbracht und erreichten – „unter großer Teilnahme des Volkes“ – am 28. Mai 836, dem Pfingstsonntag Paderborn. Dort wurden die Reliquien von Bischof Badurad (815-862) im Dom untergebracht, auch Wunder sollen stattgefunden haben.

(Nicht nur) von Paderborn aus verbreitete sich in den nachfolgenden Jahrhunderten des Mittelalters der Heiligenkult um Liborius. Der eben zitierte Translationsbericht und Liborius als (Mit-) Patron der Paderborner Domkirche zeigen an, dass die Bischofsstadt schon früh das Zentrum der Liboriusverehrung in Deutschland war. Der westfälische Raum wurde somit früh vom Liboriuskult erfasst, ebenso finden wir den Heiligen im 11. Jahrhundert im bayerischen Kloster Tegernsee oder in Quedlinburg. Die Niederlande, Niedersachsen, Thüringen und der Niederrhein folgen ab dem 12. Jahrhundert, wenn wir die Liborius-Einträge in Memorienkalendern und Nekrologen berücksichtigen. Im späten Mittelalter wurde aus Liborius der Helfer gegen Leibesnöte und insbesondere für Stein- und Nierenkranke. Reformation und Gegenreformation brachten dann auch innerhalb der katholischen Kirche und im katholischen Paderborn einen gewissen Wandel in der Heiligenverehrung allgemein und im Kult um Liborius speziell.

Durch den Reliquientransfer von Le Mans nach Paderborn ist die älteste Städtefreundschaft der Welt entstanden. Noch heute wird alljährlich zum Gedenken an die Translation in Paderborn das Fest Libori begangen, bei dem der Schrein mit den Liborius-Reliquien über den Domplatz getragen wird.


Literatur

  • DE VRY, VOLKER, Liborius, Brückenbauer Europas. Die mittelalterlichen Viten und Translationsberichte. Mit einem Anhang der Manuscripta Liboriana, Paderborn-München-Wien-Zürich 1997

Siehe auch