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Sprachgebrauch in der DDR

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Unter DDR-Sprache werden allgemein sprachliche Erscheinungen verstanden, die vor allem in Lexik und Stilistik sowohl im Alltag wie auch in den Medien in der DDR anzutreffen waren.

Unterscheidung

Es gab eine ganze Reihe Wörter, Kurzworte und Abkürzungen, die nur in der DDR Verwendung fanden. In der DDR neu gebildete Wörter, so genannte Neologismen, die sich vom übrigen deutschen Sprachraum unterschieden und dort keine Anwendung finden, zum Teil auch aus dem Russischen stammten bzw. Übersetzungen aus dem Russischen sind, werden auch aufgeführt. Die folgende Liste, die sich als alphabetische Sammlung versteht, enthält gemischte Begriffe, die noch weiter unterschieden werden können:

  1. Begriffe, die von allen ohne oder fast ohne inneres Widerstreben benutzt wurden, um bestehende Sachverhalte zu bezeichnen, ohne diese auf- oder abzuwerten. Beispiele: ABV, Broiler, HO, Kaufhalle, Wandzeitung, sozialpolitische Maßnahmen, Babyjahr, Ehekredit.
  2. Begriffe, deren Gebrauch Linientreue oder eine kommunikative Zwangssituation kennzeichneten. Beispiele: Abschnittsbevollmächtigter, Genosse, Klassenfeind, Werktätige, unser (sollte das Volkseigentum und die Gemeinsamkeit betonen) "unsere Deutsche Demokratische Republik".
  3. Begriffe, deren Gebrauch Ironie gegenüber dem System deutlich machte. Beispiele: Bonbon, Bückware, Ochsenkopfantenne. Auch Begriffe aus 2. wurden durch entsprechende Überhöhung gelegentlich so benutzt.
  4. Begriffe, die in einem anderen Sinn verwendet wurden als in der Bundesrepublik. Beispiele: Diktatur (ist Herrschaft einer Klasse), Demokratie, militärische Überlegenheit (bestünde darin, dass das Volk die Waffen zur Verteidigung nutze), Freiheit (ist Einsicht in die Notwendigkeit)

Zeitliche, örtliche und situative Unterschiede, in welchem Sinn die Begriffe gebraucht wurden, sind außerdem möglich.

DDR-typische Verwendung von Wörtern und Neuschöpfungen

A

B

  • BBSBetriebsberufsschule
  • BBZ – Berufsberatungszentrum
  • Bedarfsunterdeckung – Versorgungslücke
  • BGL – Betriebsgewerkschaftsleitung
  • Bilanzierung – Zuweisungsprozedur für Arbeitsmaterial und Produktionsmittel an Betriebe
  • Blaue Fliesen – Westgeld, in Anlehnung an den 100-DM-Schein
  • Blockflöten – Bezeichnung für kleine, neben der SED bestehende Blockparteien und deren Mitglieder (Nachwendezeit)
  • Brigade – kleinstes Kollektiv im Produktionsprozess, eine für einen bestimmten Bereich verantwortliche Arbeitsgruppe
  • Broiler – siehe Goldbroiler
  • BSG – Betriebssportgemeinschaft
  • BückwareTauschware, eigentlich Waren, die nur durch Bücken (unter den Ladentisch) zu erhalten waren
  • Bunte Scheine - Westgeld

C

  • C&A – sowjetische Truppen, nach den kyrillischen Buchstaben „СА“ auf den Schulterstücken der Soldatendienstgrade (Abkürzung für russisch советская армия - Sowjetische Armee); Gelegentlich auch als "Camping Allemagne" oder "Circus Aljoscha" bezeichnet.

D

  • Datsche (russisch дача) – Wochenend- oder Gartenhäuschen im Grünen
  • Dederon - Nylonartige Chemiefaser, verwendet u. a. für Beutel, Kittelschürzen usw., Kunstwort aus der ausgesprochenen Abkürzung D-D-R und Molton (textiler Grundstoff)
  • Delikat-Laden – bestimmte Lebensmittelgeschäfte, ca. seit Ende der 1970er Jahre eingerichtet, in der Umgangssprache auch „Deli“ oder „Freß-Ex“ (siehe „Exquisit“) genannt. Im Sortiment waren hauptsächlich Nahrungs- und Genussmittel, ganz überwiegend aus DDR-Produktion, darunter begehrte Exportartikel und andere selten erhältliche Waren, teilweise in West-Aufmachung, vor allem zu Anfang auch West-Marken. Das Preisniveau lag deutlich über dem der Normalgeschäfte.
  • Delikatesshering, auch Delihering - Bismarckhering, da die Rolle des deutschen Reichskanzlers und ihre Bewertung in der DDR lange Zeit verpönt waren.
  • Devisen, frei konvertierbare Währung, – westliches Geld, siehe Deutsche Mark
  • Dispatcher (vom englischen to dispatch = etwas erledigen, abschicken) – Einsatzleiter, Koordinator, Disponent, Administrator; vermutlich als Fremdwort im Russischen verwendet und von dort übernommen
  • Diversant – ein Agent, Saboteur oder ‚Störer‘ (vom Audruck „ideologische Diversion“ für das Eindringen westlichen Gedankengutes)
  • drüben - in der B.R.D.

E

  • E oder EK, bezechnete den Entlassungskandidaten der NVA, welcher eine hervorgehobene Position hatte.
  • Elaste (pl.) – Elastomere (elastische Stoffe) – kaum gebräuchlich, siehe auch: Plaste (pl.)
  • Erdmöbel – Bezeichnung für einen Sarg (vermutlich kabarettistische Wortschöpfung)
  • EOSErweiterte Oberschule (entspricht in groben Zügen dem Gymnasium), Schuleinrichtung mit dem Abschlussziel Abitur
  • Essengeldturnschuh, auch Stoffidas – Bezeichnung für weiche Sportschuhe aus Stoff mit Gummisohle; der Name entstand wegen des Preises der Turnschuhe (2,75 Mark), der dem (fast überall gleichen) wöchentlichen Essengeld in der Schulspeisung entsprach bzw. abgeleitet von Adidas
  • ESP – Schulfach, Abkürzung von „Einführung in die sozialistische Produktion“, beinhaltete Wirtschaftslehre und Technisches Zeichnen; gehörte zusammen mit PA (Produktive Arbeit) zum UTP (Unterrichtstag in der Produktion)
  • EVP – Einzelhandelsverkaufspreis, Endverbraucherpreis oder Endverkaufspreis, bereits vom Hersteller auf der Ware aufgedruckt, da es in der DDR nur Festpreise gab
  • Exquisit, Ex – Laden für Kleidung und Kosmetika für gehobene Ansprüche zu ebenfalls gehobenen Preisen

F

  • FahneNationale Volksarmee, bei der Fahne sein
  • Fahnenappell – Versammlung in Schule und bei der Lehrausbildung zu (politischen) Höhepunkten, wichtigen Anlässen und zu Beginn sowie Ende von Schuljahren
  • FeierabendheimAltersheim
  • FirmaStasi (Geheimdienst)
  • Fit – zur Sachbezeichnung gewordener Markenname für Spülmittel
  • Frauenruheraum – in Betrieben zur Ruhe für Frauen, besonders Schwangere, eingerichteter Raum
  • Freilenkung von Wohnraum – Umschreibung für staatliche Einflussnahme auf Beendigung und Neubegründung von Mietverhältnissen
  • die Freunde – die Sowjetunion, die Sowjetbürger, sowjetische Soldaten
  • Freundschaft! – FDJ-Gruß, mit dem FDJ-Versammlungen und ab der 8. Klasse (häufig, aber nicht einheitlich) Unterrichtsstunden begonnen wurden; üblich auch bei Appell-Veranstaltungen
  • Früh-und-Spät-Verkaufsstelle – Verkaufsstelle für Lebensmittel, die auch in den Früh- und Abendstunden und am Wochenende geöffnet war, um die Versorgung der Schichtarbeiter zu gewährleisten.

G

  • Gastmahl des Meeres: häufige Bezeichnung für in fast jeder Bezirksstadt vorhandene Gaststätten, die überwiegend Fischgerichte anboten
  • Geborgenheit: „Soziale Geborgenheit“, „Geborgenheit im Alter“ – Floskel aus der Parteiagitation, besonders in Printmedien und Plakatierungen (zum Beispiel anlässlich von Jahrestagen und Wahlen) genutzt.
  • Genosse, Genossin – kein spezieller DDR-Begriff, sondern auch üblich als interne Anrede in verschiedenen Parteien; in der DDR aber offizielle Anrede bei ‚bewaffneten Organen‘ sowie in der SED, statt der sonst üblichen Anrede „Herr“ oder „Frau“. Das SED-Mitglied Frau Schulze wurde also als „Genossin Schulze“ angesprochen, der Soldat Meier als „Genosse Soldat“.
  • Gesellschaftliche Aktivitätehrenamtliche Tätigkeit
  • Getränkestützpunkt – Verkaufsstelle für Getränke, die häufig in den Abendstunden und am Wochenende geöffnet war.
  • Goldbroiler, Broiler für Grillhähnchen, aus Gold (für die Farbe des Hähnchens) und dem englischen to broil (zu deutsch braten). Der Broiler ist eine spezielle Züchtung, die etwas schwerer ist als im Westen übliche Brathähnchen. Weit verbreitet war auch der Name "Zum Goldbroiler" für Gaststätten, die fast ausschließlich Gerichte mit Grillhähnchen anboten.
  • GOLGrundorganisationsleitung der FDJ, z.B. an einer Schule

H

I

  • Interhotel – Hotel der gehobenen Klasse, in denen Besucher aus dem "nichtsozialistischen Ausland" vorzugsweise untergebracht wurden und in denen teilweise mit "Devisen" (westlicher Währung) bezahlt werden musste.
  • Intershop – Geschäfte, in denen westliche Importware gegen "Devisen" (auch frei konvertierbare Währung genannt) und sogenannte Forumschecks verkauft wurde
  • Intertank – Tankstellen an Autobahnen und in großen Städten, wo an speziellen Zapfsäulen auch Kraftstoff („Super Blau“) gegen "Devisen" abgegeben wurde.

J

K

L

M

N

  • Naherholungsobjekt – eine Einrichtung zur Erholung, für Sport und für Freizeitaktivitäten in der näheren Umgebung (wie z. B. Sportplätze, Bäder, Ausflugsgaststätten)
  • Neubaugebiet – in Westdeutschland unter dem Begriff „Plattenbau“ bekannte, nach Modulbauweise errichtete Wohngebiete mit 3- bis 22-geschossigen Wohnhäusern und angegliederten Versorgungseinrichtungen
  • Neuerer – Erfinder in einem Betrieb, der verwertbare Vorschläge für Kosteneinsparung oder verbesserte Produktionsmethoden einbrachte (neudeutsch: betriebliches Erfinderwesen)
  • Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet (NSW) – meist als Synonym für kapitalistische Länder gebraucht
  • NickiT-Shirt

O

  • Ochsenkopfantenne – Fernsehantenne zum Empfang des Westfernsehens, nach dem Sender auf dem Ochsenkopf im Fichtelgebirge
  • organisieren – etwas besorgen, beschaffen – und nicht immer auf dem üblichen oder legalen Weg
  • Ökuleiökonomisch-kultureller Leistungsvergleich
  • Ormig - zur Sachbezeichnung gewordener Markenname für ein Vervielfältigungsverfahren
  • OGS - Großhandels für Obst, Gemüse und Speisekarteoffeln

P

  • Patenbrigade, Patenbetrieb – Schulklassen und Kindergärten, aber auch Einheiten der NVA hatten in der Regel Patenschaftsverträge mit Betrieben oder deren Abteilungen (teilweise auch noch nach der Wende anzutreffen)
  • PA – Abkürzung für das Schulfach „Produktive Arbeit“, Unterrichtsfach, Schülerarbeit in Betrieben, meist 14täglich ein Tag, ab der 7. Klasse
  • die Partei – die SED (mit bestimmtem Artikel war immer die SED und nicht eine Blockpartei gemeint)
  • parteilich – die ideologischen Positionen des Marxismus-Leninismus einnehmend, ‚orthodox
  • PGHProduktionsgenossenschaft des Handwerks
  • PiLei – Kurzform für Pionierleiter. In der Regel junge Lehrer und Erzieher mit spezieller Ausbildung und guten Karriereaussichten; üblicherweise Freundschaftspionierleiter als Leiter der Pioniere und FDJler an einer Schule
  • Pioniernachmittage - meist in Zusammenarbeit mit der Schule organisierte Nachmittage für Pioniere, an denen Pionierversammlungen oder Aktivitäten wie Disko, Basteln, Diavorträge etc. stattfanden
  • Pionierhaus - Haus, in dem Veranstaltungen, Arbeitsgemeinschaften und frei nutzbare Fläche und/oder Freizeiteinrichtungen für Kinder angesiedelt waren, in kleineren Orten oft auch "Station Junger Naturforscher und Techniker" o.ä.
  • Pionierlager – nur teilweise gebräuchlicher Begriff für Kinderferienlager
  • Plaste Pl. – neudeutsch Plastik, Kunststoff, Chemiewerkstoff, fachlich auch: Polymere, gegliedert in Plastomere und Elastomere, davon „Plaste“ und „Elaste“ abgeleitet („Plaste und Elaste aus Schkopau“ bewarb eine berühmte großflächige Leuchtwerbung neben einer Autobahnbrücke über die Elbe, heute im Deutschen Historischen Museum)
  • Plastebeutel, Plastetüte – Kunststofftragetasche
  • plaziert werden – in manchen Restaurants wurden die Gäste vom Kellner an den Tisch geleitet, ähnlich wie in den USA und anderen Ländern
  • Poliklinik - neudeutsch Ärztehaus
  • Polylux – zur Sachbezeichnung gewordener Markenname für Overheadprojektor
  • POSPolytechnische Oberschule, Schulform mit Klassen des 1. bis 10. Schuljahres

R

  • Reisekader – Wissenschaftler, Funktionär oder Person aus dem öffentlichen Leben, der regelmäßig ins Ausland reisen durfte. Diese wurden unterschieden in NSW- (siehe dort) und SW- (Sozialistisches Wirtschaftsgebiet)Kader
  • RFTRadio- und Fernmeldetechnik, Kombinat der Rundfunkgerätehersteller

S

T

U

  • Unionsfreund - Mitglied der CDU in der DDR
  • Untertrikotagen – Unterwäsche
  • urst – bis Mitte der 1980er Jahre jugendsprachlich statt sehr
  • UTP – 1958 eingeführter „Unterrichtstag in der Produktion“ – auch „Unterricht in der technischen Produktion“ – für Schüler ab der 7. Klasse; bestand aus den Fächern ESP (Einführung in die sozialistische Produktion, vergleichbar mit Wirtschaftslehre) und PA (Produktive Arbeit), die meist abwechselnd an einem Tag aller zwei Wochen stattfanden; ab der 11. Klasse an der EOS als WPA (Wissenschaftlich-Praktische Arbeit) bezeichnet
  • Uwubu - "Ulbrichts Wucherbuden", spöttische Bezeichnung für Intershops

V

W

  • WandzeitungPinnwand in den Schulen und Betrieben, die je nach Einrichtung mit Losungen und Appellen zum saisonalen Thema, 1. Mai, x-ten DDR-Jahrestag, Oktoberrevolution usw. offiziell vom Wandzeitungsredakteur gestaltet wurde oder aber der Präsentation aktueller Termine, Ergebnisse und Leistungen einer Schulklasse diente
  • Weiße Maus – fast nur in Medien gebräuchlicher angeblicher Volksmund für Verkehrspolizisten (wegen der weißen Wettermäntel, Koppelzeug und Manschetten)
  • Weltniveau – ein gern benutzer Begriff, wenn Leistungen der DDR ein dem Westen vergleichbares Niveau hatten oder haben sollten
  • Werken - Unterrichtsfach bis zur 6. Klasse, in dem grundlegende handwerkliche Fähigkeiten erlernt wurden
  • Werkküche – Kantine
  • Werkmappe - Mappe, die farbiges, stabiles A3 Papier für den Werk- und Kunstunterricht enthielt
  • Werktätige – im Erwerbsleben stehende Menschen, Berufstätige
  • Westgeld – umgangssprachlich für DM, frei konvertierbare Währung, Valuta
  • Winkelement – Fähnchen für Veranstaltungen/ Demonstrationen (sarkastisch: Jubelfetzen, Euphoriefetzen)
  • WurfspielDart

Z

Redewendungen

  • Antifaschistischer Schutzwall – Bezeichnung der befestigten Grenze nach Westdeutschland und der Mauer
  • Das Studium der Dokumente - sich mit den Beschlüssen der Partei vertraut machen
  • Der feste/klare Klassenstandpunkt - ein DDR-Bürger mit dem ‚richtigen’ Weltbild
  • Der neue Mensch - ein Mensch, der in das System des Sozialismus passt
  • Die guten Genossen - zuverlässige Parteikader
  • Die führende Rolle der Partei der Arbeiterklasse - Führungsanspruch der SED
  • Die historische Mission der Arbeiterklasse … - ist der Aufbau des Sozialismus
  • Die Partei, die Partei, die hat immer recht … - ein ‚Kampflied’
  • Die wissenschaftliche Weltanschauung - Bezeichnung für das marxistische Weltbild/den dialektischen und historischen Materialismus/die marxistische Philosophie
  • Die Partei der Arbeiterklasse - die SED/die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
  • Diplomaten im Trainingsanzug - für international erfolgreiche Sportler
  • Kollektiv der sozialistischen Arbeit - Auszeichnung im innerbetrieblichen Wettbewerb
  • Goldene Hausnummer - für Sieger im Wettbewerb von Hausgemeinschaften
  • Parteiliches Verhalten - alles so sehen, wie die SED es sieht
  • Unsere Menschen - die Parteikader reden über ‚ihre’ DDR-Bürger

Losungen

Losungen zu 1.-Mai- und anderen Demonstrationen wurden vorgegeben. Dazu wurden in der Zeitung offizielle Listen veröffentlicht, aus denen Losungen gewählt werden konnten, z.B.:

  • Arbeite mit, plane mit, regiere mit!
  • Arbeiter- und Bauernstaat
  • Der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist
  • Der Sozialismus ruft uns alle gern verballhornt zu: Der Sozialismus rupft uns alle
  • Der Sozialismus siegt gern verballhornt zu: Der Sozialismus siecht (besonders als Lichtreklame in Dresden am "Pirnaischen Platz" bekannt gewesen)
  • Die Welt ist erkennbar
  • 1. Mai - Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen
  • Ewige Freundschaft mit der ruhmreichen Sowjetunion
  • Für Frieden und Völkerfreundschaft
  • Im Mittelpunkt steht der Mensch
  • Jedermann an jedem Ort - einmal in der Woche Sport! (Zitat von Walter Ulbricht)
  • Mit jeder Mark, jeder Minute, jedem Gramm Material einen höheren Nutzeffekt!' (sarkastische Fortsetzung:... koste es, was es wolle !)
  • Proletarier aller Länder - vereinigt Euch! (als Witz: Vegetarier aller Länder - vereinigt Euch!)
  • Schöner unsere Städte und Gemeinden- Mach mit! (jährlicher Aufruf zu Arbeitseinsätzen- meist in der Form eines Subbotnik- in der Hausgemeinschaft und in öffentlichen Parks und Grünanlagen)
  • Unsere ganze Kraft für die Erfüllung des 5-Jahrplanes
  • Unsere ganze Schöpferkraft für den Sozialismus
  • Von der Sowjetunion lernen - heißt siegen lernen gern verballhornt zu: Von der Sowjetunion lernen, heißt siechen lernen
  • Wir sind die Sieger der Geschichte
  • "So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben"

Transparente mit solchen Losungen sollen mitunter an unpassenden Orten angebracht worden sein:

  • Losung am Irrenhaus: Alles was wir sind, sind wir durch die Partei
  • Losung zum 1. Mai am Jenenser Friedhof: Steht auf und marschiert mit oder "Heraus zum 1.Mai!"
  • Losung an der Wäscherei: Wir stärken die Glieder der Nationalen Volksarmee
  • Losung an der Hilfsschule: Ernst Thälmann, einer von uns!

In der Wendezeit 1989 aber erfanden Demonstrationsteilnehmer selbst sehr treffende, zum Teil ironische und sarkastische Losungen. Losungen wie "Wir sind das Volk!", und "Keine Gewalt" begleiteten die friedliche Revolution. Andere Losungen waren zum Beispiel "Stasi in die Produktion!" (gemeint war, die sollten arbeiten) und "Wir sind ein Volk!".

Werbung

Die Werbung war, so sagte der Volksmund, immer ausgerichtet auf das, was gerade da war und weg musste. Von 1960 bis 1976 gab es auch Werbefernsehen - Tausend Tele-Tips (ttt). Das Werbefernsehen wurde unterbrochen durch einen kurzen Zeichentrickfilm im "Minikino". Zu den gezeigten Filmen gehörte zum Beispiel Arthur, der Engel oder Hase und Wolf.

  • "A K A Electric - in jedem Haus zuhause!"
  • "Apfelmus schmeckt immer gut!"
  • "Baden mit Badusan, Badusan ..."
  • "Ei - rund und gesund!"
  • Jedermann auf jedem Tisch / mehrmals in der Woche Fisch!
  • Nimm ein Ei mehr!
  • Stets dienstbereit zu Ihrem Wohl / ist immer der Minol-Pirol!
  • Weißkohl ist ja so gesund!
  • Zweimal in der Woche Fisch, bereichert jeden Mittagstisch

Ortsnamen

Auch Ortschaften erhielten oft propagandistische Zusätze oder wurden gleich ganz umbenannt:

Projektionsworte

Von westlichen Medien als angebliche DDR-Idiomatismen verwendet, aber in der DDR nie Sprachgut:

  • Apparat – in Anlehnung an Obrigkeit die ganze staatliche Verwaltung und Machtstruktur der Partei (und damit des Staates) bis in den kleinsten Betrieb, in die unwichtigste Organisation, selbst in die Schulen und in die allerletzte Landecke, daraus auch:
  • Apparatnik, Apparatschik – ein (SED-)Parteifunktionär, der aus der Sicht des Apparates, der Partei- und Politbürokratie, denkt, redet und handelt. Als Projektionswort aber umstritten, da es in der russischen Umgangssprache so verwendet wird.
  • Njet - Nein (aus dem Russischen)
  • Nomenklatura - durch verschiedene übergeordnete SED- Leitungen bestätigte Personen deren Karriere politisch abgesichert war, üblich war von "Kadern" die Rede
  • "Sudel-Ede"Karl-Eduard von Schnitzler, hingegen war "Karl-Eduard von Schnitz..." in der DDR geläufig, denn die letzte Silbe "...ler" war wegen des umgeschalteten Fernsehprogramms (besonders vor 1969 originell und witzig, wo es nur ein DDR-Programm gab!) oder wegen des ausgeschalteten Fernsehapparats nicht mehr zu hören.
  • Vopo – Volkspolizist, hingegen wurde "Bulle", "Grüner" und "Straßenförster" (besonders für die Verkehrspolizei) verwendet.

Kabarettistische Schöpfungen

  • "Geflügelte Jahresendfigur" für Weihnachts-Engel (aus der Satirezeitschrift "Eulenspiegel" karikierte die offizielle bemühte Umgehung religiöser Begriffe). siehe auch Jahresendflügelfigur
  • "Arbeite mit, plane mit, regiere mit!" was propagandistisch verwendet wurde, wurde im Kabarett Herkuleskeule Dresden umgewandelt zu: "Arbeite mit, plane mit, reagiere mit!", auch "Arbeite mit, plane mit, resigniere mit!"
  • Textilverbundelement - Knopf, sollte zeigen, was das "Neusprech" anrichten kann

Spaßhafte oder ironische Bezeichnungen

Rache des Papstes

In Ost-Berlin (wo ohnehin dominierende Gebäude im Volksmund ironisiert wurden und werden):

  • Palast der Republik
    • wurde umgangssprachlich meist als Palast bezeichnet, die Konstruktionen Erichs Lampenladen, Erichs Datsche am Kanal, Palazzo Prozzo und Ballast der Republik (sächsische Aussprache, auch mit einem Witz verbunden) waren zwar bekannt, wurden aber nicht benutzt
  • Fernsehturm
    • St. Walter und Pik Walter (in Anspielung auf Walter Ulbricht und die Gipfel Pik Lenin, Pik Kommunismus in der UdSSR )
    • Ulbrichts Bulettenspieß
    • Die Rache des Vatikan oder die Rache des Papstes, durch die Strukturierung der Kugel am oberen Ende des Turmes wird das Sonnenlicht in Kreuzform reflektiert, Rache bezieht sich dabei auf die negative Einstellung der SED zur Kirche)
    • propagandistisch: Leuchtturm des Sozialismus; in abgeschwächter Form Telespargel, Pseudo-Volksmund; nur journalistisch und leutselig-offiziell verwendet
  • Haus des Lehrers
    • Bauchbinde für das umlaufende Fresko
  • Alexanderplatz
    • Nuttenbrosche für den "Brunnen der Lebensfreude"

In Leipzig:

  • Weisheitszahn für das an die Form eines Zahnes erinnernde Gebäude der Karl-Marx-Universität (jetzt: Universität Leipzig)
  • Bemm(en)büchse oder Blechbüchse für ein Kaufhaus am Brühl mit Vorhangfassade aus Aluminiumblech und nierenförmigem Grundriss in Anlehnung an den Aufbewahrungsbehälter für Frühstücks- oder Pausenbrot (sächs. Bemme).
  • Adolf-Südknecht-Straße Karl-Liebknecht-, vormals Adolf-Hitler-, davor Südstraße
  • Blaues Wunder für eine Fußgängerbrücke über dem Goerdelerring. Eine Stahlkonstruktion, mit blauem Anstrich, die 3 Seiten der großen Kreuzung miteinander verband. Erbaut in 2 Etappen, 1973 und 1978/79 und wurde am 11. Juli 2004 abgerissen.
  • Runde Ecke für den ehemaligen Sitz der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit am Innenstadtring, die heutige Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" und Museum im Stasi-Bunker.

In Dresden:

  • Denkmal des letzten Straßenbahnschaffners für das Lenin-Denkmal auf dem damaligen Leninplatz und jetzigen Wiener Platz wegen der charakteristischen Schildmütze, die Lenin, Stalin, Thälmann aber eben auch die Straßenbahnschaffner (die gegen Ende der 1960er Jahre, als das Denkmal gebaut wurde, wegrationalisiert und durch Fahrkartenentwerter ersetzt wurden) trugen.
  • Fresswürfel - Spitzname der Selbstbedienungsgaststätte am Postplatz in der Nähe des Zwingers gelegen, die würfelförmig war und neben mehreren Gaststätten Klubräume beherbergte, eigentlich: HOG am Zwinger. Das Haus ist heute zu einem Drittel abgerissen und der Rest wird nach verschiedenen gescheiterten Nutzungskonzepten und zwischenzeitlichem Leerstand als Kaufhaus für Billigprodukte genutzt.
  • Papierkorb - Bezeichnung für das Rundkino auf der Prager Straße. Entstand vermutlich durch die runde, oben offene Gestaltung und der wabenartigen Verkleidung im oberen Abschnitt. Nach der Flut 2002, wodurch die gesamte Technik des Hauses zerstört wurde, wurde das Gebäude 2003 unter Denkmalschutz gestellt und inzwischen als Puppentheater genutzt.

In Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt):

Datei:Nischel gross.jpg
Der "Nischel" in Chemnitz
  • Nischel (ostmitteldeutsch = Kopf, Schädel) - das Karl-Marx-Monument.

Das eher bedrückte Aussehen des "Nischels" kam einem Witz zufolge davon, dass er nicht in den (dem Denkmal gegenüberliegenden) Intershop gehen konnte.

In Jena:

  • Uni-Turm zunächst als "Neues Forschungshochhaus" konzipiert, am 2. Oktober 1972 von Ulbricht als Universitätshochhaus eröffnet, im Volksmund als "Uni-Turm" oder "Keksrolle" bezeichnet, daneben auch als "Schuldendaumen" oder "Penis Jenensis" (politisch korrekter Titel seit dem Auszug der Universität vor ein paar Jahren: JenTower). Heute heißt er umgangsprachlich Intershop-Tower oder Intershop-Turm.

Außerdem: Dresden und Leipzig:

  • Tal der Ahnungslosen, weil der Empfang von westlichen Fernsehstationen nicht möglich war, deswegen auch die Deutung der Abkürzung ARD (siehe unten)
  • Dubčeks letzte Rache: neu eingeführte Tatra-Straßenbahnzüge aus der Tschechoslowakei für fast alle Straßenbahnen der DDR, die so hart und schnell anfuhren, dass alle Fahrgäste, die sich nicht festhielten, durch die Bahn flogen.

Weiter verbreitet:

  • Bissmark/Bismarck (bezieht sich nicht auf den ehemaligen deutschen Kanzler, sondern darauf, dass angeblich im Restaurant jeder Bissen eine Mark koste)
  • Horch und Guck, Die Firma - Synonym für die Staatssicherheit
  • Sicherheitsnadel - Synonym für Mitarbeiter der Staatssicherheit
  • Kamerad Greifzu, Genosse Greifzu - Synonym für Mitarbeiter der Staatssicherheit und der Volkspolizei in Anlehnung an den Sportler Paul Greifzu.
  • VEB Schnittlauch - Synonym für Volkspolizei (außen grün, innen hohl und nur gebündelt auftretend)

Humoristische Deutung von Abkürzungen

  • CAD/CAM - Computer am Dienstag, Chaos am Mittwoch
  • DDR
    • "Drei Doofe regieren" (Pieck, Ulbricht und Grotewohl)
    • "Drei Doofe rabotern" (in Anlehnung an russ. "rabotat'" = arbeiten und "eingesächsischt")
    • "Dawaj, dawaj rabotaj(tje)" sinngemäß "Los, los! Arbeiten!" (ebenfalls in Anlehnung an russ. "dawaj" = "Los!", "Beeile dich!", "Spute dich!", "Mach hin!", "Vorwärts!" + "rabotat'" = arbeiten)
    • "Der Doofe Rest"
    • "Das Deutsche Reich" oder "Dunkeldeutsches Reich"
    • in den 50ern "Dauernd Dunkle Räume"
    • "Deutscher Distrikt Russlands"
    • "Deutsche Dackel-Rennbahn"
    • "Demokratie der Russen"
    • "Deutschland der Relaisrechner" (bezogen auf die rückständige Technik)
  • Delikat - "Dein/Das Einkommen langt im Kommunismus acht Tage"
  • EDVEggönömisch Dechnisch'r Vordschridd ("versächsischt") auch: Ende der Vernunft
  • FDGB - "Frau Doktor geht baden"; "Für Die Guten Bekannten"; "Freund deine Glatze blendet"
  • IFA (Industrievereinigung Fahrzeugbau) – Idioten fahren Auto
  • Konsum - "Kauft, ohne nachzudenken, schnell/ständig unseren Mist"
  • SED - "Shop Exquisit Delikat oder Sehen, Einstecken, Delegieren"
  • SKET - Sehen, Kaufen, Einlagern, Tauschen (bezieht sich auf die Mentalität, zu hamstern)
  • UDDR in Anlehnung an UdSSR - Unsere Deutsche Demokratische Republik
  • UdSSR - "Unter dem Sofa sitzen Russen." vermutlich in Anlehnung an die bäuerliche Gewohnheit in Russland, (faul) auf dem Ofen zu sitzen oder zu liegen.
  • VEB - "Von Erich beschlagnahmt"
  • ZDF-ARDZentrales Deutsches Fernsehen Außer Raum Dresden

Entwicklung nach 1990

Vor und auch nach der Wiedervereinigung der DDR mit der BRD 1990 gab es bis heute einen von der BRD abweichenden dialektunabhängigen Sprachgebrauch, sowohl wegen teilweiser Weiterverwendung der "DDR-Sprache" als auch wegen sprachlicher Neuschöpfungen. Sofern DDR-spezifische Wörter beibehalten wurden, verwendete man diese mit gleicher aber auch mit neuer Bedeutung. Teilweise werden diese Wörter auch von westdeutschen Massenmedien und der westdeutschen Bevölkerung aufgegriffen, auch wenn sie überwiegend von Ostdeutschen gebraucht werden oder zumindest dort entstanden sind. Davon abgesehen werden natürlich tausende neue bisher nur in Westdeutschland verwendete Wörter, Begriffe und Redewendungen seit 1990 gleichzeitig auch in Ostdeutschland verwendet, wie Arbeitsamt, Sozialhilfe, Finanzamt, Steuererklärung, ... Einige davon wie Arbeitslosenhilfe, Abwicklung, ABM, Treuhand, Sozialhilfe werden offenbar aufgrund der größeren sozialen Deklassierung häufiger benutzt. Insgesamt gilt es mindestens 4 sprachliche bzw. linguistische Bereiche zu unterscheiden:

  1. Wortschöpfungen der DDR-Alltagssprache, zu denen abweichende westdeutsche Analogbegriffe existieren (Plaste, Broiler, Datsche, Feierabendheim, Freunde, Altstoffhandel, Konsum etc.)
  2. Markennamen typischer DDR-Produkte und Firmennamen, die im Westen vor der Wende nicht bekannt waren (Spee, Amiga, SKET, Minol, Mitropa, Piko etc.)
  3. Fachterminologie des sozialistischen Staatsapparats, von Wissenschaft, Industrie, Polizei, Militär, Landwirtschaft, Verwaltung, Rechtsprechung, Philosophie, Politik, z.B. in Form von Abkürzungen (VEB, PGH, HO, LPG, EVP, SERO, Delikat etc.) bzw. Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie, Republikflucht, Antifaschistischer Schutzwall, Marxismus/Leninismus, Dialektischer Materialismus etc.
  4. normale deutsche Wörter, die im Westen nicht anders als im Osten gebraucht werden, in den Neuen Ländern aber aus rein praktischen Gründen häufiger zu hören sind (Treuhandanstalt, Abwicklung etc.)

Einige in der DDR häufiger benutzten Begriffe (ABM, Vorruhestand, Sandmann, Finanzamt, Steuererklärung, Zellophan) scheinen mit der Ost-West-Problematik nichts zu tun zu haben. Merke: der Sandmann ist keine Erfindung des DDR-Fernsehens, sondern eine alte Märchengestalt; ABM und Vorruhestand gab es im Westen schon vor 1989, wenn auch deutlich seltener und Zellophan (eigentlich sogar ein Markenname!) lange vor dem Krieg.

Ungeordnete Beispiele für häufiger in Ostdeutschland verwendete Wörter, Witze und Redewendungen oder Wörter mit neuer Bedeutung:

Beispiele aller Art für die Weiterverwendung der "DDR-Sprache" (häufiger als in Westdeutschland):

Siehe auch